„Kressin und der tote Mann im Fleet“, produziert vom WDR im Jahr 1970, ist der insgesamt dritte Tatort und zugleich erste Auftritt von Sieghardt Rupp in der Rolle des jungen, smarten Zollfahnders Kressin. Auch nach sieben Fällen, die der Frauenheld in den Jahren 1971 bis 1973 auf den deutschen Fernsehbildschirmen löste, blieb sein Vorname ein Geheimnis.
Kressin, ein Mann, der das Leben zu genießen weiß, befindet sich zu Beginn der Tatort-Folge 003 „Kressin und der tote Mann im Fleet“ auf einem Schiff im Mittelmeer. In Bosporus hat er seinen Urlaub verbracht, nun geht es zurück Richtung Heimat. Kurz vor Hamburg beobachtet er an Bord des Schiffes, wie der Reiseleiter Ben Canitz orangefarbene Handbälle ins Wasser wirft, die von einem Motorboot aus wieder eingesammelt werden – was hat das zu bedeuten? Er stellt Canitz in seiner Kabine zur Rede, wendet sich dann aber wichtigeren Dingen zu. Schließlich will der Fahnder seine letzten Urlaubsstunden genießen und nicht vorzeitig wieder an die Arbeit gehen müssen. Als die Passagie das Schiff verlassen, sieht der Zollfahnder zwei Männer Ben Canitz mit dem Auto abholen.
Am nächsten Morgen liest Kressin beim Frühstück nichtsahnend die Tageszeitung. Der Zollbeamte traut seinen Augen nicht: in der Zeitung ist das Bild eines unbekannten Toten abgedruckt. Es ist Canitz! Der Reiseleiter wurde tot im Hamburger Kanal gefunden. Kressin setzt sich sofort mit der örtlichen Kriminalpolizei in Verbindung. Gemeinsam mit Kommissar Trimmel verfolgen beide Ermittler eine Spur, die in das Hygieneinstitut in Hamburg führt. Paul Trimmel ist schon seit längerer Zeit hinter Rauschgiftschmugglern her, nun sind Anhaltspunkte aufgetaucht, die auf eine Verbindung zu dem ermordeten Canitz hindeuten.
Kressin, von Natur aus ein Einzelgänger, möchte jedoch nicht länger mit der Kripo zusammenarbeiten und macht sich selbst auf die Suche nach dem Motorboot „Judith 3“, das er vor Hamburg beobachtet hat. Tatsächlich kann er es nach kurzer Zeit schon ausfindig machen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion schleicht er heimlich auf das Boot, um es nach Hinweisen zum Fall zu durchsuchen. Doch Kressins waghalsige Ermittlungen bleiben nicht unentdeckt: drei Männer vom Hafen überwältigen den unliebsamen Schnüffler schließlich. Kressin trägt leichte Verletzungen davon.
Kommissar Trimmel teilt Kressin am nächsten Tag mit, dass er unumstößliche Beweise gesammelt hat, die Canitz als Schmuggler entlarven – damit fallen die Ermittlungen nun offiziell in den Zuständigkeitsbereich des Zollfahnders. Kressin setzt also seine Untersuchungen fort und befragt den Besitzer des Motorboots in dessen Villa. Sievers gibt sich uninteressiert und sagt aus, er könne nichts zu dem Fall sagen. – Sagt Sievers die Wahrheit? Auch in der Firma „Mara-Export“, für die das Opfer regelmäßig nebenher gearbeitet hat, versucht man den neugierigen Fahnder abzuwimmeln. Als Kressin auf einem Schlepper mit Abfall Reste der orangenen Bälle findet, hat er endlich eine heiße Spur …
Wolfgang Menge schrieb das Drehbuch zum ersten Kressin-Tatort, in dem der Schauspieler Walter Richter als Kommissar Paul Trimmel einen Gastauftritt hat. Trimmel war zuvor der ermittelnde Kripobeamte in der ersten Tatort Folge „Taxi nach Leipzig“ im Jahr 1970 gewesen.
