Polizeiruf 110: Angst heiligt die Mittel



Es ist ihr 15. Fall – und vielleicht ihr letzter: In dem TV-Krimi „Angst heiligt die Mittel“ aus der Reihe Polizeiruf 110 erhält die Fallanalytikerin Katrin König (Anneke Kim Sarnau) gleich zu Beginn die freudige Nachricht, dass ihre Bewerbung beim LKA Berlin erfolgreich war. Königs Kollege Alexander Bukow (Charly Hübner) ist allerdings wenig begeistert, dass Katrin die Stelle wechselt. Doch zunächst einmal gilt es den brutalen Mord an einer Obdachlosen in einem Dorf namens Beslow nahe Rostock aufzuklären.

Der Polizeiruf „Angst heiligt die Mittel“ wird am Neujahrstag 2017 um 20.15 Uhr erstmals in der ARD gezeigt. Ursprünglich sollten an jenem Sonntagabend der Dortmunder Tatort „Sturm“ mit dem Team Faber, Bönisch, Dalay und Kossik erstausgestrahlt werden; angesichts des Attentats auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 entschied sich die Sendeanstalt aus Rücksichtnahme auf die Hinterbliebenen der Opfer dazu, den Tatort-Krimi bis auf Weiteres zu verschieben. Im Film wird ein Lastwagen, analog zu den realen Geschehnissen in Berlin, als Werkzeug für ein Attentat gebraucht und in eine Menschenmenge gesteuert.

Inhalt der Polizeiruf 110-Folge „Angst heiligt die Mittel“

Sommerduft liegt in der Luft, die Sonne scheint, Kinder bolzen unbeschwert auf dem Rasen. In dem kleinen, überschaubaren Dorf Beslow in Mecklenburg-Vorpommern ist es ruhig. Peter Buschke, ein unscheinbarer Mann Anfang vierzig, steigt aus dem Bus. Ihm rollt ein Ball vor die Füße – wie erstarrt blicken ihn die Kinder an; er wirft ihnen den Fußball zu und geht weiter. Die Kinder verfolgen ihn, werfen ihm eine leere Dose an den Kopf, trotten an dem Mann vorbei und zeigen ihm den Mittelfinger. Die Verachtung scheint Buschke schon gewohnt. Am Lebensmittelladen zieht eine Mutter ihr Kind in das Geschäft, als der Passant kurz anhält:
denn Peter Buschke ist ein verurteilter Pädophiler.

Für den sexuellen Missbrauch von mehreren Kindern hat er eine Strafe verbüßt, nun ist er im Therapiezentrum „Blauwasser“ in Behandlung wegen seiner pädophilen Neigungen. Er will sich und sein Leben ändern. Doch alle im Dorf wissen, was er getan hat – und lassen ihn deutlich spüren, dass er hier nicht willkommen ist. Das Haus, in dem Buschke lebt, ist mit Plakaten am Zaun und Schmierereien an der Außenfassade übersäht. Die Bewohner von Beslow haben hier ihrem Zorn Ausdruck verliehen. Dabei ist nicht nur Buschke die Zielscheibe, auch sein Mitbewohner Martin Kukulies ist den Nachbarn ein Dorn im Auge. Schließlich hat auch er eine Haftstrafe in der JVA Waldeck abgesessen, wegen zweifacher Vergewaltigung, Körperverletzung und Nötigung von Frauen. Anders als Buschke gibt Kukulies allerdings einen Pfifferling auf die Anfeindungen der Dorfgemeinde. Er ist ein rauer Typ, der am liebsten Bier trinkt, raucht und im abgeschotteten Wohnzimmer Drahtfiguren bastelt. Er wird mit Medikamenten zur Triebhemmung behandelt.

Als Linus Wagner am nächsten Tag zusammen mit seinem Freund auf den Rädern unterwegs ist, entdecken die zwei jungen Schüler im NDR-Polizeiruf „Angst heiligt die Mittel“ auf einer Parkbank am Fußballplatz eine Obdachlose. Steif und regungslos sitzt sie dort. Einer der Jungen wirft ein Steinchen in ihre Richtung und trifft sie am Kopf – doch die verwahrloste Frau mit dem rötlichen Haar bewegt sich noch immer nicht. Auch ein zweiter Stein richtet nichts aus.

Kurze Zeit später ist die Kripo Rostock alarmiert. Kommissar Bukow und die Kollegen von der Spurensicherung fahren zum Tatort in Beslow. Die Obdachlose, die die zwei Jungen fanden, wurde in der Nacht mit einer Bierflasche vergewaltigt, geschlagen und gewürgt; sie starb an inneren Verletzungen im Intimbereich. Oberkommissar Pöschel und Bukow stehen fassungslos vor der verbluteten Frau.

