Kurz und knapp – darum geht’s
In der verschneiten Landschaft Süddeutschlands schlägt ein mysteriöser Erpresser zu, der die Deutsche Bahn terrorisiert und von der Presse als „Robin Hood“ bezeichnet wird, da er Teile seiner Beute an Bedürftige verschenkt. Nach einem tödlichen Anschlag auf einen fahrenden Zug führen anonyme Hinweise Kommissarin Lena Odenthal zum Ludwigshafener Apotheker Klaus Münter, der zugibt, das erpresste Geld gereinigt zu haben, aber jede weitere Beteiligung leugnet. Als die Ermittlerin beginnt, das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen Münter, seiner Ehefrau, seiner attraktiven Geliebten und seinem smarten Anwalt zu entwirren, gerät sie in ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel, bei dem niemand das zu sein scheint, was er vorgibt …
Inhalt der Tatort-Folge „Schneefieber“
Fröstelnd stapft Kommissarin Lena Odenthal durch den knirschenden Schnee des Schwarzwalds, während die eisige Winterluft ihre Wangen rötet. Als Nordlicht aus Kiel ist sie das alpine Terrain nicht gewohnt, doch die Verfolgung des Bahnerpressers „Robin Hood“ hat sie in diese verschneite Kulisse geführt. Der Druck auf die Ermittlerin steigt, seit ein Unbekannter auf einen fahrenden Zug geschossen und einen Fahrgast tödlich getroffen hat. Die Überwachung einer Geldübergabe, bei der die Polizei das Lösegeld mit Farbpatronen präpariert hat, scheitert trotz aller Bemühungen – der Täter entkommt in einer atemlosen Verfolgungsjagd.
„Wer von unseren Leuten kann denn Skifahren?“, fragt Odenthal besorgt ihre Kollegin Armbruster, als die Übergabe im verschneiten Gebirge geplant wird. „Der Berlus, glaube ich. Der ist doch aus München“, entgegnet diese. Odenthal seufzt: „Ich bin auch aus Kiel und kann nicht segeln.“ Die sonst so selbstsichere Kommissarin wirkt auf dem ungewohnten Terrain beinahe verletzlich, doch ihr kriminalistischer Instinkt bleibt messerscharf.
Ein anonymer Anruf lenkt Odenthals Verdacht schließlich auf den Ludwigshafener Apotheker Klaus Münter, der mit einer größeren Geldsumme aufgegriffen wird. Seine Verhöre gleichen einem Tanz auf dem Eis – mal wirkt er hilflos und überfordert, dann wieder kühl kalkulierend. Nach langem Druck gibt er zu, das mit Farbpatronen verunreinigte Erpressungsgeld gereinigt zu haben, streitet aber jede weitere Beteiligung ab. In seiner Apotheke, wo zwischen Medikamenten und den auffällig platzierten Slimfast-Produkten Patronen gefunden werden, verdichten sich die Hinweise.
Wie ein feines Spinnennetz entfaltet sich vor Odenthals Augen das komplizierte Beziehungsgeflecht um Münter: Seine Ehe mit Manu kriselt, während er von seiner attraktiven Angestellten Vivi Saalbach umgarnt wird. Sein aalglatter Anwalt Marc Weinhauer, der mit bayerischem Akzent und Vorliebe für den Filmklassiker „Thomas Crown ist nicht zu fassen“ aufwartet, komplettiert das Quartett aus Verdächtigen. Die Ermittlung gleicht zunehmend einem Schachspiel im Nebel, bei dem jeder Zug unerwartete Konsequenzen haben kann.
Als Odenthal bemerkt, dass der verräterische anonyme Anruf ausgerechnet von Münters eigener Frau stammen könnte, beginnt sie, Druck auf die Verdächtigen auszuüben. Die winterliche Kulisse spiegelt dabei die frostigen Beziehungen der Beteiligten wider – unter der glitzernden Oberfläche lauern Abgründe wie tückische Gletscherspalten. Mit kühler Berechnung setzt die Kommissarin darauf, dass das fragile Gleichgewicht zwischen den vier Verdächtigen bei richtig dosiertem Druck zerbrechen wird…
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Schneefieber“ wurde vom Südwestfunk (SWF) unter der Regie des Tatort-Urgesteins Peter Schulze-Rohr produziert, der nicht nur für den allerersten Tatort „Taxi nach Leipzig“ verantwortlich zeichnete, sondern auch Lena Odenthals Debütfolge „Die Neue“ (1989) inszenierte. Die Dreharbeiten zum 326. Tatort fanden in der winterlichen Kulisse Süddeutschlands statt, wobei die schneebedeckten Landschaften des Schwarzwalds eine atmosphärisch dichte Hintergrundkulisse bildeten.
In ihrer achten Folge als Ludwigshafener Kommissarin brilliert Ulrike Folkerts als Lena Odenthal, unterstützt von Annette Felbert als Kollegin Armbruster und Alexander Held als Assistent Maurer. Das hochkarätige Ensemble der Verdächtigen wird angeführt vom späteren Frankfurt-Ermittler Jörg Schüttauf als Apotheker Klaus Münter, Christina Plate als seine Ehefrau Manu, Anne Kasprik als verführerische Vivi Saalbach und dem grandios aufspielenden Günther Maria Halmer als verschlagener Rechtsanwalt Dr. Marc Weinhauer.
Bei seiner Erstausstrahlung am 18. Februar 1996 erreichte der Film beachtliche 8,09 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 23,08 Prozent entsprach. Das von Fred Breinersdorfer verfasste Drehbuch wurde für seine vielschichtigen Charaktere und unerwarteten Wendungen gelobt, die den Krimi vom „grauen Durchschnitt“ abheben.