Die Erstausstrahlung der Tatort-Folge Nr. 3 „Kressin und der tote Mann im Fleet“ am 10. Januar 1971 im Ersten erreichte einen Marktanteil von 50 Prozent. Das Fernsehpublikum liebte den „007 vom Rhein“ und „Lümmel vom Zoll“, wie Kressin fortan genannt wurde, auf Anhieb.
1970 gedreht – sehenswert als Zeitdokument und für Hamburg-Patrioten. Davon abgesehen trübsinnig: grob gestrickte Handlung, belehrende Dialoge (Wolfgang Menge), besonders scheußlich in einer endlosen Gerichtsmedizin-Szene, schlechtes Licht, schlechter Ton, verblüffend gealtertes Filmmaterial. Die Rolle des Kommissars als Frauenheld und unorthodoxer Ermittler schien damals neu; jetzt wirkt sie bestenfalls rührend, eher schon peinlich. Es gibt eine sonderbare Verwandtschaft zu den gruseligen Schulmädchen-Reports.
So verschieden können die Geschmäcker sein: Für mich einer der besten „Tatorte“ überhaupt: Handlung mal erfrischend anders (kann nichts „grob gestricktes“ erkennen), keine 08/15-Mördersuche, humorvolle Szenen (Kressin auf die Frage, weshalb er gerade zum Zoll gegangen ist: „Als ich 18 war, war in meinem Traumberuf nichts mehr frei“ – Was war das? – „Rentner! Erst Rentnerlehrling, dann Jungrentner und dann Rentnergeselle!“ – in einer anderen Szene Trimmel zu Kressin: „Nette Mädchen! Viel netter als Sie!“) und noch einige andere Anekdoten. Dazu die Szene, in der Kressin mit Gangsterboß Sievers auf einer riesigen Carrera 124-Autorennbahn Rennen fährt – klasse!
Bild und besonders Ton sind wirklich schlecht, aber da kann der Film an sich nichts dafür, das sind die Spuren des Alters. Sieghardt Rupp als Kressin ist klasse, am besten in der Folge „Kressin stoppt den Nordexpress“!
Wolfgang Menge ist tot. RIP ;-( Zeit, um wieder in eine weitere bahnbrechende Figur aus dem deutschen TATORT hineinzuschauen : Kressin.
Hier hat sich nichts veraendert. Wolfgang Menge’s Serienheld „Kressin“ war mindestens 1Jahrzehnt vor Schimanski der aneckende Frauenheld, dessen Schnauze nicht auf den Kopf gefallen ist.
„Der ote Mann im Fleet“ ist zudem ein humorvoller Klassiker, der in die absurden und teilweise doppeldeutigen Zoll- und Grenzbestimmungen einer sich angehenden ‚EUROPEAN UNION‘ Einblicke verschafft und angebliches Gut und Boese differenziert. Diese Folge *hier fuehrt auch den Dauerboesewicht „Sievers „, gespielt von dem genialen Ivan Desny ein, der bis zur letzten Kressin-Folge nie geschnappt wurde und einmal sogar in einen komplexen Zugraubueberfall involviert war, der an den deutschen Krimiklassiker „Die Gentlemen bitten zur Kasse“ heranreichte.
Kriminalfaelle in den 1970ern, betrachtet mit der heutigen Zuschauerbrille, erscheinen oft bieder und haensewuermig (Viele Taeter hatten Schwierigkeiten Waffen zu benutzen, geschweige denn, jemanden ohmaechtig zu schlagen, was beweist wie kompliziert eigentlich Mord- und Totschlag war/ist, komplexe Steuer- und Zollverbrechen aber immer einfacher gemacht wurden, wenn man einmal in der boesen Liga ist. So aenderte der Charakter von „Sievers“ sich bald vom Drogen- zum Waffenhaendler und Kressin erwischte oft nur dessen Unter- und Nebenhaendler.
