Kurz und knapp – darum geht’s
Eine Gasexplosion erschüttert Wien, doch der Tod von Egon Schmalvogel, einem 47-jährigen Versicherungsabteilungsleiter, ist kein Unfall: Er wurde erdrosselt, bevor jemand den Gasherd aufdrehte. In der verwüsteten Wohnung entdecken die Ermittler eine dubiose Sammlung pornographischer Filme und mysteriöse Geldbeträge – ein Raubmord scheidet aus. Die Spur führt zu gestohlenen Edelsteinen aus einem ungelösten Juwelenraub und einem Kollegen des Opfers, der plötzlich spurlos verschwindet. Als Oberinspektor Hirth und sein Team dem Flüchtigen bis nach Amsterdam folgen, ahnen sie noch nicht, welch explosive Geheimnisse hinter der scheinbaren Fahrerflucht stecken …
Inhalt der Tatort-Folge „Fahrerflucht“
Ein ohrenbetäubender Knall zerreißt die Wiener Nacht, als eine Gasexplosion ein Wohnhaus erschüttert. Oberinspektor Hirth und sein Team eilen zum Tatort, wo sich zwischen den Trümmern ein grausiger Fund offenbart: Egon Schmalvogel liegt tot in seiner zerstörten Wohnung – doch nicht das Gas hat ihn getötet, sondern eine Krawatte um seinen Hals.
Der 47-jährige Junggeselle führte ein Doppelleben, das erst nach seinem Tod ans Licht kommt. Zwischen den Überresten seiner Wohnung entdecken die Beamten eine umfangreiche Sammlung pornographischer Materialien, mehrere Sparbücher mit beträchtlichen Summen und geheimnisvolle Bargeldbestände. Die Nachbarn bestätigen, was die Indizien bereits vermuten lassen: Bei Schmalvogel gingen „richtige Freudenmädchen“ ein und aus, er stellte sich als „Produzent“ vor.
Inspektor Fichtl befragt die Kollegen des Versicherungsangestellten, die den Verstorbenen als zurückgezogenen Einzelgänger beschreiben. Nur einer, ein gewisser Täubler, gibt zu, dass Schmalvogel ihm von „Orgien“ erzählt und ihn eingeladen habe. Eine Videohändlerin führt die Ermittler zu einer Villa, wo Schmalvogels Erotikproduktionen gedreht wurden – und zu einem brisanten Geheimnis: Hinter dem bekannten Tresor verbirgt sich ein zweiter Safe, der Edelsteine aus einem ungelösten Juwelenraub vor zwei Jahren beherbergte.
Die Fahndung nach den Steinen gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen, doch Inspektor Ullmann stößt bei einem stadtbekannten Hehler auf eine vielversprechende Spur. Ein eleganter Mann um die 30 hatte ihm vor zwei Tagen gestohlene Edelsteine angeboten – die Beschreibung passt exakt auf Täubler. Als die Beamten den Kollegen festnehmen wollen, ist dieser bereits auf dem Weg nach Amsterdam geflüchtet.
Am Flughafen nehmen Ullmann und Fichtl die Verfolgung auf, in der Hoffnung, dass Täubler sie zu seinem Komplizen führt. Die Spur endet bei einem Mehrfamilienhaus, wo sich neben Täubler auch das Ehepaar Laudenbach verbirgt. Als die Situation eskaliert und Täubler zur Waffe greift, enthüllt sich die wahre Tragödie hinter dem scheinbaren Raubmord: „‚Den haben Sie ihretwegen umgebracht'“, konfrontiert Hirth den verzweifelten Laudenbach, der seine Frau in einem der pikanten Filme Schmalvogels entdeckt hatte.
Hinter den Kulissen
„Fahrerflucht“ markiert einen besonderen Meilenstein in der österreichischen Krimi-Geschichte: Am 19. Mai 1985 startete der ORF mit dieser Folge eine außergewöhnliche Serie von 13 eigenständigen Tatort-Produktionen, die bis 1989 völlig unabhängig von der deutschen ARD entstanden. Ernst Hinterberger schrieb das Drehbuch, Gernot Friedel führte Regie bei diesem ungewöhnlichen Wiener Kriminalfall.
Kurt Jaggberg verkörperte Oberinspektor Hirth bereits zum zweiten Mal, unterstützt von einem eingespielten Ermittlerteam: Miguel Herz-Kestranek als Inspektor Ullmann, Michael Janisch als Fichtl, Michael Bukowski als Hollocher und Heinz Zuber als Schulz. Gerhard Dorfer komplettierte das Ensemble als Hofrat Putner.
Diese 13 „Sonder“-Tatorte entstanden als Glücksfall für Redakteur Ernst Petz, dessen Abteilung plötzlich über zusätzliche Mittel verfügte. Die Folgen sind vollwertige Tatorte mit bekanntem Vor- und Abspann, denselben Ermittlerfiguren und der charakteristischen Doldinger-Fanfare – nur der Hinweis auf die ARD-Gemeinschaftsproduktion und das abschließende Fadenkreuz fehlen.
„Fahrerflucht“ wurde zunächst ausschließlich in Österreich ausgestrahlt. Erst ein halbes Jahr später, am 20. Juni 1986, wagte sich der Bayerische Rundfunk an eine deutsche Erstausstrahlung. Heute sind diese 13 Folgen zu einem TV-Mythos geworden: Die Senderechte sind abgelaufen, offizielle Unterlagen wurden vernichtet, und in keiner ARD-Statistik tauchen sie auf. Für Tatort-Sammler sind sie damit zu den seltensten und begehrtesten Folgen der gesamten Reihe geworden.