Tatort Folge 184: Schwarzes Wochenende



In der „Tatort“-Episode „Schwarzes Wochenende“ entführt uns Regisseur Dominik Graf in ein dichtes Geflecht aus familiärer Fehde und wirtschaftlicher Ränkespiele, das die Grenzen zwischen moralischer Integrität und unternehmerischer Rücksichtslosigkeit verwischt.

Der Vorhang hebt sich für den in Duisburg stationierten Kriminalhauptkommissar Horst Schimanski, gespielt von Götz George, der sich – dem Alkohol nicht abgeneigt – in den Abgründen seiner eigenen Psyche verliert. Seine Gedanken kreisen um ein traumatisches Ereignis, das in der beklemmenden Atmosphäre eines Hotelzimmers nachklingt. Schimanski, der in dieser Folge nicht nur gegen die Schatten der Kriminalität, sondern auch gegen die Gespenster der Vergangenheit ankämpft, findet sich in einem Netz aus Lügen, Verrat und Gewalt wieder.

Der morgendliche Fund eines ermordeten Möbelfabrikanten vor ebenjener Unterkunft, in der Schimanski seine Zuflucht gesucht hatte, zieht ihn und seinen Kollegen Thanner, verkörpert durch Eberhard Feik, in die erbitterte Rivalität zweier Unternehmerfamilien. Die Henckens und die Möhlmanns, beide tief verwurzelt in der Möbelindustrie, sind in einen Strudel aus betrügerischen Bankrotten und gegenseitiger Erpressung verwickelt. Die Handlung entfaltet sich vor dem Hintergrund einer Ruhrgebietslandschaft, die mit ihren rauchenden Schlöten und industriellen Silhouetten den perfekten Nährboden für die dunklen Geschäfte bietet, die sich wie ein Schleier über die Episode legen.

Dominik Graf gelingt es, die charakteristische Rauheit Schimanskis mit einer emotionalen Tiefe zu verbinden, die in früheren Folgen nur angedeutet wurde. Das Zusammenspiel von Götz George und Eberhard Feik ist geprägt von einer Spannung, die den Zuschauer fesselt und gleichzeitig die menschlichen Abgründe ihrer Figuren beleuchtet. Der Dialog ist scharf und pointiert, ein Markenzeichen Grafs, der den Zuschauer in die Ermittlungen hineinzieht, als wäre er Teil des Teams.

Die filmische Gestaltung ist durchsetzt mit Elementen, die Grafs Handschrift tragen: Überlegte Funkdurchsagen, die nicht nur die Ermittlungsarbeit untermalen, sondern auch das Erzähltempo vorgeben. Die Kameraführung von Klaus Eichhammer unterstützt diese Dynamik, indem sie durch geschickte Beleuchtung und Schattenwurf eine Atmosphäre schafft, die den Betrachter in die Stimmung der Szene eintauchen lässt. Besonders hervorzuheben ist die Bildgestaltung während der Verhörszenen, die durch das Herunterlassen der Jalousien fast klaustrophobische Züge annimmt.

Die musikalische Untermalung von Andreas Köbner ersetzt das traditionelle „Tatort“-Motiv von Klaus Doldinger und schafft es so, dem Film eine eigene Identität zu verleihen. Die Musik ist präsent, ohne sich in den Vordergrund zu drängen, und verstärkt die ohnehin schon dichte Atmosphäre.

Die Kritiken zum „Schwarzen Wochenende“ heben besonders die Leistung von Dieter Pfaff als Hubert Möhlmann hervor, der mit einer beeindruckenden Präsenz und einer Tiefe spielt, die seiner Figur eine vielschichtige Persönlichkeit verleiht. Die Episode wird gelobt für ihren Mut, das Genre des Fernsehkrimis neu zu interpretieren und dabei ein Niveau an Authentizität zu erreichen, das über das hinausgeht, was gemeinhin von einem Sonntagabendkrimi erwartet wird.

