Kurz und knapp – darum geht’s
Im Ludwigshafener Stadtwald wird die Leiche eines kleinen Jungen gefunden – ein erschütternder Fall für Kommissarin Lena Odenthal und ihren neuen Assistenten Stefan Tries. Die Mutter des Opfers, eine erfolgreiche Werbeagentur-Chefin, misstraut der Polizeiarbeit und startet eine aggressive Medienkampagne zur Tätersuche. Als die privat engagierten Detektive nach nur drei Tagen einen vermeintlichen Täter präsentieren, scheint der Fall gelöst – doch während die Öffentlichkeit triumphiert, kommen Odenthal Zweifel an der vorschnellen Lösung. Als die Kommissarin ihrer Intuition folgt, stößt sie auf eine verstörende Spur, die in eine völlig unerwartete Richtung führt…
Inhalt der Tatort-Folge „Die Kampagne“
Bedrückende Stille liegt über dem Ludwigshafener Stadtwald, als Kommissarin Lena Odenthal den Tatort zum ersten Mal betritt. Zwischen den Bäumen liegt die kleine Leiche – ein Bild, das selbst die erfahrene Ermittlerin erschüttert. An ihrer Seite: Stefan Tries, ihr neuer Assistent, der sich vom unsicheren Dorfpolizisten zum ehrgeizigen Jungkommissar entwickelt hat.
Die Nachricht vom Tod des siebenjährigen Mike erschüttert die Stadt. Seine Mutter Silke Tennenbaum, eine einflussreiche Werbeagentur-Chefin, reagiert mit einer beispiellosen Aktion: Statt den Ermittlungen der Polizei zu vertrauen, verwandelt sie ihre Trauer in eine massive Medienkampagne. Wie ein Tsunami überrollt die Werbeflut die Stadt – Plakatwände schreien nach Gerechtigkeit, Radiospots hämmern unablässig die Fahndungsaufrufe in die Köpfe der Bürger. Die grellen Neonlichter der Großbildschirme tauchen die nächtlichen Straßen in ein gespenstisches Flackern, während Tennenbaums Botschaften wie digitale Ankläger über die Fassaden huschen.
„Die Polizei hat versagt“, verkündet Tennenbaum vor laufenden Kameras, während Odenthal und Tries ihre akribische Ermittlungsarbeit fortsetzen. Die Medienmaschinerie läuft heißt – Reality-TV-Shows buhlen um exklusive Auftritte, Sponsoren wittern ihre Chance auf maximale Aufmerksamkeit. Die Grenze zwischen Aufklärungsarbeit und Unterhaltung verschwimmt wie Kreide im Regen.
Nach nur drei Tagen verkünden Tennenbaums Privatdetektive triumphierend den Fahndungserfolg. Der präsentierte Verdächtige passt perfekt ins medial konstruierte Täterbild. Doch während die Öffentlichkeit jubelt und die Polizei am Pranger steht, nagt ein ungutes Gefühl an Lena Odenthal. Wie ein einsamer Wolf, der seine eigene Fährte verfolgt, gräbt sie tiefer. Ihre Ermittlungen führen sie in die dunklen Winkel zwischen Schein und Sein, zwischen medialer Inszenierung und brutaler Realität. Was sie dort entdeckt, stellt alles in Frage – nicht nur die vermeintliche Lösung des Falls…
Hinter den Kulissen
„Die Kampagne“ ist die 304. Folge der Tatort-Reihe und wurde 1994 vom Südwestfunk unter der Regie von Thomas Bohn produziert. Für Ulrike Folkerts als Lena Odenthal ist es bereits der siebte Fall in Ludwigshafen. An ihrer Seite brilliert Ben Becker als Stefan Tries, der diese Rolle bereits 1991 in der vielbeachteten Folge „Tod im Häcksler“ verkörperte.
Bei der Erstausstrahlung am 5. März 1995 verfolgten 8,99 Millionen Zuschauer die Jagd nach dem Mörder des kleinen Mike, was einem beachtlichen Marktanteil von 25,02 Prozent entsprach. Der Film entwickelte sich zu einem kritischen Kommentar über die Macht der Medien und die Manipulierbarkeit der öffentlichen Meinung – Themen, die auch fast 30 Jahre später nichts von ihrer Brisanz verloren haben.
Ich hab mir grad die Schlussszene nochmals angeschaut und einen Regiefehler entdeckt. Der Täter wird vor dem beim Mannheimer Wasserturm (Baden-Württemberg) ermittelten Appartement mit einem Polizeiwagen (aus Rheinland-Pfalz) abgeführt und der Kameraschwenk über die nächste Mauer zeigt darunter liegend den Berliner Platz in Ludwigshafen.
Nur für Ortskundige.
Grüsse aus Heidelberg!
Jochen
Beste Folge bisher, meiner Meinung nach (ich schau chronologisch).
Der Tatort mit der Nummer 304 aus Ludwigshafen. Lang, lang ist es her. Hauptkommissarin Odenthal und der Kollege Kommissar Tries. Nicht das schlechteste Duo damals, im Jahr 1995. Zusammen untersuchen die beiden den Mord an einen siebenjährigen Jungen und der Sittenpolizist Gauert unterstützt die beiden nach ganzer Kraft. Aber auch die geschockte Mutter des Kindes bleibt nicht untätig, entwickelt mit ihrem Fachwissen und Beziehungen eine Pressejagd, welche ihres gleichen sucht. Schnell findet man einen vermeintlich Schuldigen, böse vorbestraft, aber — nicht schuldigt. Der nimmt sich nunmehr sein Leben und Odenthal überführt das wirkliche Sch…., erfährt hierbei einen unglaublich abscheulichen Tathergang. Ein pauschalisierter und abstrakter Tatort-Fernsehfilm um den Mißbrauch und Sexualmord an einem Kind und den Folgen einer unprofessionellen privaten Medienjagd. Absolut sehenswert mit einem durchweg positiven Ermittlerduo beziehungsweise Trio und einer allgemeinen guten schauspielerischen Leistung der Darsteller.
Odenthal und Fries hätten ruhig öfter mal zusammen ermitteln sollen. Richtig guter Tatort aus den 90ern