Lübeck | Tatort Schauplatz
Die Hansestadt Lübeck mit ihrer backsteingotischen Kulisse und maritimen Atmosphäre diente als Schauplatz für zwei höchst unterschiedliche Ermittlerpersönlichkeiten, die in ihren jeweils einzigen Fällen den besonderen Charakter dieser norddeutschen Region einfingen.
Die Ermittler-Generationen
Beck
Der eigenbrötlerische Kriminalhauptkommissar Beck verkörperte einen Ermittlertypus der alten Schule, der in den Gassen Lübecks seinen eigenen, hartnäckigen Stil verfolgte. Stets mit Hornbrille und Borsalino-Hut ausgestattet, war Beck ein Pragmatiker, der seine Ermittlungen mit einer Mischung aus professoraler Gründlichkeit und polizeilicher Härte führte. In „Slalom“ demonstrierte er meisterhaft, wie er den hochverschuldeten Skilehrer Walter Lanninger in die Enge trieb, indem er dessen Lebenslügen Stück für Stück entlarvte und dabei selbst vor manipulativen Verhörmethoden nicht zurückschreckte. Sein Credo war die Wahrheitsfindung um fast jeden Preis, was ihn zu einem unbestechlichen Einzelgänger machte, der sich perfekt in die düstere Herbststimmung Lübecks einfügte.
Greve
Kriminalhauptkommissar Horst Greve hingegen war der stille, beobachtende Gentleman-Ermittler aus der Hansestadt. Stets korrekt in langem Ledermantel und Krawatte gekleidet, wirkte er wie ein aus der Zeit gefallener, überaus höflicher Beamter. In „Das Zittern der Tenöre“ bewies Greve immense Anpassungsfähigkeit, indem er undercover in einen Männerchor eintrat – trotz seiner offensichtlichen mangelnden Gesangstalente. Gerade diese Unscheinbarkeit wurde zu seiner stärksten Waffe; er nutzte sie, um die wahren Charaktere der Verdächtigen hinter deren bürgerlichen Fassaden zu erkennen und so ein mörderisches Geheimnis um die NS-Vergangenheit aufzudecken.
Der Ort als Ermittler
Lübeck selbst fungiert in beiden Fällen als stiller Mitspieler, dessen Atmosphäre die Ermittlungen maßgeblich prägt. Die Hansestadt mit ihrer historischen Backsteingotik, den engen Gassen und der Nähe zur Ostsee bildet die perfekte Kulisse für die unterschiedlichen Ermittlungsstile. Während Beck die gesellschaftlichen Gegensätze der Stadt zwischen Nobelclubs am Wasser und trister Angestelltenrealität untersucht, führt Greves Fall in das kleinstädtische Umland, wo die hanseatische Seriosität auf dörfliche Enge und verdrängte Vergangenheit trifft. Die maritimen Einflüsse und die historische Bürde der Stadt schaffen eine besondere Grundstimmung, die beide Kommissare auf ihre Weise zu nutzen wissen.
Die Entwicklung des Tatort Lübeck
Obwohl beide Ermittler nur jeweils einen Fall in Lübeck bestritten, zeigen ihre Geschichten eine erstaunliche thematische Kontinuität. Beide Folgen beschäftigen sich mit der Diskrepanz zwischen äußerer Fassade und innerer Wahrheit, mit der Last der Vergangenheit und der Korrumpierbarkeit durch gesellschaftliche Ambitionen. Während Beck mit brachialer psychologischer Kriegsführung ermittelt, setzt Greve auf geduldige Observation und psychologisches Feingefühl. Gemeinsam ist ihnen jedoch der Fokus auf die menschlichen Abgründe hinter der bürgerlichen Oberfläche – ein Thema, das in der hanseatischen Atmosphäre Lübecks mit seiner Tradition und Modernität besonders gut zur Geltung kommt.