Kurz und knapp – darum geht’s
Bäckermeister Erich Schmidt führt ein unglückliches Leben an der Seite seiner dominanten Ehefrau Olga, die die Bäckerei besitzt und ihn ständig bevormundet. Als er sich in die sanfte Aushilfskraft Anni Klein verliebt, sieht er keinen anderen Ausweg aus seiner finanziellen Abhängigkeit, als einen perfekten Mord zu planen – getarnt als Einbruch. Kommissar Nagel glaubt jedoch nicht an die Einbruchstheorie und entdeckt schnell Widersprüche in Schmidts Geschichte. Als ein unerwarteter Zeuge auftaucht, der Schmidts ausgeklügeltes Alibi ins Wanken bringt, gerät der verzweifelte Bäckermeister zunehmend unter Druck…
Inhalt der Tatort-Folge „Alles umsonst“
Der Kegelabend bietet Erich Schmidt die einzige Flucht aus seinem tristen Alltag in der Kleinstadt, wo jeder jeden kennt und Geheimnisse kaum zu bewahren sind. Das monotone Klacken der Kegel ist für ihn der Rhythmus der Freiheit, weit weg von der erstickenden Atmosphäre seiner Ehe. Doch plötzlich durchschneidet ein schriller Telefonruf die gesellige Runde – seine Frau Olga ist in Panik, Einbrecher seien im Haus. Die Verbindung bricht ab, und als Schmidt mit seinem Kegelbruder Paul zur Bäckerei eilt, macht er eine grausame Entdeckung: Olga liegt tot am Boden, das Fenster zum Hinterhof ist eingeschlagen.
Kommissar Nagel, der mit seinem Assistenten Henkel den Fall übernimmt, wirkt unscheinbar mit seiner ruhigen Art und dem ständigen Anspitzen von Bleistiften. Doch hinter der sanften Fassade verbirgt sich ein scharfer Verstand. Während die erste Vermutung naheliegt – in der Gegend hat es mehrere Einbrüche gegeben – stößt Nagel bald auf Ungereimtheiten. Warum wurde die Hintertür nicht aufgebrochen, sondern das Fenster eingeschlagen, wenn die Tür doch unverschlossen war? Und warum verstrickt sich Schmidt immer wieder in Widersprüche?
Die Ermittlungen gleichen einem langsamen Abtasten im Nebel kleinbürgerlicher Fassaden. Jedes Verhör, jede Befragung im Ort lässt mehr Risse in der perfekten Oberfläche entstehen. „Die Olle hatte Haare auf den Zähnen und der Erich hatte bei ihr nichts zu lachen“, vertraut ein Kegelbruder dem Kommissar an. Als Nagel mehr über das Verhältnis zwischen Schmidt und der jungen Aushilfskraft Anni erfährt, die kurz vor dem Mord von Olga entlassen wurde, verdichten sich die Indizien. Die Abhängigkeit des Bäckermeisters von seiner Frau, die ihm bei einer Scheidung alles genommen hätte, liefert ein starkes Motiv.
In einem stillen Moment gesteht der alte Uhrmacher aus der Nachbarschaft dem Kommissar, wie Olga einst nach dem Krieg den Nachbarn mit Backwaren über die Hungerzeit half – ein kurzer, menschlicher Einblick in das Leben einer Frau, die zur Verbitterung gefunden hat. Die Kleinstadt selbst wird zum Mitspieler in diesem Drama, mit ihren engen Gassen, die keine Flucht erlauben, und den neugierigen Blicken hinter Spitzengardinen.
Als ein anonymer Hinweis die Polizei auf einen heimlichen Liebhaber von Frau Schmidt führt, nimmt der Fall eine unerwartete Wendung. Der Mann war kurz nach Schmidts Weggang mit einem Schlüssel ins Haus gekommen und hatte Olga bereits tot aufgefunden. Diese Aussage stellt Schmidts sorgfältig konstruiertes Alibi auf den Kopf – denn wenn Olga zu diesem Zeitpunkt bereits tot war, wer hatte dann den Anruf im Kegelclub getätigt?
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Alles umsonst“ wurde im Oktober 1979 in Hamburg und Umgebung gedreht und am 11. März 1979 erstmals in der ARD ausgestrahlt. Für Regisseur Hartmut Griesmayr war es der erste von insgesamt 26 Tatort-Filmen, die er im Laufe seiner Karriere inszenieren sollte. Die musikalische Untermalung stammte von Nils Sustrate, der besonders für seinen unverwechselbaren Sound in den Finke-Tatorten bekannt war.
