Kurz und knapp – darum geht’s

In einem auf dem Gelände einer polnischen Gerüstbaufirma abgestellten LKW wird die Leiche der deutschen Geschäftsführerin Olivia Briegel entdeckt. Die Kommissar:innen Vincent Ross und Alexandra Luschke nehmen die Ermittlungen auf und stoßen auf ein Netz aus Verdächtigen – die Spur führt zum benachbarten deutsch-polnischen Amateur-Fußballverein, dessen Präsidentin das Opfer war. Schnell wird klar, dass der Mord während des EM-Viertelfinalspiels Deutschland gegen Spanien stattgefunden haben muss – ein cleverer Schachzug des Täters, denn fast alle Verdächtigen haben für die zweite Halbzeit kein Alibi. Als die Ermittler beginnen, die Geheimnisse rund um einen mysteriösen Trainerwechsel kurz vor einem wichtigen Scouting-Turnier aufzudecken, geraten sie in ein perfides Spiel, in dem jeder Verdächtige ein entscheidendes Motiv haben könnte…

Inhalt der Polizeiruf-Folge „Spiel gegen den Ball“

Die Morgendämmerung über Küstrin wirft ihre blassen Strahlen auf das Gelände einer polnischen Gerüstbaufirma, als Kommissar Vincent Ross mit seinem markanten fließenden Gang neben seiner Kollegin Alexandra Luschke über den mit Kies bedeckten Parkplatz schreitet. In der kalten Luft sieht man ihren Atem. In einem abgestellten LKW wurde die Leiche von Olivia Briegel gefunden – deutsche Geschäftsführerin der Firma, Präsidentin eines Fußballvereins und alleinerziehende Mutter. Der Fall wirkt scheinbar einfach, da der polnische Fahrer Patryk Dobosz sofort einen Schuldigen präsentiert: seinen Landsmann Jakub Sobinski, der angeblich auf den Chefposten aus war.

Für Ross, der mit seiner nicht-binären Erscheinung und seiner unvoreingenommenen Art immer wieder für Verwirrung sorgt, ist diese Eile verdächtig. Seine erst kürzlich zum Team gestoßene Kollegin Luschke teilt seinen Argwohn. Die leidenschaftliche Fußballfan scheint in diesem Fall besonders in ihrem Element – ein willkommener Kontrast zu ihren sonst oft präsenten Selbstzweifeln. „Mir kommt das alles zu einfach vor“, murmelt Ross, während er die Blutspuren im LKW untersucht. „Als würde uns jemand eine Lösung auf dem Silbertablett servieren.“

Die schmerzlichste Aufgabe für die Ermittler steht kurz bevor: Sie müssen dem 13-jährigen Marco Briegel mitteilen, dass seine Mutter tot ist. In einer stillstehenden Zeit, in der sogar die Wanduhr im Jugendzimmer zu schweigen scheint, trifft die Nachricht den verstört wirkenden Jungen. Die sonst so entschlussfreudige Luschke zögert einen Moment, bevor sie behutsam nach dem Verhältnis zwischen Marco und seiner Mutter fragt. Der Junge antwortet kaum, sein Blick ist leer, als hätte er sich in sich selbst zurückgezogen wie eine Schildkröte in ihren Panzer.

Die Ermittlungen führen Ross und Luschke auf das Nachbargrundstück der Gerüstbaufirma – ein verwitterter Fußballplatz, auf dem grüne Halme wie Inseln im braunen Matsch stehen. Hier trainiert ein deutsch-polnischer Amateur-Fußballverein, dessen Präsidentin Olivia war. „Auf diesem Platz werden keine Champions geboren, sondern Charaktere“, erklärt der neue Trainer Hannes mit fast religiösem Eifer. Er wurde erst vor wenigen Wochen von Olivia eingestellt – gegen den Willen der Jugendmannschaft, die am ehemaligen Trainer Pawel hing.

Die Fahndung nach dem Täter gleicht einem Fußballspiel in der Verlängerung: Die Kommissare rennen von einem Verdächtigen zum nächsten, während die Zeit unerbittlich verrinnt. Der Fundort ist nicht der Tatort, soviel steht fest. Während eines Public Viewings des EM-Viertelfinalspiels Deutschland gegen Spanien muss es passiert sein. „Für die zweite Halbzeit hat fast niemand ein Alibi“, stellt Luschke fest, während sie die Namen auf einer Tafel anordnet wie eine Spielaufstellung.

Marco findet unterdessen Trost bei seinen Freunden Robert Sobinski und Kevin Jankowski, mit denen er in der Jugendmannschaft kickt. Die drei träumen davon, beim kommenden Turnier von Scouts entdeckt zu werden – ihre Eintrittskarte, um aus der Grenzregion wegzukommen. Als Ross die Jungs beim Training beobachtet, erkennt er die rohe Verzweiflung in ihren Bewegungen, jeder Schuss aufs Tor ein stummer Schrei nach Anerkennung.

„Warum hat Ihre Chefin den Trainer kurz vor dem wichtigen Turnier gewechselt?“, fragt Ross den polnischen Gerüstbauer Sobinski, dessen Sohn in der Mannschaft spielt. Der Mann schweigt zunächst, dann antwortet er ausweichend: „Manchmal muss man Opfer bringen, um zu gewinnen.“ Ein Satz, der in den Köpfen der Ermittler nachhallen wird.

Hinter den Kulissen

Der Polizeiruf 110 „Spiel gegen den Ball“ wurde vom 13. August bis 11. September 2024 unter anderem in Berlin-Köpenick, Großbeeren und Lebus gedreht. Für die authentische Darstellung der Fußballszenen nutzte das Team das Sportforum Hohenschönhausen, das zu DDR-Zeiten die Heimstätte des Fußballclubs Dynamo Berlin war – dem Aushängeschild des Ministeriums für Staatssicherheit. Das Vereinsgelände des SSV Köpenick an der Oberspree diente als Drehort für den fiktiven deutsch-polnischen Amateurverein.

Regisseur Christian Werner, der gemeinsam mit Michael Fetter Nathansky und Daniel Bickermann das Drehbuch verfasste, konnte für die Inszenierung aus eigenen Erfahrungen schöpfen. In Interviews beschrieb er, wie Fußball in seinem Heimatdorf nach der Wende half, die Kluft zwischen Dorfkindern und schwer erziehbaren Jugendlichen aus Berlin zu überbrücken – ein Element, das auch in der Handlung des Films aufgegriffen wird.

Neben den Hauptermittlern André Kaczmarczyk (Vincent Ross) und Gisa Flake (Alexandra Luschke) überzeugen in Gastrollen Hanno Koffler als neuer Trainer Hannes und Ivan Shvedoff als entlassener Coach Pawel. Besonders beeindruckend ist die Leistung des jungen Len Blankenberg, der den verstörten Marco spielt. Produzent Mario Krebs betonte die besonderen Herausforderungen bei den Dreharbeiten mit den minderjährigen Darstellern, die aufgrund gesetzlicher Vorgaben nur begrenzte Arbeitszeiten haben durften.

Der Film, eine Produktion der EIKON Media GmbH im Auftrag des rbb, ist ab dem 22. Juni 2025 um 20:15 Uhr im Ersten zu sehen.