Tatort Folge 125: Das Zittern der Tenöre



In dieser Tatort-Folge löst Kriminalhauptkommissar Horst Greve (Erik Schumann) aus Lübeck seinen ersten Fall und bringt dabei die Tenöre eines kleinen Gesangvereins ganz schön zum Zittern.

Der liebenswerte, aber ein wenig verschrobene Rentner Otto Fintzel genießt seinen Lebensabend in der norddeutschen Kleinstadt Endwarden. Eines Tages beschließt er dem allgemeinen Energiespartrend zu folgen und etwas für die Umwelt zu tun. Er will seinen Dachboden isolieren. Dafür muss er diesenallerdings erst einmal entrümpeln – es ist eine Menge Kram zusammengekommen in all den Jahren. Unter einen Zeltplane macht er einen interessanten Fund: den alten Lederkoffer seines Bruders Julius Fintzel.

Meine Güte, denkt sich Otto, an den hatte er ja schon ewig nicht mehr gedacht. Julius war 1944 im Zweiten Weltkrieg gefallen. Zuvor war ein ein „Hundertfünfzigprozentiger“ und hatte ordentlich Karriere unter den Nazis gemacht. Er saß bei der Kreisleitung und hatte überall seine Finger im Spiel. Zudem hatte Julius eine Sammelleidenschaft. Was der wohl alles aufgehoben hat? fragt sich Fintzel, verschiebt die Antwort aber auf später. Den Inhalt des Koffers will er sich lieber in Ruhe anschauen. Vielleicht ist ja etwas Wertvolles dabei. Wenigstens hat er jetzt eine nette Anekdote für seine Jungs vom Männergesangverein Germania.

Doch als Fintzel den Herren am Abend vergnügt von seinem spannenden Fund berichtet, reagieren die Tenöre alles andere als belustigt. Und nach Fintzels Ankündigung den Koffer am nächsten Tag zu öffnen, verfinstern sich die Mienen zusehends. Was ist denn bloß los mit meinen Freunden? fragt sich Fintzel und ahnt nicht, das er mit seiner Mitteilung „Das Zittern der Tenöre“ ausgelöst hat. Offensichtlich haben die Herren plötzlich Angst vor etwas.

Jeder einzelne der Tenöre scheint zu befürchten, dass der Koffer einen Teil ihrer eigenen Vergangenheit preisgibt – etwas, das lieber in Vergessenheit geraten soll. Und natürlich möchte jeder einzelne wissen, was nun wirklich in dem Koffer ist. Einer der Tenöre versucht das Geheimnis auf eigene Faust zu lüften. Er überlebt es nicht. War es Mord?

Da taucht ein weiterer Protagonist am Tatort auf: Es ist der Lübecker Kommissar Greve, der sich als alter Bekannter des Opfers ausgibt. So getarnt bittet er den Gesangsverein um seine Aufnahme in denselben. Es kommt sogar zu einem Vorsingen, wobei der Kommissar allerdings nicht überzeugen kann. Währenddessen versuchen mehrere Mitglieder des Gesangsvereins mit verschiedensten Mitteln den Koffer in ihren Besitz zu bringen. Alle scheitern. Und dann taucht bei der nächsten Vereinssitzung schon wieder dieser Greve auf – in seiner Hand hat er den alten Lederkoffer …

„Das Zittern der Tenöre“ ist der einzige Fall, in dem der Lübecker Kommissar Horst Greve ermittelt. Diese Tatort-Folge ist eine Produktion des NDR und sie wurde zum ersten Mal am 31. Mai 1981 in der ARD ausgestrahlt. Der Ort der Handlung, Endwarden, ist fiktiv. Das Thema des Tatorts ist ein schwieriges: Es geht um die (Nicht-)Aufarbeitung persönlicher Schicksale und größerer Zusammenhänge der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands. Die Kritiker beurteilen diesen Versuch, das Unerzählbare erzählen, verschieden. Für die einen ist es eine gelungene Darstellung des Nachkriegsschweigens, die anderen kritisieren die thematische Ausarbeitung dieses komplexen Themas im Tatort als zu kurzgegriffen. Wie dem auch sei: Spannend und unterhaltsam ist die Tatort-Folge 125 „Das Zittern der Tenöre“ in jedem Fall.

