Kurz und knapp – darum geht’s
In einem einsamen Waldstück bei Rostock wird die Leiche einer Tierschutzaktivistin gefunden. Bei ihren Ermittlungen stoßen die Kommissarinnen Katrin König und Melly Böwe auf Konflikte zwischen den Aktivisten, den Revierförstern und kriminellen Wilderern, die im Wald ihr Unwesen treiben. Schließlich aber erscheint der geheimnisvolle Milan als Hauptverdächtiger. Warum halten alle den verschlossenen Einzelgänger, der zusammen mit seiner Mutter in einer abgelegenen Waldhütte wohnt, für den Mörder? Für Melly Böwe wird der Fall auch zu einer emotionalen Belastung, als plötzlich ihre Tochter Rose auftaucht …
Der neue Polizeiruf 110 aus Rostock ist am 25.05.2025 um 20:15 Uhr im Ersten zu sehen.
Inhalt der Polizeiruf-110-Folge „Böse geboren“
Tote Tiere und tote Menschen – beide treffen auf einer Lichtung inmitten der Rostocker Heide auf unheimliche Weise zusammen. Mit nur 21 Jahren wurde die Studentin Sarah Volkmann durch einen Kopfschuss brutal aus dem Leben gerissen. Neben der Leiche der jungen Frau findet die Spurensicherung im Polizeiruf 110 „Böse geboren“ auch spärliche Überreste eines Tierkadavers – wahrscheinlich eines Rehs. Von dem leblosen Wildtier selbst fehlt allerdings jede Spur. Doch die merkwürdige Auffindesituation wird um einiges verständlicher, als die Kommissarinnen Katrin König und Melly Böwe herausfinden, dass Sarah Volkmann eine Tierschutzaktivistin war, die gegen die überhandnehmende Wilderei in dem riesigen Waldgebiet demonstriert hat. Womöglich wurde ihr Engagement ihr nun zum Verhängnis, da sie die Wilderer in ihrem illegalen Treiben gestört hat.
Doch eine völlig weiße Weste scheinen auch die Tierschützer nicht zu haben, wie die Oberkommissare Thiesler und Pöschel wenig später erfahren, als sie Sarahs Mitbewohner befragen wollen, der daraufhin unerwartet die Flucht ergreift. Offenbar hat die Aktivistengruppe mehrere Hochsitze im Wald angesägt, als Protestaktion gegen das Jagdwesen generell – sehr zum Leidwesen der Revierförsterin Julia Cobalt, die Sarahs Leiche gefunden hat und deren Bruder bereits von einem dieser manipulierten Beobachtungsposten gestürzt ist. Seitdem sitzt er im Rollstuhl und muss von Julia gepflegt werden. Kein Wunder, dass die Familie Cobalt, die einen großen Forstbetrieb führt und in der jeder auf irgendeine Weise mit der Jagd verbunden ist, schlecht auf die Tierschützer zu sprechen ist – und auf das Ermittlerinnenduo König und Böwe sowieso, deren unangenehme Fragen nach Alibis die Cobalts als pure Beleidigung empfinden.
Zwar gibt es Wildkameras überall im Wald, die solche illegalen Aktionen – egal ob Wilderei oder Sachbeschädigung – eigentlich dokumentieren könnten, doch im TV-Krimi „Böse geboren“ liefern sie kaum brauchbares Material. Bis auf eine Szene, die zeigt, wie die Tierschutzaktivisten auf einen Mann mit Gewehr losgehen und mehrmals auf ihn einschlagen. Abgesehen davon, dass diese Aufnahmen wiederum kein gutes Licht auf die selbsterklärten Retter der Tiere werfen, kann hier zumindest das Motiv für den brutalen Mord an Sarah liegen: pure Rachsucht.
Doch zur Überraschung der Fahnderinnen handelt es sich bei der Person, die die Aktivisten verprügelt haben, nicht um einen Jäger, sondern um Milan Greuner, einen verschlossenen jungen Mann, der mit seiner Mutter Eva zurückgezogen in einer einsamen Hütte mitten im Wald lebt. Milan hat keine Freunde und geht keiner Arbeit nach, dafür streift er gern stundenlang allein durch das Gehölz – und es kursieren jede Menge Gerüchte über ihn. Angeblich soll sein Vater ein mehrfacher Frauenmörder sein, weshalb Milan ein „Mörder-Gen“ in sich trage. Dass die Cobalts den Einzelgänger Milan für den Mord verantwortlich machen, ist also nicht überraschend. Aber selbst Milans Mutter zweifelt an der Unschuld ihres Sohnes. Als König und Böwe Eva Greuner befragen, gibt sie offen zu, dass sie Milan für den Täter hält. Er sei unberechenbar, manchmal habe sie regelrecht Angst vor ihm. Dass Milan über einen Jagdschein verfügt und zu seinen Hobbys offenbar das Sammeln von Patronenhülsen gehört, macht ihn auch in den Augen von Katrin König verdächtig.
