Tatort Folge 073: Reifezeugnis



Erscheinungsjahr: 1977
Kommissar: Finke
Ort: Tatort Kiel


Sina Wolf, Tochter einer wohlhabenden Kieler Familie, ist 17 und besucht die Oberschule. Die hübsche junge Frau wird von ihrem Mitschüler Michael verehrt. Er bemüht sich um Sina – doch die will nur einen: ihren Lehrer Helmut Fichte. Die Schülerin ist schwer verliebt in den gutaussehenden Mann. Fichte, 32 Jahre alt, kann seiner minderjährigen, aber äußerst reizvollen und klugen Schülerin nicht widerstehen, und so beginnen beide eine heimliche Affäre. Regelmäßig treffen sie sich in ihrem Liebesversteck an einem See.

Als Michael Harms zufällig das Verhältnis der beiden aufdeckt, versucht er, Sina damit zu erpressen. Für sein Schweigen verlangt er Sex von ihr. Ohne einen Ausweg zu sehen, willigt die Schülerin ein und fährt mit Michael nach der Schule in ein Waldstück, wo er sich sofort an ihr zu schaffen macht. Zunächst gibt sie sich hemmungslos, dann ergreift sie eiskalt einen schweren Stein und erschlägt ihren Peiniger. Um die Tat zu vertuschen, fügt sie sich weitere Spuren einer Vergewaltigung zu und meldet sich bei der Polizei. Dort gibt sie zu Protokoll, dass ihr Michael Harms bei einer Vergewaltigung zur Hilfe kam und im Kampf von dem Täter erschlagen wurde. Die Beschreibung des Mannes, der sie im Wald überfallen haben soll, stimmt mit dem Profil eines Mannes überein, der seit einiger Zeit regelmäßig als gesuchter Sexualstraftäter in den örtlichen Zeitungen auftaucht.

Kommissar Finke (Klaus Schwarzkopf) von der Kripo Kiel, der mittlerweile in den Fall „Reifezeugnis“ eingeschaltet wurde, kommen Zweifel an Sinas Aussage, die nicht ganz schlüssig ist. Er beschließt, Sina Wolf unter Beobachtung zu stellen. Bei seinen Ermittlungen erfährt Finke schließlich von der Affäre zwischen Sina und ihrem Lehrer. Helmut Fichte ist nun dringend tatverdächtig, den Mord an Michael begangen zu haben, denn der vermeintliche Täter hat für die Tatzeit ein Alibi. Hauptkommissar Finke stellt den Lehrer zur Rede. Konfrontiert mit den Vorwürfen der Affäre mit einem minderjährigen Mädchen, das von ihm abhängig ist, machte er mit Sina Schluss.

Sina Wolf verstrickt sich bei ihrer Vernehmung immer weiter in Widersprüche. Die junge Frau ist verzweifelt und sieht keinen anderen Ausweg aus ihrer Situation, als zum heimlichen Liebesnest zu fahren und mit der Waffe ihres Vaters einen Selbstmordversuch zu begehen –doch Kommissar Finke findet Sina noch lebend vor. Sie konnte den Abzug der Pistole nicht durchdrücken.

Der NDR-Tatort „Reifezeugnis“ ist der sechste Einsatz für Klaus Schwarzkopf in der Rolle des Kieler Kommissars Finke. Gedreht wurde die Folge in der Holsteinischen Schweiz, u.a. am Johann-Heinrich-Voß-Gymnasium, das durch diesen Fernsehkrimi in ganz Deutschland bekannt wurde. Nastassja Kinski, die Tochter von Klaus Kinski, die in „Reifezeugnis“ Sina Wolf verkörpert, wurde mit dieser Rolle einem breiten Publikum bekannt. Auch dem damals noch unbekannten Regisseur Wolfgang Petersen öffneten sich nach Ausstrahlung des Tatorts „Reifezeugnis“ neue Karrierechancen; er ging schließlich nach Hollywood.


Die Tatort-Folge 073 „Reifezeugnis“ wurde am Sonntag, den 27. März 1977, erstmals im Ersten gezeigt. Die brisante Thematik der Episode löste einen TV-Skandal aus und machte die Folge zum allgemeinen Tagesgespräch.

Besetzung

Kommissar Finke – Klaus Schwarzkopf
Helmut Fichte – Christian Quadflieg
Sina Wolf – Nastassja Kinski
Michael Harms – Marcus Boysen
Franke – Rüdiger Kirschstein
Dr. Gisela Fichte – Judy Winter
u.a.

Stab

Drehbuch – Herbert Lichtenfeld
Regie – Wolfgang Petersen
Kamera 1 – Jörg Michael Baldenius
Kamera 2 – Hans Schreiber
Musik – Nils Sustrate
Schnitt – Karin Wagner und Hannelore Pitscheck
Kostüme – Elisabeth Schewe
Szenenbild / Bauten – Leo Karen
Ton – Jürgen P.P. Meissner

Bilder: NDR/TelePress


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61 Meinungen zum Tatort Folge 073: Reifezeugnis

  • emilio largo • am 1.3.10 um 16:54 Uhr

    absoluter finke-klassiker, obwohl manche noch besser waren, aber das liegt wohl an der starbesetzung mit kinski, belibtreu und natürlich winter


  • Philipp • am 8.1.11 um 23:59 Uhr

    Ich weiß nicht, was ihr habt, dieser Klassiker ist doch wohl der Hit! Den kann man gar nicht oft genug wiederholen.

    Ich hab ihn nämlich heute zum ersten Mal gesehen!!!!

    :-)


  • pumpkins • am 9.1.11 um 14:00 Uhr

    wieso – ist KiK so teuer geworden?


  • pumpkins • am 19.5.11 um 14:46 Uhr

    ich zb. habe Kabel und kann damit auch kein Tatort auf WDR oder SWR sehen weil es diese Sender nicht mehr hier im Kabelnetz gibt, und deshalb finde ich es gut wenn Tatortfolgen auf allen Sendern laufen weil es viele Leute gibt die nicht alle Sender haben.!


  • pilar • am 19.5.11 um 18:36 Uhr

    im internet durch zattoo kann man alle sender sehen, auch wdr oder swr!


  • Martin • am 23.4.12 um 20:15 Uhr

    Ein toller Klassiker. Authentisch gespielt durch tolle Schauspieler.


