1986


In einem Jahr der globalen Krisen lieferte die ARD-Krimireihe brisante Fälle und kontroverse Themen. Von Tschernobyl-Ängsten bis zu moralischen Grenzgängen – der „Tatort“ hielt 1986 der Gesellschaft einen Spiegel vor und zeigte sich dabei so vielfältig wie nie zuvor.

Ermittler am Abgrund

Es war das Jahr, in dem selbst die Guten nicht mehr gut sein durften. In Stuttgart geriet Kommissar Lutz unter Mordverdacht und tauchte unter (Folge 178: „Einer sah den Mörder“). Die Folge zeigte eindrucksvoll, wie dünn die Grenze zwischen Recht und Unrecht sein kann, wenn ein System unter Druck gerät. Lutz, gespielt von Werner Schumacher, lieferte dabei eine Tour de Force der Verzweiflung – ein Kommissar auf der Flucht vor den eigenen Kollegen.

Noch brisanter wurde es in Duisburg, wo Kult-Ermittler Schimanski die Seiten zu wechseln schien (Folge 188: „Freunde“). Götz George, der Schimanski wie kein anderer verkörperte, lotete hier die Grenzen seiner Figur aus. War der raubeinige Kommissar wirklich bereit, alles hinter sich zu lassen? Die Botschaft war klar: In Zeiten der Unsicherheit ist niemandem zu trauen – nicht einmal sich selbst.

Atomare Ängste und kalter Krieg

Während radioaktive Wolken aus Tschernobyl über Europa zogen, spiegelte der „Tatort“ die Stimmung im Land. In „Riedmüller, Vorname Sigi“ (Folge 181) ermittelte der Münchner Kommissar in einem Fall, der Verbindungen zur Rüstungsindustrie aufwies. Die Botschaft: Der Kalte Krieg ist näher, als wir denken. Die Folge griff geschickt die Ängste der Bevölkerung auf und verwebte sie mit einem komplexen Kriminalfall.

Auch in anderen Folgen schimmerte die nukleare Bedrohung durch. In „Tod auf Eis“ (Folge 185) wurde ein Mord in einem Kühlraum verübt – eine subtile Anspielung auf die Furcht vor dem atomaren Winter? Die Hamburger Ermittler Stoever und Brockmöller mussten sich hier nicht nur mit einem kniffligen Fall, sondern auch mit den Ängsten der Gesellschaft auseinandersetzen.

Gesellschaftskritik im Krimi-Gewand

Doch der „Tatort“ wagte sich auch an andere brennende Themen heran. In Hamburg nahm „Leiche im Keller“ (Folge 179) Menschenhandel und Zwangsprostitution ins Visier. Die Folge zeigte schonungslos die Schattenseiten der Hansestadt und stellte unbequeme Fragen nach Moral und Mitschuld.

In Berlin zeigte „Die kleine Kanaille“ (Folge 177) die Abgründe der Jugendkriminalität. Die 16-jährige Protagonistin, brillant gespielt von einer Nachwuchsdarstellerin, führte dem Publikum vor Augen, wie dünn der Firnis der Zivilisation sein kann. Der Sonntagskrimi wurde zum Seismographen gesellschaftlicher Entwicklungen.

Internationale Verstrickungen

1986 war auch das Jahr, in dem der „Tatort“ verstärkt über den deutschen Tellerrand hinausblickte. In „Automord“ (Folge 187) ermittelte Kommissar Brinkmann in einem Fall, der bis nach Japan reichte. Die Folge spiegelte nicht nur die zunehmende Globalisierung wider, sondern auch die wachsenden Spannungen zwischen Ost und West.

Auch in Wien wurde es international: In „Wir werden ihn Mischa nennen“ (Folge 186) verwebte Oberinspektor Hirth einen Banküberfall mit Fragen nach Identität und Zugehörigkeit in einer sich wandelnden Welt. Die Folge zeigte eindrucksvoll, wie der „Tatort“ lokale Geschichten mit globalen Themen verknüpfen konnte.

Innovation und Experimentierfreude

1986 war auch ein Jahr des Experiments für den „Tatort“. In „Tödliche Blende“ (Folge 183) wagte man sich an eine Meta-Ebene: Ein Mord geschieht am Set eines Krimis. Die Folge spielte gekonnt mit den Erwartungen des Publikums und hinterfragte gleichzeitig die Mechanismen des Genres.

Auch formal gab es Neuerungen. „Schwarzes Wochenende“ (Folge 184) experimentierte mit Kameraführung und Schnitt, um die zunehmende Paranoia der Charaktere zu unterstreichen. Der „Tatort“ bewies, dass er mehr sein konnte als nur standardisierte Krimiunterhaltung.

