Tatort Folge 1282: Schweigen



So 01.12. 20:15 Uhr ARD

So 01.12. 21:45 Uhr ONE

Mo 02.12. 00:00 Uhr ORF2

Di 03.12. 01:05 Uhr ARD

Erscheinungsjahr: 2024
Kommissar: Falke
Ort: Tatort Hamburg


Kurz und knapp – darum geht’s

Mord hinter heiligen Mauern? Nach dem tragischen Tod seiner Kollegin Julia Grosz nimmt Kommissar Thorsten Falke eine dienstlich verordnete Auszeit im Kloster St. Joseph. Doch mit der inneren Einkehr und Ruhe ist es schlagartig vorbei, als der allseits beliebte Pfarrer Otto elendig in einem Wohnwagen auf dem Klostergelände verbrennt. Vieles deutet auf Brandstiftung hin. Gemeinsam mit der örtlichen Kommissarin Eve Pötter findet Falke heraus, dass der Geistliche in einen Missbrauchsskandal ungeheuren Ausmaßes verstrickt war. Und ausgerechnet mit einem der Opfer hat sich Falke angefreundet … Der emotional aufwühlende Solo-Einsatz für Wotan Wilke Möhring als Thorsten Falke ist am 1. Dezember 2024 um 20:15 Uhr im Ersten zu sehen.

Inhalt der Tatort-Folge „Schweigen“

„Nein, keine Träume mehr, keine Toten. Nichts.“ Thorsten Falke tut so, als sei er erlöst von seinem Leiden. Als hätte sein wochenlanger Rückzug ins abgelegene Kloster St. Joseph tatsächlich bewirkt, dass er nicht mehr an sie denkt: an seine einstige Kollegin Julia Grosz. Und daran, dass er ihr nicht helfen konnte, als sie hilflos war, als sie ihn dringend gebraucht hätte. Doch die Gedanken an die tote Grosz sind nicht weg, sie verfolgen Falke bis in den Schlaf. Immer noch. Und doch hat ihm die Auszeit bei den frommen Männern auch geholfen: die Tagesroutine, das Arbeiten in und mit der Natur, im Klostergarten. Der raubeinige Bundespolizist ist zumindest äußerlich ruhiger und gelassener geworden, und das hat nichts mit einem missionarischen Wunder zu tun, denn Thorsten Falke ist und bleibt Atheist. Nun braucht er nur noch die Aufenthaltsbescheinigung von Pfarrer Wigald Otto, und dann geht’s zurück in den Polizeidienst. Doch alles kommt anders.

Es ist mitten in der Nacht, als der alte Wohnwagen im Klosterhof lichterloh in Flammen steht. Dies war der Rückzugsort von Pfarrer Otto, und tatsächlich: Im Innenraum findet die Feuerwehr die total verkohlte Leiche des Geistlichen. Ein schrecklicher Anblick. Und erste Untersuchungen deuten darauf hin, dass der Brand absichtlich gelegt wurde. Falke wurde durch die Flammen aus dem Schlaf gerissen; nun beobachtet er zunächst unbeteiligt, wie die zuständige Kommissarin Eve Pötter von der örtlichen Polizei die Ermittlungen im Tatort „Schweigen“ aufnimmt. Auch ihr geht der grausame Tod des Priesters sichtlich nahe. Schließlich war Otto überall beliebt, vor allem bei den Jugendfußballern der Klostermannschaft, die er trainiert hat. Zudem ist Pötter selbst gläubige Katholikin und kann nicht recht fassen, wie unter so vielen frommen Menschen ein solch schreckliches Verbrechen geschehen kann.

