Kurz und knapp – darum geht’s
Eine Leiche am Aasee, Wolfram Baermann wurde brutal erschlagen. Reifenspuren führen die Ermittler zu seiner Witwe Roswitha, Boernes Physiotherapeutin, die ihren Mann seit Tagen vermisst. Kurios: In den Bronchien des Toten findet sich WC-Reiniger – was hat das zu bedeuten? Während Thiel und Boerne dem Familiengeheimnis der Baermanns auf den Grund gehen, wird klar, dass diese vom Schicksal verfolgt werden: Zwei tote Ehefrauen, eine psychisch kranke Tochter in der Psychiatrie. Als die Ermittler der Wahrheit über die seit Jahren verschollene Mutter näherkommen, geraten sie in eine gefährliche Falle …
Inhalt der Tatort-Folge „Sag nichts“
Graues Morgenlicht liegt über dem Aasee in Münster, als eine Joggerin auf die Leiche am Ufer stößt. Der Wind pfeift durch die kahlen Bäume, während Prof. Karl-Friedrich Boerne methodisch die Leiche untersucht. „Todesursache: Offener Schädelbruch“, konstatiert der Rechtsmediziner trocken. Kommissar Frank Thiel stapft durch den matschigen Schlamm und entdeckt Reifenspuren – ein SUV hat den Toten hierhergebracht.
Die Spuren führen das ungleiche Ermittlerduo zu einer überraschenden Wendung: Roswitha Baermann, Boernes eigene Physiotherapeutin, ist nicht nur eine der drei Personen in Münster, die solche Reifen gekauft haben – sie ist auch die Witwe des Opfers. „Wolfram war sehr verschlossen“, erzählt sie mit zitternder Stimme. Seit Tagen habe sie ihren Mann vermisst. Zuletzt wurde er auf der Beerdigung seiner Stiefmutter gesehen, wo es zu einem Streit mit seinem Vater Henner kam.
In der Pathologie entdeckt Boerne dann etwas Bizarres: „Meeresbrise – der frische Wind im WC. Das war in seinen Bronchien!“ WC-Reiniger in den Atemwegen des Opfers? Schnell wird klar: Wolfram wurde im eigenen Bad sediert und erschlagen. Verwischte Blutspuren bestätigen den Verdacht. Die Witwe gerät ins Visier, zumal sie zugibt, das Wochenende nicht allein verbracht zu haben.
Familie Baermann scheint vom Schicksal geschlagen: Gleich zwei Ehefrauen des Vaters Henner sind gestorben, die Tochter Hanne lebt seit Jahren in psychiatrischer Behandlung, traumatisiert von einem Kindheitserlebnis. In der sterilen Atmosphäre der Klinik zeigt Hanne den Ermittlern ihr Puppenhaus – eine exakte Nachbildung des Elternhauses. Eine Tür im Obergeschoss lässt sich nicht öffnen. „Was ist dort?“, fragt Boerne. Hanne windet sich, ihre Augen weiten sich in Panik.
Während Henner Baermann auf einer Rassekaninchenschau seine Preisträger präsentiert, wächst der Verdacht, dass die erste Ehefrau nicht mit einem GI-Soldaten geflohen ist. Hanne erinnert sich an eine furchtbare Nacht: Ihre Mutter weinend in der Badewanne, der Vater schreiend, später lag sie „schlafend“ da, mit einem Handtuch „zugedeckt“. Als die Ermittler diesen Spuren nachgehen, ahnen sie nicht, in welche tödliche Falle sie tappen …
Hinter den Kulissen
„Sag nichts“ ist der mittlerweile vierte Fall des Münsteraner Ermittlerduos Frank Thiel (Axel Prahl) und Prof. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) und wurde als 551. Folge der Tatort-Reihe produziert. Gedreht wurde unter dem Arbeitstitel „Lichterloh“ von Juli bis August 2003 in Münster und den Studios des WDR Köln. Als Psychiatrie, in der Hanne Baermann untergebracht ist, diente das Hölterhoffstift in Bad Honnef.
In den Hauptrollen sind neben Prahl und Liefers Otto Mellies als manipulativer Vater Henner Baermann, Jenny Schily als traumatisierte Tochter Hanne sowie Julika Jenkins als Witwe Roswitha zu sehen. Regie führte Lars Kraume, der mit seiner überaus modernen Inszenierung – ständig bewegte Kamera und schnelle Schnitte – für die Serie ungewöhnlich düstere Töne anschlug.
Die Erstausstrahlung am 14. Dezember 2003 erreichte mit 7,98 Millionen Zuschauern eine beachtliche Einschaltquote von 22 Prozent. Der Film wurde 2010 auf DVD veröffentlicht. Ein besonderes Detail: Jan Josef Liefers komponierte nicht nur die Filmmusik, sondern schuf damit einen ungewöhnlich melancholischen Soundtrack für eine ansonsten oft humorvolle Tatort-Reihe. Die Kritiker lobten den „eher tiefgängigen, ja fast schwermütigen“ Ton, der sich vom sonst „ums Skurrile bemühten“ Münster-Tatort abhob.