Die Macher hinter den Kulissen

Bemerkenswert war auch die Riege der Regisseure und Drehbuchautoren, die 1986 für den „Tatort“ arbeiteten. Dominik Graf, später einer der renommiertesten deutschen Filmemacher, lieferte mit „Schwarzes Wochenende“ einen stilprägenden Beitrag. Auch erfahrene Krimi-Profis wie Dietrich Haugk („Tod auf Eis“) und Klaus Emmerich („Freunde“) trugen zur Qualität der Reihe bei.

Hinter den Kulissen wurde zudem an der Zukunft des Formats gearbeitet. Das Hamburger Duo Stoever und Brockmöller, das 1986 seinen zweiten gemeinsamen Fall löste, sollte in den folgenden Jahren zu einem der beliebtesten Ermittlerteams aufsteigen. Der „Tatort“ bewies, dass er sich stetig erneuern und dabei doch seinen Kern bewahren konnte.

Fazit: Mehr als nur Mord

1986 bewies der „Tatort“, dass er mehr sein kann als nur 90 Minuten Mörderjagd. In einem Jahr der Krisen und Umbrüche lieferte die Reihe nicht nur Unterhaltung, sondern auch Denkanstöße. Die Folgen griffen brennende Themen auf – von der Angst vor einem Atomkrieg bis hin zu Fragen der Moral in einer sich wandelnden Gesellschaft.

Gleichzeitig schaffte es die Reihe, ihre Ermittler menschlicher und verletzlicher zu zeigen als je zuvor. Die Kommissare waren nicht länger unfehlbare Helden, sondern Menschen mit Zweifeln und Schwächen. Diese Entwicklung sollte den „Tatort“ nachhaltig prägen und ihn für ein breites Publikum noch attraktiver machen.

Ob das dem Publikum immer gefiel, ist eine andere Frage. Aber eines ist sicher: Belanglos war der „Tatort“ 1986 nie. Er war ein Spiegel seiner Zeit, ein Seismograph gesellschaftlicher Entwicklungen und nicht zuletzt hochklassige Unterhaltung. In der Rückschau zeigt sich: 1986 war ein Schlüsseljahr für die Entwicklung des „Tatorts“ zu dem, was er heute ist – Deutschlands wichtigste Krimireihe und ein Stück Fernsehkultur.

1986 alle Folgen


Tatort Folge 188: Freunde

Gute Freunde, das sind die beiden Kult-Ermittler aus Duisburg, die Kommissare Horst Schimanski (Götz George) und Christian Thanner (Eberhard Feik), in diesem Tatort nicht. Im Gegenteil: Schimanski scheint sich auf die Seite des Gegners zu schlagen und Thanner muss plötzlich auch gegen seinen Partner ermitteln. Am Beginn des Tatorts „Freunde“ befindet Schimanski sich hoch in mehr…

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Tatort Folge 187: Automord

Im Tatort „Automord“ muss Hauptkommissar und Leiter der Mordkommission Frankfurt, Edgar Brinkmann (Karl-Heinz von Hassel), einen ziemlich spektakulären Mord aufklären: Aus einem fahrenden Auto heraus wird mitten in Frankfurt auf offener Straße ein Japaner erschossen. Und das auch noch kurz vor Beginn der IAA. Unerwartete Hilfe bekommt Brinkmann vom Wiener Oberinspektor a. D. Marek (Fritz mehr…

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Tatort Folge 186: Wir werden ihn Mischa nennen

„Wir werden ihn Mischa nennen“ ist der letzte Tatort, in dem Oberinspektor Kurth Hirth (Kurt Jaggberg) ermittelt: Bei einem Banküberfall in Wien wird eine hochschwangere Frau niedergeschossen. Die Tatort-Folge 186 „Wir werden ihn Mischa nennen“ beginnt mit einer frohen Botschaft: Die hochschwangere Helga Waschinski erfährt bei einer Routineuntersuchung, dass sie und das Kind wohlauf und mehr…

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Tatort Folge 185: Tod auf Eis

Der zweite Fall für das beliebte Ermittler-Duo aus Hamburg: In der Tatort-Folge 185 „Tod auf Eis“ jagen die Kriminalhauptkommissare Paul Stoever (Manfred Krug) und Peter Brockmöller (Charles Brauer) einen Mörder durchs Hotel. Es ist ein unschöner Anblick für die Köche eines Hamburger Nobelhotels: Als sie morgens die Tür des Kühlraums öffnen, erwartet sie bereits der mehr…

