Kurz und knapp – darum geht’s
Ein Schuss durchbricht die Sonntagsruhe im Wald – der Hobbyjäger Friedrich Löbert wird auf seinem Hochsitz angeschossen, überlebt jedoch mit einer Verletzung. Er beschuldigt den Italiener Enzo Turiddu, ihm nach dem Leben getrachtet zu haben. Oberkommissarin Marianne Buchmüller aus Mainz stößt bei ihren Ermittlungen jedoch auf zahlreiche Widersprüche und muss sich fragen: Täuscht Löbert ein Attentat vor, um einen missglückten Selbstmord zu vertuschen? Als die Kommissarin entdeckt, dass der vermeintlich Angegriffene selbst einen Mordplan schmiedet, beginnt für sie ein Wettlauf gegen die Zeit…
Inhalt der Tatort-Folge „Der Mann auf dem Hochsitz“
Der frühe Morgennebel liegt noch über dem Wald, als Friedrich Löbert sein Gewehr schultert und zu seinem wöchentlichen Jagdausflug aufbricht. Das Knacken dürrer Zweige unter seinen Stiefeln durchbricht die Stille. Für den ehrgeizigen Angestellten eines Autohauses ist die Jagd mehr als nur ein Hobby – hier kann er die Kontrolle ausüben, die ihm im Berufsleben zunehmend entgleitet. Doch als er die Sprossen seines Hochsitzes erklimmt, wartet bereits eine böse Überraschung: Ein Schuss peitscht durch die kühle Morgenluft. Löbert stürzt, verletzt aber nicht tödlich getroffen.
„Er hat mich von oben erwartet, mit einer Maske, aber ich habe ihn trotzdem erkannt – es war Turiddu, der Italiener“, behauptet Löbert später im Krankenhaus gegenüber Oberkommissarin Marianne Buchmüller. Die neue Leiterin der Mainzer Mordkommission hört aufmerksam zu, während sie die Aussage notiert. Buchmüller ist eine Frau in einer Männerwelt – methodisch, präzise und mit feinem Gespür für Lügen. Als erste Kommissarin im deutschen Fernsehen muss sie sich doppelt beweisen. Ihre analytischen Fähigkeiten sind ihr wichtigstes Werkzeug, doch ihre Kollegen, die Kriminalmeister Mewes und Lamm, begegnen ihrer Führung nicht immer mit der nötigen Akzeptanz.
Die Tatortbegehung fördert Merkwürdiges zutage: Ein durchgeschossenes Dach am Hochsitz, ein im Gebüsch versteckter Abschiedsbrief und Löberts Fingerabdrücke am Abzug seines eigenen Gewehrs. Der Verdacht verdichtet sich: Hat hier jemand einen Selbstmord vertuschen wollen? Die Mainzer Innenstadt mit ihren mittelalterlichen Gassen und dem Rhein im Hintergrund bildet die Kulisse für Buchmüllers Recherchen, die einem Puzzlespiel gleichen, bei dem die wichtigsten Teile zu fehlen scheinen.
Enzo Turiddu, ein italienischer Einwanderer mit dem Traum von einem eigenen Schiff, wird durch Löberts Anschuldigungen in existenzielle Nöte gestürzt. Sein Antrag auf Einbürgerung droht zu scheitern, seine Zukunftspläne zerplatzen wie Seifenblasen. „Warum sollte ich ihn töten wollen? Ich kenne den Mann kaum“, beteuert Turiddu, dessen Akzent seine südländische Herkunft verrät. Doch da ist noch Helga Schumann, eine attraktive Autohaus-Angestellte, die sowohl mit Löbert als auch mit Turiddu in Verbindung steht. Sie soll bald die Geschäftsführung übernehmen – eine Position, auf die Löbert selbst gehofft hatte.
In einem kleinen Café am Rheinufer, wo das trübe Licht der Januarsonne von den Wellen reflektiert wird, konfrontiert Buchmüller Löbert mit ihren Erkenntnissen. „Manchmal ist der Hass stärker als die Vernunft“, bemerkt sie, während sie Löberts Reaktion studiert. Sein Gesicht bleibt verschlossen wie ein Safe, dessen Kombination sie noch nicht geknackt hat. Die Kommissarin ahnt, dass sie einen verzweifelten Mann vor sich hat, dessen Frustration wie ein tickender Zeitzünder wirkt – und die Zeit wird knapp.
