Tatort Folge 818: Ein ganz normaler Fall

Kurz und knapp – darum geht’s

In einer Münchner Synagoge wird die Leiche von Rafael Berger gefunden. In sein Blut wurde das Wort „MOSER“ geschrieben – ein jüdisches Gesetz, das tödliche Konsequenzen für Verräter vorsieht. Die Ermittler Batic und Leitmayr müssen in einer ihnen fremden Welt ermitteln, wo jedes falsche Wort, jede unbedachte Geste politische Dimensionen annehmen kann. Als ein orthodoxer Jude unter Mordverdacht gerät und Bilder seiner Festnahme durch die Presse gehen, wird aus dem Kriminalfall plötzlich ein Politikum, und die Kommissare stehen unter enormem Druck – nicht nur einen Mörder zu finden, sondern auch niemanden vor den Kopf zu stoßen.

Inhalt der Tatort-Folge „Ein ganz normaler Fall“

Schweres Novemberlicht fällt durch die Fenster der neuen jüdischen Synagoge am St. Jakobsplatz, als die Münchner Kommissare Ivo Batic und Franz Leitmayr den Tatort betreten. Am Fuß einer schmalen Treppe liegt Rafael Berger, ein 57-jähriger Möbelhändler – tot, mit gebrochenem Genick. Die vier Buchstaben „MOSER“ stehen in Blut geschrieben neben dem Leichnam. Der streng gläubige Jonathan Fränkel hat die Leiche entdeckt, doch seine Aussage wirkt merkwürdig zurückhaltend.

„Vergessen Sie doch einfach, dass Fränkel Jude ist und behandeln Sie alle hier so, als wäre das ein ganz normaler Fall“, rät die Justiziarin des jüdischen Zentrums den beiden Kommissaren. Doch das ist leichter gesagt als getan. Batic, sonst direkt und unverblümt, wiegt jedes Wort auf der Goldwaage. Leitmayr versucht, seine bayerisch-katholische Direktheit zu zügeln, während beide durch eine fremde Welt navigieren, in der religiöse Riten und historische Empfindlichkeiten ihre Ermittlungen wie unsichtbare Stolperdrähte durchziehen.

Als die Kommissare einen behinderten jungen Mann namens Aaron auf der Empore der Synagoge entdecken, droht die Situation zu eskalieren. Aaron, der Schützling von Rabbiner Grünberg, reagiert panisch, als die Polizisten seinen gewohnten Alltag durcheinanderbringen. Er sitzt gefährlich nah am Abgrund. Batic gelingt es, sein Vertrauen zu gewinnen, doch was er von Aaron erfährt, wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet.

Die Ermittlungen führen zu Jonathan Fränkel, dessen Vergangenheit von Drogen und Gewalt geprägt ist, bis er durch die Religion einen neuen Weg fand. Die verstorbene Tochter des Mordopfers, Leah Berger, hatte Fränkel und seiner Familie eine mietfreie Wohnung überlassen. Nach ihrem Selbstmord forderte ihr Vater Rafael plötzlich Miete nach und drohte mit Räumungsklage – ein starkes Mordmotiv.

Als Batic und Leitmayr den orthodoxen Juden auf einem Kinderspielplatz verhaften, verliert dieser seine Kippa. Fotos des Vorfalls erscheinen am nächsten Tag in den Zeitungen mit der Schlagzeile: „Deutscher Polizist nimmt jüdischen Mitbürger fest.“ Der Fall verwandelt sich in einen politischen Drahtseilakt, während die Ermittlungen in der jüdischen Gemeinde wie ein Gang durchs Minenfeld erscheinen.

In einem Gespräch mit Rabbiner Grünberg im „Gang der Erinnerung“, wo mehr als 4500 Namen von Holocaust-Opfern aufgelistet sind, erfahren die Kommissare mehr über Leah Berger, die kurz vor ihrem Tod zum Judentum konvertierte und in der Religion Halt suchte. Die Schatten der Vergangenheit scheinen plötzlich greifbar nahe, während die Gegenwart immer komplexer wird.

