Kurz und knapp – darum geht’s

Ein tödliches Gift im Kaffee erschüttert die Wiener Ministeriumskreise: Sektionschef Grahl liegt tot in seinem Büro, vergiftet während eines feierlichen Empfangs. Oberinspektor Marek übernimmt widerwillig die Ermittlungen in einem Fall, der von Anfang an von politischen Interessen und Machtstrukturen überschattet wird. Als ein zweiter hoher Beamter auf die gleiche Weise sein Leben verliert, verdichtet sich der Verdacht auf einen „Vorrückungsmord“ – jemand scheint die Karriereleiter durch Gift nach oben zu klettern. Doch als Marek endlich ein Geständnis erhält und der Fall abgeschlossen scheint, führt ihn sein Instinkt zu einer erschütternden Wahrheit, die noch viel abgründiger ist als vermutet… Wie alles ausgeht, ist am 13. Oktober 1974 um 20:15 Uhr im Ersten zu sehen.

Inhalt der Tatort-Folge „Mord im Ministerium“

Die dunklen, holzgetäfelten Flure des Wiener Ministeriums liegen in gedämpftem Licht, während die Champagnergläser der Festgesellschaft im Hauptsaal klingen. Oberinspektor Viktor Marek betritt mit seinem Assistenten Wirz das imposante Gebäude, das nun zum Tatort geworden ist. In einem abgelegenen Büro wurde Sektionschef Grahl tot aufgefunden – vergiftet durch seine Kaffeetasse, die noch auf dem Schreibtisch steht, stumme Zeugin eines perfiden Verbrechens.

Marek, mit seiner gewohnten Mischung aus Hartnäckigkeit und Wiener Charme, stößt sofort auf Widerstände. Ministerialrat Wiesiewicz erklärt ihm mit herablassender Höflichkeit, dass man ihn eigentlich gar nicht mit diesem „delikaten“ Fall belasten wollte. Stattdessen wird er nach Berlin geschickt, um einen ehemaligen Spion namens Dubois zu befragen – eine Ablenkung, die Marek sofort durchschaut, der sich aber fügt wie ein Fluss, der scheinbar nachgibt, nur um seinen eigenen Weg zu finden.

In Berlin empfängt ihn Kommissar Kasulke, ein bulliger Mann mit scharfem Blick, und führt ihn zum Café des Westens am Kurfürstendamm. Wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten sitzt dort Dubois, der sofort erkennt, wer Marek ist. Ihre Unterhaltung gleicht einem Schachspiel aus Halbwahrheiten und versteckten Drohungen. „Ich habe meine Agententätigkeit aufgegeben“, behauptet Dubois mit einem Lächeln, das so dünn ist wie Zigarettenpapier, während er seine angebliche Braut vorstellt – ein durchsichtiges Schauspiel für Marek.

Zurück in Wien warten neue Erkenntnisse auf den Oberinspektor. Die Ministeriumsgänge, einst nur von gedämpften Gesprächen erfüllt, summen nun wie ein aufgescheuchter Bienenstock angesichts der 100.000 Schilling, die aus Grahls Schreibtisch verschwunden sind. Sekretärin Mantler, eine Frau mit wachsamen Augen und spitzem Gehör, hat belauscht, wie Sektionsrat Radler den verstorbenen Grahl um Geld angebettelt und dann sogar bedroht haben soll.

Plötzlich erreicht Marek die Nachricht: Ein zweiter Mord hat sich ereignet – Sektionsrat Radler liegt tot auf dem Boden seines Büros, vergiftet durch den gleichen tödlichen Trank. Der Cognac in seinem Glas, eigentlich ein Symbol für Feierlichkeit und Genuss, wurde zum Werkzeug des Todes. Die Ermittlung wird komplexer als ein Schubert-Walzer, während die Verdächtigungen wie Herbstblätter im Prater von einem zum anderen wehen.

Der ehrgeizige Ministerialrat Wiesiewicz steigt nun die Karriereleiter um zwei Stufen nach oben – ein Umstand, der Mareks Spürsinn wie ein schriller Ton in einer Symphonie stört. Als Wiesiewicz in Widersprüche verstrickt wird und das Gift in seinem Haus gefunden wird, scheint der Fall wie ein perfekt gebundener Aktenschnürsenkel: Wiesiewicz gesteht beide Morde und wird verhaftet.