Für König ist die Sache also ebenso klar wie für die anderen Waldbewohner: Milan ist schuldig. Doch ihre Kollegin Melly Böwe hat Zweifel. Nicht nur, aber auch, weil sie sich gerade selbst mit einem problematischen Teenager beschäftigen muss, nämlich ihrer Tochter Rose, die ihr überraschend einen Besuch abstattet und die nun plötzlich alles über ihre Familie wissen will, vor allem über ihren Vater, den sie nie kennengelernt hat. Noch ein kompliziertes Mutter-Kind-Verhältnis also. Trübt das alles Mellys klaren Blick auf den Fall im NDR-Polizeiruf 110 „Böse geboren“? Nimmt sie Milan ungerechtfertigt in Schutz? Oder sind ihre Zweifel an seiner Schuld berechtigt? Immer schwerer fällt es Melly, Berufliches und Privates zu trennen, denn die Kommissarin trägt ein Geheimnis in sich, das sie bislang gut gehütet hat, das sie nun aber lüften muss, um den Fall zu lösen …
Hinter den Kulissen
„Böse geboren“ ist der fünfte gemeinsame Einsatz für die Rostocker Kripo-Beamtinnen Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Melly Böwe (Lina Beckmann) in der traditionsreichen ARD-Krimireihe „Polizeiruf 110“. Im Zentrum der Geschichte steht ein Mutter-Sohn-Konflikt, doch auch an weiteren Figuren des Films wird gezeigt, wie sich lange gehütete Geheimnisse und unterschwellige Spannungen in Aggressionen und Gewalt entladen können – Regisseur Alexander Dierbach beschreibt es als „Vielschichtigkeit von Gewalt und Geheimnis“, die sich in den verschiedenen Familienkonstellationen des Films auf jeweils eigene Weise spiegelt: „Sicherlich steht jeder Familienkosmos für sich selbst, trotzdem entdecken wir immer wieder Parallelen zwischen den Ermittelnden und den Episodencharakteren. Welches Geheimnis verbirgt sich hinter der Frage nach dem Vater von Rose Böwe? Kann ein ‚Böse-Gen‘ mitgegeben oder freigesetzt werden? Was macht es mit Kindern, wenn sie aufgrund der Taten eines Elternteils ausgegrenzt werden und wie können sie sich daraus befreien?“
Um die Perspektive der Hauptfiguren, insbesondere Milans, für die Zuschauer visuell erlebbar zu machen, entschied sich Dierbach gemeinsam mit Kameramann Ian Blumers für eine besondere Bildsprache, die besonderen Wert auf die Handkameraführung legt, um „Augenhöhe“ zwischen Publikum und Figuren herzustellen. Dierbach dazu: „Mein visuelles Konzept für diesen Film ist eine Mischung aus psychologischer Tiefe und visueller Reduktion: Es geht weniger um schnelle rhythmische Schnittfolgen, sondern vielmehr um das Einfangen von Momenten der Reflexion und der inneren Spannung. Die Charaktere stehen im Vordergrund, die Kamera sollte ein Fenster in ihre Welten aufstoßen und somit eine Neugier auf die dahinter verborgenen Geheimnisse provozieren.“
Gedreht wurde die NDR-Produktion vom 6. März bis zum 4. April 2023 unter anderem in Hamburg und Rostock. Als Hauptschauplatz diente ein weitläufiges Waldgebiet – eine Kulisse, in der die Einsamkeit und emotionale Verlorenheit der Charaktere besonders erfahrbar werden, ebenso wie die zunächst unausgesprochenen, aber von Beginn an deutlich spürbaren Spannungen und Familiengeheimnisse.
Im TV ist die Episode erstmals am 25. Mai 2025 zu sehen, wie gewohnt um 20:15 Uhr im Ersten.
Polizeiruf-Kritik
Die Redaktion von Tatort-Fans meint:
Der Rostocker „Polizeiruf“ steht für starke Storys mit Tiefgang und bleibt sich damit auch in der neuesten Episode treu. Das exzellent gecastete Ensemble versteht es, in jede Szene eine mal mehr, mal weniger versteckte Botschaft zu legen, ohne ein Wort zu viel zu sagen – Blicke, Gesten und die sensible Kameraführung sprechen für sich. Auch der private Konflikt zwischen Melly und ihrer Tochter wirkt nicht deplatziert, sondern fügt sich stimmig in das Drama rund um verdrängte Traumata, Mutter-Kind-Beziehungen und die Frage nach dem Ursprung des Bösen ein.