  • Onkel Ludwig • am 27.5.13 um 2:35 Uhr

    Immer wieder ein Genuss – besonders die kleine Kinski damals – einfach wunderbar!


  • Wolf • am 8.3.14 um 0:02 Uhr

    Nun, sie gehören ausnahmslos zu den besten Tatorten, die mit Klaus Schwarzkopf in der Rolle des Kieler Kommissars.
    Daß der Mensch mit dem angenehmen Knacks in der Stimme so erbärmlich früh an der überflüssigsten Krankheit hat zugrunde gehen müssen, beschäftigt mich, der ich ihn auch persönlich ein wenig mehr kannte, bis heute: er hätte zwar gewiss keinen Tatort mehr gedreht, aber so manch andere Rolle in das Gedächtnis seiner Fäns prägen können.
    Daß die Tatorte mit ihm vergleichsweise sehr wenige Kommentare erhalten spricht dafür, daß „aus den Augen aus dem Sinn“ aktueller denn je ist.


  • Martin • am 11.5.14 um 14:59 Uhr

    Auch wenn ich mir damit „Feinde“ mache … Die schauspielerische Leistung der jungen Kinski war in meinen Augen eher mittelmäßig. Die Dialoge klingen in der Tat „geschauspielert“, fast schon wie abgelesen. Naja, dafür wird man mit einigen optischen Leckerlis entschädigt :-)


  • Norbert • am 8.12.14 um 2:10 Uhr

    Diese Folge katapultiert mich in meine eigene Schulzeit zurück. 1977 war ich in der 9. Klasse. Noch gut erinnere ich mich an die skandalösen Schlagzeilen einschlägiger Zeitschriften wegen der „Nacktszenen“ von der damals 15-jährigen Kinski. Gesehen habe ich diesen Tatort trotz x-facher Wiederholung insgesamt drei Mal. Er lebt nicht von einer besonders ausgeklügeltem Plot, sondern von den bemerkenswerten Psychogrammen der beteiligten Figuren. Wolfgang Petersen eben :-)


  • Piet • am 14.1.15 um 19:47 Uhr

    top


  • M.K. • am 13.4.15 um 23:51 Uhr

    Schön, Kommissar Finke alias Klaus Schwarzkopf wieder einmal zu sehen und seine markante Stimme zu hören.


  • schamirokwai • am 19.4.15 um 20:57 Uhr

    Reifezeugnis ist ausschließlich wegen der nackten Kinski zum Kult geworden, denn fast alle anderen Schwarzkopf-Tatorte waren wesentlich besser, insbesondere Jagdrevier und Nachtfrost. Für mich waren schon immer die Finke-Tatorte – nicht zuletzt wegen des Ermittler-Teams Schwarzkopf/Wolf. Außerdem hörte ich die Columbo-Stimme immer wieder gerne. Schade, dass er so früh gestorben ist…


  • Scheckala • am 16.7.15 um 13:35 Uhr

    Ich habe diesen Tatort via „Youtube“ schon 100mal gesehen. Die Dialoge kenne ich auch schon auswendig. Am Tag der Erstausstrahlung an einem Sonntag Ende März 1977 war dieser Tatort deshalb so ungewöhnlich, weil man zu besten Familien-TV-Zeit nackte Haut zeigte. Die Handlung war eher banal und unspannend.
    Heute fast 40 Jahre später hat dieser Streifen einen ganz anderen Reiz: Ch. Quadflieg und J. Winter waren damals noch so jung, eine Fr. Winter versprühte mehr Reiz als eine Fr. Kinski. Ich bin seither Judy-Winter-Fan geworden.
    In diesem Tatort stimmen die feinen Töne. Meine Lieblingsszene bleibt der Dialog im Gasthaus, wo Finke seinem Assistenten das Essen wegisst, ohne dass er es merkt. Zwischenzeitlich kommt eine ältere Bedienung mit norddeutschem Slang, die „Herrrringe und RRRRRollmöpse“ anbot. Antwort Finke: „Nein, danke“ – und aß lieber vom Teller seinen Assitenten. Und dann wollte die Bedienung auch gleich kassieren „Wir machen nämlich gleich zu“. Ich weiß eines: Niemals werde ich in Holstein in ein Gasthaus gehen. Ich habe Angst, eine ähnliche Bedienung zu treffen.


  • Dirk • am 13.9.15 um 20:36 Uhr

    Der Tatort Nummer 073. Hauptkommissar Finke aus Kiel ermittelt in einem Schüler gegen Schüler Mord erfolgreich und einfühlsam. Ich habe diesen Tatort-Krimi bislang zweimal gesehen. Einmal bei der Erstausstrahlung und später, in den 1980iger, noch einmal. Nein, ein Charisma hat der bei mir nicht hervorgerufen. Lag vielleicht daran, daß meine damalige Freundin und ich ungefähr das gleiche Alter wie die jungen Schüler-Schauspieler hatten und unsere Lehrer eher als Bolzen gesehen haben. KHK Finke war damals aber, neben KHK Haferkamp aus Essen, mein Lieblingstatortkommissar. Wahrscheinlich der Grund, warum meine spätere Frau mit mir zweimal diesen Streifen geschaut hat. Wo Liebe nun einmal hinfällt. Aber wenn ich überlege, was ich in den Jahrzehnten nach der Erstsendung bis heute alles erlebt und durchlaufen habe, werde ich ihn wahrschein ein drittes Mal schauen, dann ist es aber gut. Ehrlich. Ach, einen Bratrollmops werde ich mir doch gleich auch gönnen. Pflege immer ein Glas im Kühlschrank zu haben. Kenne ich noch aus meiner norddeutschen Zeit.


  • wolf • am 14.9.15 um 11:12 Uhr

    dieser TATORT ist ein MUSS


  • arte-Versteher • am 14.9.15 um 11:37 Uhr

    Vorschlag für Klassikerfreunde: Anschließend am Samstag, den 19.09.2015 um 21:45 Uhr im HR den Tatort „Strandgut“ von Lichtenfeld/ Petersen vormerken. Da kann man schön sehen, welche Entwicklung deses legendäre Drehbuch-/Regieteam innerhalb von 5 Jahren gemacht hat…


  • Walter Ulbricht • am 15.9.15 um 7:37 Uhr

    Mehr Psychodrama als Krimi.
    Dadurch auch eher belastende als spannende Momente.