Währenddessen kommt die LKA-Analystin Katrin König gutgelaunt mit einer Flasche Champagner und einigen Einkäufen für ihre Kollegen in die Mordkommission Rostock geschlendert: doch das Kollegium ist ausgeflogen. Alexander Bukow klärt sie am Telefon über die Ereignisse im neuen Fall „Angst heiligt die Mittel“ auf und König macht sich sofort auf den Weg nach Beslow. Der Grund für ihre gute Stimmung ist ein neuer Job als Leiterin der operativen Fallanalyse in Berlin. Als sie ihrem Ermittlungspartner Bukow davon erzählt, reagiert der allerdings verhalten; von Glückwünschen oder Nachfragen keine Spur. Katrin König ist irritiert.

Für die Dorfgemeinschaft steht im Polizeiruf indessen schnell fest, wer als Mörder der Obdachlosen in Frage kommt: natürlich Kukulies und Buschke. In der Dorfkneipe „Zum Lindenplatz“ versammeln sich der Rädelsführer Heiner Bockmann, Inhaber einer Kfz-Werkstatt, seine Geliebte Yvonne Wagner, Mutter von Linus, der alte Malte Bruns und die Wirtin Birthe Kriener. Sie alle machen Stimmung gegen die zwei Straftäter. Katrin König und Alexander Bukow wird bei den Vernehmungen der Nachbarn bald bewusst, dass es den Dorfbewohner sogar äußerst recht wäre, wenn Buschke oder Kukulies – am besten beide! – die Gesuchten wären. Doch die Kriminalisten stoßen im Polizeiruf 110 auf Ungereimtheiten. Besonders die Fallanalystin König will nach dem Selbstmord des verzweifelten, unter Druck gesetzten Peter Buschke nicht glauben, dass dieser angeblich dabei war, einen mafiösen Kinderporno-Ring aufzuziehen. Aber wie kommen dann die belastenden Videos, Fotos und Kontaktdaten auf Buschkes Laptop?

Plötzlich, gerade nach Buschkes Suizid durch Erhängen, verschwindet Martin Kukulies spurlos. Kein Wunder, wurden doch mittlerweile seine Fingerabdrücke auf der Tatwaffe gefunden. Der Wagen des nun dringend Tatverdächtigen wird am Hafen entdeckt, dort muss er schon einige Tage lang stehen. Kommissar Thiesler übernimmt die Ermittlungen in der Pennerszene der Umgebung und kann die Identität des bislang unbekannten Opfers feststellen. Tatsächlich sollen Buschke und Kukulies Kontakt zu der wohnungslosen Frau aufgenommen und sie bezahlt haben – für Sex? König ist noch immer nicht überzeugt von der Motiv- und Tatrekonstruktion ihrer Kollegen Bukow, Thiesler und Pöschel. Und leichter wird die Aufklärungsarbeit durch Bukows zunehmend seltsameren Verhalten gegenüber seiner Partnerin König nicht …


Die Filmarbeiten zum Polizeiruf 110 „Angst heiligt die Mittel“, vom Norddeutschen Rundfunk produziert, dauerten vom 2. Juni bis 1. Juli 2015 und fanden in Rostock und Umgebung statt. Die Außenaufnahmen in der fiktiven Dorfstraße, in der die Figuren Buschke und Kukulies wohnen, wurden in der idyllischen Lindenallee in dem knapp 500-Seelen-Dorf Warlow in Mecklenburg-Vorpommern gedreht, etwa 130 Kilometer von Rostock entfernt. Warlow liegt im Landkreis Ludwigslust-Parchim.

Am Ende des Kriminalfilms bleibt unklar, ob Katrin König die neue Stelle als Leiterin der operativen Fallanalyse annehmen und nach Berlin gehen wird.

Die Redaktion von Tatort-fans meint …

Sabine (36 J. | Kinoliebhaberin)

Wer sich regelmäßig über die Qualität der heutigen Tatorte echauffiert, sollte unbedingt einmal die Polizeiruf-Fälle mit Bukow & König ausprobieren. Macht Spaß den beiden beim Rätselknacken und Zueinanderfinden zuzuschauen.

Gerald (37 J. | IT-Nerd)

„Bukow as his best“! Ein toller Polizeiruf: alles drin vom Kinderschänder, Frauenvergewaltiger, Selbstjustiz bis zum Obdachlosenmord. Diesen wirklich spannenden Polizeiruf sollte man nicht verpassen. So fängt 2017 mit einem tollen Krimi an.