Als Buchmüller erfährt, dass Turiddu und Helga Schumann sich auf einem Motorschiff treffen wollen, um den Kauf des lang ersehnten Boots zu besprechen, verdichten sich ihre Befürchtungen zu einer schrecklichen Gewissheit. Die Jagd, die Löbert so leidenschaftlich betreibt, hat ein neues Ziel gefunden. Die nachmittägliche Dämmerung legt sich über den Hafen, während die Kommissarin gegen die Uhr ermittelt, um eine Tragödie zu verhindern…
Hinter den Kulissen
Mit „Der Mann auf dem Hochsitz“ betrat am 29. Januar 1978 die erste Frau als Ermittlerin die „Tatort“-Bühne. Nicole Heesters, Tochter des berühmten Schauspielers Johannes Heesters, schrieb als Kriminaloberkommissarin Marianne Buchmüller deutsche Fernsehgeschichte. Die vom Südwestfunk (SWF) unter der Regie von Erich Neureuther produzierte Episode markierte den 84. Fall der ARD-Krimireihe und gleichzeitig den ersten Einsatz der Mainzer Ermittlerin.
In den Nebenrollen waren Peter Nassauer als Kriminalmeister Mewes und Jörg Fallheier als Kriminalmeister Lamm zu sehen – beide wurden in den folgenden Folgen durch andere Schauspieler ersetzt. Besonders erwähnenswert ist der Gastauftritt von Klaus Höhne als Kommissar Konrad, der eine Verbindung zum etablierten Tatort-Kosmos herstellte.
Der erste Fall der Mainzer Kommissarin erwies sich als Quotenerfolg: Mit 66 Prozent Marktanteil bei der Erstausstrahlung setzte Heesters einen Maßstab, den sie in ihren folgenden Einsätzen nicht mehr erreichen sollte. Während „Der Mann auf dem Hochsitz“ beim Publikum gut ankam, sank die Quote beim zweiten Fall „Mitternacht oder kurz danach“ auf 48 Prozent ab.
Interessanterweise entschloss sich Nicole Heesters nach nur drei Folgen, die Rolle der Oberkommissarin Buchmüller aufzugeben. Ihr letzter Fall „Der gelbe Unterrock“ aus dem Jahr 1980 ist heute Teil des sogenannten Tatort-Giftschranks – jener Folgen, die aufgrund kontroverser Inhalte oder veralteter gesellschaftlicher Darstellungen nicht mehr im regulären Programm gezeigt werden.
Nach der Ausstrahlung diskutierten Fans und Kritiker gleichermaßen über das damals noch ungewöhnliche Konzept einer Frau in der Hauptrolle einer Krimireihe. Während einige Beobachter vermuteten, die Zeit sei für „Frauenpower“ noch nicht reif gewesen, sehen andere in Heesters‘ Buchmüller eine wichtige Pionierin, die den Weg für zahlreiche spätere Tatort-Kommissarinnen ebnete.
Besetzung
Oberkommissarin Buchmüller – Nicole Heesters
Lamm – Jörg Fallheier
Friedrich Löbert – Stefan Orlac
Turiddu – Aurelio Malfa
Alderwirt – Heinrich Sauer
Helga – Marlies Engel
Herta Olbrich – Joseline Gassen
Delbrück – Heinrich Fürst
Kommissar Konrad – Klaus Höhne
Frau Löbert – Lis Verhoeven
Mewes – Peter Nassauer
Stab
Drehbuch – Richard Hey
Regie – Erich Neureuther
Kamera – Johannes Hollmann
Schnitt – Bernd Lorbiecki
Musik – Erich Ferstl
Habe mir diesen eher mittelmäßigen Fall heute Abend bei Youtube angeschaut, wo die typischen „früher war alles besser“ Kommentare zu lesen sind. Nun, „Der Mann auf dem Hochsitz“ ist nicht unbedingt der beste Beleg für diese immer wieder gern vorgetragene Sichtweise. Nicht übel, aber auch nichts besonderes.
Besonders ist hingegen das Debüt der ersten weiblichen Tatort Kommissarin im Rahmen des Falls. Dass ein weiblicher Hauptermittler damals gewöhnungsbedürftig gewesen sein dürfte, wird gleich zu Beginn deutlich, als ein Zeuge Oberkommissarin Buchmüller zunächst ignoriert, bis dieser zu seiner Verwunderung darauf hingewiesen wird, dass sie hier das Sagen hat. Später tritt noch der damalige Frankfurter Ermittler Konrad auf, wohl um die „Neue“ einzuführen. Leider hat es dann nur für 3 Fälle gereicht. Nicole Heesters überzeugt jedenfalls als selbstbewusste und kultivierte, etwas kühle aber doch gutherzige Ermittlerin.