  • René • am 30.12.15 um 10:58 Uhr

    Die Folge wurde ja nun auch gestern nochmal im WDR wiederholt. Es wirkt fast so, als habe Christian Quadflieg sich (für eine Bettszene) die Achselhaare rasiert; ist mir aufgefallen, als er sich in einer Szene mit der Kinski im Bett auf den Arm stützt. Wenn das so ist, wäre er ja als Mann seiner Zeit weit voraus gewesen…;-)


  • Susanne Martin • am 26.3.16 um 1:38 Uhr

    Wirklich nicht spannend,- eher ein erotisch angehauchtes Melodram als ein Krimi,- ich denke, als solches aber doch ganz passabel.
    Winter & Bleibtreu spielen das bemüht sexuell-tolerante Pädagogenehepaar der erwachsen gewordenen 68er-Generation perfekt.
    Kinski spielte für meinen Geschmack leider etwas blutleer,- immerhin aber nahm man ihr die Rolle eines frühreifen, verwöhnten und narzistisch veranlagten Mädels mit Vaterkomplex ab.
    Ich erinnere mich noch an die Erstausstrahlung! Am Montagmorgen in der Schule war die Freizügigkeit der Kinski, die dem damalig angesagten „David-Hamilton-Soft-Porno“-Posterstil entsprach, das wirklich einzige Gesprächsthema!!! Früher war also auch nicht alles besser!


  • Susanne Martin • am 26.3.16 um 1:41 Uhr

    Kleine Korrektur:
    den Lehrer spielte natürlich Quadflieg, nicht Bleibtreu! Tut mir leid,- weiß auch nicht, wieso ich so’nen Quatsch geschrieben habe!


  • Richter • am 25.11.16 um 0:46 Uhr

    Ist ja klar das der allen Am besten gefällt, weil ihr euch freut ne 15 jährige nackt zu sehen, ihr ekelhaften Kreaturen der Hölle. Das ist der einzige Grund für diese Bewertung.


  • MoistvonLipwig • am 14.1.17 um 23:31 Uhr

    Referenz – einer der Top Ten.


  • Klausi • am 27.3.17 um 12:55 Uhr

    Auf jeden Fall besser als die heutigen Tatorts. Das sind fast ausnahmslos keine brauchbaren filme mehr. Die letzten Tatorte, die einigermaßen gut waren, waren einige mit dem schnell abgesetzten Cenk Batu (nicht alle), sogar Schweigers Tatort ging noch wegen der anderen Machart. Ansonsten: extrem konstruierte Fälle, bei denen eine unwahrscheinliche Wende nach der anderen kommt. Die Polizisten alle mit Psychoknacks.
    Na ja, die ruhigen beschaulichen Tatorte der 70er könnte man öfter mal wiederholen. nicht nur diesen hier.
    Herrlich, die Dialoge zwischen Finke und Assi.
    Wie Finke dem Assi das Essen wegfuttert usw. Auch die Ehe zwischen den Fichtes ist irgendwie kurios. Die extrem verständnisvolle Judy Winter hätte doch die Kinski am liebsten noch adoptiert nach dem sie von der Affäre wusste. Das wäre noch ausbaufähig gewesen.
    Kinski und Judy Winter hatten hier aber auch schon ihren Karrierehöhepunkt. Die eine ging nach Hollywood und machte miese Filme, die andere alterte zu schnell und verlor an Attraktivität.


  • Henning • am 8.1.19 um 0:04 Uhr

    Der Film hat inzwischen schon ein wenig Staub angesetzt, zeigt aber dennoch eindrucksvoll, dass ein Lehrer sich keinen Gefallen damit tut, wenn er sich auf eine Ebene mit seinen Schülern begibt. Gutes Spiel von allen, auch von Judy Winter, die dem Mädchen mit ihrem vorgespieltem Verständnis („Komm uns doch mal besuchen so wie früher“) zeigt, dass sie dieses als Konkurrentin um ihren Mann gar nicht ernst nimmt. Ich fand „Strandgut“ und „Jagdrevier“ besser, wobei letzterer ja auch wirklich genial gemacht war.


  • alter Fan • am 8.1.19 um 0:25 Uhr

    aus heutiger Perspektive gesehen schon sehr beeindruckend , daß man vor mehr als 40 Jahren schon super Tatorte produzierte – gute Story + Drehbuch , klasse Schauspieler und ein Minimum an technischen Möglichkeiten


  • HerrBert • am 21.3.21 um 10:12 Uhr

    Wohl einer der Besten.

    Nicht, weil die Geschichte so überaus spannend wäre oder die Ermittler besonders schlau. Auch der Plot ist schnell erzählt.

    Nein, dieser Tatort besticht durch eine unaufgeregte Erzählweise, feine Nuancen und einen guten Rhythmus, oder besser gesagt: Flow. In die 90 Minuten wird viel hineingepackt, aber alles ist von Bedeutung. Keine sog. Nebengeschichte ist einfach mal „so“ …

    Gekrönt wird das Ganze durch die eher beiläufige Musik, den geschickten Schnitt und die schauspielerisch überzeugende Leistung, die super Regiearbeit nicht zu vergessen.

    Dass bei der Erstausstrahlung die Barbusigkeit der jungen Nastasia Kinski den Film in die Schlagzeilen brachte, ist heute von eher geringer Bedeutung.


  • Al.Ter • am 29.3.21 um 20:41 Uhr

    Da muß ich doch auch mal was zu _dem_ Klassiker schreiben, wo der doch grad mal wieder lief; durchschnittlich 1x pro Jahre gibt’s ’ne Wiederholung – den Nörglern sei gesagt: Lieber 10x Reifezeugnis als 1x Tschiller mit Nuschelfritze Schweiger!

    Sicher nicht der beste der sieben Finke-TO, doch schon vor der Erstausstrahlung der angeblichen Skandale wegen in der Presse heiß diskutiert („ÖR-Schulmädchenreport“, „Lolita-Liebe“; man beachte zudem die Analogie zur US-Produktion „Reifeprüfung“ von 1968) und über die Jahre zur Kult-Folge gereift.