Kressin und der tote Mann im Fleet ist auch einer der besten Kressin-TATORTE, da er nicht nur einen weiteren Star-Kommissar (Trimmel) zur Seite hat, sondern auch die bezaubernden Schauspielerin und viel zu frueh verstorbene Sabine Sinjen (1942 – 1995) sowie Eva Renzi (1944 – 2005 ).
Fast Forward: In 2012 muss man immer noch nach progressivsten TATORT-Kommissaren suchen, die nun aber *nach der sexuellen Revolution in den 70ern* ironischerweise von Frauen abgeloest wurden : Charlotte Lindholm (Niedersachsen), Eva Saalfeld (MDR), Lena Odenthal (Ludwigshafen) oder auch Gerichtsmedizin-Assistentin Silke Haller [Alberich] (Muenster), Kommissarsanwärterin Sarah Brandt (Schleswig-Holstein, mit Borowski usw.
Please compare ; nico , nyc ;-)
Gerade habe ich ihn mir angesehen, den Tatort 003. Schon alleine wegen Sabine Sinjen war er mir noch in Erinnerung, eindeutig ein damaliger Jugendschwarm. Fast hätte ich geschrieben, ein typischer Kressin. Aber es war der erste Kressin, mit einer der letzten noch heutigen lebenden Tatort-Legenden der ersten Stunde. Natürlich war es Kino, wie eigentlich alle Kressin Spielfilme. Aber das sollte wohl auch so sein. Zollinspektor auf dem Gleise eines Zielfahnders, sein ganzes Image hing daran. Es wurde leider nicht besser, sondern immer mehr überspitzt dargestellt. Dieses hatte diese Filmfigur eigentlich nicht verdient. Später erlöste ihn ein Tatort- Kommissar aus dem tiefsten Ruhrpott von dieser Rolle, eines ständig dienstlich unangepassten und sich an kaum was haltenden Beamten. Etwas besser vorgestellt, wäre Kressin damals bestimmt Publikumsliebling geworden. Aber so, meine ich, wurde er in der Person nie richtig beliebt. Aber etwas anderes! Diese hanseatischen Kaufmannsburgen waren und sind doch genial – oder?
Diese Kressin-Folgen sind schwierig zu bewerten – eine durchaus kurzweilige Unterhaltung, aber unglaublich banal. Ein Zollfahnder, der mit zwei Frauen abhängt, sollte wohl cool und originell wirken – ist letztlich aber doch (aus heutiger Sicht) sehr bieder. Das Thema Drogenschmuggel hätte Potential für einen guten Krimi gehabt, leider kam nur ein recht mittelmäßiges Werk heraus. Sieghardt Rupp kommt für mich arrogant rüber. Trotz großer Namen wie Menge, Beauvais, Sinjen, Renzi oder Desny nur 3 Sterne. Die Bildqualität (16mm-Film) ist unterirdisch, war aber für TV-Produktionen damals nicht unüblich.
Erfreulich ist der Anblick der beiden Miezen Eva Renzi und Sabine Sinjen – die auch mit ihrem Auftritt als Nutten nett anzusehen sind.
Das gibt schon 3 Punkte. Und den Rest vergessen wir einfach!
Kressin ist eigentlich Kult, diese Folge erreicht aber höchtens mittelmäßiges Niveau.
Die Drogenproblematik spielte nicht erst seit Anfang der 1970-er eine Rolle. Unfassbar, dass diese Dreckszeug einfach nicht auzurotten ist.
Ja ja, der haut ganz schön auf die Kacke. So viele Mädels hätte sich Kressin mal in echt gewünscht.
So war er eben angelegt, der Held in Folge 3. Da muss man etwas nachsichtig sein. Auch schon damals: Eine Verknüpfung zwischen zwei Tatort-Kommissaren, alle Achtung.