In der Besetzung glänzt Diether Krebs in seiner einzigen Rolle als Tatort-Kommissar Nagel, unterstützt von Günter Heising als Kriminalhauptmeister Henkel. Die Hauptfiguren wurden von hochkarätigen Darstellern verkörpert: Horst Michael Neutze, der später selbst in drei Tatort-Folgen als Kommissar Schreitle ermitteln sollte, spielt den Bäckermeister Erich Schmidt. Seine dominante Ehefrau Olga wird von Katharina Tüschen dargestellt, während Monica Bleibtreu, die Mutter des späteren Filmstars Moritz Bleibtreu, in der Rolle der Anni Klein zu sehen ist.
Mit einem Marktanteil von beachtlichen 49% war die Folge ein voller Erfolg bei den Zuschauern. Dennoch blieb es bei diesem einen Fall für Kommissar Nagel – er gehört damit zu den sogenannten „Eintagsfliegen“ der Tatort-Reihe. In dieser Zeit zwischen 1977 und 1984 experimentierte besonders der NDR mit verschiedenen Ermittlerfiguren, bevor mit Manfred Krug als Kommissar Stoever wieder eine feste Institution etabliert wurde.
Filmkenner vergleichen „Alles umsonst“ mit den Thrillern des französischen Regisseurs Claude Chabrol oder mit den Polizeiruf-Episoden der DDR aus dieser Zeit – ein psychologisches Kammerspiel, in dem die eigentliche Aufklärung des Verbrechens fast nebensächlich wirkt gegenüber der Charakterstudie eines Mannes, der aus seiner Lebensfalle auszubrechen versucht und dabei scheitert.
Warum wird Dieter Krebs nicht erwähnt?
Ein solider, stiller und unspektakulärer Krimi,
der aber alles hat, das zum Genre gehört:
Ein glaubhaftes Motiv, eine plausibel aufgebaute Tat,
verblüffende Wege und Irrwege,
ein nachdenklicher, grüblerischer Kombinierer
als Kommissar, ein pfiffiger Täter – der nicht perfekt.
Diether Krebs als Kommissar Nagel gibt seinen Ermittler
hellwach und lauernd, auch sein „Nuscheln“ hat ihm
kein überbedachter Regisseur genommen.
Monica Bleibtreu IST die Verkäuferin.
Neutze wirkt absolut glaubhaft in der Rolle des Bäckers.
Hier konnte keine Langeweile aufkommen,
so kann auch heute ein guter Krimi auch sein,
das kann auch mal im Milieu der „kleinen“ Leute spielen,
da es aktuell meist nur Schloßherren oder Anwälte,
Firmenbosse u. anderes Jetset sein müssen . .
Mehr davon, Bitte mehr Wiederholungen der 70’er und weiter,
ARD-Programmdirektoren, wiederholen Sie:
Die komplette Tatort-Reihe von Folge 1 an . .
Es soll ja nicht auf Neuproduktionen
verzichtet werden. Die guten, echten Krimi-Teams,
Batic/Leitmaier oder Ritter Starck u.a. können auf
bessere Drehbücher, ohne Druck!, warten . .
Die Comedy-Fraktion, Börne/Thiel z.Bsp., kann mit Zeit
als „Kriminalkomödie“ ein eigenständiges Ding werden.
Leugne ja nicht, daß die Komiker auch Fan’s haben.
Und, anderes – es ist immer besonders schön, einen kompletten, vollständigen Abspann zu sehen, das Besondere der Reihe,
dieses Gefühl, bis zur letzten Sekunde auszukosten . . .
Verstümmelt uns die Tatorte nicht!
LG Peter, Berlin.
Ein Tatort der soliden Art, absolut glaubhaft gespielt, und gut besetzt ( das auseinandergelebte Ehepaar Schmidt, die junge Verkäuferin, und auch die Nebenrollen passen )
Eine Tatortfolge, die das Dramatische des alltäglichen aufnimmt.
Zur Drehortsuche, die Bäckerei Schmidt befindet sich in der Böcklerstraße in der Braunschweiger Innenstadt, es steht in Braunschweig kein Streetview zur verfügung, jedoch über Bing Maps kann man die lage gut feststellen, auch den Hinterhof mit Blick auf das Haus der “ Wittwe Scherzer “ kann man erkennen. Ich war bei einem Braunschweig besuch am Ort, das Haus der Bäckerei ( mitterweile nicht mehr betrieben ) ist noch genauso orange angestrichen wie in der Folge 1979, an der Straßenseite prangt stolz, wie damals, der Schriftzug “ Bäckerei Gustav Fischer Conditorei „.
Der einzige Tatort mit dem unvergessenen Diether Krebs als Ermittler – eine sehr gut gemachte Folge!
ich kann meinem Vorschreiber „Peter“ nur Recht geben: Ein guter Krimi muss nicht spektakulär, sondern glaubwürdig und solide gemacht sein! Bei „Alles umsonst“ passt alles: Die Story, das Motiv, die guten Schauspieler(Krebs, Neutze,Bleibtreu) – auch die Spannung bleibt bis zuletzt erhalten.