    Zumal uns eine Darsteller-Melange von vier Kindern bekannter Schauspieler dargeboten wird: Boysen, Kinski, Quadflieg, Völz. Quadflieg & Winter in der Blüte ihrer Jahre; Nastassja Kinski auf dem ersten Schritt zur Weltkarriere sowie nicht zuletzt die skandalöse Thematik – die für pubertierende Jugendliche durchaus nicht uninteressant und natürlich Gesprächsthema Nr. 1 auf den Schulhöfen der bundesdeutschen Republik war; was man denn so alles gesehen habe von der jungen Kinski – mir egal, ich stand da eher auf Judy Winter ;-)

    Friedrich Schütter mit seiner sonoren Stimme kannten wir schon aus Blechschaden, Markus Boysen ist bis heute regelmäßig zu sehen, Rebecca Völz (Katrin) hingegen war im TV nur bis Anfang der 80er präsent, machte danach viel Synchronarbeit (Trivia: Ihr Sohn Daniel war ‚Der Bachelor‘ im Jahre 2018!).
    Der Assistent heißt wie in Nachtfrost Franke, wird diesmal aber von Rüdiger Kirschstein („Auf Achse“ m. Manfred Krug) verkörpert. Meine Lieblingsszene mit ihm ist die im Restaurant (Fährhaus Bosau): Finke läßt sich dessen Scholle schmecken, der ihm freundlichst „Vielleicht’n bißchen Salat dazu?“ anbietet – köstlich!
    Fr. Fichte bringt uns die Formulierung „Weggehgesicht“ zu Gehör und wir lernen, daß die Eierpflanze mit neun Buchstaben die Aubergine ist – Finke weiß sowas!

    Ab hier wird’s nun persönlich:
    Mit dieser Folge fangen meine Erinnerungen an die Tatort-Reihe an! Und deshalb kommt zu den ursprünglich 4 vergebenen Sternen der 5. hinzu.
    Gewiß, die ein oder andere Haferkamp-Folge hatte man wohl mal gesehen, an die erinnere ich mich jedoch überhaupt nicht.
    Gedreht im brüllend heißen Sommer ’76 – schön zu sehen gegen Ende anhand der vertrockneten Rasenflächen (amüsant: Im Jahr zuvor brachte Rudi Carrell seinen Ohrwurm „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer“ raus – sein Flehen wurde also erhört!) und Ende März ’77 ausgestrahlt, da ahnte man noch nichts vom Verlauf dieses ereignisreichen Jahres, von den Attentaten der RAF, dem Sommer mit Didi Thuraus furiosen 15 Tagen im Gelben Trikot bei der Tour de France über Elvis‘ Tod bis zum „Deutschen Herbst“.

    Apropos Fahrrad: Sina auf dem lebensgefährlichen Klapprad – Flashback: Ein Freund war gestürzt, nachdem sich bei voller Fahrt die Rahmenteile geöffnet hatten; die üble Fleischwunde im Oberschenkel hat geblutet wie S.. und mußte im KH genäht werden. Nun gut, wir waren Rennen mit den Dingern gefahren, hätte man nicht machen sollen, es war uns eine Lehre.
    Ja, die 70er und auch die Anfänge der 80er Jahre, was waren das für g..le Zeiten: Wir konnten tun und lassen was wir wollten, hatten Freiheiten, von denen unsere Eltern nicht mal träumen konnten. Angst hatten wir nicht vor einem Virus, sondern zu Zeiten des Kalten Krieges nur vor dem „Russen, der vor der Tür steht“, aber dank des militärischen Gleichgewichts der Kräfte niemals reinkam.
    Schon wieder abgeschwiffen …

    Also, die Tochter einer Bekannten-Familie war für eine Nebenrolle (Gitte, sitzt im Klassenzimmer neben Sina) von Regisseur Petersen höchstpersönlich auserkoren, sogar mit Text! Dadurch erfuhren wir manch Aufschlußreiches – etwa, daß man sich am Set gegenseitig mit den Rollennamen anspricht usw.
    Auch, daß in den offiziellen Ankündigungen, in denen sie sogar namentlich genannt war, noch von „Reifeprüfung“ die Rede war, obwohl der Titel ja schon vom US-Film mit Dustin Hofman belegt war.
    So saßen wir gebannt vor dem Fernsehschirm – und waren bannig enttäuscht/aber wie groß war dann die Enttäuschung, daß ihre Szene der Schnittschere zum Opfer gefallen war! Aber nicht nur ihre, auch die ursprünglich im Drehbuch vorgesehene Eröffnungsszene mit dem Oberstudiendirektor Bender, gespielt von Hans Timmermann vom Ohnsorg-Theater, der ohne aufgetreten zu sein jedoch im Abspann genannt wird!
    Petersen verwarf diese konventionelle Eröffnung kurzerhand und ersetzte sie durch die lange Kamerafahrt mit Zoom aus der Vogelperspektive direkt auf Sina, worauf sich in schönster Schreibschrift wie mit Kreide an der Tafel „Reifezeugnis“ von selbst schreibt.
    Nicht unterschätzt werden darf die Wirkung des minimalistischen Klangteppichs von Nils Sustrate, seines Zeichens Hochschulprofessor für Musik. Petersen bat darum, ihm nach Hollywood zu folgen – was Sustrate zwar nicht tat, seine Arbeit bis auf die drei Geheimdienst-Tatortfolgen von Jürgen Roland dennoch leider ein Ende fand.

    Nachtrag: Der „Wolf’sche“ Bungalow in Bosau hoch über dem Großen Plöner See ist Ende 2018 leider Opfer des Abrißbaggers geworden. Es hatte sich kein Käufer für die 1965 vom Hamburger Architekten Herbert Hagge erbaute, 242 qm große Villa gefunden (im mir vorliegenden Exposè von 2016 – edles Travertin, 3 Kamine, Deckenheizung [!] – wurden 690.000 € aufgerufen). Nun soll an dieser Stelle ein 6er-Block mit ETW entstehen…

    Nur gut, daß es nie zu einer Fortsetzung à la „Sina nach 30 Jahren aus dem Gefängnis entlassen“ gekommen ist, obwohl zum Jubiläum 2007 ernsthaft dran gedacht wurde (in der HörZu gab’s sogar eine Serie) – das wäre genauso in die Hose gegangen wie neulich der 2. Aufguß vom „Boot“.


  • Axel Lindemann • am 14.6.22 um 22:30 Uhr

    Wer kennt die LP von Miles Davis, die in Reifezeugnis abgespielt wurde? Habe nach all dieser Zeit das Titelbild im Kopf, kann aber in der Diskographie nichts finden.