Polizeiruf-Besetzung

LKA-Analystin Katrin König – Anneke Kim Sarnau
Kriminalhauptkommissar Alexander „Sascha“ Bukow – Charly Hübner
Leiter der Mordkommission Henning Röder – Uwe Preuss
Kriminaloberkommissar Anton Pöschel – Andreas Guenther
Kriminaloberkommissar Volker Thiesler – Josef Heynert
Martin Kukulies – Markus John
Peter Buschke – Maciej Salamon
Heiner Bockmann – Markus Gertken
Conny Bockmann – Sonja Hilberger
Yvonne Wagner – Katarina Gaub
Linus Wagner, ihr Sohn – Mathis Wernecke
Malte Bruns – Thomas Neumann
Wirtin Birthe Kriener – Ramona Kunze-Libnow
Mutter von Buschke – Sabine Hahn
Marek – Bohdan Swiderski
u.a.

Polizeiruf-Stab

Drehbuch – Susanne Schneider
Regie – Chrisitan von Castelberg
Kamera – Martin Farkas, Roman Schauerte
Schnitt – Antje Zynga
Musik – Eckhart Gadow

Bilder-Galerie zum Krimi aus Rostock


9 Meinungen zum Polizeiruf 110: Angst heiligt die Mittel

  • Dadoni • am 1.1.17 um 22:26 Uhr

    22:30 und noch keine Reaktionen? Normalerweise kommen doch erste „ich schalte jetzt um“ -Posts schon spätestens 2h früher.
    Muß wohl an dem tollen Fall gelegen haben.
    Auf alle Fälle schon mal der beste Polizeiruf/ Tatort des Jahres 2017. Wird nicht leicht zu übertreffen sein…

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  • Thorsten • am 1.1.17 um 23:57 Uhr

    Der Polizeiruf Rostock ist immer großartig, das Beste, was Tatort und Polizeiruf zu bieten haben. Hoffen wir, dass Frau König in Rostock bleibt – wegen Buckow.

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  • Hanz W. • am 2.1.17 um 8:47 Uhr

    Ein recht vielversprechender Start ins neue Jahr! Spannend inszenierter Krimi, der sehr gut eine Schwarz-Weiß-Zeichnung vermieden hat. Man konnte beide Seiten teilweise verstehen, und dennoch blieben beide Seiten gleich unsympathisch… üblicherweise wird das ja in eine eindeutige Schablone gepresst. Die Handlung im Detail nicht völlig logisch und überzeugend, aber was soll’s. Das ganze war sehr ordentlich gespielt (wunderbar der Opa) und, wie gesagt, auch spannend. Nicht überragend, aber doch sehr solide. Mal wieder 3,5, gerne aufgerundet auf 4.

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  • arte-Versteher • am 2.1.17 um 9:56 Uhr

    Manchmal muss man eben weiter ausholen…

    (Vorsicht, enthält Spoiler)

    Der Polizeiruf begann betont entschleunigt, und ich hätte eigentlich eher erwartet, die TO-Kollegin Lindholm an diesem ländlichen Set auftauchen zu sehen. Die Verschwörung im Dorfkrug hat mich dann nicht wirklich überzeugt. Ein abgehalfterter NVA-Schläger und seine naiv-willigen Helfershelfer wie der Opa. Dazu hat man auch gleich noch Hackerexpertise im Dorf, die beim Unterschieben von Dateien so professionell arbeitet, dass es den Computer-Forensikern nicht auffällt. Naja. Andere Punkte, in denen ich nicht unbedingt folgen wollte: Die Autoschieber-Knastbekannschaft erweist sich aus Gründen der Dramatisierung auch gleich noch am Menschenhandel interessiert. War mir zu viel. Aber alles bis hierhin: ist geschenkt, ist o.k., kann man so machen.

    Andere Ebene: Die Rostock-Polizeirufe leben ja nicht unwesentlich von der stetigen, langsamen Weiterentwicklung der Beziehung Bukow – König. Bestand denn irgendeine Not in Form von Auststiegswünschen der Schauspieler, Bukows Vater nunmehr ins Koma zu versetzen und König die Stelle in Berlin anzubieten? Oder dient das nur der dramaturgischen Komplikation? Wenn ja, dann muss ich sagen: meinetwegen wäre das nicht nötig gewesen, ich fand die Verwerfungen im Team bislang durchaus ausreichend, um hier eine eigenständige Spannung neben der Handlung aufzubauen, einer zusätzlichen Steigerung hätte es nicht bedurft.

