Polizeiruf 110: Heimatliebe



Auf dem polnischen Gutshof Zimowe Pole in der Nähe der Oder wird der Eigentümer Opfer einer nächtlichen Prügelattacke, mitten auf seinem eigenen Gelände. Der Familienvater verstirbt noch am Tatort. Die Hauptkommissare Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) werden mit der Aufklärung des Falls im Polizeiruf 110 „Heimatliebe“ betraut. Steht der auf einem Feldweg gefundene abgetrennte Finger in einem Zusammenhang mit der Tötung des Landwirts?

„Heimatliebe“ ist der siebte gemeinsame Fall von Lenski und Raczek, die an der deutsch-polnischen Grenze im Kommissariat Swiecko beschäftigt sind. Noch immer kracht es zwischen den beiden Ermittlerin regelmäßig und kräftig, dann schreien sie einander an und versuchen sich gegenseitig an die Wand zu spielen – die berufliche Zusammenarbeit klappt allerdings immer besser. Die zwei ergänzen sich hervorragend: Sie ist ruhig, er impulsiv.

Der rbb-Polizeiruf 110 „Heimatliebe“ wird am Sonntag, den 25. August 2019 um 20.15 Uhr in Das Erste erstmals im Fernsehen ausgestrahlt.

Inhalt der Polizeiruf 110-Folge „Heimatliebe“

Während Kriminalhauptkommissarin Olga Lenski, alleinerziehende Mutter, zu einem Einsatz in das nahe gelegene polnisches Dorf Falkenheim düst, wundert sich der Ermittlungspartner Adam Raczek derweil im Büro nicht schlecht: Ein kleines sechsjähriges Mädchen vertritt dort offenbar ihre Mutter am Schreibtisch. Alma Lenski malt, mit Musik über die großen Kopfhörer berieselt, in aller Seelenruhe mit Buntstiften ein Bild aus. Der Kommissar ist genervt. Soll er nun den Kita-Angestellten für die Kollegin spielen? Wohin ist Lenski eigentlich so plötzlich verschwunden? Der Mitarbeiter Wiktor Krol klärt den erzürnten Kommisar auf.

Eine Geiselnahme erfordert die Anwesenheit der gebürtigen Brandenburgerin Lenski. Auf einem alten Hof hat der mit einer Pistole bewaffnete Bernd Emil Jaschke den mahnenden Gerichtsvollzieher Wiebknecht kurzerhand als Geisel genommen. Jaschke weigert sich, Steuern zu zahlen. Der Eigenbrötler vertritt die Meinung, die Verfassung der Bundesrepublik sei für ihn nicht bindend, schließlich sei er Bürger der Preußischen Provinz Brandenburg. Die Polizei habe ebenso keinerlei Befugnisse. Und so geht der graubärtige Jaschke auf die Gesprächsversuche von Hauptkommissarin Lenski erst gar nicht ein. Ist der Mann bloß ein verrückter Spinner oder vielmehr der kleine Fisch einer größeren Organisation, deren Ansichten er teilt?

Der sturköpfige Antiquitätenhändler hält Lenski und die angerückten Polizeibeamten jedenfalls gut in Schach. Erst dem eingetroffenen Bürgermeister der Gemeinde, Roland von Seedow-Winterfeld, gelingt es, Jaschke zu beruhigen und ihn zur Kapitulation zu bewegen. Er legt nach der Festnahme und Klärung der Situation ein gutes Wort für seinen verwirrten Bürger ein: „Der wollte nur, dass jemand von denen da oben ihm zuhört.“„Mit vorgehaltener Waffe …“, erwidert Lenski stirnrunzelnd. Sie und Roland von Seedow-Winterfeld kennen sich privat. Bei der Kriminalhauptkommissarin wurden die Erinnerungen bereits wach, als sie seinen Namen am Tatort vernahm; er hingegen erkannte die Frau mit dem geflochtenen Zopf nicht auf Anhieb. – Kein Wunder, ist die letzte Begegnung doch etliche Jahre her. Olga war damals noch ein rebellischer 16-jähriger Teenager, als Robert mit ihrer Mutter liiert war.