Insgesamt ist „Schwarzes Wochenende“ ein „Tatort“, der unter die Haut geht. Er ist nicht nur ein Kriminalfall, sondern auch ein Psychogramm eines Ermittlers, der sich auf einem schmalen Grat zwischen Recht und Gerechtigkeit, zwischen menschlicher Schwäche und beruflicher Pflicht bewegt. Die Folge ist ein Beleg dafür, dass der „Tatort“ nicht nur spannend, sondern auch anspruchsvoll und emotional tiefgründig sein kann. Es ist ein Krimi, der sich traut, in die Tiefe zu gehen, und dabei sowohl die Figuren als auch das Publikum fordert.

Ausschnitt



Besetzung

Kommissar Horst Schimanski – Götz George
Kommissar Christian Thanner – Eberhard Feik
Hänschen – Chiem van Houweninge
Königsberg – Ulrich Matschoss
Mimi Engelbrecht – Marita Breuer
Heinz Möhlmann – Siegfried Wischnewski
Vera Karpinski – Marie-Louise Millowitsch
Reinhild Möhlmann – Barbara Freier
Gerrit Engelbrecht – Michael Wittenborn
Erwin Patzke – Dieter Asner
Hubert Möhlmann – Dieter Pfaff
Siggi Hencken – Jochen Striebeck
u.a.

Stab

Buch – Dominik Graf
Buch – Michael Hatry
Buch – Bernd Schwamm
Kamera – Klaus Eichhammer
Regie – Dominik Graf
Musik – Andreas Köbner
Szenenbild – Götz Heymann
Schnitt – Rolf Basedow
Ton – Peter Beil
Produzent – Hartmut Grund
Produktionsleitung – Wulf Gasthaus

Bilder: WDR


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9 Meinungen zum Tatort Folge 184: Schwarzes Wochenende

  • Gerd Graf • am 17.6.13 um 7:41 Uhr

    Der Titel passt genau zur Handlung. Alles spielt sich komprimiert an einem Wochenende ab. Und dabei beginnt es noch mit einem Selbstmord! Und wie Thanner seinem Kollegen Horst im Auto zeigt was Stil ist… wunderbar gemacht. Hänschen dagegen macht das ganz locker mit einem Satz zu nichte („Thanner, komm aus dem Puff raus!“). Das machte und macht diese Duisburg-Tatortfolgen so sehenswert. Insgesamt ein etwas anderer aber sehr guter Schimanski-Tatort.


  • Andreas Kohlbach • am 11.1.15 um 20:21 Uhr

    Meiner Meinung nach zu komplexer Schimanski Tatort, der weder Thanner noch Schimasnki rochtog warm werden lässt.

    Die eingeblendeten Daten sind auch falsch. So z.B. „Samstag 7. Oktober“. Angenommen die Episode spielt zur Zeit der Erstsendung, sollte das 1985 oder 1986 sein. Es war nur der 7. Oktober 1989 (also damals in der Zukunft) ein Samstag. Davor war es 1978. Sollte er 1978 spielen, sind aber die Autos und anderes zu neu.


  • Dirk • am 21.10.15 um 21:06 Uhr

    Der Tatort Nummer 184. Wo war ich bei der Erstausstrahlung? Diesen hervorragenden Duisburger Tatort-Krimi kannte ich bislang nicht, obwohl Hauptkommissar Schimanski und sein Kollege Thanner in der damaligen Zeit immer gerne geschaut wurden. Aus heutiger Sicht scheint es sich, angesichts der blutigen Fehde, um eine nicht durchgreifende Polizeimaßnahme zu handeln, ellenlange Vernehmungen von akuten Verdächtigen und eine in die Länge gezogene Schlußszene. Die hätte man im letzten Viertel ein wenig dramatischer aufzeigen können, so wie der Spielfilm anfangs war. Noch nicht einmal der Bello hat geknurrt. Und das alles an einem Wochenende? Trotzdem sehenswert. Für den Ton war diesmal Peter Beil verantwortlich.


  • Bochumer • am 7.1.16 um 22:29 Uhr

    Am Anfang ein paar lustige Schimmi-Auftritt, aber die Story ist hanebüchen und vollkommen uninteressant.