  • Newsandmore • am 15.6.22 um 13:00 Uhr

    Sketches of Spain


  • Al.Ter • am 16.6.22 um 16:36 Uhr

    @Axel Lindemann
    @Newsandmore
    Sicher, daß ihr im richtigen Film seid?

    M.W.n. kommt das in Reifezeugnis nicht vor, da hat allein Nils Sustrate die Musik beigesteuert.
    Sollte die Folge 82 „Das Mädchen von Gegenüber“ (Haferkamp) gemeint sein?
    Dort ist Miles Davis‘ Interpretation des „Concierto de Aranjuez“ von Joaquín Rodrigo aus eben diesem Album _das_ musikalische Thema.


  • arte-Versteher • am 18.8.22 um 16:35 Uhr

    Zum Tod von Wolfgang Petersen zeigt arte den Tatort Reifezeugnis am 19.8.2022 (Freitag) um 20.15 Uhr.


  • Hanz W. • am 20.8.22 um 9:55 Uhr

    Nostalgie pur, ein Tatort, der tief in die eigene Biografie (und notabene die alte Bundesrepublik der späten 70er) zurückführt. Tempi passati. Zwangsläufig stellen sich, wie schon von einigen Mitforisten geschrieben, Erinnerungen an die Diskussionen in der Schule nach der Erstsendung ein, mit leuchtenden Augen die Jungs, leicht verstört und wütend ob der Darstellung der sexuellen Lehrer-Schüler-Beziehung Teile der Lehrerschaft. Schon sonderbar, wie so manche faktisch doch eher nebensächliche Angelegenheit im Gedächtnis hängenbleibt. Heute habe ich den Inhalt der allermeisten Tatorte nach spätestens zwei Woche beinahe komplett vergessen. Nun ja, das Alter. Selbstverständlich gäbe es aus heutiger Sicht manches an dem Film zu kritisieren, aber aus reiner Sentimentalität sind das natürlich 5 Sterne.


  • Der Fremde • am 20.8.22 um 16:09 Uhr

    @Hanz W.:
    Kann ich gut nachvollziehen … ;-)

    Es war zwar vor meiner TO-Zeit, aber ich habe den Hype um Nastassja Kinski in den BRAVO-Hefteln mitbekommen.
    War irgendwie eine unschuldige Zeit damals …


  • Matthias Otto • am 23.8.22 um 9:02 Uhr

    Ich habe ihm erst zum 2 Mal gesehen 1977 und 2022 also vor 45 Jahren, er war schön damals wie heute..


  • Tom • am 23.8.22 um 21:18 Uhr

    Toller Tatort. Warum nur taucht er nicht in der Mediathek auf? Auf er ARD-Seite wurde das vom Sender versprochen! Kommentar unter
    daserste.de/unterhaltung/krimi/tatort/sendung/2011/reifezeugnis-100.html Antwort von Das Erste vom 27.3.2021


  • arte-Versteher • am 19.7.23 um 14:07 Uhr

    Christian Quadflieg ist im Alter von 78 Jahren gestorben. RIP.

    Seine schauspielerische Leistung im Zusammenspiel mit Judy Winter in Reifezeugnis fand ich damals und finde ich noch heute atemberaubend gut.

    Ich denke, man sollte in den nächsten Tagen nach einer Wdh. dieses TOs Ausschau halten.


  • Al.Ter • am 19.7.23 um 19:55 Uhr

    +++ EIL +++
    Programmänderung auf N3: Heute um 22:30 Uhr „Reifezeugnis“
    anläßlich des Todes von Christian Quadflieg, der bereits am Sonntag verstorben ist.


  • Smokie • am 20.7.23 um 23:28 Uhr

    So skandalös, wie häufig bekundet wird, war dieser Kieler-Tatort mitnichten. Spiegelt ein wenig den damaligen Zeitgeist, einer eher offenen, gegenseitigen sexuellen Anziehung, wider. Die 70ger Jahre waren alles andere als prüde (!). Mag sein, dass so Boulevardblätter wie die bekannte Zeitung mit den vier Buchstaben – bei ihren damaligen verklemmten Stammlesern – einen lukrativen Verkaufserfolg, mittels gut platzierter Schlagzeile, witterten. Mehr aber auch nicht. Zum Zeitpunkt der Erstausstrahlung war ich 14 Jahre alt und erinnere, dass einige der damaligen etwas frühreiferen Mädels in der Klasse keine Engelsgesichter mehr waren.

    Denjenigen, die diesen Tatort bemerkenswert gut finden, sei es gegönnt.


  • arte-Versteher • am 21.7.23 um 10:11 Uhr

    Dass dieser TO den damaligen Zeitgeist widerspiegelt, ist eine Binsenweisheit. Das tut eine beliebige Seite einer BILD-Ausgabe von damals auch, ebenso wie ein Oswalt Kolle-Film oder Vivi Bach in durchsichtiger Bluse als Gastgeberin der Samstagsabendshow „Wünsch dir was“. Die Meisterschaft von Reifezeugnis liegt darin, dass der Film diesen Zeitgeist genüsslich und hochintelligent unter dem Mikroskop seziert.

    Zuunterst die Ebene der kleinen Tratschweiber an der Schule, die unter dem spießbürgerlichen elterlichen Druck, das Abi zu schaffen, nicht mal vor einer Erpressung zurückschrecken.

    Dann Lehrer Fichte, der alles andere als ein notgeiler Verführer ist, sondern ein schwärmerischer, im Grunde schwacher Charakter, der dem Werben der Schülerin nicht widerstehen und auch von sich aus auch keinen Schlusspunkt setzen kann – sein Reifezeugnis fällt entsprechend eher aus. Sina ist einerseits eine kleine Lolita, aber nicht von der berechnend-kalten Art, sondern ebenfalls schwärmerisch und naiv, wobei sich ihre romantischen Träumereien bezeichnenderweise nicht in freier Liebe, sondern im kitschigen Bild einer Kleinfamilie – Mama, Papa und kleines Mädchen an der Hand – verdichten.