Was bedeutet es denn, dass die beiden Kommissare am Schluss von „Sag nichts“, als sie noch mal durchs Haus gehen, auf das Bild mit einem Foto vom Haus gucken – sieht man da etwas das Grab der Mutter???
Vielleicht, dass der Amischlitten vor dem Haus steht?
Mich würde eher interessieren, was Boerne bei der Exumierung bzw bei der Obduktion der exumierten Leiche für Musik hört…
Die Stelle wo Thiel andauern schlecht wird…
Kennt jemand das Stück??
Richard Wagner. Der Ring des Nibelungen. Götterdämmerung. Siegfrieds Tod (Marsch)
Also.. das, was lölion fragt, würde mich auch mal interessieren. Eine bestimmte und nicht unwichtige Bedeutung muss das Bild ja haben, wenn der Film genau mit dem Blick der beiden Kommissare darauf endet!
es ist der trauermarsch aus „götterdämmerung“ von richard wagner.
Hallo,
ich habe leider den Schluß verschklafen.. :-(
Kann mir jemand sagen, wer der Mörder war???
Danke
@ Petra: Der (zweifache) Mörder ist der Vater von Wolfram und Hanne Baermann. Er hat sowohl seinen Sohn, als auch die 1. Ehefrau (die angeblich nach Amerika „abgehauen“ war) ermordet.
Ich habe bei dem letzten Bild auch gerätselt und keine tiefere Bedeutung erkannt. Vielleicht sollte es ein Bild aus der „guten alten Zeit“ sein, als die Welt der Familie noch in Ordnung war.
Diese Sache mit dem Ami-Schlitten wurde auch nicht aufgelöst – wer war das? Schade, wenn Handlungsstränge im Nichts verlaufen.
Insgesamt einer der schwachen Tatorte, wie ich finde.
Vielleicht sollte das Auto auf dem Foto tatsächlich der Ami-Schlitten sein und so zeigen, dass der alte Baermann auch lieber in der Welt lebt, wo die Amerika-Legende wahr ist. Vielleicht hat er den Wagen auch im Nachhinein selbst so platziert, um es wahr erscheinen zu lassen.
Oder den G.I. gab es wirklich und er war der Liebhaber der ersten Frau und so der Grund zum Streit.
Mir gefällt es aber, dass vieles im Unklaren bleibt, auch wenn es im letzten Schnitt mit dem mysteriösen Foto wirklich etwas übertrieben wird, das, auch anhand der musikalischen Untermalung erkennbar, dem Zuschauer wohl direkt etwas hätte sagen sollen.
Das Ganze ist irgendwie durchwachsen. Die Dramatisierung des Traumas nimmt zuviel Zeit in Anspruch und wirkt überflüssig, zudem ist die Mordwaffe schon längst gefunden. Auf der anderen Seite ist die knappe Abhandlung des Mordes der Preis, den man für so eine Handlung mit vielen ins Leere laufenden Ermittlung (die Aufdeckung der Affäre, der Tod der zweiten Frau) zahlt. Durch die häufigen „Enttäuschungen“ blieb es so lange spannend und mysteriös.
Was hängen bleibt: Wagner! Dafür lieben wir alten Säcke (ich bin 40!) die Klassik und drehen förmlich durch. Boerne liegt da schon richtig.
Und zwischendrin müsste, wenn ich mich recht erinnere, „Der Tod und das Mädchen“ vorkommen, das hört der Bruder zuhause.
Ein guter Tatort und auch spannend. Allerdings nicht der beste…
Ich find Wagner auch toll. Und ich bin 16. Es ist nicht der beste tatort. Aber er kommt irgendwie am häufigsten. Na dem 10 mal schauen habe ichdas Ende verstanden, also einfach nochmal schaue.
Ein bestimmtes Auto vor dem Haus?
Keine Ahnung ob ich nicht aufgepasst habe aber wer hat denn nun diesen bruder getötet,der am Anfang am Wasser gefunden wurde und warum wurde er getötet
Der Tatort Nummer 551 aus Münster. Hauptkommissar Frank Thiel und Professor Boerne ermitteln in einem heiklen und tragischen und schrecklichen und widerwärtigen Fall und zeigen dem Tatort-Zuschauer auf, dass es auch anders geht. Naja, ein bisschen Sarkasmus darf trotzdem sein und Nadeshda Krusenstern darf auch dabei sein. Ansonsten wird ein Über-Psychopath gestellt, nach Jahren und kurz davor. Man merkt den beiden Fahndern quasi an, wie ihnen am Ende der Aufklärung ein Stein vom Herzen fiel. Bravo.
Die Musik im Film.
Richard Wagner: Siegfrieds Trauermarsch, aus: Götterdämmerung.
Einer von zwei besten Tatorten aus Münster!