Die 1970er Tatorte sind die besten! Unbedingt wiederholen!
habe in diesem haus in der böcklerstrasse 11 jahre gewohnt,der vermieter hatte mit der entlohnung für die zur verfügung des schauplatzes in braunschweig das haus nach dem dreh neu streichen lassen(nennt sich eierschalenfarben).ein echtes bruchhaus mit knarrenden böden und schiefen und abbruchreifen wänden und zugigem fensterwerk.im hof hinter dem haus schlug 1945 eine granate ein,man sieht die spuren noch heute durch eine starke vertiefung im boden.
Ein sehr solider Tatort, da muss ich meinen Vorschreibern beipflichten, jedoch gibt es einen Schnittfehler, der eine Szene unverständlich macht… siehe Tatort Folge auf Youtube Teil 1 min. 9.52 vermutlich ist die Szene eher unwichtig, aber was reden Herr und Frau Schmidt dort, und warum blickt sie ihren Mann am Ende gar noch lächelnd an ? wo sie doch sonst so wiederlich ist ? ;-)
Da kann ich mich den Vorrednern auch nur anschließen.
Dieser Tatort ist eine kleine kriminalistische Perle unter der Serie.
Die Darsteller, allenvoran Diether Krebs, Günther Heising ( der Mann muß wohl immer eine sehr gut gefüllte Zigarrenbox haben, denn in fast jeder Szene, qualmt er eine;-), Monica Bleibtreu und nicht zuletzt Horst-Michael Neutze, der hier, wie schon geschrieben, sehr glaubhaft die Rolle des unterdrückten Ehemanns spielt, der sich durch den Mord an seiner Frau ( Katharina Tüschen ) befreien will um mit seiner neuen Liebe ( Bleibtreu ) ein neues Leben zu beginnen.
Aber leider ist er da nicht ganz fehlerlos vorgegangen, denn den perfekten Mord gibt es nicht.
Fazit: Ein sehr gern gesehener Tatort-Krimi von mir, dank der tollen Darsteller und der tollen Musik von Nils Sustrate ( der auch für die Finke ( Klaus Schwarzkopf ) Tatorte, die Musik schrieb.
Zweimal habe ich ihn mindestens gesehen, diesen Tatort 097. Einmalig und nie wieder mit Kommissar Nagel, welcher so ermittelte wie er auch allgemein arbeitete. Mit diesen körperlichen Platituden konnte er gar keine Schwierigkeiten haben, einfach unmöglich. Natürlich klärte er dieses Gewaltverbrechen auf. Einen perfekten Mord erkennt man nun einmal nicht und deshalb, ganz einfach und verständlich, gibt es ihn auch nicht. Ja, zurück zu Kommissar Nagel, diesen Hans Dampf in allen Gassen. N. hatte schon einmal kriminalistische Eigenschaften in einer Polizeiserie entwickelt. Unvergessen seine Antwort auf die Frage, warum er überhaupt zur Polizei gegangen ist. Machen Sie es gut, Herr Hauptkommissar Nagel.
Ich liebe diesen Tatort trotz seiner Schwächen. So fehlt es der Dramaturgie sicherlich an Spannung und wir gucken der zur Nebenfigur degradierten Polizei eher bei einem ruhigen Puzzle-Spiel zu. Die Hartnäckigkeit der Polizei wegen der unverschlossenen Hintertür wirkt konstruiert, da ein geplanter Einbruch durch ein Fenster vermutlich wirklich durch das Fenster erfolgen würde, selbst wenn die Hintertür an dem Tag unverschlossen ist.
Dafür glänzt dieser Tatort mit seinem Realismus und der Zeit, die er sich für die Hauptfiguren und ihren Alltag nimmt. Ich habe das Gefühl ,ich gucke hier meinem Schwiegervater über die Schulter, der zwar Fleischer war, aber sogar so aussah wie die Hauptfigur. Die Produktion im Haus, die viele Arbeit hinterm Laden, der Ärger, das Kegeln und die Reibereien in der Ehe, all das wirkt so unglaublich authentisch. Das macht diesen Tatort für mich einzigartig.
Hallo ich habe die Dreharbeiten live gesehen als ich 15 Jahre War Drehort Friedrichstraße und böcklerstraße in Braunschweig Gruß aus Braunschweig
Knut Hinz hatte keine Zeit aber Henkel ist mit dabei und der Herr Krebs übernahm die Ermittlungen in Braunschweig. Ein Tatort für die Ewigkeit. Grandios
Sehenswert schon allein wegen den vielen Ausstattungsdetails. Maggimischung in der Küche des Ehepaares Schmidt. Die Deko im Laden, die ollen Autos und die ramponierten Straßen in BS oder BU. Schon den ganzen Film lang hat man so eine Solidarität zu den „Tätern“. Eigentlich schade, dass sie sang und klanglos „überführt“ werden. Heute hätten die Betroffenen schnell ihren Anwalt angerufen.