Ob er will oder nicht: Falke muss ermitteln, denn sein Instinkt ist geweckt. Zunächst schaut er sich im komplett durchwühlten Büro des Pfarrers um und erzählt der Kommissarin, er suche nur seine Bescheinigung, als die ihn auf frischer Tat ertappt. Doch dann ist da diese geheimnisvolle Tür, an der Falke einfach nicht vorbeigehen kann. Und siehe da: Sie führt zu einem versteckten, fensterlosen Kellerraum mit schummrigem Licht, wo Falke und Pötter eine verstörende Entdeckung machen: unzählige Fotos, Dias, Filme, die Schreckliches, Unvorstellbares zeigen: den massenhaften sexuellen Missbrauch von Jungen, alles dokumentiert von Pastor Otto. Pötter kann den Anblick dieser Szenen nicht ertragen, sie flüchtet aus dem Keller. Falke denkt, dass er abgehärteter ist; er bietet an, das kinderpornografische Material zu sichten. Aber auch ihn zerreißt es innerlich angesichts der körperlichen und seelischen Brutalität, die er zu sehen bekommt, die Kindern zwischen neun und dreizehn Jahren – offensichtlich im Namen der Kirche – angetan wurde. Selbst der Bundespolizeikommissar Thorsten Falke, womöglich noch nicht wieder voll dienstfähig, hält diese psychische Belastung nicht aus. Hilfe bekommt er im TV-Krimi „Schweigen“ von Kommissarin Schwerdtfeger vom LKA, einer Expertin für Pädo-Kriminalität: eine toughe Frau mit klarem Blick, die rational an die Sache herangeht.

Das kann Falke längst nicht mehr, dafür steckt er selbst schon viel zu tief drin in der Geschichte. Vor allem, als er auf einem der Fotos einen Jungen namens Daniel entdeckt, zum Zeitpunkt der Aufnahme neun Jahre alt. Ist das wirklich der Daniel Weinert, mit dem Falke sich im Kloster angefreundet hat? Jener psychisch labile Mittvierziger, der eine gescheiterte Ehe und mehrere abgebrochene Ausbildungen hinter sich hat? War auch er einst ein Missbrauchsopfer von Pfarrer Otto? Zunächst blockt Daniel alles ab, doch es ist offensichtlich, dass er den ermordeten Geistlichen schon lange kennt und dass die beiden ein Geheimnis verbindet.

Falke will wissen, was damals auf den scheinbar harmlosen Messdienerfreizeiten wirklich passiert ist, welche Ausmaße dieser Missbrauchsskandal tatsächlich hat. Wollte sich eines der Opfer an Pfarrer Otto rächen? Daniel hätte Motiv und Gelegenheit zum Mord gehabt, das ist unbestreitbar. Kein Wunder, dass Kommissarin Pötter ihn für den Hauptverdächtigen im NDR-Tatort „Schweigen“ hält. Doch Falke stellt sich schützend vor seinen Freund, gibt ihm sogar ein falsches Alibi. „Der Fisch stinkt immer vom Kopf her“ ist seit jeher sein Ermittlungsansatz, also bittet er Generalvikar Billing um Einsicht in Ottos Personalakte. Aber der höflich-konziliante Kleriker blockt ab. Dabei hatte er selbst noch einen heftigen Streit mit Pfarrer Otto kurz vor dessen Tod.

Was hat das Bistum zu verbergen? Und was hat Daniel, der plötzlich verschwunden ist, tatsächlich vor? Immer weitere Kreise zieht dieser Fall, der keinen kalt und so manchen am Glauben (ver)zweifeln lässt.

Brisantes Thema mit realer Vorlage

Drehbuchautor Stefan Dähnert ließ sich bei der Geschichte für diesen Tatort inspirieren von einem realen Fall aus dem Bistum Trier: Nach dem Tod eines Pfarrers kam heraus, dass dieser massenhaft kinderpornografisches Material besaß, das er unter Kollegen weiterverbreitete. Dähnert dazu: „Ich habe dann bei der Staatsanwaltschaft nachgefragt: Wenn wir behaupten, es hat in der Katholischen Kirche einen Pädophilen-Ring gegeben, kriegen wir dann Ärger? Die Antwort lautete: nein. Leider ist sehr viel wahr an unserer Geschichte.“

Gedreht wurde der 20. Tatort mit Wotan Wilke Möhring als BKA-Kommissar Thorsten Falke vom 19. September bis zum 20. Oktober 2023 im ehemaligen Trappistenkloster Mariawald bei Heimbach in der Eifel. Nach dem Tod seiner Ermittlungspartnerin Julia Grosz (Franziska Weisz) im Tatort 1255 „Was bleibt“ arbeitet Falke diesmal allein, mit Unterstützung der örtlichen Kommissarin Eve Pötter (Lena Lauzemis).