Als die Kommissare herausfinden, dass Leah schwanger war, verdichtet sich ihr Verdacht. Wer war der Vater? Ihr verheirateter Geschäftspartner Michael Grossmann? Der charismatische Rabbiner? Oder steckt hinter allem ein Geheimnis, für das Rafael Berger sterben musste?

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Ein ganz normaler Fall“ ist der 60. Fall des Ermittlerduos Batic und Leitmayr. Die Dreharbeiten der vom Bayerischen Rundfunk produzierten Folge fanden im Jüdischen Zentrum München und am Stammgelände der TU München statt. Arbeitstitel des Films waren zunächst „Mord in der Synagoge“ und „Ein ganz normaler Mord“.

Mit Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl standen zwei Schauspieler vor der Kamera, die zu diesem Zeitpunkt bereits auf zwei Jahrzehnte TV-Dienst zurückblicken konnten. In den Gastrollen brillierten André Jung als Rabbiner Grünberg, Alexander Beyer als Jonathan Fränkel und Florian Bartholomäi als Aaron Klein.

Die Erstausstrahlung am 27. November 2011 verfolgten insgesamt 8,39 Millionen Zuschauer bei einem Marktanteil von 22,8 Prozent für Das Erste. In Österreich sahen 681.000 Zuschauer den Film, was einem Marktanteil von 22 Prozent entsprach.

Kritiker lobten den mutigen Umgang mit dem sensiblen Thema des deutsch-jüdischen Verhältnisses. Der vom Regisseur Thorsten C. Fischer inszenierte Film wurde für seine Darstellung des Judentums als „Weltanschauung wie jede andere“ und die Darstellung einer „von der Vergangenheit emanzipierten Generation“ gewürdigt. Die Drehbuchautoren Rochus Hahn und Daniel Wolf, letzterer selbst jüdisches Gemeindemitglied, verstanden es, die Frage zu beleuchten, ob man sich in Deutschland gegenüber jüdischen Mitbürgern überhaupt korrekt verhalten kann, ohne dabei jemandem auf den Schlips zu treten.

Als humorvolle Nebenhandlung findet im Münchner Polizeipräsidium ein Wettbewerb zum „Polizisten des Jahres“ statt. Während Leitmayr sich engagiert beteiligt, hält Batic von der Aktion überhaupt nichts – am Ende macht allerdings ihr Kollege Griesmayer das Rennen.

Videos zur Produktion

ARD Plus Trailer

ARD Trailer

ORF Trailer

Musik

Konzert für Violine und Orchester B-Dur KV 207 2. Satz: Adagio – C. A. Widmann/Kammerorchester

Besetzung

Hauptkommissar Franz Leitmayr – Udo Wachtveitl
Hauptkommissar Ivo Batic – Miroslav Nemec
Jonathan Fränkel – Alexander Beyer
Rabbiner Grünberg – André Jung
Aaron Klein – Florian Bartholomäi
Michael Großmann – Jörg Hartmann
Polizist Kögel – David Zimmerschied
Miriam Fränkel – Annika Blendl
Martin Hirsch – Hans-Jürgen Silbermann
Claudia Schwarz – Ulrike Knospe
Hoppstedt – Moritz Berg
Rafael Berger – Oliver Nägele
u.a.

Stab

Regie – Torsten C. Fischer
Buch – Daniel Wolf, Rochus Hahn
Aufnahmeleitung – Heike Schweiger
Dramaturgie – Gisela Weilemann
Herstellungsleitung – Marion Dany
Herstellungsleitung – Stefanie von Lerchenfeld
Kamera – Hagen Bogdanski
Kostüme/Kostümbild – Andrea Spanier
Maske/Maskenbildner – Tatjana Luckdorf
Maske/Maskenbildner – Isabel Schanze
Musik/Filmkompositionen – Steffen Kaltschmid
Produktionsleitung – Christina Krinner
Produzent – Gloria Burkert
Schnitt – Dirk Göhler
Set-Aufnahmeleitung – Ines Fritsch
Stunts – Robert Schenker
Szenenbild – Jana Karen
Ton/Filmtonmeister – Peter Kovarik

Bilder: BR/Barbara Bauriedl

12 Kommentare

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  1. vor 13 Jahren

    Ah; ein münchner Tatort; da bin ich gespannt.
    Das sind mir die zweitliebsten; nach den münsteranern. :-)


  2. Ende der Erstausstrahlung

  3. vor 13 Jahren

    Naja; war ganz manierlich.
    Auch, wenn wieder mal sehr früh klar war, wers war.
    Und daß der Ivo wegen dem „Polizisten des Jahres“ so rumzickt, war lächerlich; an dieser Stelle ein faules Ei für den Drehbuchautor. Geworfen, nicht gereicht.