Die Geschichte ist banal, aber echt und für damals etwas Neues. Sie ist locker erzählt. Schauspielerisch ist es aber keine Offenbarung. Jedoch sind die Nachtaufnahmen noch dunkel, schön anzusehen. Und am Ende entkommt sogar der Räuber, wo gibt’s denn heute noch sowas?
In jedem Fall ein schönes Zeitdokument der 70er Jahre.
Dieser Dritte Tatort, indem Kressin als Zollfahnder sein Debüt hatte, ist mittlerweile bereits (seit Beendigung der damaligen Dreharbeiten; Erstausstrahlung war Anfang Januar 1971) über 50 Jahre alt. Schon deshalb gebührt es dieser Folge, erwähnt zu werden. Produziert vom WDR, aber die Dreharbeiten fanden in Hamburg statt, wo Kommissar Trimmel (allererster Tatort-Kommissar in der Folge „Taxi nach Leipzig“) parallel dazu ermittelte. Wahrscheinlich war damals die Zusammenarbeit zwischen WDR und NDR noch sehr eng gewesen. Die Figur Kressin (Schöpfung von Drehbuchautor Wolfgang Menge) war zu dieser Zeit ganz etwas Neues (jedenfalls in der deutschsprachigen Fernsehlandschaft). Insgesamt gab es von Kressin – als Zolloberinspektor – nur sieben Folgen; verglichen mit einigen heutigen Dauer-Tatort-Kommissaren.
Nennenswert ist, dass Kressin in dieser Folge keinen einzigen Meter mit einem Auto selbst fuhr, nur als Mitfahrer (auf dem Rücksitz eines kleinen Triumph-Cabrio) mit den beiden Mädels und am Ende folgte die Rückfahrt -nach Köln- mit der DB-Bahn. Somit erfolgte auch noch keine indirekte Werbung großer bekannter Automarken.
Da Kressin alias Sieghardt Rupp, damals ein gerngesehener Schauspieler meiner Mutter war, volle 5 Sterne.
Um mit Wolfgang Menges Kressin-Reihe warm zu werden, versteht man den Zollfahnder wohl am besten als James Bond-Parodie. In dieser Folge wird er vom Hamburger Kollegen Trimmel, dem er Amtshilfe leistet, sogar explizit so apostrophiert. Kressins extra dick aufgetragene progressive Sexualmoral und Lebemann-Attitüde wirken heute reichlich angestrengt. Deutlich amüsanter finde ich seinen Gegenspieler Sievers, der sitzt in dieser Folge nicht wie ein Bond-Schurke im Keller und spielt mit seinen Massenvernichtungswaffen, sondern fläzt sich in seiner Hamburger Villa auf dem Sofa oder dem Parkett und stellt Rundenrekorde mit seiner riesigen Carrera-Bahn auf. Die Villa steht direkt am Wasser und erweist sich als Schmuggler-Umschlagplatz mit Geheimgängen und verborgenen Kammern; Versatzstücke also, die wir aus den Edgar Wallace- und Durbridge-Krimis der 60 Jahre kennen. Die reichlich eingestreuten dunklen Hafenszenen könnten statt in Hamburg auch in London spielen. In anderen Szenen wirkt der Film dagegen wie eine touristische Hafenrundfahrt, auch die Lösung des Rätselworts „Libanon“ wird uns hier offenbart, das ist ganz charmant gemacht. Geradezu unterirdisches Niveau hat allerdings die Tonmischung, das Genuschel (ich habe mich hier noch nie über derartiges beklagt) ist gerade in der ersten Hälfte des Films über weite Strecken kaum zu verstehen.
Insgesamt eine Kuriosität, die man sich mal gönnen kann, wenn man ohnehin in leicht erheiterter Stimmung oder auf dem Retro-Trip ist. Sonst eher was für Soziologen, die den Wertewandel der frühen 70er Jahre sezieren wollen. Drei Sterne.