Zu sehen ist der Kriminalfilm des NDR am Sonntag, den 1. Dezember 2024 um 20:15 Uhr im Ersten.

Tatort-Kritik

Die Redaktion von Tatort-Fans meint:
Ein starkes Solo für Wotan Wilke Möhring, der seine Präsenz und Ausdruckskraft als Schauspieler in einigen brillanten Szenen unter Beweis stellt: Wie er allein durch seine Mimik und gestischen Regungen das Grauen andeutet, das auf den Aufnahmen des pädophilen Pfarrers zu sehen sein muss: großartig. Ebenso eindrücklich die Strafpredigt des Atheisten Falke, mit der er Bruder Jonas – und damit der gesamten katholischen Kirche – den Spiegel vorhält. Auch Florian Lukas als Daniel Weinert zeigt in seinem intensiven Spiel keine oberflächliche Opferhaltung, sondern vielmehr die innere Zerrissenheit der Betroffenen, die lebenslang mit den Folgen des Missbrauchs leben müssen. Die vielen Laiengläubigen, die fassungslos die Skandale in „ihrer Kirche“ mitverfolgen, fühlen sich vielleicht durch Kommissarin Pötter vertreten. Auf die Reaktionen inner- und außerhalb der Kirche darf man gespannt sein.

Zwei Dinge noch: Auch und gerade der „einsame Falke“ braucht auf Dauer einen weiblichen Counterpart. Und als Zuschauer erwartet man von den Falke-Krimis eine gewisse norddeutsche Färbung, die diesmal komplett fehlt. Schade, dass sich im großen Sendegebiet des NDR kein geeigneter Drehort finden ließ.

Besetzung

Hauptkommissar Thorsten Falke – Wotan Wilke Möhring
Kommissarin Eve Pötter – Lena Lauzemis
Daniel Weinert – Florian Lukas
Generalvikar Billing – Sebastian Blomberg
Pastor Otto – Hannes Hellmann
Bruder Jonas – Falilou Seck
Lukas Pötter – Jakob Kraume
Polizeihauptmeister Schültke – Michael Del Coco
LKA-Beamtin Schwerdtfeger – Julia Jendrossek
u. v. a.

Stab

Drehbuch – Stefan Dähnert
Regie – Lars Kraume
Kamera – Anne Bolick
Schnitt – Stefan Blau
Kostümbild – Bettina Weiß
Maskenbild – Diana Badalova
Casting – Nessie Nesslauer
Szenenbild – Ina Timmerberg
Ton – Siegfried Fischer
Musik – Christoph Kaiser, Julian Maas
Produktionsleitung – Ulrike Zirzow (Nordfilm GmbH), Daniel Buresch (NDR)
Herstellungsleitung – Marcus Kreuz (Nordfilm GmbH)
Produzentinnen – Katinka Seidt, Kerstin Ramcke
Redaktion – Christian Granderath, Patrick Poch


1 Meinung zum Tatort Folge 1282: Schweigen

  • Der Fremde • am 22.10.24 um 12:39 Uhr

    Ich finde es sehr mutig, dass die TO-Macher mal (zum ersten Mal?) das heikle Thema „Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche“ aufgreifen. Man kann sich bildlich ausmalen, welche Widerstände es wohl vor der Fertigstellung dieses Projekts innerhalb der einschlägigen Kreise gegeben haben dürfte …

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