Kurz und knapp – darum geht’s

Im Zentrum der Spannungen des Kalten Krieges arbeitet Dr. Günther Schuster an einer bahnbrechenden Entwicklung für die NATO-Luftwaffe. Während seines Bergurlaubs freundet er sich mit dem charmanten Gregor Bartsch und dessen Frau an – ohne zu ahnen, dass das Paar mit einem geheimen Auftrag auf ihn angesetzt wurde. Die Freundschaft vertieft sich über Monate, bis Schuster eines Tages ein verdächtiges Angebot erhält und sich hilfesuchend an den Militärischen Abschirmdienst wendet. Als MAD-Oberleutnant Delius die Falle zuschnappen lässt, gerät die vermeintliche Freundschaft in tödliche Gefahr…

Inhalt der Tatort-Folge „Freund Gregor“

Schwarze Rauchschwaden wirbeln über dem Flugfeld, als die Feuerwehrwagen mit heulenden Sirenen heranrasen. Ein F-4 Phantom Jagdflugzeug steht in Flammen – der Prototyp eines neuen Betankungssystems ist geborsten. Dr. Günther Schuster, Ingenieur beim Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, läuft nervös über das Rollfeld. Seine Entwicklung sollte der NATO-Luftwaffe einen entscheidenden Vorteil verschaffen, doch stattdessen blickt er nun auf ein Desaster.

Wochen später klammern sich seine Finger an den kalten Fels eines Alpengipfels. Die klare Bergluft und das gleißende Sonnenlicht sind eine willkommene Abwechslung zum sterilen Labor. Hier, weit weg von geheimen Dokumenten und militärischen Anforderungen, lernt er Gregor Bartsch kennen – einen Mann mit festem Händedruck und ansteckendem Lachen. Die beiden verbindet sofort die Leidenschaft fürs Bergsteigen. „Man lernt einen Menschen nirgendwo besser kennen als am Berg“, sagt Gregor, während sie gemeinsam auf dem Gipfel rasten. Was Schuster nicht ahnt: Hinter der Maske des freundlichen Urlaubers verbirgt sich ein Agent, der lange für diesen Moment trainiert hat.

MAD-Oberleutnant Delius sitzt derweil in seinem spärlich eingerichteten Büro und betrachtet skeptisch die Akten, die vor ihm liegen. Der erfahrene Offizier mit dem durchdringenden Blick hat schon zu viele Spionagefälle erlebt, um an Zufälle zu glauben. Seine Kollegen halten ihn manchmal für paranoid, doch in einer Welt, in der jeder Informationsvorsprung über Leben und Tod entscheiden kann, ist Misstrauen sein wichtigstes Werkzeug.

Die Freundschaft zwischen den Ehepaaren Schuster und Bartsch gedeiht wie eine sorgfältig gepflegte Pflanze. Gemeinsame Abendessen, Ausflüge an die Ostsee, vertraute Gespräche bei gutem Wein – die Kulisse einer perfekten Beziehung. Doch unter der Oberfläche treibt das kalkulierte Spiel der Spionage wie ein gefährlicher Unterstrom. Die Infiltration gleicht einem komplexen Schachspiel, bei dem jeder Zug lange im Voraus geplant ist.

Als Gregor seinem neuen Freund eines Abends vorschlägt, einen Schweizer Wissenschaftler zu treffen, der ähnliche Probleme mit Tankmaterialien gelöst haben soll, ahnt Schuster nicht, dass er direkt in eine Falle tappt. Das gedämpfte Licht des Gasthauses in Baden-Baden und das ausgewählte Essen schaffen eine Atmosphäre des Vertrauens. Doch als der angebliche Kollege plötzlich vertrauliche Dokumente gegen Bargeld tauschen will, bricht Schusters Welt zusammen. Die Erkenntnis trifft ihn wie ein Schlag: Die Freundschaft, die ihm so viel bedeutet hat, war nur ein Instrument zu seiner Ausnutzung.

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Freund Gregor“ wurde im März und April 1979 im Auftrag des NDR gedreht. Als Kulissen dienten die Hansestadt Hamburg sowie das malerische Bergdorf Pontresina in der Schweiz. Für die authentische Darstellung der militärischen Szenen erhielt das Produktionsteam Unterstützung von der Luftwaffe und dem Militärischen Abschirmdienst. Zu sehen ist Gerät des Jagdgeschwaders 71 „Richthofen“ auf dem Fliegerhorst Wittmundhafen.

Der damalige MAD-Chef Gerd-Helmut Komossa führte stundenlange Gespräche mit Regisseur Jürgen Roland, um ein realistisches Bild der Arbeit des Abschirmdienstes zu gewährleisten. Für die Hauptrolle des Oberleutnant Delius konnte Horst Bollmann gewonnen werden, der hier seinen ersten Fall als selbstständiger Fahnder löste. Als Agent Gregor Bartsch brillierte Klausjürgen Wussow – eine Rolle, die in deutlichem Kontrast zu seiner späteren Paraderolle als Professor Brinkmann in der „Schwarzwaldklinik“ stand.

Die Erstausstrahlung am 1. Juli 1979 im Ersten Programm der ARD erreichte einen beeindruckenden Marktanteil von 47 Prozent. „Freund Gregor“ war die erste Tatort-Episode, in der ein Beamter des MAD in die Fernsehreihe aufgenommen wurde. Das Thema der Spionage zur Zeit des Kalten Krieges traf den Nerv des Publikums. Die Episode fiel in eine Zeit wachsender Spannungen zwischen Ost und West, die ein Jahr später zum NATO-Doppelbeschluss führten. Die realistische Darstellung der Spionagemethoden und der militärtechnischen Entwicklungen wurde von Kritikern besonders hervorgehoben und spiegelte die damaligen politischen Verhältnisse präzise wider.

Besetzung

Klausjürgen Wussow (Gregor)
Ingmar Zeisberg (Marion)
Günther Ungeheuer (Dr. Günther Schuster)
Cordula Trantow (Inge Schuster)
Christian Hanft (Thomas Schuster)
Werner Asam (Satz)
Ernst Dietz (Gümmer)
Andrea Grosske (Frau Teltow)
Werner Cartano (Wellinghausen)
Karl-Heinz Hess (Kalb)
Jan David (Pzember)

Stab

Drehbuch – Fred Zander
Regie – Jürgen Roland
Kamera – Bernd Schofeld
Kostüme – Ingeburg Wolff
Szenenbild – Jochen Krumpeter
Schnitt – Luise Dreyer-Sachsenberg
Produktionsleitung – Günter Handke