Kurz und knapp – darum geht’s
Nach einem gescheiterten Einbruch wird Hausverwalter Volker Andresen tot aufgefunden, und einer der gehörlosen Einbrecher stellt sich als Hauptverdächtiger heraus. Als der junge Mann während der Vernehmung in Panik gerät und aus dem Fenster in den Tod stürzt, lastet diese Tragödie schwer auf Kommissar Schenk, der sich daraufhin intensiv mit der Welt der Gehörlosen auseinandersetzt. Ein zweiter Mord führt die Ermittler schließlich ins „Exil“, ein Kulturzentrum für Gehörlose, wo sie sich auf eine für sie fremde Welt einlassen müssen. Als die Kommissare beginnen, die Zusammenhänge zu verstehen, geraten sie in einen Konflikt, der mehr als nur sprachliche Barrieren überbrücken muss…
Inhalt der Tatort-Folge „Schützlinge“
Übermüdet und gereizt betritt Hauptkommissar Freddy Schenk den stillen Verhörraum, in dem Andy Eckert regungslos auf seinen Stuhl starrt – ein Gespräch, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist, denn was Schenk nicht bemerkt: Der Verdächtige hört ihn nicht. Die Luft im Raum scheint zu vibrieren vor Missverständnissen und Frustration, während draußen ein grauer Kölner Himmel über dem Polizeipräsidium hängt.
Schenk wirkt in dieser 19. Folge des Kölner Tatorts besonders angespannt, sein Partner Max Ballauf weilt zunächst noch auf einem Workshop in Brüssel. Als ein Dolmetscher für Gebärdensprache nicht kurzfristig verfügbar ist, will Schenk dem Verdächtigen Handschellen anlegen – ein fataler Fehler. Der junge Mann, der sich nur mit seinen Händen ausdrücken kann, gerät in Panik, stürmt aus dem Verhörzimmer und stürzt sich vor den Augen des Kommissars aus dem Fenster. Der Tod des jungen Mannes erschüttert Schenk zutiefst; selbst die gewohnten Pommes an der Wurstbude wollen ihm nicht schmecken.
Als Ballauf zurückkehrt, zeigt er wenig Verständnis für seinen Partner, der sich in Schuldgefühlen verliert. Die Spannung zwischen den beiden Kommissaren knistert wie ein elektrisch aufgeladenes Gewitter, das sich jederzeit entladen könnte. „Wir können nicht jeden retten“, behauptet Ballauf kühl, während Schenk mit den Tränen kämpft.
Parallel dazu beobachten wir die verzweifelte Flucht des ebenfalls gehörlosen Oktay Kutlucan, der mit seiner Freundin Svenja verschwinden will. Seine Situation gleicht einem Fisch, der an Land nach Luft schnappt – umgeben von einer Welt, die ihn nicht verstehen will und kann.
Während ihrer Ermittlungen tauchen die Kommissare immer tiefer in die Welt der Stille ein. Insbesondere Schenk, der anfangs noch unbeholfen vom Umgang mit „Taubstummen“ spricht und dafür prompt korrigiert wird: „Mein Mann sagt, er bevorzugt das Wort ‚gehörlos‘. Stumm ist hier keiner.“ Das „Exil“, eine Begegnungsstätte für gehörlose und hörende Jugendliche, wird zum zentralen Ort der Ermittlungen. Hier, zwischen wild gestikulierenden Händen und ausdrucksstarken Gesichtern, lernt Schenk die Besonderheiten dieser Kommunikation kennen. Besonders berührend: Als eine Gruppe gehörloser Schülerinnen für den korpulenten Kommissar die Gebärde „Polizist Bauch“ erfindet.
Die Aufklärung des Falls gleicht einem Puzzle ohne Bildvorlage – Stück für Stück müssen die Ermittler lernen, eine Sprache zu verstehen, die sie nie zuvor gesprochen haben. Als ein zweiter Mord geschieht, zeigt sich: Nur wer bereit ist, wirklich zuzuhören – auch ohne Worte –, kann diesen Fall lösen.