Interessant ist, dass der Fall von einem Mann handelt, der es offensichtlich nicht ertragen kann, dass seine ehemalige Geliebte, die er einst finanziell unterstützt hat, sich von ihm emanzipiert und nun sogar seine Vorgesetzte werden soll. Das ist natürlich passend für das Kommissarinendebüt. Viel Spannung kommt trotzdem nicht auf. Immerhin überlegt man als Zuschauer lange, worauf das Ganze eigentlich hinauslaufen wird, bis es dann – reichlich spät – doch noch zum obligatorischen Mord kommt.
Ein guter mittelmäßiger Tatort, dass kann ich dazu beitragen, in jedem Fall sehr gute Filmmusik. Der stärkste Tatort von Ermittlerin Buchmüller. Der zweite Fall für Frau Buchmüller ist eher ein Schlafort und der Dritte Fall hat es sogar in den Giftschrank geschafft. „Der Gelbe Unterrock“, sollte man sich als Tatort Fan trotzdem einmal anschauen.
Interessant: 1978 konnte man noch mit dem Auto in die Baentschstraße fahren!
Aus heutiger Sicht hat dieser Tatort leider total veraltet und man kann ihn sich gerne wegen den damaligen Autos, Moden, Redewendungen, Ansichten etc. ansehen.
Für die Menschheit damals ist es total überraschend, das die Chef-Ermittlerin eine Frau ist, es wird sich unterhalten ob „Frau“ den Führerschein hat, etc……Spannend ist er leider nicht.
Für meinen Geschmack ein sehr gelungener Auftakt für die leider zu kurze „Tatort“-Geschichte der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz. Nicole Heesters ist großartig! Es gibt ein paar tolle, atmosphärische Szenen – vor allem die am Rhein-Ufer und in der Altstadt… Natürlich hat sich Mainz in den letzten 30 Jahren sehr verändert… Aber: Der Platz „Am Kirschgarten“ sieht bis heute so aus… :-) Der Fall bzw. dessen Auflösung ist etwas vorhersehbar… Aber das ist bei diesem Film nicht weiter schlimm… Toll gespielt von allen!
Der Tatort Nummer 084 aus Mainz. Die allererste Oberkommissarin betritt die Tatort-Szene, vorher eine absolute Männerdomäne. Die Polizeibeamtin Buchmüller, heute schon lange in Pension, ermittelt in einem angeblichen Mordversuch, später in zwei vollendeten Morden, begangen von einem Täter. Ich muss ehrlich sagen, die Frau Buchmüller kam damals, Ende der 1970iger Jahre, schon in der Erstsendung bei mir nicht an. Der Tatort langatmig, ja langweilig. Die jeweiligen Charaktere wurden zum Gähnen gespielt. Ich habe da einfach die Action vermisst. Aber – der Alpha – Fan Tatort-Hauptkommissar Konrad ist dabei, auch so ein Ermittlungswunder der damaligen Tatort-Reihe. Aber der Historie wegen ist dieser Tatort-Fernsehfilm sehenswert, mit guten realen Ausschnitten der Umwelt im auslaufenden 1970iger Jahrzehnt.
Ich sehe eigentlich gerne alte Folgen.
Diese Folge ist etwas langatmig.
Aber trotzdem sehenswert.
Alleine schon wegen der Mode in den 70er Jahren.
Oberkommissarin Buchmüller in ihrem ersten Fall. Das ist leider nur mäßig spannend. Buchmüllers Assistenten wirken völlig aus ein anderem Film. Einzig allein der schöne Soundtrack von Jean-Michel Jarre weiß zu überzeugen. Oxygene in Tatort. 2 Sterne
Hallo, kennt von euch jemand noch mehr Drehorte?
Am Anfang ist ein Gasthaus zu sehen:
Zum Adlerwirt.
Weiß einer von euch wo das war?
Coole Filmmusik von Jean Michel Jarre (Oxygene Part 1, 2 und 4). Ansonsten langweilig.
Ein nettes Zeitdokument aus der Serie ist der Tatort Nummer 084 aus dem Jahr 1978 und tatsächlich schon so lange her. Damals gab es auf Sylt noch keine Maschendrahtzäune, war ich doch im Zeitraum mehrere Monate beruflich dort anwesend. Aber der Tatort mit Oberkommissarin Buchmüller kommt natürlich aus Mainz und dort sehen die Straßen heute auch nicht viel anders aus. Die Stadt lernte ich in den anfänglichen 1980iger Jahren kennen.
Die Meinung vom 12.03.2016 halte ich.
bester Satz im Film: „Elektromotoren für Autos haben keine Zukunft“.
3 Sterne wegen Zweitbewertung.