Wäre eigentlich ne nette Idee eines zeitgemäßen Remakes. Ob juristisch gesehen den Tätern etwas anzuhängen wäre.
Dieser Tatort beleuchtet auch sehr stark zwischenmenschliche Beziehungen, die eigentlich zeitlos sind. Er, erwachsen gewordener Sprößling einer geflüchteten Familie aus dem Sudetenland geht zunächst eine Beziehung mit der neuen Bekanntschaft ein und es zeigt sich, dass sie für ihn, aufgrund ihres Erbes, von Nutzen sein kann. Also, wird letztendlich – sowohl aus prakmatischen Gründen – geheiratet; keine wirkliche Liebesheirat. Nach über 20 Jahren wird dann der äußere Schein etwas brüchiger und es kommt zum Eklat. Sie, die über Jahre immer deutlich den Ton vorgab, ist plötzlich entsetzt über die Beziehung ihres Mannes mit der jüngeren und weitaus attraktiveren, angestellten Verkäuferin. Auf der andere Seite, ist sie aber auch kein Kind der Traurigkeit und bediente sich bereits im Vorfeld, ganz unscheinbar diskret, eines Liebhabers.
Nebenbei: Monica Bleibtreu war in dieser Zeit (`79) eine ganz hübsche, mit eindrucksvollen Augen.
Sorry, Fehler: „aus pragmatischen Gründen“
Fantastischer Tatort aus Braunschweig. Schade daß es nicht noch mehr Fälle mit Kommissar Nagel aus Braunschweig gab. 5 Sterne 70er Jahre Highlight. Super
Ein wirklich hervorragender Tatort! Da können die Folgen von heutzutage absolut nicht mithalten.
Ist schon irgend wie komisch, Braunschweiger Kommissar und spielt laut Autokennzeichen im Kreis Burgdorf. Aber sonst gute Unterhaltung. Man entdeckt immer wieder neue Scenen, wie den Geliebten der Getöteten.
sicherlich eine feine sozialstudie, die alle menschen erfreut, die irgendwas wiedererkennen, aber weder handlung, noch spannung, noch dramaturgie haben irgendein niveau. die hälfte der dialoge habe ich vorhergesagt, ebenso „wendungen“ einer szene. und die filmische qualität reicht an die tontechnische wie die musikalische heran: alles leider mäßig.
aber es scheint ja wenig kritische betrachtung zu geben …
Für alle Drehort-Besucher: die Bäckerei befand sich nicht, wie weiter oben erwähnt, in der Böcklerstr. 11, sondern ein paar Häuser weiter in der Nr. 16. Stand Oktober 2022 ist die alte Bäckerwerbung noch immer am Haus angebracht, ebenso der alte Anstrich. Den Zugang von der Straße gibt es aber nicht mehr.
bis vor paar Jahren bin ich mehrmals im Monat durch die Böcklerstraße gefahren. ich war sogar mal im Hof. eine ältere Dame wusste noch das hier im Gebäude ein Tatort gedreht wurde. Leider schien es ihr egal zu sein. Ich schaue ihn immer wieder gerne und er gehört zu meinen Favoriten der 70er
Wusste gar nicht das Dieter Krebs mal einen Tatort Kommissar gespielt hat. Und das der Tatort in Braunschweig gedreht wurde. Schade das Dieter Krebs keinen Tatort Kommissar mehr gespielt hat. Ihm stand die Rolle recht gut.
Für Drehortfans:
Bäckerei: Böcklerstr. 16
Witwe Scherzer schräg gegenüber
Annis Wohnung : Kasernenstr. 3
Telefonzelle schräg gegenüber
Spaziergang Anni und Herr Schmidt, als sie von der Ehefrau überrascht werden: wahrscheinlich Dr.von Wrangell Str., heute Neubaugebiet
Kommissar Nagel und Herr Schmidt gehen die Howaldstr. lang
Das ehemalige Cafe: Parkstr. 11
Herr Schmidt bringt Anni nach Hause: Fahrt durch die Parkstr.
Das Kegellokal: heute Dalmacija in Wenden
Kommissar Henkel und Herr Schmidt fahren nach dem Friedhofbesuch die Friedrichstr. Richtung Böcklerstr.
Bis heute habe ich nicht heraus finden können, auf welchem Friedhof die Schlussszene gedreht wurde.
Auf Google Maps kann man sich die Orte alle anschauen.