Kurz und knapp – darum geht’s

In einer Tierhandlung am Bodensee wird der Besitzer erschossen aufgefunden, viele der exotischen Tiere wurden freigelassen. Der kleine Sohn des Opfers, ein Schlafwandler, war zur Tatzeit im Haus – doch kann er sich an nichts erinnern. Kommissarin Klara Blum nimmt sich des verstörten Jungen an und entdeckt, dass er in seinem Schlaf womöglich den Mord beobachtet hat. Während der ältere Bruder mit seinen Spielschulden unter Verdacht gerät, stoßen die Ermittler auf einen Sumpf aus illegalem Tierhandel und menschlichen Abgründen. Als Blum und der Junge den geheimen Tierverstecken auf die Spur kommen, geraten beide in tödliche Gefahr…

Inhalt der Tatort-Folge „Engel der Nacht“

Schlaflos wandelt der kleine Manuel durch das nächtliche Konstanz. Seine nackten Füße hinterlassen blutige Abdrücke auf dem Parkett, während er wie in Trance durch das stille Haus seines Vaters schreitet. Draußen durchschneiden Scheinwerfer die Dunkelheit, als ein dunkler Wagen vor der Tierhandlung hält. Glas zersplittert, die Terrarien werden aufgebrochen – doch der Junge nimmt all das nur wie durch einen Schleier wahr und wird am nächsten Morgen mit keiner Erinnerung aufwachen.

Klara Blum steht ratlos vor dem Tatort. Schlangen und Echsen kriechen zwischen Glasscherben umher, während der Tierhandlungsbesitzer Heller mit einem Kopfschuss in seinem Laden liegt. „Die Tiere bedeuteten ihm mehr als Menschen“, erklärt die fristlos gekündigte Haushälterin Erika Sendel mit unterdrückter Bitterkeit. Kommissarin Blum spürt sofort: Diese Frau verbirgt etwas.

Der Fall stellt Blum vor persönliche Herausforderungen. Als sie die Blutspuren an Manuels Füßen entdeckt und begreift, dass der Junge zur Tatzeit schlafgewandelt sein muss, übernimmt sie selbst die Obhut für das Kind. „Ein Vater tot, eine Mutter verschwunden – ich kann ihn doch nicht noch einem Heim überlassen“, verteidigt sie ihre ungewöhnliche Entscheidung gegen die Bedenken ihres Kollegen Perlmann. Dieser fokussiert sich derweil auf die Computerdaten des Opfers und stößt auf Konten in der Schweiz, die auf illegalen Tierhandel hindeuten.

Die Bodenseelandschaft zeigt sich von ihrer trüben Seite. Nebel hängt über dem See, als Blum mit Manuel an einer Anlegestelle steht. Der Junge spricht die Sprache der Tiere, nennt sich selbst „Gecko“ und reagiert auf menschliche Nähe so scheu wie die Reptilien seines Vaters. In diesem Moment schwappt eine Welle über den Steg, und Blum erkennt: Auch Manuel kämpft gegen das Untergehen an.

Als der ältere Bruder Andreas Heller auftaucht, verdichten sich die Hinweise. Seine angebliche Geschäftsreise nach Köln entpuppt sich als Casinobesuch in Baden-Baden, seine Spielschulden türmen sich so hoch wie die Alpenkette am Horizont. „Ich brauchte Geld, aber ich habe meinen Vater nicht erschossen!“, beteuert er verzweifelt. Doch woher kennt er dann den zwielichtigen Goran Semjonicic, dessen Nummer von seinem Handy angerufen wurde?

Die Fahndung nach dem Täter gleicht der Suche in einem verworrenen Terrarium voller Versteckmöglichkeiten. Als Manuel erneut schlafwandelt und Blum ihm folgt, entdeckt sie verborgene Käfige mit geschützten Tierarten in einer alten Schlossruine. „Vater hat gesagt, die muss man verstecken, sonst kommen die Engel und nehmen sie weg“, flüstert der Junge, als er aus seinem Dämmerzustand erwacht.

Die Hypnosesitzung mit einer Kinderpsychologin bringt eine entscheidende Wendung: Manuel spricht von einem „Engel der Nacht“, der seinen Vater besucht hat. Doch was er damit meint, bleibt zunächst ein Rätsel – bis Blum den Schlüsselanhänger an Erika Sendels Tasche entdeckt: ein kleiner Engel, der im Dunkeln leuchtet…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Engel der Nacht“ ist die 662. Folge der Krimireihe und wurde vom Südwestrundfunk (SWR) in Zusammenarbeit mit Maran Film produziert. Für Kommissarin Klara Blum (Eva Mattes) ist es bereits der 11. Fall, für ihren Kollegen Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) der 7. Einsatz. Die Dreharbeiten fanden im Sommer 2006 in Konstanz und Umgebung unter dem Arbeitstitel „Schlaf, Kindlein, Schlaf“ statt.

Neben dem bewährten Ermittlerduo überzeugte vor allem der Kinderdarsteller Henry Stange in der Rolle des traumatisierten Manuel. In weiteren Rollen sind Niels Bruno Schmidt als älterer Bruder Andreas Heller und Beata Lehmann als Haushälterin Erika Sendel zu sehen. Regie führte Thomas Jahn nach einem Drehbuch von Susanne Schneider.

Die Erstausstrahlung am Ostermontag, den 9. April 2007, verfolgten in Deutschland 6,02 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 17 Prozent entsprach. Die Kritiken fielen gemischt aus: Während einige Rezensenten die Atmosphäre und die sensible Darstellung der Beziehung zwischen der kinderlosen Kommissarin und dem verwaisten Jungen lobten, bemängelten andere die teils vorhersehbare Handlung und Logiklücken in der Erzählung.

Besonderes Aufsehen erregten die Szenen mit den exotischen Tieren, für die mehrere Tiertrainer am Set waren. Nach der Ausstrahlung gab es zahlreiche Zuschaueranfragen zum Thema illegaler Tierhandel, woraufhin der SWR Informationsmaterial zu Artenschutz und entsprechenden Hilfsorganisationen bereitstellte.

Besetzung

Kommissarin Klara Blum – Eva Mattes
Kommissar Kai Perlmann – Sebastian Bezzel
Manuel Heller – Henry Stange
Andreas Heller – Niels Bruno
Erika Sendel – Beata Lehmann
Erich Sendel – Matthias Kniesbeck
Bubi Teichner – Max Urlacher
Annika Beck – Justine Hauer
u.a.

Stab

Drehbuch – Susanne Schneider
Regie – Thomas Jahn
Kamera – Christoph Feller
Szenenbild – Jost Schrader
Musik – Marco Meister, Robert Meister

Bilder: SWR/Hollenbach