Tatort Folge 094: Schwarze Einser
Erscheinungsjahr: 1978
Kommissar: Veigl
Ort: Tatort München
In der Tatort-Folge 094 „Schwarze Einser“ haben der Münchner Hauptkommissar Melchior Veigl (Gustl Bayrhammer) und seine Kollegen, Kriminalhauptmeister Lenz (Helmut Fischer) und Kriminalobermeister Brettschneider (Willy Harlander) es mit einem Selbstmord zu tun. Oder hat die Tote sich gar nicht freiwillig von der Dachterasse ihres Luxus-Hochhauses gestürzt?
Am Anfang sieht die Sachlage im Tatort „Schwarze Einser“ gar nicht nach einem Fall für Veigl und seine Kollegen aus. Und so ist der Münchner Kriminalhauptkommissar Melchior Veigl auch alles andere als begeistert, als er und seine Mitarbeiter in aller Frühe zu einem Einsatz gerufen werden. Eine Frau hat sich von der Dachterrasse eines stadtbekannten Luxus-Hochhauses gestürzt. Selbstmord, befindet Kommissar Veigl auf den ersten Blick und fragt sich, was er als Erster Chef der Mordkommission an dem Tatort sollen. Wahrscheinlich ist es mal wieder die Übergeschäftigkeit der lieben Kollegen vom anderen Dezernat.
Doch dann findet Kommissar Veigl einige Indizien, die ihn doch stutzig machen. Hat Frau Döring sich wirklich selbst umgebracht? Warum gibt es dann keinen Abschiedsbrief und auch keine anderen Hinweise auf einen Suizid am Tatort? Der Münchner Kommissar nimmt die Ermittlungen im Fall „Schwarze Einser“ auf. Seine Recherchen ergeben gleich mehrere Spuren. Sie führen ihn zunächst zu den verarmten Verwandten der wohlhabenden Toten, einer alteingesessenen Brauereifamilie. Auch die Krankengymnastin und Musikliebhaberin Eva Ertl gerät ins Veigls Visier und nicht zuletzt auch der Freund der Toten, ein gut aussehende Cellist.
Schnell stellt sich heraus, dass jede dieser Personen(-Gruppen) Vorteile vom Ableben der reichen Frau hätte: Ihre armen Verwandten schuldeten ihr Geld, dass sie mit nicht unbeträchtlichen Zinsen zurückzahlen mussten. Das belastete das Familienunternehmen schwer. Bei der Überprüfung des Tatorts und der Hinterlassenschaft des Opfers wird klar: Es fehlt eine wertvolle Briefmarkensammlung, deren Glanzstücke die unbezahlbaren und beinahe sagenumwobenen „Schwarzen Einser“ waren. So bekommt der Fall eine neue Wendung. Was haben die wertvollen Schwarzen Einser mit dem Todesfall zu tun? Hat die eigene Familie den Mord begangen? Oder stecken doch die Krankengymnastin und der Freund der Toten dahinter?
Seine weiteren Ermittlungen führen den bayerischen Kriminalhauptkommissar Veigl von München bis nach Nizza. Denn der Fall verlangt es, dass er die Kollegen in Frankreich um Amtshilfe bittet.
Der Münchner Tatort „Schwarze Einser“ ist eine Produktion des BR und wurde zum ersten Mal am 3. Dezember 1978 in der ARD ausgestrahlt.
Interessant für alle Quiz-Liebhaber: Am 26.11.2010 gewann ein Teilnehmer der Quiz-Show „Wer wird Millionär“ mit Günter Jauch eine Million Euro – vielleicht, weil er den Tatort gesehen hatte? Die Frage lautete nämlich: Wie hieß die 1849 in Bayern verausgabte erste deutsche Briefmarke? Die Antwort lautete natürlich „Schwarzer Einser“.