  • Henning • am 15.10.17 um 0:53 Uhr

    Dominik Graf gelingt es, ähnlich wie auch bei dem Film „die Katze“ mit dem recht einfachen Mittel des Funkverkehrs, eine Atmosphäre aufzubauen, die den Zuschauer mitnimmt. Ansonsten reichlich viele Zufälle. Zufällig besäuft sich Schimmi in einem Hotel, wo er mit ansehen musste, wie sich Martin May mit einer Handgranate in die Luft sprengt…und vor diesem Hotel geschieht der Mord. Rein zufällig ist dann später die Frau des Journalisten die ehemalige Liebesgespielin von Reinhild Möhlmann und Hencken Junior. Hervor sticht abermals Siegfried Wischnewski, dem die hier von anderen Kommentatoren kritisierten Verhöre eine Bühne geben. Dieser Mann hatte eine größere Karriere verdient gehabt, wenngleich er spät in seinem Leben mit dem Tierarzt Dr. Bayer sein großes Publikum erreichen durfte. Diesen spielte er so, dass nicht nur ich als Kind Tierarzt werden wollte. Und hier spielt er den ostwestfälischen Unternehmer, der sich abwechselnd sehr offen und auf der anderen Seite sehr cholerisch gibt. Ansonsten ist es ein typischer Film von Dominik Graf: er vermittelt dem Zuschauer das Gefühl, mittendrin zu sein. Und nimmt dabei nicht unbedingt Rücksicht darauf, dass jedes gesagte Wort sofort verstanden wird. Live- und Einsatzatmosphäre eben!


  • Berni • am 14.8.18 um 23:34 Uhr

    Sicher nicht der beste Schimi-Tatort, aber doch atmosphärisch dicht. Auch die verrauschten Duisburg-Aufnahmen gefallen. Stimmt, es sind ein wenig sehr viele Zufälle die hier zusammen kommen. Aber das Zusammenspiel von Schimi und Thanner ist wieder mal einmalig… Mein Lieblingsspruch: „Jetzt mach einen Abgang, aber dynamisch!“


  • MadMonkey • am 18.7.20 um 13:20 Uhr

    Ich wollte heute Mal wieder ein Schimanski Tatort sehen und war wieder sofort gefesselt. Schimanski geht immer. Tolle Folge


  • HerrBert • am 11.11.20 um 1:46 Uhr

    Bin durchweg ein echter Tatortfans, im Besonderen die mit Schimanski. Es gibt gute wie „Das Mädchen auf der Treppe“ und sehr gute wie „Moltke. Dieser jedoch kann mich auch nach wiederholtem Ansehen nicht vom Hocker reißen. Die verdichtete Handlung hat eine viel zu hohe Schlagzahl an einzelnen Szenen, gewürzt mit ständigem Gebrüll aller Beteiligten. Dadurch kommt die Motivation nicht richtig rüber. Ein bisschen mehr Zeit zum Erzählen hätte gut getan. Das kann dann auch ein Schimanski nicht mehr herausreißen. „Fast so schlecht wie ein Tatort mit Herrn James Bond Schweiger!“


  • Thomas Hoffmann • am 3.6.21 um 14:59 Uhr

    Ein von Dominik Graf atmosphärisch sehr kompakt und „miterlebend“ inszenierter Tatort. Dieter Pfaff mit seiner ersten Nebenrolle in einem „Schimmi“ (er durfte nochmal im Kino-Tatort „Zabou“ mit dabei sein) brilliert ebenso wie Siegfried Wischnewski, der erst später einem breiten Publikum als Tierarzt Dr. Bayer in „Ein Heim für Tiere“ bekannt wurde.

    Einziges Manko dieses Machwerks: das typische Duisburg-Flair möchte nicht so richtig aufkommen. Wenige ruhrpott-typische Szenerien, viele Innenaufnahmen.

    Am Rande sei noch erwähnt, dass „Schwarzes Wochenende“ einer der ersten abgedrehten Tatorte aus Duisburg war, allerdings erst knapp 3 Jahre später ausgestrahlt wurde. Es handelte sich hierbei offensichtlich um eine sogenannte „Bottle-Folge“. Dies bezeichnet im Fachjargon eine Episode, die mit verhältnismäßig geringem Budget auskommt und meist nicht in den Entwicklungsplot der Hauptfiguren eingreift. Sie wird meist gedreht, um Restbudget zu verballern oder eine Staffel kostengünstig zu komplettieren, wenn die vorherigen Episoden bereits über Budget produziert wurden.


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