Dass dieser unbedingt sehenswerte Fernsehkrimi trotz der schweren Themen nicht allzu sehr in Melancholie und Hoffnungslosigkeit abdriftet, dafür sorgen die Rostocker Kripo-Kollegen mit ihrer liebenswürdigen Schnoddrigkeit, die dem Publikum über so manche schwer erträgliche Szene hinweghilft.
Besetzung
LKA-Analystin Katrin König – Anneke Kim Sarnau
Kriminalhauptkommissarin Melly Böwe – Lina Beckmann
Henning Röder, Leiter der Mordkommission – Uwe Preuss
Kriminaloberkommissar Anton Pöschel – Andreas Guenther
Kriminaloberkommissar Volker Thiesler – Josef Heynert
Rose Böwe, Mellys Tochter – Emilie Neumeister
Eva Greuner – Jördis Triebel
Milan Greuner – Eloi Christ
Julia Cobalt – Annika Kuhl
Tobias Cobalt – Nicki von Tempelhoff
Paul Cobalt – Jonathan Lade
u. v. a.
Stab
Drehbuch – Catharina Junk, Elke Schuch
Regie – Alexander Dierbach
Kamera – Ian Blumers
Schnitt – Nina Meister, Nathalie Pürzer
Kostüm – Katja E. Waffenschmied
Maske – Jeanette Kellermann, Alexandra Lebedynski, Antonia Petschow
Casting – Mai Seck
Szenenbild – Sonja Strömer
Musik – Fabian Römer, Steffen Kaltschmid
Ton – Thorsten Schröder
Herstellungsleitung – Jeffrey Budd
Produktionsleitung – Mathias Mann, Daniel Buresch (NDR)
Produzentin – Iris Kiefer
Ausführende Produzentin – Nikola Bock
Redaktion – Philine Rosenberg (NDR)
Gab es zu dieser Folge tatsächlich schon eine ‚Erstausstrahlung‘ im Oktober 2023? Ich kann mich nicht erinnern und es gibt hier auch keinen Kommentar zu dieser Folge!
Wenn es keine ‚Erstausstrahlung‘ gab, würden allerdings auch die dazu gehörigen Angaben – nach der Erstausstrahlung angeblich kursierende Theorien in den Sozialen Medien – nicht passen … 🧐
Hat sich hier die KI ’selbständig‘ gemacht?
Schon 2023 gedreht (s. Hinter den Kulissen) – Deutsche TV-Premiere am So. 25.05.2025 @ Das Erste!
Mit dem 8. Oktober 2023 ist @Gerald wohl was aus ner anderen Folge reingerutscht… 🐰
Danke für den Hinweis! Tatsächlich lag hier wohl ein Fehler vor, den ich umgehend korrigieren werde. Nach einem Marathon an Folgenbeschreibungen scheinen sich manche Details vermischt zu haben – der Oktober 2023 hat sich offenbar aus einer anderen Folge eingeschlichen. 😅
Die Folge wurde zwar bereits 2023 gedreht, wie Al.Ter richtig anmerkt, aber ihre deutsche TV-Premiere steht erst am 25.05.2025 im Ersten an. Danke für euer aufmerksames Mitlesen! Ohne eure Hilfe wären solche Schnitzer schwerer zu entdecken.
Nach der Sichtung der Folge werde ich die Beschreibung natürlich aktualisieren. Und ja, ein kurzer Urlaub wäre jetzt genau das Richtige – mein Gehirn könnte eine Pause von all den Episodendaten gut gebrauchen!
@Gerald:
Danke für die Korrektur; ich hoffe, Du kommst in den Oster-Tagen auch auf etwas Zeit für Dich! 😉
Jedenfalls frohe Ostern für Dich und alle anderen aus der TO-Community! 😎
Der Titel der Folge klingt jedenfalls (für mich) interessant: natürlich wird niemand „böse geboren“, aber dass die Genetik gar keinen Einfluss auf die Persönlichkeit hätte, wird auch kein vernünftiger Mensch behaupten!
Der Prozent-Satz des Einflusses der Genetik auf den Charakter des Einzelnen wird wohl von Fall zu Fall variieren … 😎
(schau’n wir mal, was der PR aus diesem an sich philosophischen Thema macht!)