Videos zur Tatortproduktion
30 Sekunden aus den ersten 30 Minuten
Stab
Regie – Wolf Dietrich
Drehbuch – Willy Purucker
Kamera – Edgar Scholz
Schnitt – Karin Fischer
Musik – Joachim Ludwig
Produktion – BR
Besetzung
Willy Harlander als Wachtmeister Brettschneider
Helmut Fischer als Oberwachtmeister Lenz
Karl Heinz Böhm als Dr. Ferdinand Prelinger
Marilene von Bethmann als Eva Ertl
Renate Grosser als Herta Simon
Joseph Saxinger als Hans Simon
Helena Rosenkranz als Brigitte Alhauser
Hans Reinhard Müller als Egloff Döring
Claude Bertrand als Kommissar Häberlin
Robert Nägele als Dr. Richter, Hausarzt
Carl Heinz Friese als Penner
Weitere Schauspieler ohne spezifische Rollenangabe:
Ernst W. Lenik
Liselotte Lindner
Daniela Knott
Peter Gebhart
Elma Karlowa
Katren Gebelein
Klaus Abramowsky
13 Meinungen zum Tatort Folge 094: Schwarze Einser
Der Tatort Nummer 094, aus München, mit Hauptkommissar Veigl als ermittelnder Kripo-Beamter der Mordkommission und seinen Mitarbeitern. Anfangs ein undurchsichtiger Fall: Unfall, Selbstmord, Mord? KHK V. ermittelt in allen Richtungen und kommt so dem Intriganten, welcher sich als einen erfolgreichen, akademisch geprägten, Chorleiter tarnt, auf die Schliche. Der liebt nur sich und das Geld – anderer, legt Frauen reihenweise um, nicht nur bildlich gesehen. Wie immer macht er, wie fast alle Hochstapler, einen Fehler. Er legt seine Komplizin, Mitwisserin, Mörderin, Beleidigte, rein. PP – heißt: Persönliches Pech. KHK Veigl konnte das Attentat auf ihn zwar nicht verhindern, nahm die mehrfache Mörderin aber persönlich am Tatort fest und konnte somit diesen undurchsichtigen Fall klären. Ein Bavaria.
Sehr gemächlich kommt die Sache in Gang mit Tatortbegutachtung, Zeugenbefragungen, Ermittlungen im persönlichen Umfeld, Bürorecherchen, Telefonaten, etwas mühsam aufgelockert durch den Running Gag, dass der übermüdete Kommissar Veigl nirgendwo einen Kaffee serviert bekommt. Und dann zum Ende hin hat die Produktion dann noch ein paar Mark spendiert und einen Trip nach Nizza gebucht, damit es halt ein wenig mondän wird. Prompt verpasst Veigl dort den Showdown, weil er mal für kleine Jungs… Ja gut, was soll man sagen, vor Spannung aufgewühlt hat sie mich nicht, diese Heiratsschwindler-Geschichte. Ich geb 3 3terne, sozusagen als Enthaltung.
Hier kommt der Glamour ebenso schwerfällig in Schwung wie der Ablauf des Geschehens.
An sich eine schlüssige Story, die im Laufe der Sendung erst auf Touren kommt mit einem starken Ende! Drehort war übrigens tatsächlich die Brauerei in Markt Schwaben, nämlich die Privatbrauerei Schweiger!
Guter Veigl Tatort kann man immer wieder sehen. 4 Sterne
Veigl mit Kollegen sind eine Bank gewesen. Einwandfrei, spannend mit örtlich weit gespannter Handlung. immer wieder schön.
Natürlich muss man die Zeit der 70er Jahre anrechnen. Für damals sehr modern gemacht. Chapeau.
Der zweite Veigl im Dreierpack am 10. April ist auch bei neuerlicher Betrachtung unbestritten ein Vierer, der das Wiedersehen unbedingt lohnt!
Lenz spaziert lässig ins Büro wie sein alter ego, der Monaco Franze, während Brettschneider und der Chef schon seit den frühen Morgenstunden mit dem angeblichen Fall von Selbstmord beschäftigt sind: „Nachtübung erfolgreich beendet?“ muß er sich fragen lassen! Flotte Sprüche wie „Hier verkehrt ein Naßrasierer“ erheitern ungemein, ebenso der Running-Gag mit dem Kaffee.
Einige Ungereimtheiten beschäftigen mich schon gleich zu Beginn:
Warum die Steine auf dem Rasen so dekorativ arrangiert sind, will sich mir nicht erschließen, aus der Höhe stirbt es sich auch problemlos auf Rasen!
Und war der brave Veigl 1975 noch Oberinspektor, so ist er 1978 Hauptkommissar – hat es einen Karrieresprung gegeben? Mitnichten, denn seit Major Kottan wissen wir: „Inspektor gibt’s kan“. Dieser Dienstrang von vorgestern hat irgendwie nur in Bayern überlebt, man denke an Stefan Derrick, während Erik Ode bereits ab den Endsechzigern korrekt ‚Der Kommissar‘ war.
Kann das mal bitte jemand erklären?
Ist das Apartmenthaus in Schwabing der sog. Fuchsbau von 1972/73? Da fällt mir doch gleich ‚Die zweite Heimat‘ von Edgar Reitz ein! Oder das Pharao-Haus in Oberföhring aus der derselben Zeit – beides Pyramiden-Häuser im feinsten Brutalismus-Stil!
Nicht vergessen zu erwähnen, daß die Derrick-Folge 197 ‚Penthaus‘ auch dort spielt.
Im Verlauf konkretisiert sich dank Veigls Beharrlichkeit auf den „Naßrasierer“ ein Verdacht:
Karlheinz Böhm ist alles zuzutrauen, daß er nicht nur den lieben netten Onkel und Kaiser Franz Joseph geben kann, dürfte jedem klar sein, der ‚Peeping Tom – Augen der Angst‘ von 1960 gesehen hat; erst die Aussage des Penners (so im Abspann tituliert), eine Frau mit dunklen Haaren wäre aus dem Haus gekommen, brachte den Zuschauer auf die richtige Spur – was leider etwas die Spannung nahm.