Hinter den Kulissen
Die 493. Tatort-Folge „Schützlinge“ wurde unter der Regie von Martin Eigler inszeniert, der die Geschichte auch selbst initiiert hat. Das Drehbuch stammt aus der Feder von Sönke Lars Neuwöhner und Sven S. Poser, die geschickt das Thema Gehörlosigkeit mit einem spannenden Kriminalfall verbanden.
In den Hauptrollen sind wie gewohnt Klaus J. Behrendt als Max Ballauf und Dietmar Bär als Freddy Schenk zu sehen. Zu den Gaststars zählen Andreas Unruh als der gehörlose Andy Eckert, Erhan Emre als Oktay Kutlucan und Jana Pallaske als dessen Freundin Svenja. Eine besondere Authentizität erhielt der Film durch die Besetzung des gehörlosen Schauspielers Marco Lipski, der den Leiter des Jugendzentrums „Exil“, Michael Hoffmann, verkörpert. Im echten Leben ist Lipski Redakteur beim Bayerischen Rundfunk und betreut dort eine Sendung für Gehörlose mit dem Titel „Sehen statt Hören“.
Für die Dreharbeiten mussten einige der Darstellenden eigens die Gebärdensprache erlernen, was dem Film zusätzliche Glaubwürdigkeit verleiht. Die Produktionsbedingungen stellten das Team vor besondere Herausforderungen, da authentische Kommunikation in Gebärdensprache dargestellt werden sollte.
Der Tatort „Schützlinge“ erreichte bei seiner Erstausstrahlung beachtliche Einschaltquoten von durchschnittlich über neun Millionen Zuschauern und wurde für seinen unverfälschten Blick auf den Alltag von Gehörlosen gelobt. Die Kritiker hoben besonders hervor, wie behutsam der Film die Zuschauer in die „Welt der Stille“ mitnimmt, ohne dabei belehrend zu wirken.
Ein interessantes Detail am Rande: Rund 600 Kinder pro Jahr kommen in Deutschland gehörlos zur Welt. Der Film thematisiert auch sensibel die Frage der korrekten Bezeichnung – statt „taubstumm“ wird der Begriff „gehörlos“ bevorzugt, da die Betroffenen durchaus in der Lage sind, sich mitzuteilen, wenn auch auf andere Weise.
Wann wird dieser geniale Tatort endlich wiederholt?
Es wäre doch echt langsam mal an der Zeit diesen Tatort zu wiiederholen, oder!!?
Wer hat ihn gestern (12.09.2013; WDR) aufgenommen?
Moin
die Musik zu diesem Tatort (Klassik die Arie weiblich) hätte ich gerne
gewusst.
MfG
Der Tatort war super. Würde gerne wissen, wer die klassische Musik gesungen hat.
I love Marco Lipski
Der Tatort mit der Nummer 493 aus der Rheinmetropole Köln. Die beiden Hauptkommissare der dortigen Mordkommission, der Ballauf und der Schenk, ermitteln in zwei vollendeten Mordversuchen und, dieses ist äußerst prekär und spektakulär, im Umfeld der gehörlosen Mitbürgern und Freddy Schenk provoziert, ohne Wissen der Behinderung eines der Verdächtigen, dessen Selbstmord, durchgeführt durch einen Sprung aus dem Polizeipräsidiumsfenster. Meiner Meinung nach ein langatmiger Tatort-Fernsehfilm, mit einem von Schuldgefühlen geprägten Freddy Schenk. Sicherlich, extravagant gedreht und mit Untertiteln ausgestattet, aber diesen Tatort-Spielfilm aus dem Jahre 2002 muss man, meines Erachtens, wirklich höchstens zweimal schauen. Zwei gestandenen Tatort-Hauptkommissaren der Mordkommission dürfte man, auch bei sensiblen Themenbereichen, eine gewissen Professionalität unterstellen dürfen.
,,Bin ich hier in der Bullenkantine oder was?“ 🤣🤣🤣🤣