Ein Trashiges Machwerk mit einer etwas wackeligen Kameraführung. Trotzdem ist das gerade auch der Charmé der ersten Kressin Folge. Jedenfalls ist mir der Kressin sehr sympathisch. Dafür gibt’s 4 Sterne
Die Startnummer 003 unter den Tatort-Filmen aus dem Jahr 1971 und deshalb schon ein Nostalgie-Muss mit Sonderling Zollfahnder Oberinspektor Kressin aus Köln. Der Film ist auch noch für die Hauptsendezeiten geeignet.
Die Meinung vom 31.03.2015 halte ich.
Kressin war seiner Zeit noch Voraus, vieles sollte aber im Laufe der Jahre noch kommen. Siehe Götz George als Schimanski knapp 10 Jahre später. Somit war Kressin ein Vorreiter in einer sich damals ransant wandelnden Grsellschaft. Trotzdem war es damals noch zu früh. Und somit war im Juli 1973 schon wieder Schluss. Schade das er nie einen Vornamen hatte.
Gestern Nacht lief er wieder! Erstaunlich fand ich die teils großartige Besetzung in der noch so jungen, neuen Krimi-Reihe. Ich glaube kaum, dass heute ein Kollege vom Format eines Paul Verhoeven (hier: Prof. in der Rechtsmedizin; Schwiegervater von Senta Berger!) dieses Risiko eingehen würde. Schön war das Wiedersehen mit der viel zu jung verstorbenen Sabine Sinjen ( Jahre später war sie als heroinabhängige Tochter aus gutem Hause im Münchener Tatort zu sehen (damaliger Film-Vater und ihr Mörder der großartige Hans Caninenberg!).
Welche Überraschung, Jürgen Flimm als Ganove zu sehen. Wer konnte ahnen, dass er später mit seiner Intendanz am Hamburger Thalia Theater Geschichte schreiben und später noch die Salzburger Festspiele übernehmen würde.
Es gibt ja Leute, die dedektivisch sogen. „Schnittfehler“ in Filmen suchen. Wie kann es angehen, dass Kressin bei schönstem „Kaiserwetter“ (blauer Himmel, Sonnenschein) mit seinen Miezen im Schulauer Fährhaus sitzt und in der nächsten Szene die „Libanon“ im dicksten Nebel die Elbe hinauf gen Hafen fährt?!? Das war wirklich ein ganz grober Schnitzer.
Alles andere ist schon gesagt!
Immer mal wieder nett, den zu sehen!
Und „hier könnte man ja wirklich mal aufräumen“🤣🤣🤣 (der kam so herrlich trocken)
Von mir ⭐⭐⭐⭐
Interessante Arbeitseinstellung, dass ihn eine mögliche Straftat nicht weiter interessiert, wenn er im Urlaub ist. 🤣🤣🤣
Zu Baloo007
Ich stimme der Meinung von Baloo007 weitestgehend zu. Bei der Rolle der heroinabhängigen Tochter handelt es sich aber um eine Folge von „Der Kommissar“ mit dem Titel „Grauroter Morgen“ von 1971.
Diese Serie könnte auch mal wieder wiederholt werden.
gibt es in diesem Forum auch Kommentare zur Folge 0005 „Kressin und der Laster nach Lüttich“
hat sich erledigt
Den hatte ich doch schon vor drei Jahren kommentieren wollen, aber irgendwie ist mir der durchgerutscht – deshalb beachten: die Einleitung ist auf 2021 bezogen:
Meine Güte, 50 Jahre alt, so alt wie das BaFöG – das ist so ähnlich, wie wenn man sich 1971 einen Stummfilmklassiker von 1921 zu Gemüte geführt hätte, etwa Fritz Langs «Der müde Tod» oder F.W. Murnaus «Nosferatu».