Filmkenner erfreuen sich an den augenzwinkernden James-Bond-Anleihen während der aufwändigen Geldübergabe-Szene, komplett mit skurrilem Rucksack-Gadget. Aufmerksame Zuschauer entdeckten zudem eine auffällige Produktplatzierung der Diätmarke Slimfast in den Apothekenszenen, die damals für Diskussionen über Schleichwerbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sorgte. „Schneefieber“ gilt heute unter Kennern als eine der stärksten Odenthal-Folgen überhaupt, die sich durch ihre überraschende Wandlung zum fiebrigen Gerichtsthriller und das raffinierte Drehbuch von der Masse abhebt.
Der Tatort Nummer 326 aus Ludwigshafen mit der Hauptkommissarin Odenthal. Sie ist die am längsten amtierende Tatort-Kommissarin in der Fernsehwelt. Ein interessanter und zum kombinieren anregender Tatort-Fernsehfilm, welcher sich um die Erpressung der Deutschen Bundesbahn handelt, wobei die Täter auch vor Mord an unbeteiligten Fahrgästen nicht zurück schrecken und aus der höheren sozial – gesellschaftlichen Schicht stammen. Ein mörderisches akademisch geprägtes Quartett, aber, wie immer, mit menschlichen Schwachstellen bestückt. Und in diesen wunden Schwachstellen legt unsere Tatort-Kommissarin Lena Odenthal den Finger. Durchaus sehenswerter Tatort-Krimi aus der Mitte der 1990iger Jahre mit einer hervorragenden schauspielerischen Besetzung. Für den Schnitt verantwortlich war die Hülsebus.
Zu Recht selten gespielter ‚alter‘ Odenthal-TO, was sich auch an der ‚Vielzahl‘ der Kommentare ablesen lässt …
Spannender und sehenswerter Tatort! Kleiner Tipp für zukünftige Zuschauer: Vor Beginn des Films einen Kaffee trinken, damit das Hirn aktiviert ist und man das Hin- und Herwogen der Emotionen sowie der Taktiken der 4 Hauptpersonen jederzeit gut verstehen kann! Dann wird man auch locker 5 von 5 Schneeflocken vergeben!
@Der Fremde
Diese Folge war letztmalig im Jahre 2007 zu sehen – immerhin ist sie in der Mediathek zu finden, was gerade bei den alten Folgen nicht immer der Fall ist.
Warum hieß die Folge eigentlich ‚Schneefieber‘?
Bis auf die ersten Minuten, welche bewiesen, das es auch im LU-Umland 1996 (noch) viel Schnee gab, spielte weder ‚Schnee‘ noch ‚Fieber‘ eine Rolle.
Passenderer Titel wäre m.E. gewesen: „Who the fuck is ‚Robin Hood‘?“ 😇
@Der Fremde:
Alle 4 Hauptpersonen des Films möchten ein erfülltes und glückliches Leben führen wie beispielsweise Ski fahren in außergewöhnlicher alpiner Umgebung! Dort möchten sie ein exklusives Ski-Resort errichten. Dazu brauchen sie viel Geld! Deshalb sind sie im „Schneefieber“!
@Adabei:
Okay, danke! Das nächste Mal trinke ich einen Kaffee davor … 😉
Och, das war aber sehr ok, stringent durchgezogen und auch deshalb wie eine Zeitreise. Munteres Qualmen in den Amtstuben… Schüttauf und Halmer großartig, Frau Plate hingegen zeigt deutlichst, was sie drauf hat, nämlich gar nichts (die ‚Heul‘-Szene auf der Treppe in der Apo, um Gottes Willen, schlimmer als Schülertheater). Schräger, etwas sehr weit hergeholter Titel, denn fiebern tut ja nun wirklich keiner, aber das kommt beim TO öfters vor. Gelegentlich unstimmig die Kulisse; elektrische Schreibmaschinen noch 1995/96, als sogar das Finanzamt schon Computer hatte, das Areal des kriminaltechnischen Instituts mit freigelegten Holzbalken und Topfplanzen, sehr hygienisch – und warum schlabbert „Vivi“ bei Weinhauer französisches Bier, nämlich das ekle Kronenbourg? Hat Münter eine Palette davon aus Straßburg mitgebracht und verteilt, um noch extra Spuren zu hinterlassen? Das glaube ich nicht.
Vorschlag: Die Regionalen sollten öfters mal vermeintlich unpopuläre Episoden ausstrahlen, lohnt fast immer. Odenthals Zweiter z.B. hat ja auch Seltenheitswert.
Ich würde gerne Infos zum Soundtrack bekommen… Waren das u.a. John Lee Hooker und Thelonius Monk?
Jedenfalls wurde diese TO-Folge jahreszeit-technisch relativ punktgenau gesendet, bravo!
Anmerkung: zumindest Wien ist heute im „Schneefieber“ (hier schneit es heute so viel wie seit vielen Jahren nicht mehr!) ;-)
⭐⭐⭐⭐
slowly
spannend
unterhaltsam
1996 – vor 27 Jahren.
War gut erzählt.👍
Zu Beginn die super Bilder von Bergen und Schnee.
Wenn 2 sich streiten, freut sich DIE Dritte … und Abflug in die Rockys.
Der Apotheker wird wohl zurück in seine Apothke gehen und die Kredite abstottern.
Wieso hat der Apotheker seinen Teil dem Anwalt überlassen?
So was Dummes !!
J. Schüttauf hat so traumhaft brillierende Augen.
Apotheke ohne PC auf dem Tresen …
Die Musik / Soundtrack eine interessante Wohltat für die Ohren.
Absolut eklig war das ständige Rauchen.
Damals muss es am Set mies gestunken haben.
Tatort mit Werbung für Zigaretten.
Damals Sponsoring der Zigaretten-Lobby heute GEZ. 😀