Dafür entschädigte das dramatische Finale in Nizza ein wenig und ließ die große weite Welt ins bayrische Amtszimmer einziehen, da hat der Sender weder Kosten noch Mühen gescheut…
Wer aber geglaubt hat, tiefere Einblicke in die Geheimnisse der Philatelie zu erhalten sah sich getäuscht, denn das Sammelgebiet „Altdeutsch mit Schwarze Einser, Sachsendreier und seltene Brückenstücke“ kam nur kurz zur Sprache, als die Experten das Schließfach inspizierten!
Zu sehen gabs diese allerersten Briefmarken der Länder Bayern und Sachsen bedauerlicherweise nicht.
Fall geklärt, auf zur Folge 034: Tote brauchen keine Wohnung
@Al.Ter
Brutalismus stimmt, es ist aber weder „Fuchsbau“ noch „Pharao-Haus“.
Das Haus nennt sich Eurydike; von Orpheus und Eurydike – zwei Bauten in Schwabing (Ungererstraße / Soxhletstraße) – ein Hochhaus und versetzt daneben das im Film von der Rückseite zu sehende flachere Gebäude.
Ein Bravo für @Ploppi, Sie kennen sich aus.
Dafür alleine schon mal fünf Punkte.
Noch eine kleine Ergänzung: Orpheus und Eurydike wurden ca. 1970 gebaut.
Wie pflegte doch ein Zuschauer in seinem wunderschönen fehlerhaften Englisch zu schreiben (in einem der letzten Borowski Festspiele TO 1159):
Again what learned!
*) Die Wohnungen in Eurydike konnten im Erbbaurecht erworben werden, die Wohnungen in Orpheus waren geräumige Maisonetten mit sich über 2 Stockwerke erstreckenden Fenstern im Wohnzimmer und kosteten 360.000 DM, diejenigen im obersten Stock mit einer großen Terrasse und Blick auf das Ungererbad und Schwabing 480.000 DM.
Ich fragte mich, was sie wohl heute kosten.
Als brutal habe ich die Architektur damals nicht empfunden.
Das war halt die in Stein gegossene Avantgarde.
@Ploppi / @Walter Ulbricht
Danke fur die Aufklärung – welch‘ ein prosaischer Name! Steht mittlerweile unter Denkmalschutz, ich hab dazu einen schönen Artikel gefunden:
moderne-regional.de/die-liebe-in-zeiten-des-brutalismus/
Aber die erwähnten Bauten stehen doch alle in Schwabing (Freimann), oder?
Für einen Nicht-Münchner schwer auseinanderzuhalten…
Die Preise waren schon damals so gar kein Schnäppchen, dafür gab’s ein ganzes Haus – natürlich nicht im Stadtkern!
Brutal ist am Brutalismus eigentlich gar nix (auch wenn manche das so empfinden), leitet sich ganz einfach vom franz. ‚béton brut‘ ab, also roher Beton ohne jegliche Verblendung.
Das – leider 2015 abgerissene – Olympia-Radstadion ist z.B. auch dazuzurechnen.
Solide Hausmannskost im Stil der damals üblichen Krimi-Produktionen (Derrick, etc.).
Mich interessierte heute der Vergleich mit aktuell üblichen TO-Folgen.
– Damals gab’s noch keine ausgiebige Darstellung von „Imaginationen“ der Ermittler:innen, bei denen heutzutage die Realität von der Einbildung manchmal nur schwer zu unterscheiden ist.
– Ebenso keine verschiedenen „Zeitebenen“, die in der Art eines Puzzles zusammengesetzt sind (und sich – hoffentlich! – spätestens zum Filmende logisch erklären lassen).
Fazit: Derartige Folgen kann man sich schon mal aus Nostalgie-Gründen ansehen (da ist auch einiger unfreiwilliger Humor dabei). Mir sind aber die – im Schnitt wesentlich anspruchsvolleren – Folgen der heutigen Zeit dann doch lieber! 😉
PS: Witzig in dieser Folge etwa die ‚Hilflosigkeit‘ des Kommissars, in der Früh einen Kaffee zu bekommen. Heute drückt man auf einen Knopf der einschlägigen Maschine und der Kaffee ist da …
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Ich finde nicht, dass nur Text aufgesagt wurde. In allen drei Tatorten wurden der Zwiespalt, in dem sich die Beteiligten befanden, wunderbar stark dargestellt. Das Erzähltempo schien mir langsamer zu sein. Aber das hat mich nicht so wie andere hier gestört. Die Morde damals irgendwie tragischer. Der Blick in die Jahre 1978 & 1981 war einfach nur toll!