Heute lebt von Seedow-Winterfeld gemeinsam mit seiner Mutter als Privatier in der Nähe der alten Heimat an der polnischen Grenze. Noch immer ist er als Kunsthändler tätig, und mittlerweile auch politisch engagiert. Obwohl er als Zugezogener gilt, hat sich der neue Bürgermeister das Vertrauen und den Respekt der Dorfbewohner rings um seinen Wohnort augenscheinlich erfolgreich erarbeitet.

Als Olga Lenski in das Kommissariat zurückkehrt, donnert es. Ihr Kollege Adam Raczek ist noch immer wütend, dass sie ihre Tochter einfach im Büro geparkt hat: Sie solle ihr Privatleben doch endlich in den Griff bekommen, bitteschön. Mitten im Streit sucht Bernd Jaschke die zankenden Ermittler auf, um seinen gefälschten Pass vom „Freistaat Preußen“ abzuholen. Da der Mann laut BKA in der Vergangenheit nicht verhaltensauffällig war, lässt ihn die Polizei im Krimi „Heimatliebe“ wieder laufen. Das Ergebnis der Personenanalyse: Ein isolierter Einzelgänger, der an seiner alten Heimat allzu krampfhaft festhält. Vermutlich ungefährlich. Das Gewehr, mit dem er den Gerichtsvollzieher bedrohte, war nicht einmal geladen.

Am nächsten Morgen machen sich Lenski und Raczek auf den Weg zu einem polnischen Bauernhof, der den Namen Zimowe Pole trägt. Die Sonne ist gerade erst aufgegangen, die Luft über den Feldern ist noch kalt und nebelverhangen, und doch sind die Mitarbeiter der Spurensicherung auf dem Grundstück schon lange fleißig. Der Gutsbesitzer Wojciech Sekula wurde hier in der Nacht von Unbekannten so schwer verprügelt, dass er an den Folgen seiner Kopfverletzungen kurz nach dem Überfall verstarb. Um drei Uhr morgens konnte der Notarzt nur noch Sekulas Tod feststellen. Dessen Sohn Tomasz beobachtete das grausame Szenario, konnte in der Dunkelheit die Gesichter der beiden Täter allerdings nicht erkennen. Nur dass sie deutsch sprachen, daran erinnert sich der 14-Jährige.

Beim Anblick der Leiche werden die Ermittler im Polizeiruf „Heimat“ stutzig: Die Hand des Opfers ist in einen Verband gewickelt. Gehört Wojciech Sekula etwa der abgetrennte Finger, der erst gestern von Kindern zufällig auf einem Feldweg gefunden wurde? Als der Verband aufgeschnitten wird, wird Raczek jedoch enttäuscht: Der Tote hat alle Finger. Lenski lächelt milde: „War der Finger nicht an einer rechten Hand?“

Die Kriminalbeamten erfahren im weiteren Verlauf der Ermittlungen, dass vor kurzem im Stall der Sekulas ein Brand gelegt worden war. Alle Tiere verbrannten in dem unaufhaltsamen Flammenmeer. Der schlechte finanzielle Stand des Hofs wurde damit erst recht ernst und existenzgefährdend. Die zweite Frau von Sekula, die deutschstämmige Jenny, wollte den Hof danach umso dringender verkaufen.

Doch auch jetzt, nach dem Tod seines Vaters, hält der rechtmäßige Hoferbe Tomasz an der Tradition seiner Familie fest: Das Land ist die Heimat der Sippe, das Bauerngut ein Besitz, der mit Stolz erfüllt ist. Tomasz‘ Onkel Andrzej, ein Kfz-Mechaniker und gewaltbereiter Radikaler, teilt die Überzeugungen seines Neffen vollends. Der Handwerker ist überzeugt, dass „die Deutsche“ – Stiefmutter Jenny – immer schon schlechten Einfluss auf Wojciech ausübte. Und tatsächlich scheint die ein eigenes Spiel zu spielen, wie die Kriminalpolizei bald weiß …


Die Dreharbeiten fanden vom 21. August bis 21. September 2018 zwischen Nauen und Kremmen statt. Der im Film gezeigte Bauernhof Zimowe Pole und das deutsche Dorf Falkenhain sind fiktiv.