Der Film wurde schon einige Male gezeigt, doch er ist immer wieder gut. Alleine schon die Geschichte mit der Tochter, die in diesem prunkvollen Klinikbau untergebracht ist und man ahnt von Anfang an, dass sie der Schlüssel zur Lösung des Falles ist. Ein toller Otto Mellies (RIF) spielt quasi die Rolle in der Rolle, man kauft ihm den vom Verlust schwer gebeutelten Alten am Anfang wirklich ab.
Ich mag die Münsteraner heute noch, doch damals haben sie mir noch etwas besser gefallen. Der Grund ist mir heute klar geworden: damals haben sie (Thiel und Boerne) sich auch schrullig verhalten aber dann auch wieder normal miteinander gesprochen. Im Vergleich dazu wirken die beiden heute eigentlich in jeder Szene „overacted“. Thiel ist immer mürrisch und schreit herum und Boerne ist jetzt immer überheblich und arrogant. Es täte den Rollen gut, nicht immer nur die spleenige Karte zu spielen, für die sie bekannt sind, denn sonst überreizt man das ganze leicht.
Ich sah diesen Tatort aus 2003 zum erstenmal. Und hier stmmte alles, Drehbuch, Dialoge, Regie und natürlich die Darsteller. In der Münsteraner Serie zählt dieser Film zu den besten.
Hier stand gestern Abend ein merwürdiger Kommentar, lang und wirr. Meine Güte… Zum Glück gibt es einen Administrator.
Ich fand diesen Tatort, wie viele andere hier, ebenfalls herausragend. Die Dialoge sind perfekt, alles wirkt sehr inspiriert und natürlich. Der Plot ist ein Familiendrama, das realistisch wirkt. Auch die Darstellung einer psychisch Kranken ist in diesem Tatort nicht ganz so daneben gegangen wie in anderen Tatorten.
Es wurde nach der Schluss-Szene gefragt. Ich vermute, dass der hervorgehobene, abschliessende Blick auf das Familienanwesen der Baermanns den Unterschied, der zwischen dem schönen Schein und der Realität bestehen kann, symbolisieren sollte.
Dieser Münster-Tatort steht in krassem Gegensatz zum aktuellen Münster-Tatort von vorgestern, 13.11.22, 1216-„Ein Freund, ein guter Freund“, der vielleicht an den Witz des gleichnamigen Filmes von 1930 erinnern sollte. Was misslang.
Als ich in den wie immer vorzüglichen Tatort-Fans-Infos las, dass „Ein Freund, ein guter Freund“ der 42. Münster-Tatort war, habe ich spekuliert, dass 2003 – als Tatort 551 „Sag nichts“ entstand – die meisten Beteiligten erst die 4. Folge gedreht haben und vielleicht ganz anders motiviert waren. Und neunzehn Jahre jünger waren.
Manchmal kommt ein durchaus gutes und sehr erfolgreiches Konzept an sein natürliches Ende. Weil die Luft raus ist. Manchmal hilft aber auch eine längere Pause, in der alle gründlich Abstand nehmen und tief Luft holen können. Nicht so einfach in dieser atemlosen Zeit.
Habe diesen Tatort von 2003 jetzt das erste Mal gesehen. War durchgehend sehr spannend, obwohl ich ab Mitte des Films den Täter schon leicht im Verdacht hatte (aber man weiß ja nie…). Stimme dem Kommentar von „Henning“ zu: Die Münsteraner haben sich etwas weniger schrullig und mehr normal verhalten als in neueren Folgen. Das fand ich gut, weil es nicht übertrieben war. Ich denke auch, daß der Münster-Tatort in dieser traditionellen Form weitergehen sollte, also mit „reduzierter Spleenigkeit“ (aber nicht ganz ohne!) wie in dieser Folge von 2003. Die Geschichte war spannend und offenbarte gegen Ende ein Familiendrama. Das Foto am Filmende mit dem Wohnhaus im Grünen illustriert, daß unter nach außen gezeigter Normalität und Wohlstand manchmal schlimme Dinge lauern…
5 Münster-Sterne für Schauspieler, Drehbuch, Regie, Kamera und wohlaustarierte Spleenigkeit!
Ich stimme dem Kommentar des Users @Adabei vom 15.11.22 vollinhaltlich zu:
Auch ich sah diese Folge heute zum ersten Mal (war wahrscheinlich die einzige Münster-Folge, die ich bisher nicht kannte) und teile die Ansicht, dass damals der Humor der Truppe noch nicht so platt und klamaukartig war wie in den meisten Folgen der letzten Jahre (Ausnahme: die Folge ‚Limbus‘, welche dann aber das Münster-‚Stammpublikum‘ nicht so ganz verstanden hat). 😑
Witzig weiters, die bald in den Ruhestand tretende Staatsanwältin Klemm vergleichsweise in wesentlich jüngeren Jahren zu sehen.
Auch bei Jenny Schily ist es ungewohnt, sie in einer derart ‚jungen‘ Rolle zu sehen, sehr erfrischend!