  4. vor 13 Jahren

    Manierlich trifft es in der Tat.
    Auch wenn ich kein besonderer Fan der Münchener bin,
    finde ich es immer wieder nett, Vertrautheit zwischen den Ermittlern zu erspüren.
    Die Thematik fand ich sehr interessant umd sehenswert – in jedem Fall!

    PS: oder, was mich irritiert hat, dass die Schauspielerin die Miriam Fränkel gespielt hat, ein Paar Folgen zuvor in ‚Das schwarze Haus‘ Susanne Gauss gespielt hat..

  5. vor 13 Jahren

    Ja; das Zusammenspiel der beiden ist meistens prima.
    Und die Thematik war in der Tat interessant! Aber Geschichten gabs da halt schon wesentlich bessere. Wenn ich da an so Klassiker wie „Der oide Depp“ oder die „Vorstadtballade“ denke….

  6. vor 13 Jahren

    PS: As schwarze Haus hab i ned gseng. :-)

  7. vor 12 Jahren

    Die Folge hatte ja keine gute Kritiken. Ich fand das ungerecht, mir hat sie gut gefallen, natürlich auch (mal wieder) Ivos Migrationskrise.

  8. vor 10 Jahren

    Der Tatort 818 aus München. Die Hauptkommissare der Mordkommission, Batic und Leitmayr, ermitteln wegen eines Tötungsdeliktes im Dunstkreis einer religiösen Synagogengemeinschaften. Für diese Ur-Gesteine und Profis aus München ein zwar nicht alltäglicher Fall, sie gehen ihn aber gelassen und ganz normal an und lernen hierbei noch Erstaunliches. Interessanter Tatort, frei von Polemik und Moral, exzellent geklärt.

  9. eql
    vor 9 Jahren

    Ein sehr ruhiger Tatort. Der große Showdown fehlt ein bisschen. Hab ihn mir trotzdem auch in der Wiederholung angesehen weil die Story schön erzählt wird. Batic und Leitmayr passen sehr gut in den Fluss der Erzählung.

  10. vor 8 Jahren

    Kein besonderer Tatort,der Tatort war nicht schlecht aber er war jetzt
    nicht super gut.Es war ein Spannung da aber irgendwie
    fand ich den Tatort ein bisschen komisch.Aber es gibt viele,viele Tatort
    die sind 100 mal so schlecht wie der da.

  11. vor 5 Jahren

    Kein Highlight der Reihe mit den Münchner Kommissaren. Schaue mir den Streifen heute trotzdem nochmal an. Besonders Florian Bartholomäi in der Rolle des minder intelligenten Gläubigen jüdischer Prägung spielt seine Rolle perfekt. Er stiehlt den Hauptcharaktären in bester Manier die Schau. Und Batic & Leitmayr sind ansonsten immer wieder ein Anschauen wert. EINSCHALTEN!

  12. vor 4 Jahren

    It’s never the mean one, the obvious one, the corrupt one, the thief, the man who runs away nor the one who doesn’t want to talk to the Kommissare yelling he knows the chief of police. When there is a little boy, an innocent daughter or someone else nice, it is that one who killed the victim. Mostly by accident.
    And Leitmayr pointing to his nose to show he has Jewish blood somewhere in him? Seriously?

  13. vor 4 Jahren

    @ kvas, my dear Hohepriester. Why you are talking English? Auf deutsch wäre es doch viel einfacher für dich, oder übst du? Denn, nie und nimmer bist du Engländer!
    “ … . When there is a little boy, …“ Call him kvas, like my grandmother allways said.
    Aber, wenn es dir Spaß macht, bitteschön. You are Welcome!

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