Trailer zur Polizeiruf-Produktion



Die Redaktion von Tatort-fans meint …

Sabine (39 J. | Kinoliebhaberin)

So kurz nach der „Mörderischen Dorfgemeinschaft“, dem Polizeiruf-Fall von Brasch und Köhler, gesendet, schwächelt dieser Serienbeitrag leider im unmittelbaren Vergleich. Die Atmosphäre ist stimmig, die Besetzung gut, die Dynamik zwischen den Ermittlern gefällt mir. Und doch vermag mich dieser Krimi nicht davon zu überzeugen, ihn ein zweites Mal sehen zu wollen. Schulnote 3, glatt.

Gerald (39 J. | IT-Nerd)

Die Story zieht sich in „Heimatliebe“ etwas und viel passiert (durchgedrehter Jaschke mit Gewehr, Finger wird gefunden, Leiche auf Hof, alter Bekannter von Lenski, Kinderbetreuung …). Man muss schon wach bleiben, um allem folgen zu können, aber wenn man das schafft, wird man bei diesem Polizeiruf 110 von der deutsch-polnischen Grenzen gut unterhalten! Ich empfehle den Film.

Polizeiruf-Besetzung

Hauptkommissarin Olga Lenski – Maria Simon
Hauptkommissar Adam Raczek – Lucas Gregorowicz
Inspektor Karol Pawlak – Robert Gonera
Starszy Aspirant Edyta Wisniewski – Katharina Bellena
Polizeihauptmeister Wolfgang Neumann – Fritz Roth
Wiktor Krol – Klaudiusz Kaufmann
Bauer Wojciech Sekula – Gregorz Stosz
seine Frau Jenny Sekula – Anna König
der Sohn Tomasz Sekula – Joshio Marlon
Kfz-Mechaniker Andrzej Sekula, Bruder von Wojciech – Marcin Piętowski
Roland von Seedow-Winterfeld – Hanns Zischler
seine Mutter Helena von Seedow-Winterfeld – Gudrun Ritter
Marek Majewski – Tadeusz Chudecki
Bernd Emil Jaschke – Waldemar Kobus
Alma Lenski, Olgas Tochter – Aennie Lade
Rezeptionist – Thomas Chemnitz
Demonstrantin Natalja Bartyczka – Monika Celina
u.a.

Polizeiruf-Stab

Drehbuch – Christian Bach
Regie – Christian Bach
Kamera – Wolfgang Aichholzer
Schnitt – Stine Sonne Munch
Szenenbild – Wolfgang Arens
Musik – Martin Rott, Sebastian Pille

Bilder-Galerie zum Krimi aus Frankfurt


12 Meinungen zum Polizeiruf 110: Heimatliebe

  • Ilona lehmann • am 25.8.19 um 20:53 Uhr

    Ich finde auch 1 Stern Zuviel. Es ist eine Zumutung deutsches Fernsehen zu sehen und hier Untertitel lesen zu müssen. Wir möchten hören und schauen und NICHT LESEN!
    Was ist nur aus dem deutschen Fernsehen geworden?

    Antworten
  • Hanz W. • am 25.8.19 um 21:57 Uhr

    Das war, wie so häufig aus Brandenburg, doch eine recht zähe Angelegenheit, nicht richtig schlecht, aber gut halt auch nicht. Diese politisch unterfütterten Tatorte / Polizeirufe leiden halt immer ein wenig daran, dass die Handlung der These angebogen werden muss. Das Nationalistenproblem hüben wie drüben, die immer noch lastende Vergangenheit, das sind ja zweifelsohne bedenkenswerte Themen, im Krimi aber dann doch nicht so gut aufgehoben. So zieht sich das ganze halt hin, in – übertrieben gesagt – jedem zweiten Satz muss das Thema noch mal besprochen werden, bis dann endlich jene sonderbare Adelsfamilie am Haken hängt… was allerdings jeder geübte Polizeirufseher vom ersten Auftritt an geahnt hat. Gerade doch drei Sterne.

    Antworten
  • alter Fan • am 25.8.19 um 22:05 Uhr

    @ Hanz W – genau so sehe ich diese PR110 Produktion auch – katastrophal fand ich dazu noch den Ton – diese Kombination aus teilweise “ Genuschel “ ; polnisch mit Untertitel und deutsch mit polnischem Akzent – irgendwie nicht gelungen .

