Von BSE-Krise bis Telekom-Liberalisierung: Die ARD-Krimireihe spiegelte 1996 nicht nur gesellschaftliche Umbrüche wider, sondern wagte sich auch an brisante Themen. Ein Rückblick auf ein Jahr voller Experimente und Kontroversen.

Korrupte Cops und politische Intrigen

Gleich zum Jahresauftakt setzte der Düsseldorfer Tatort „Der Spezialist“ den Ton für ein Jahr voller moralischer Grauzonen: Ein hochdekorierter Kommissar entpuppt sich als korrupter Waffenhändler. Auch in der Folge „Parteifreunde“ aus Hamburg ging es um Machtkämpfe und Intrigen – diesmal in der Landespolitik. Die Reihe zeigte damit einmal mehr ihren kritischen Blick auf Institutionen und Autoritäten.

Zeitgeist und technischer Fortschritt

Der technische Fortschritt der 90er Jahre fand ebenfalls Einzug in die Ermittlungen: Im Hamburger Fall „Lockvögel“ nutzte Kommissar Brockmöller erstmals eine „Mailbox“ zur Recherche in rechtsextremen Netzwerken – ein deutlicher Hinweis auf die zunehmende Digitalisierung. Auch das boomende Handy-Geschäft nach der Telekom-Liberalisierung wurde thematisiert.

Brisante Themen und gesellschaftliche Debatten

Mehrere Folgen griffen hochaktuelle und teils kontroverse Themen auf. Der Münchner Tatort „Perfect Mind – Im Labyrinth“ beschäftigte sich mit dem damals heiß diskutierten Thema Sekten. Die Ludwigshafener Ermittlerin Lena Odenthal bekam es in „Das Mädchen mit der Puppe“ mit Frauenhandel und Zwangsprostitution zu tun. Besonders brisant: Der Berliner Fall „Krokodilwächter“, der wegen expliziter Gewaltdarstellungen nur einmal ausgestrahlt und dann in den „Giftschrank“ verbannt wurde.

Deutsch-deutsche Vergangenheit

Auch sechs Jahre nach der Wiedervereinigung blieb die deutsch-deutsche Geschichte ein wichtiges Thema. In „Buntes Wasser“ ging es um Umweltkriminalität und illegale Müllentsorgung in der ehemaligen DDR. Der Dresdner Fall „Der Phönix-Deal“ beleuchtete den Kunstraub durch die Stasi.

Experimentierfreude und neue Gesichter

1996 war auch ein Jahr des Umbruchs für die Reihe selbst. Mit dem Berliner Ermittlerduo Roiter und Zorowski (Winfried Glatzeder und Robinson Reichel) wagte man ein ungewöhnliches Konzept: Zorowski, ein russischstämmiger Polizist, brachte eine neue Perspektive in die Ermittlungen ein. In Ludwigshafen bekam Lena Odenthal mit Mario Kopper (Andreas Hoppe) erstmals einen festen Partner an die Seite gestellt.