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Tatort Folge 184: Schwarzes Wochenende

In der „Tatort“-Episode „Schwarzes Wochenende“ entführt uns Regisseur Dominik Graf in ein dichtes Geflecht aus familiärer Fehde und wirtschaftlicher Ränkespiele, das die Grenzen zwischen moralischer Integrität und unternehmerischer Rücksichtslosigkeit verwischt. Der Vorhang hebt sich für den in Duisburg stationierten Kriminalhauptkommissar Horst Schimanski, gespielt von Götz George, der sich – dem Alkohol nicht abgeneigt – in mehr…

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Tatort Folge 183: Tödliche Blende

In der Tatortfolge 183 „Tödliche Blende“ übernimmt der Berliner Hauptkommissar Hans Georg Bülow (Heinz Drache) einen ungewöhnlichen Fall: Er fungiert zusammen mit seinem Kollege Leuschner als technischer Berater bei den Dreharbeiten zu einem Krimi. Und natürlich kommt es, wie es kommen muss: Am Filmset geschieht ein echter Mord. Ein Krimi im Krimi steht am Anfang mehr…

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Tatort Folge 182: Aus der Traum

Im Baden-Badener Tatort „Aus der Traum“ ermittelt Kommissarin Hanne Wiegand (Karin Anselm) in einem undurchsichtigen Mordfall. In diesem psychologisch raffinierten Krimi pendelt die Kommissarin zwischen einer heruntergekommenen Speditionsfirma und den Brettern, die die Welt bedeuten. Der Träumer in diesem Tatort ist Ballou – ein junger Hilfsarbeiter in einer heruntergekommenen Speditionsfirma: Er will Schauspieler werden, ein mehr…

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Tatort Folge 181: Riedmüller, Vorname Sigi

„Riedmüller, Vorname Sigi“ – so heißt er, der neue Leiter der Mordkommission in München, der in dieser gleichnamigen Tatort-Folge 181 seinen ersten und einzigen Einsatz als TV-Ermittler absolviert. Und es geht auch gleich heiß her: Hauptkommissar Siegfried Riedmüller (Günther Maria Halmer) muss mit seinen Kollegen Kriminalhauptmeister Wislitschek (Gustl Weishappel) und Kriminalmeister Augenthaler (Michael Lerchenberg) gleich mehr…

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Tatort Folge 180: Der Tausch

In der Tatort-Folge 180 „Der Tausch“ ermitteln die Duisburger Kriminalhauptkommissare Horst Schimanski (Götz George) und Christian Thanner (Eberhard Feik) gegen eine militante Gruppierung, die um jeden Preis den Physiker Bohm aus dem Gefängnis holen will. Und dann betrifft der Tatort-Fall Schimanski plötzlich auch ganz persönlich. Das sind ja ganz neue Anwandlungen im Privatleben des Tatort-Kommissars mehr…

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Tatort Folge 179: Leiche im Keller

Der Tatort „Leiche im Keller“ ist der erste gemeinsame Fall der Hamburger Kriminalhauptkommissare Paul Stoever (Manfred Krug) und Peter Brockmöller (Charles Brauer). Zuvor hatte Stoever schon drei Tatort-Fälle ohne den neuen Kollegen gelöst. Das Tatort-Duo, das später vor allem auch durch seine häufigen Musik- und Gesangseinlagen bekannt wurde, ist mit 38 gemeinsamen Folgen bis heute mehr…

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Tatort Folge 178: Einer sah den Mörder

Der letzte Lutz: In der Tatort-Folge 178 „Einer sah den Mörder“ wird der Stuttgarter Hauptkommissar Eugen Lutz (Werner Schumacher) von seiner Vergangenheit eingeholt – und selbst zum Verdächtigen. Können der Kommissar und sein Assistent Wagner (Frank Strecker) den Verdacht ausräumen? Oder ist der Kommissar in seinem letzten Tatort tatsächlich auf die andere Seite gewechselt? Auch mehr…

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Tatort Folge 177: Die kleine Kanaille

„Die kleine Kanaille“, das ist in diesem Berliner Tatort die 16-jährige Birgit. Und Kriminalhauptkommissar Hans Georg Bülow (Heinz Drache) muss in der Tat ganz schön aufpassen, um nicht auf das Küken reinzufallen. Die 16-jährige Birgit ist eine „durchtriebene kleine Kanaille“ – das wenigstens findet Sonja Bach, Kollegin und Freundin von Kriminalhauptkommissar Hans Georg Bülow. Doch mehr…

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