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  • Attila • am 25.8.19 um 22:06 Uhr

    – Ich bin halbe Russin
    – Noch besser
    Für diese beiden (wahrscheinlich ungenau zitierten) Sätze hat es sich schon belohnt, die heutige Folge zu gucken.
    Doch, grundsätzlich kann ich diese internationale Polizei schwer ertragen. So was gibt es nicht und kann es nicht geben. Man muss kein Rechtsnationalist sein, um zu verweigen, über den Tod des eigenen Bruders, in eigenem Land, von einer ausländischen Polizistin auf einer Fremdsprache gefragt zu werden.
    Das ist so komplett Unsinn.
    Und das macht mir leider schwer diese Polizeiruf-Folgen zu genießen.
    Obwohl ich diese Folge sonst sehr gut fand, gutes Buch, gute Regie, empfehlenswert – wenn dir dieser deutscher Polizeiunsinn in Polen sonst nicht stört.

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  • alter Fan • am 25.8.19 um 22:10 Uhr

    jetzt haben sich in meine Bewertung sogar noch 2 Sterne zu viel eingeschlichen – Tücken der Technik

    Antworten
  • Zuschauer • am 26.8.19 um 0:17 Uhr

    Die Folge war, wie meistens die PR aus Brandenburg/Polen, solide.

    @Attila: von mir nur der Hinweis, dass es das Deutsch-polnische Polizeizentrum in Swiecko tatsächlich gibt und dort Zoll, Landespolizei und Grenzschutz beider Länder zusammenarbeiten und sich Beamte beider Länder auch einem Pressefoto zufolge wie im Film gegenüber sitzen.
    Freilich werden dort keine Wald- und Wiesenfälle ermittelt werden…

    Antworten
  • Frank • am 26.8.19 um 7:23 Uhr

    Solider Krimi aus Brandenburg. Ein eigentlich hoch sensibles und interessantes Thema, welches alleine schon gereicht hätte. Aber es werden (zu?) viele Handlungsstränge ineinander verflochten. Mir hat es gefallen, wenn ich auch nicht immer alle Handlungen nach der Logik beurteilen konnte, fühlte ich mich gut unterhalten und in ein stimmiges Szenario versetzt.

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  • spiderman916 • am 26.8.19 um 9:33 Uhr

    Ich wurde gut unterhalten, jedoch störten mich einige Dinge, die sehr unrealistisch sind: niemand kommt nach einer Geiselnahme mit Waffengewalt sofort wieder auf freien Fuß, besser noch, Jaschke kloppt noch freche Sprüche auf der Wache wegen seinem „Ausweis“. Auch die Schießerei in Jaschkes Haus, ohne Sicherheitswesten und zu zweit, wie in einem Western. Kann man nicht ernst nehmen. Eine halbe Stunde vor Ende hat wohl jeder verstanden, wie der Krimi ausgehen wird. Diesmal nur 3 Sterne.

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  • CarstenH • am 26.8.19 um 23:26 Uhr

    Endlich wieder ein durchweg gelungener Fall von Lenski und Raczek. Beide spielen gewohnt stark, die Landschaften des Grenzlandes sind wie immer großartig in Szene gesetzt. Das Thema Landkauf in armen Regionen und nationalistische Wirrungen wurde spannend inszeniert.

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  • Bernd • am 27.8.19 um 10:39 Uhr

    Mir kommt vor ob dieser schon mal im TV gelaufen wäre.

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  • Jens Schmidt • am 10.9.19 um 23:02 Uhr

    Maria Simon kann mehr und spielt als Olga Lenski sonst auch immer sehr gut!
    Seit der engen Zusammenarbeit mit den polnischen Kollegen, macht dieser Polizeiruf deutlich weniger Spaß.
    Ich schaue DEN nur noch wegen Maria Simon. Sobald sie dort nicht mehr spielt, schaue ich den nicht mehr!

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  • Luei • am 3.4.21 um 22:20 Uhr

    Einer der besten 110 Filme zeigt genau die Realität.
    Es gibt leider bei uns in Brandenburg noch viel zu viele gestrige. Tolle Regie in diesem Film.

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