    Dazwischen die schillerndste Figur in diesem Drama, Lehrerin Fichte, gesellschaftlich ganz vorne dabei in der neuen, toleranten, aufgeklärten Welt, über den Seitensprung ihres Manns in demonstrativer Liberalität hinwegsehend und ihrer Schülerin weiterhin vordergründig verständnisvoll zugetan, aber darunter ein eiskalter Gletscher, der über Leichen gehen würde, um das gutbürgerliche Außenbild vom Ehepaar Fichte in seinem Häuschen im Grünen aufrecht zu erhalten. Und natürlich Kommissar Finke, der sich, stoisch wie immer, von diesem ganzen Zeitgeistpanoptikum nicht verrückt machen lässt.

    Lichtenbergs Erzählung beobachtet genau und nuanciert, nimmt keine Partei (außer gegen die spießbürgerlich tratschenden Erpresserinnen), sein Blick erinnert mich in vielem an Truffaut, der seine Figuren, denen er da beim Irren und Wirren zuschaut, nicht verurteilt. Für mich ist und bleibt Reifezeugnis ein Film auf Augenhöhe mit den besten französischen Spielfilmen dieser Zeit.


  • arte-Versteher • am 21.7.23 um 10:55 Uhr

    Lichtenfeld statt Lichtenberg natürlich ;)


  • Smokie • am 21.7.23 um 12:02 Uhr

    @arte-Versteher
    Abgesehen von den beiden sehr talentierten Herren Lichtenfeld und Petersen, wurde dieser Kieler-Tatort auch hochrangig besetzt. Judy Winter in Gestalt von Frau Fichte ist wohl kaum zu toppen. Nicht minder Christian Quadflieg als deren Ehemann. Diese Melange aus gutem Drehbuch, Regie und überzeugenden Darstellern kann nicht erfolglos sein.

    Die Filmschen von Oswald Kolle sind aber beinahe 10 Jahre älter. Deren Erfolg eigentlich nur darauf basiert, dass die Anzahl der damaligen Fernsehapparate (zweite Hälfte 60ger Jahre), in den normalen Haushalten, sprunghaft angestiegen war. Ansonsten nur Biologieunterricht mit einer Brise Verhaltenssoziologie für Erwachsene.

    Vivi Bach (Requisite in Pace) war natürlich der absolute feminine Knaller der Samstagsabendshows aus den frühen Siebzigerjahren. Häufig wurde sie auch als dänische BB (Brigitte Bardot) betitelt. Denke mal, dass so manche sich damals „Wünsch dir was“, in erster Linie, nur wegen Vivi Bach angesehen haben. Und wahrscheinlich bei der Ausstrahlung mit der durchsichtigen Bluse, gänzlich ausgeflippt sind.


  • arte-Versteher • am 21.7.23 um 13:32 Uhr

    @Smokie: Ja, alle drei Hauptdarsteller spielen ihre Zwischentöne großartig. Um auf Christian Quadflieg, den Anlass für die aktuelle Wdh., zurückzukommen – er ist eine großartige Besetzung für den Lehrer, der auf ein junges Mädchen attraktiv wirkt, selber aber noch sozusagen ein verträumter großer Junge ist, der am Ende von der Rückendeckung seiner Frau abhängt, die alle Zügel in der Hand hat. Er ist zweifellos intelligent und feinfühlig, beweist aber charakterlich nicht gerade Reife – und dennoch kann man ihm angesichts seines Charmes schwerlich böse sein. Wenn ich daran denke, wie platt und eindimensional ein schlechter Drehbuchschreiber und ein mittelmäßiger Schauspieler diese Rolle angelegt hätten…


  • ManniW • am 10.10.23 um 21:23 Uhr

    Erstaunlich wie damals die teils versteckten Drehorte ohne Internet und Navi zusammengestellt wurden.Ich denke da z.B an die Ruine (Gieslers Höh)
    an der ich mindestens 3 X vorbeigelaufen bin, weil von dem Haus kaum noch was übrig ist, oder den „Schwarzen See“
    (Kolksee bei Kasseedorf) den ich lange suchen mußte. Leider saß Nasti nicht mehr auf dem Steg.:-) der inzwischen anders aussieht. Selbst der große Baum neben der Einfahrt zur Wolf-Villa in der Stadtbecker Str. in Bosau steht noch. Leider stand Nastis Klapprad nicht mehr in der Garage.
    Die Johann Heinrich Voss Schule in der Bismarckstraße war noch am leichtesten zu finden und komplett unverändert- leider kam mir Dr. Gisela Fichte nicht auf der Teppe entgegen, ich hätte sie gerne auf einen Kaffee eingeladen.
    Selbst den Sieker Forst ( Timmdorfer Holz) fand ich, allerdings nicht die alte Solitärbuche an der der Mord geschah und schon gar nicht den Stein mit dem Michael Harms erschlagen wurde.
    Alles in allem- ein Stück Zeitreise und einer der besten Tatort Krimis die je vom NDR produziert wurden mit einer Top Besetzung. Selbst an den heißen Sommer 1976 mit dem vertrockneten Rasen am Ende der Lindenstraße ( Fichte Haus) erinnere ich mich- ich war damals im 2. Lehrjahr Landwirtschaft und auch wir hatten reichlich mit der Hitze zu kämpfen.
    Leider sind im Internet in der Rubrik „Zeitreise“ (SH Magazin) keine Fotos der Drehorte mehr vorhanden. Vielleicht kann ja jemand helfen.


  • Al.Ter • am 20.2.24 um 13:10 Uhr

    +++EIL+++
    Nastassja Kinski will Nacktszenen in berühmter „Tatort“-Folge untersagen, schreibt die Welt, weil sie beim Dreh erst 15 Jahre alt war.


  • Nelly • am 21.2.24 um 14:16 Uhr

    Warum will sie die Szenen jetzt auf einmal löschen lassen? Geht es ihr dabei um sie selbst (dann fände ich es etwas spät), oder geht es ihr generell um Jugendschutz? Heutzutage wäre es bestimmt nicht erlaubt, dass eine 15-jährige Nacktszenen dreht.


  • Al.Ter • am 21.2.24 um 20:20 Uhr

    @Gerald
    Tut mir leid, die Löschung kann ich nicht nachvollziehen:
    @der Fremde hatte sehr pointiert die entsprechenden Stellen kommentiert, da war nix anzügliches oder ehrverletzendes dran!
    Oder hat evtl. die „Kirsche“ Anstoß erregt?
    Dann hätte es gereicht, die inkriminierende Textstelle zu entfernen.
    Nur meine bescheidene Meinung.


