Das Krimi-Jahr 1977 war für die „Tatort“-Reihe der ARD ein Feuerwerk der Kontroversen. Von verbotenen Folgen bis hin zu Nacktszenen mit Minderjährigen – die Serie wagte sich an ihre Grenzen und darüber hinaus.
Skandal um Nastassja Kinski
Den Höhepunkt des Jahres markierte zweifellos die Folge „Reifezeugnis“ mit der damals erst 15-jährigen Nastassja Kinski. Die Darstellung einer Affäre zwischen einer minderjährigen Schülerin und ihrem Lehrer löste einen handfesten TV-Skandal aus. Die freizügigen Szenen mit der Tochter des berüchtigten Klaus Kinski sorgten für hitzige Debatten über Moral und Jugendschutz im deutschen Fernsehen.
Zensur und Verbannung
Doch damit nicht genug: Die Folge „Drei Schlingen“ wurde nach ihrer Erstausstrahlung gleich für ein Vierteljahrhundert in den Giftschrank verbannt. Der Grund: Zuschauer beschwerten sich über die „offen gezeigte Brutalität“. Erst 2002 wagte man eine Neuüberprüfung und entschärfte die umstrittenen Szenen.
Das Ende einer Ära
1977 markierte auch das Ende für einige beliebte Ermittler. Kommissar Schmidt aus Berlin und Kommissar Brammer aus Hannover verabschiedeten sich von der Bildfläche. Es war der Beginn eines Trends: Der klassische deutsche Krimi-Kommissar, oft bärbeißig und mit Hang zum Alkohol, machte langsam moderneren Charakteren Platz.
Vom Tatort zum Welterfolg
Interessanterweise diente der „Tatort“ 1977 auch als Sprungbrett für künftige Stars. In der Folge „Das Mädchen von gegenüber“ hatte ein gewisser Jürgen Prochnow einen Gastauftritt – nur vier Jahre bevor er mit „Das Boot“ zum Weltstar wurde.
Fazit: Ein Jahr der Extreme
Mit durchschnittlichen Einschaltquoten von über 50% war 1977 für den „Tatort“ ein Jahr der Rekorde. Doch der Erfolg hatte seinen Preis: Die Serie balancierte am Rande des gesellschaftlich Akzeptablen und überschritt diese Grenze mehr als einmal. Es war ein Jahr, das die DNA der Krimireihe nachhaltig veränderte und den Weg für mutigere, kontroversere Stoffe ebnete.