    Als hätte das nicht genügt, baut das Drehbuch nun noch eine weitere Eskalationsstufe auf. Es schickt die beiden Ermittler, die mir in den bisherigen Folgen als unkonventionell, aber immer auf einer knorzige Art und Weise professionell und clever vorkamen, in eine Situation, in der sie völlig auf sich allein gestellt agieren müssen. Und sie machen dabei Fehler. Statt zusammen zu bleiben und sich wechselseitig zu sichern, rennt Bukow einem Flüchtigen hinterher und lässt König allein. König selbst blockiert und ist nicht in der Lage, einen Angreifer durch einen Schuss in seine Peripherie zu stoppen. Und als sich das Blatt wieder wendet, dreht sie durch.

    Wozu dieses Ende? Um ihre Gutmenschenhaltung gegenüber dem Vergewaltiger zu „bestrafen“? Oder um nach vorne gerichtet einen Cliffhanger aufzubauen? Und hier beginnt für mich die Crux: Das Drehbuch beschädigt m.E. nachhaltig die bisherige Figur, es stellt sich auf der Seite der Zweifler: Wird das in Berlin eine gute Profilerin sein, wenn sie in diesem Fall die Psyche des Täters so naiv gesehen hat? Wäre es nicht besser, sie bleibt in Rostock? Es wird schwer sein, das düstere Ende dieser Folge bei der nächsten Folge zu ignorieren. Franziska aus Köln war nach ihrem Fehler tot, König muss weiterleben.

    So werde ich mein endgültiges Urteil über diesen Polizeiruf erst fällen, wenn ich die nächste Rostock-Folge gesehen habe. Geht hier (was nach dem Ende dieser Folge zu befürchten ist) eine Figur, die bisher liebevoll mit Macken, Ecken und Kanten gezeichnet war, den Weg in eine dysfunktionale Störung? Liebe Polizeiruf-Redaktion, das brauche ich ganz und gar nicht, dafür gibt es andere geeignete Kandidaten im TO-Polizeiruf-Kosmos…

    Bis zur nächsten Folge also 3 Sterne, die Waage hat bei mir noch nicht auf eine Seite ausgeschlagen.

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  • Dolly • am 2.1.17 um 14:35 Uhr

    Buckow: “ Mein Vater liegt im Koma“.
    Wie auch der Vater von Jane Tennison in „Heißer Verdacht“.

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  • alter Fan • am 2.1.17 um 20:42 Uhr

    irgendwie schon „saugut “ oder meinerseits 5 Sternverdächtig – Das Rostocker PR Team steht auf meiner persönlichen Favoritenliste weitaus höher als so manche TO Schmiede . Der Streifen vom letzten Sonntag war durchaus gut gemacht – keinesfalls unrealistisch und mit einem angemessenen “ Krippeleffekt “ versehen . Was sollte blos dieses fragwürdige Anhängsel “ NVA Schläger “ in der Figur des Heiner Bockmann ? – sollte man als Drehbuchautor mal recherchieren .
    Die NVA ( Nationale Volksarmee der DDR ) gibt es als solche seit 1990 nicht mehr . Zu Lebzeiten der DDR konnte sich so gut wie kein männlicher Bürger einer Zugehörigkeit zur NVA entziehen – Ich persönlich habe 2 meiner Lebensjahre als NVA Angehöriger verbracht – und davon keinen Tag aus freien Stücken . So waren die Zeiten . Heutzutage könnte man wiederum im Zusammenhang mit der NVA schnell irgendwelche hirnlosen Schlüsse ziehen . War möglicherweise schon einer ?
    In´s bundesrepublikanische Politszenario hätte folgende Konstelation besser gepasst : Heiner Bockmann ist böser Neonazi – zumal die Geschichte ja im Osten spielt . Das ganz nebenbei .
    Wenn Batic und und Leitmayr in Rente gehen , werden Bukow und König gewiss meine Lieblinge – vorausgesetzt Frau König geht nicht nach Berlin – vielleicht wegen mir .

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  • Doris • am 3.1.17 um 16:29 Uhr

    Ein großartiger Start ins neue Krimi-Jahr! Und ja, hoffentlich bleibt die König doch!

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  • allesrogervolker • am 3.1.17 um 22:23 Uhr

    Ja die Schauspieler sind klasse aber die Drehbücher…ist ja auch
    nicht einfach sich gute klassische Krimis a la Derrick auszudenken…
    ich guck gerade „die Frau im Zug“ aus Köln mit Max und Freddy…
    oder „Wir sind die Guten“mit Ivo und Leiti…das sind Krimis!

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  • Tatort-Liebhaber • am 30.4.24 um 23:31 Uhr

    Ich mag eigentlich diese stark emotionsgetriebene Art! Denn so sind Menschen: irrational. Ich auch. Aber keine Kripo-Beamtin würde sich so entwaffnen lassen. Sie würde die Kontrolle behalten.

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