Video 30 Sekunden aus den ersten 30 Minuten



Besetzung

Kommissar Greve – Erik Schumann
Otto Fintzel – Georg Lehn
Rainer Buchholz – Paul Edwin Roth
Else Buchholz – Eva-Ingeborg Scholz
Walter Hanke – Hans Hessling
Uwe – Zacharias Preen
Edda Hanke – Karin von Wangenheim
Herrmann Kroll, jun. – Udo Thomer
Frau Kroll – Elisabeth Wiedemann

Stab

Regie – Hans Dieter Schwarze
Drehbuch – Hansjörg Martin
Kamera – Günther Wulff


6 Meinungen zum Tatort Folge 125: Das Zittern der Tenöre

  • Dipl.-Päd. Fred Maurer • am 2.3.08 um 19:02 Uhr

    Die alten „Tatort“-Krimis sind noch immer sehenswert, jedenfalls einige, z. B. „Reifezeugnis“ von 1977 oder eben die vor ein paar Wochen ausgestrahlte Folge „Das Zittern der Tenöre“: Sie war spannend, hatte (fast heute noch) einen brisanten zeitgeschichtlichen Bezug – und kam ohne zur Schau gestellte Gewalt aus.
    Solche Krimis möchte man öfter sehen (ein Tipp an die Fernsehsender und ihre preiswerten, wertvollen ‚Konserven‘ in ihrer ‚Asservatenkammer‘).
    A. Maurer

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  • Dirk • am 6.10.15 um 17:28 Uhr

    Der Tatort Nummer 125. Ein Hauptkommissar Greve aus Lübeck ermittelt in einer dörflichen Mittelstandsburg. Was meint der da herausfinden zu können. Ja, wenig in dieser Zeit. Diesen Tatort habe ich tatsächlich in Erstsendung gesehen und nun zum zweiten Mal. Das Kopfschütteln über diese Langweiligkeit ist geblieben, damals wie heute. Die Jungs im Fernsehfilm sollten wohl den Wechsel von Generationen aufzeigen, total daneben. Die Youngtimer fehlten, wahrscheinlich schon in den Pups der Großstädte geflüchtet. Die damaligen Gegebenheiten in diesen Ortschaften kannte ich persönlich, hatte Freunde und Bekannte dort. Dieser Tatort hätte 15 bis 20 Jahre früher spielen können. Aber in den 80zigern?? Den Mittelstands-Rekord, den KHK Greve im Tatort fuhr, den hatte der Vater eines damaligen Freundes auch. Der war Chemiefacharbeiter in einer Großstadt und verlieh seinen Wagen auch an seinen Sohnemann.

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  • Paul • am 5.5.22 um 4:07 Uhr

    Mwah, trotz gute Besatzung leider etwas schwach.

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  • Der Fremde • am 10.5.23 um 8:12 Uhr

    War sehr Kammerspiel-artig. Ich schaue mir so alte Folgen nur selten an (und noch seltener, ohne die ‚Schnelllauf-Taste‘ zu drücken …). Es gab damals nur wenige – für mich – sehenswerte Folgen, absolutes Highlight der Zeit 1970-1999 (also aus dem letzten Jahrtausend!) ist aus meiner Sicht ‚Peggy hat Angst‘.

    Oft hat damals der Mut gefehlt, problematische Themen ‚explizit‘ zu zeigen: hier etwa das ‚Nazi-thema‘! Zwar wurde hier ein ’sexueller Übergriff‘ (an der Küchenhilfe) gezeigt, aber doch sehr verharmlosend (‚hätte sie sich weniger aufreizend anziehen sollen‘).

    Bekanntlich gefällt mir die große Bandbreite, die durch die TO’s von 1970 bis jetzt abgebildet wird.
    –> wenig überraschend gefallen mir TO’s aus den letzten ca. 15 Jahren – insbes. auch wegen der besseren HD-Bildqualität – um vieles besser!

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  • Dirk • am 11.5.23 um 7:42 Uhr

    Der Tatort mit der Nummer 125 aus Lübeck und aus dem Schicksalsjahr 1981. Der wird alle paar Jahre erstaunlich und weise wiederholt.
    Meine Meinung vom 06.10.2015 halte ich.

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  • Al.Ter • am 24.5.23 um 17:09 Uhr

    Mangels Wertungssystem muß ich mir die Sterne hier selbst machen: ⭐️⭐️⭐️

    @Der Fremde
    Die Bildqualität war doch ganz ordentlich im Vergleich zu manchen Haferkamp-Folgen!
    Und ich liebe die alten Schinken! Besser als vieles, was heute so geboten wird – Bildqualität hin oder her!
    Nach fast zwei Monaten jedenfalls mal wieder ein TO-Oldie jünger als Jg. 1995 resp. unter Nr. 300! Warum davor keiner aus dieser Zeitspanne gesendet wurde, ist rätselhaft: der letzte war ‚Zärtlichkeit des Monsters‘ am 8. März 2023.
    Und der NDR kastriert zum wiederholten Male den Abspann, wahrlich keine Meisterleistung!
    Na ja, in der Mediathek-Version ist er aber vorhanden, womit der 150. der 300 ersten TOe im privaten Archiv gesichtet & gesichert ist – die restlichen 150 werd‘ ich bei dieser miesen Programmplanung wohl mein‘ Lebtag nicht mehr schaffen!