Doch für Marek ist der Fall ein unvollständiges Puzzle. Als er am nächsten Morgen vom Selbstmord des Ministerialrats erfährt, führt ihn sein untrüglicher Instinkt zu Frau Wiesiewicz. In ihren Augen erkennt er eine Kälte, die mit ihrer vorgetäuschten Trauer kontrastiert wie ein Eiszapfen an einem sonnigen Frühlingstag. Mit seiner unnachahmlichen Art konfrontiert er sie mit seiner Vermutung – dass nicht ihr Mann, sondern sie selbst die Mörderin sei, getrieben von verletztem Stolz und Rache. Was als Ermittlung in ministeriellen Kreisen begann, entfaltet sich zu einem düsteren Kammerspiel menschlicher Abgründe…

Hinter den Kulissen

Die Tatort-Folge „Mord im Ministerium“ aus dem Jahr 1974 ist ein wahres Ein-Mann-Projekt des österreichischen Multitalents Fritz Eckhardt. Als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller prägte er die 44. Folge der Krimireihe mit seiner unverkennbaren Handschrift. In seinem vierten Fall als Oberinspektor Marek führt er das Publikum durch die verschlungenen Gänge der Wiener Bürokratie und entlarvt dabei auf pointierte Weise die Eitelkeiten und Machtspiele der österreichischen Beamtenschaft.

Die Kulissen des Ministeriums mit ihren holzgetäfelten Fluren und schweren Samtvorhängen spiegeln perfekt die gediegene Atmosphäre der Staatsbeamten wider, während die präzise Kostümarbeit von Edith Almoslino die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen den Beamten verschiedener Ränge und der einfachen Polizei subtil herausarbeitet.

Besonders bemerkenswert ist der Gastauftritt des Berliner Kommissars Kasulke, gespielt von Paul Esser, der nur in zwei eigenen Fällen zu sehen war und 1974 bereits seit zwei Jahren keine eigene Folge mehr hatte. Diese seltene deutsch-österreichische Zusammenarbeit gibt dem Film eine besondere Note.

Mit feinem Humor und scharfer Beobachtungsgabe nutzte Eckhardt die Kriminalhandlung, um ein satirisches Porträt der österreichischen Titelverliebtheit und Hierarchieversessenheit zu zeichnen. Die Welt der Sektionschefs, Ministerialräte und Hofräte wird mit all ihren Eitelkeiten und Intrigen dargestellt, während ihre Ehefrauen mit Pelzmänteln prahlen und Bridge spielen.

Die Erstausstrahlung von „Mord im Ministerium“ erfolgte am Sonntag, den 13. Oktober 1974, im Ersten und erreichte ein beachtliches Publikum, das Eckhardts unverwechselbaren Wiener Charme und seinen scharfsinnigen Oberinspektor Marek zu schätzen wusste.

Besetzung

Oberinspektor Marek – Fritz Eckhardt
Susi Wodak, Vertragsangestellte – Lieselotte Plauensteiner
Inspektor Berntner – Albert Rolant
Frau Ehmann – Marte Harell
Sektionschef Ehmann – Gustav Dieffenbache
Gerda, seine Frau – Susi Nicoletti
Sektionsrat Radler – Bert Fortell
Kora, seine Frau – Erni Mangold
Ministerialrat Wiesiewicz – Robert Tessen
Oberinspektor Kramer – Kurt Radlecker
Hofrat Gleiner – Carl Bosse
Oberinspektor Gareis – Wolfgang Lesowsky
Oberinspektor Swoboda – Robert Horky
Frau Zambusch, Sekretärin – Luzi Neudecker
Frau Mantler, Sekretärin – Gretl Schörg
Frau Grete – Gertrud Justis
Adamek, Trödler – Peter Hey
Alfonse Dubios – Ivan Desny
Lorenz – Peter Garell
Helga – Dagmar Koller
Mia – Marina Genschow
Wirz – Kurt Jaggberg
Kommissar Kasulke aus Berlin – Paul Esser Bezirksinspektor
u.a.

Stab

Drehbuch – Fritz Eckhardt
Regie – Fritz Eckhardt
Produktionsleitung – Helmut Pascher
Kamera – Peter Jasicek
Maske – Alexander Pekarek
Kostüme – Edith Almoslino
S/B – Gerhard Hruby