  • Gerald • am 22.2.24 um 8:59 Uhr

    @Der Fremde @ManniW gelöscht
    Mehr dazu im § 184c StGB der das definiert und regelt.


  • Adabei • am 22.2.24 um 9:00 Uhr

    @AI.Ter und @Nelly:
    Ich finde, dass keine Schauspielerinnen unter 18 Jahren Nacktszenen spielen sollten. Es geht nicht um die Nacktheit (das kann man an jedem Strand sehen), sondern darum, dass die nicht volljährigen Schauspielerinnen sozusagen noch Kinder sind, nicht wissen was sie tun bzw. dazu gedrängt werden. Nun kann man den Film aber im Nachhinein nicht mehr ändern. Deshalb fände ich den Kompromiss gut, den Film ohne Schnitt zu belassen und erst ab 16 Jahren freizugeben.


  • Der Fremde • am 22.2.24 um 10:03 Uhr

    Okay, ich habe den dt. Paragraphen gelesen (und gelobe Besserung).

    Die Medien-Welt ist offenbar sehr kompliziert geworde! (bin gespannt, was in Zukunft noch alles verboten wird und hoffe, dass hiermit dann wirklich die wichtigsten Probleme dieser unserer Welt gelöst sind …)


  • arte-Versteher • am 23.2.24 um 7:26 Uhr

    Ich bin generell gegen eine nachträgliche zeitgeistgetriebene Verstümmelung von Kunstwerken, aber ich kann verstehen, dass Frau Kinski die sabbernden Nebengeräusche bei jeder Wiederholung nicht mehr hören mag,. Ob diese sich durch das Klappern höherer Tantiemen in der Kasse übertönen lassen? Ich glaube (hoffe) nicht, dass das ihr Ziel ist. Wie dem auch sei: Ich habe den Film in den letzten 47 Jahren immer mal wieder gesehen und bin nach wie vor davon überzeugt, dass er ein fein ziseliertes Mahnmal gegen unREIFE (daher der Titel) Erwachsene ist. Das bliebe er für mich auch ohne die paar Sekunden Barbusigkeit. Von mir aus kann man die tilgen, aber dann auch so richtig mit einem Pornobalken, damit man weiß, dass daran herumgedoktert wurde.


  • Der Fremde • am 23.2.24 um 8:35 Uhr

    @arte-Versteher:
    Mein historischer Zugang zu dieser Folge ist, dass ich (Jahrgang ´66) mit dieser – ohne sie damals (´77) gesehen zu haben – in der Weise konfrontiert war, dass ich darüber in den BRAVO-Heften gelesen habe. Darin war sie die Heldin, weil sie aufgrund der Szenen, über die man heute hier nicht mehr schreiben darf, als „frech“ und „aufmüpfig“ abgefeiert wurde.

    So ist es möglicherweise etlichen Leuten meiner Generation gegangen. Wenn dieser Personenkreis also den Film – den ich persönlich inhaltlich gar nicht so herausragend finde – in der heutigen Zeit sieht, dann ist das vielleicht nicht unbedingt mit „Sabbern“ verbunden, aber man fühlt sich an die damalige Zeit und die mit den Szenen verbundene „Aufgeregtheit“ innerhalb der Heranwachsenden erinnert (zumindest bei mir war und ist das so). ;-)

    Also von mir aus kann es gerne den „Pornobalken“ geben, aber ich bin gegen Zensur!


  • Al.Ter • am 23.2.24 um 17:05 Uhr

    Ja, die neue deutsche Prüderie greift um sich! Mit Volldampf zurück zum Mief der 50er Jahre!

    Erst jetzt fällt Madame Kinski auf, sich vor 50 Jahren mal nackig gemacht zu haben, so, so.
    Geht ja noch weiter: Wim Wenders drehte 1975 mit ihr ‚Falsche Bewegung‘ (mit Rüdiger Vogler), auch da war sie obenrum entblößt zu sehen – und erst13! Shocking!
    Gab‘s denn keine Erziehungsberechtigten oder Betreuer vor Ort? Zitat der damaligen Szenenbildnerin über die Anwesenheit der Eltern Klaus und Brigitte: „Sie kamen nicht so häufig, doch sie kamen.“ Wird wohl beim ‚Reifezeugnis‘ ähnlich gewesen sein.
    Nun ja, die Familie Kinski war ja schon immer recht speziell unterwegs, man denke nur an die Geschichte mit Schwester Pola.

    Immerhin hat sie pietätvoll erst mal den Tod von Wolfgang Petersen und Christian Quadflieg abgewartet, bis sie aus der Deckung kam.

    Hoffentlich knickt der NDR nicht ein und läßt es drauf ankommen, so vong Kunstwerk her!
    Vgl. die Kontroverse um die Werke des Malers Balthus, sollen ja auch schwer jugendgefährend sein bzw. Mißbrauch darstellen – ist aber Kunst! Und da sind die Mädels nicht mal nackich …


  • Der Fremde • am 24.2.24 um 10:52 Uhr

    Abschließend: jeder Gesetzestext steht und fällt mit dessen Auslegung. Was ist also „jugendpornographischer Inhalt“? Was stellt dessen „Bewerbung“ dar?

    Will man in Zukunft noch Filme wie ‚Reifezeugnis‘ in Original-Fassung öffentlich zeigen (und öffentlich besprechen), sollte hier – sowie für den gesamten Bereich von Kunst bzw. Kultur – eine klare Definition erfolgen!


  • Adabei • am 24.2.24 um 12:03 Uhr

    @Der Fremde am 24.2.24 um 10:52 Uhr:
    Zu § 184c StGB habe ich gegoogelt: „Der § 184c StGB ist ein Paragraph im deutschen Strafgesetzbuch (StGB), der sich mit der Verbreitung, Herstellung und Besitz von Kinderpornografie beschäftigt. Er wurde eingeführt durch das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen, das am 22. Dezember 2008 in Kraft trat.“ Als 1977 die „Reifeprüfung“ gedreht wurde gab es diesen Paragraph also noch nicht. Wie man das heute juristisch nachträglich bewertet, weiß ich nicht.
    Meiner Ansicht nach (ich bin kein Jurist) sind die Nacktszenen mit der noch nicht volljährigen Kinski aber keine Pornographie. Es geht darum, dass die nicht volljährigen Schauspielerinnen sozusagen noch Kinder sind, nicht wissen was sie tun bzw. von der Regie zu etwas gedrängt werden. Bei Kinski ist das gut ausgegangen, in Hollywood gibt es jedoch viele unbekannte Schauspielerinnen, die nach Nacktaufnahmen als Jugendliche auf die „schiefe Ebene“ geraten sind.