    Diese Folge lief letztmalig im Jahre 2008, nun passend zum Termin „8. Mai“, dem Jahrestag der sog. „Befreiung“ vulgo Kriegsende. Sie ist Gegenstand einiger wissenschaftlicher Untersuchungen zur Zeitgeschichte, z.B. in „Vergangenheitsbewältigung im Tatort? NS-Bezüge in der ARD-Krimireihe“ von Christian Hißnauer (Repositorium Medienkulturforschung, Berlin 07/2014, S. 7ff) und bei Michael Mandelartz „Der ‚Tatort‘ und die Grenzen des Rechts. Der Fernsehkrimi als Ritual und als Kunst“ (Meiji-Universität, Tokio 2009, S. 16ff).
    Darüberhinaus findet auch ‚Pension Tosca oder Die Sterne lügen nicht‘ (BR 1987) Erwähnung, eine mit 114 Min. Spieldauer ungewöhnlich lange Ost-Spionagegeschichte mit einem Ermittler namens Karl Scherrer, dargestellt von Hans Brenner – die wäre übrigens auch mal eine Wiederholung wert, liebe Programmplaner!

    Neben Erik Schumann, auch als Synchron- und Hörspielsprecher bekannt, agieren zahlreiche TO-Protagonisten: Paul Edwin Roth aus ‚Kassensturz‘, Heinz Schimmelpfennig war 8x Kommissar Gerber in Baden-Baden, Georg Lehn (Kurzschluß), Hans Hessling (Kressin u.d. tote Mann m Fleet) und Hans Beerhenke, der häufig bei Haferkamp zu sehen ist.
    Dazu Elisabeth Wiedemann (Herzversagen), Joost Siedhoff (u.a. Freund Gregor), Udo Thomer (zuvor Der gelbe Unterrock & Mit nackten Füßen), Kay Sabban (7x u.a. Trimmel und Isolde & Finale am Rothenbaum) und Zacharias Preen (Zweierlei Blut) als Erpresserjüngling – und wer ‚Reifezeugnis‘ aufmerksam beobachtet hat, dem wird die Küchenhilfe (Sabine Burgert) bekannt vorkommen!
    Sie ist eine Mitschülerin von Sina/Nastassja Kinski und sitzt in der Klasse neben ihr, die Rolle dort ist allerdings „sprachlos“.

    Trotz des beachtlichen Aufgebots an ausgezeichneten Darstellern will der Funke jedoch nicht so recht überspringen, was womöglich daran liegt, daß die Vorlage nur in entschärfter Form Umsetzung durch Regisseur Hans Dieter Schwarze (Der Fall Geisterbahn, ebenfalls nach H. J. Martin) fand.
    Im Original hat der Dr. Buchholz wesentlich mehr auf dem Kerbholz als nur mit 18 Jahren Lobeshymnen auf den Führer und kriegsverherrlichende Gedichte verfaßt:
    Vielmehr ließ er einen jugendlichen Volkssturm-Mann wg. ‚Feigheit vor dem Feind‘ erschießen.

    Vielleicht auch deshalb, weil KHK Greve erst nach exakt 57 Min. die Bildfläche betritt, inkognito ermittelt und das Rätsel des Koffers ziemlich banal auflöst: Die Aufklärung, ob der tödliche Treppensturz infolge eines Unfalls selbst- oder fremdverschuldet war, spielt keine Rolle mehr – schließlich war der Zuschauer ja Augenzeuge.

    Der ominöse Koffer (vgl. der Kofferinhalt in Quentin Tarantinos ‚Pulp Fiction‘) ist ein schönes Beispiel für einen ‚MacGuffin‘, einst geprägt von Alfred Hitchcock: Irgendein Begriff („Rosebud“ in Orson Welles ‚Citizen Kane‘ z.B.) oder Ding/Objekt, das nur dazu dient, die Handlung voranzutreiben und dem die Akteure hinterherjagen.

    In jedem Fall wird schönes Zeitkolorit geboten: Herren trugen noch Hut und Glaswolle wird verbaut – schon damals war Energiesparen angesagt; der kleinbürgerliche Traum des Oberstudienrats Buchholz vom „Fertighaus mit Swimmingpool“.
    Opodeldok – kommt das jemandem bekannt vor? Auf dieses Mittel gegen Rheuma schwörte schon weiland Jaroslav Hašeks braver Soldat Schweijk!
    Bester Spruch: „Erst noch fix ein‘ vergiftet, was Walter?“ – Stimme aus dem Chor zum Apotheker Hanke.

    Zum guten Schluß die harten Fakten:
    Die Musik komponierte Peter Janssens, der den Chorleiter spielt; Drehorte sind Lübeck, das fiktive Endwarden (wg. der RZ-Kennzeichen irgendwo im lauenburgischen Kreisherzogtum zu verorten), und in Trittau die Mühle.

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