Das Krimi-Flaggschiff der ARD navigierte 1983 durch ein bewegtes Jahr. Während auf den Straßen gegen Atomraketen demonstriert wurde, ermittelten die Fernsehkommissare in einem Deutschland am Scheideweg zwischen analoger Vergangenheit und digitaler Zukunft.
Vom Schwabenländle bis zur Hamburger Waterkant
Die Reise durch die Republik begann im Januar in Stuttgart. In „Mord ist kein Geschäft“ ermittelte Kommissar Lutz in Kreisen der schwäbischen Mafia – ein Novum für die sonst so beschauliche Landeshauptstadt. Nur einen Monat später fand sich Berlins Ermittler Walther in „Fluppys Masche“ in einem Labyrinth aus Juwelierüberfällen und Beziehungsdramen wieder.
Schimanski: Ruhrpott-Romeo mit Schlagseite
Höhepunkt des Tatort-Jahres war zweifellos „Miriam„, der dritte Fall des Duisburger Raubbeins Horst Schimanski. Während sein Kollege Thanner Liebeskummer schob, jagte „Schimmi“ einen Mörder durch die Straßen des Ruhrgebiets – standesgemäß in einem nagelneuen Ford Sierra, dessen Präsenz im Film die zunehmende Verflechtung von Fernsehen und Werbung offenbarte.
Frauenpower und Falschgeld
Mit Hauptkommissarin Hanne Wiegand in „Peggy hat Angst“ bewies der Tatort, dass auch Frauen dem Verbrechen die Stirn bieten können. In Frankfurt träumte derweil ein junger Seemann in „Blütenträume“ vom schnellen Geld – ein Fall, der die wirtschaftlichen Nöte der Zeit widerspiegelte.
Im Schatten des Kalten Krieges
Zum Jahresende hin wurde es politisch. In „Der Schläfer“ ermittelte Oberstleutnant Delius in Hamburg in einem brisanten Fall von Militärspionage – just zu einer Zeit, als der Bundestag die Stationierung von Pershing-II-Raketen beschloss und Hunderttausende dagegen auf die Straße gingen.
Fazit: Seismograph einer Nation im Umbruch
Der Tatort erwies sich 1983 einmal mehr als feinfühliger Seismograph gesellschaftlicher Entwicklungen. Während auf den Straßen noch gegen Atomraketen demonstriert wurde, kündigte sich mit der Einführung des ersten Mobiltelefons von Motorola bereits das digitale Zeitalter an. Die Ermittler des Tatorts standen somit sinnbildlich für eine Nation im Umbruch – mit einem Bein noch im analogen Gestern, mit dem anderen bereits im digitalen Morgen.