  • arte-Versteher • am 24.2.24 um 12:06 Uhr

    Es geht hier nicht um Der Staat vs. ARD in Sachen Jugendpornographie, sondern um Frau Kinski vs. ARD in Sachen Persönlichkeitsrecht.


  • Der Fremde • am 24.2.24 um 12:30 Uhr

    @Adabei:
    Danke für Ihre Gedanken-Ansätze!

    Die hier aktuelle Frage ist m.E., ob die Ausstrahlung der Original-Fassung von Filmen wie ‚Reifeprüfung‘ in Zukunft bereits „Verbreitung“ (und das Ansprechen heikler Szenen allenfalls „Bewerbung“) darstellen könnte. Das kann es aus meiner Sicht wohl nicht sein (und ich denke, dass man für den Bereich – in der Vergangenheit produzierter – Kunst&Kultur hier eine ‚Sonderregelung‘ treffen sollte) …

    Bezüglich des Themas „Kinder-Schauspieler“ stimme ich völlig zu!


  • Adabei • am 24.2.24 um 14:41 Uhr

    @arte-versteher am 24.2.24 um 12:06 Uhr:
    Ich bin kein Jurist, aber meiner Meinung nach ist das Persönlichkeitsrecht von Frau Kinski am Film nach 47 Jahren verjährt. Ich finde, sie muss nach so langer Zeit den Film ohne Schnitte in der Originalfassung akzeptieren. Als Kompromiss könnte man den Film mit „ab 16 Jahren“ versehen.

    @Der Fremde:
    Ich stimme Ihnen zu! Weil der Film keine Pornographie ist, kann er weiterhin im Original gezeigt werden. Nacktszenen in zukünftigen Filmen sollten jedoch nur mit Schauspielerinnen ab 18 Jahren gedreht werden.

    Und übrigens finde ich den Tatort sehr gut, 5 von 5 Sterne! Ja wir werden alle immer wieder, sowohl in jungen Jahren, wie auch im Alter auf Reife geprüft!


  • arte-Versteher • am 24.2.24 um 15:56 Uhr

    @Adabei, eben das ist die interessante Frage. Nehmen wir mal den Maximalfall an, dass man die Dreharbeiten ex post aus heutiger Rechtsauffassung als sexuellen Missbrauch einer Minderjährigen werten könnte, dann wäre das Delikt an sich verjährt. Aber das bedeutet ja nicht, dass man den Missbrauch quasi mit jeder Neuausstrahlung fortsetzen dürfte. Das ist durchaus tricky, da bräuchte es salomonische Richter. Aber ich denke, man wird sich vorab auf einen Kompromiss einigen. Eine für künftige ARD-Ausstrahlungen um zwei, drei Minuten gekürzte FSK 16-Fassung wäre nicht das Ende dieses Kunstwerks. Und das sage ich als jemand, der sich sonst durchaus am neuen hysterischen Tugendwahn stößt und dazu gerne noch mal das Anschauen des Polizeirufs „Little Boxes“ empfiehlt.


  • Adabei • am 24.2.24 um 16:18 Uhr

    @arte Versteher am 24.2.24 um 15:56 Uhr:
    Angenommen, Frau Kinski wäre damals schon 18 gewesen, dann wäre alles ok: Nur ein wenig Nacktszenen, keine Pornographie. Da sie damals aber 15 war und das heute noch jeder weiß, wäre die heutige Ausstrahlung sozusagen „…dass man den Missbrauch quasi mit jeder Neuausstrahlung fortsetzen dürfte…“ wie Sie sagten. Vielleicht wäre deshalb eine „…um zwei, drei Minuten gekürzte FSK 16-Fassung…“ ein guter Kompromiss. Ich finde den Film supergut und das Weglassen der kurzen Nacktszenen würde für mich die Qualität des Films nicht beeinträchtigen.


  • Al.Ter • am 24.2.24 um 18:48 Uhr

    Leude, eure Diskussionen um §184c etc. pp. in Ehren – welchen Grund könnte es denn geben, sich nach so langer Zeit an seine Auftritten im Evaskostüm zu erinnern – einen Pekuniären vllt.?
    So im Sinne von „Also ihr könnt die Szenen drin lassen, wenn wir uns auf einen angemessenen Nachschlag beim Honorar einigen könnten – und was angemessen ist, bestimme ich! Man hat ja schließlich seine Kosten und ich hab nicht geklebt“ – für die Jüngeren: Als Nachweis für die Rente mußten früher pro Monat Marken in ein Heftchen geklebt werden.
    Dafür gibt es in der Rechtsprechung auch ein Wort, das fängt mit E an.

    Sagen wir mal so: Seit 24 Jahren, also seit ‚Das Reich und die Herrlichkeit‘ (The Claim, 2000) und einem Gastauftritt in David Lynchs ‚Inland Empire‘ 2006 hat die Dame in keinem nennenswerten Film mehr mitgespielt. Die letzten sechs haben bis auf einen keinen Wikipedia-Eintrag!
    Bei der letzten Rolle 2023 reicht es in ‚Castelvania: Nocturne‘ (Serie, 8 Episoden) nur zur „Stimme von Tera“.
    Vergleicht das mal mit Jodie Foster, die hat ähnlich angefangen, war auch nicht immer gut drauf und ist trotzdem noch eine Klasse für sich! Hat sich halt weiterentwickelt.

    Der Filmkritiker Andreas Kilb schrieb schon vor langer Zeit unter dem Titel »Zwischen Unsterblichkeit und Versenkung«: „Seit zwanzig Jahren nun, seit jener Szene bei Wenders [‚In weiter Ferne, so nah!’/1993], nimmt Nastassja Kinski einen langen Abschied vom Kino. […] Ihr Zauber ist nicht auf einen Schlag erloschen, sondern in Schüben schwächer geworden, wie ein Leuchtfeuer, das sich am Horizont entfernt, oder wie eine Schrift, die sich im Regen langsam auflöst.“
    Genau das trifft es, dem ist nix hinzuzufügen.


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