Auftaktfolge also für die siebenteilige Mini-Reihe innerhalb des TO, doch gerade am dynamischen Zollinspektor scheiden sich die Geister: Trash für die einen, Kult für die anderen – egal, Hauptsache, man wird allemal gut unterhalten. Dafür sorgen Autor Wolfgang Menge, der vier von sieben Drehbüchern geliefert hat und schöne Bilder von Kameramann Jost Vacano («Das Boot») – seine Frau Renate assistierte hier Peter Beauvais bei der Regie.
Der Sonnyboy ist beileibe kein James-Bond-Verschnitt, da ist schon der dargestellte selbstbewußte Frauentyp ein völlig anderer – Zitat: „Erstens ist das nicht die Dame Tatjana sondern Ulrike, zweitens ist sie nicht Fräulein, sondern Frau, weil sie nämlich verheiratet ist.“
„Angenehm, aber ich bin auch verheiratet“. „Klar, sieht man doch auf’n ersten Blick“.
Trimmel: „Das sind nette Mädchen, netter als sie“.
Der Zollfahnder urlaubt, wird als Diplom-Packer bezeichnet und ist diesmal mit einem Damen-Duo unterwegs, was etliche Gelegenheiten zu Frotzeleien bietet wie diese hier: „Bist du schon lange verlobt?“ Antwort: „Was heißt lange? Immer, ich bin immer verlobt!“
„Warum bist du eigentlich zum Zoll gegangen? Komisch – du?“
„Als ich mit 18 anfing, war in meinem Lieblingsberuf nichts mehr frei“
„Und was war das?“
„Rentner, zuerst Rentnerlehrling, dann Jungrentner und schließlich Rentnergeselle“.
Die aparte Doppelbegleitung bilden die viel zu früh verstorbenen Sabine Sinjen (1995) und Eva Renzi (2005).
Er ist nicht ganz so fit im Kopfrechnen, unterschlägt bei der Multiplikation von 380×20 schon mal eine Null und kommt auf 760,- Mark, worauf Höffgen korrigierend „7.600,-“ einwirft und zur Antwort bekommt: „Ach, sie mit ihren Nullen!“
„Drei Wochen auf’m Musikdampfer und schon Käpt’n, was?“ ist beim sog. „Wasserschlößchen“ zu hören, diesen Drehort kennen wir schon aus diversen Wallace-Verfilmungen und der Stoever-Folge «Undercover-Camping».
Kressin macht hier erstmals Bekanntschaft mit dem ominösen Sievers, der mit einer riesigen Carrera-Bahn im großen Maßstab 1:24, verteilt auf zwei Räume spielt, mit Loopings & Steilkurven – Traum vieler Jungs in den 70er Jahren: Standardmodelle Porsche Carrera 6 und Ferrari Dino, dazu Cobra Daytona und McLaren – da ging die Post ab!
Die Grundpackung „Targa Florio“ kostete 160,- D-Mark, die kleinere Universal 132 „Gran Turismo“ etwa die Hälfte und war somit eher erschwinglich (das 8-Ampere-Netzteil zum Betrieb einer vierspurigen Bahn kostete ebenfalls 160 Märker!).
Reizvoller Fuhrpark im 1:1-Maßstab: der flotte 1966er Sunbeam Alpine Series V von 1966 (kein Modell ‚Tiger‘ und auch kein Triumph! – war in Dtld. extrem selten), Opel Rekord Caravan C und eine kuriose Kemna-(Deutz)-Straßenwalze, die eine entscheidende Rolle spielt.
Der Todessturz aus der Tür ist für sich schon ziemlich perfide (Merke: Import/Export ist immer verdächtig), aber dann wird der Handlanger Ben Kanitz noch mit einem Motorboot zu Tode gebracht – ausgerechnet von Denes Törzs, der den großen Schweiger mit der Sonnenbrille namens Taraklides mimt. Bis auf einige Worte am Ende ist von ihm nichts zu hören („Du, ich glaub, da hinten war was“) – Zuschauer des NDR kennen ihn jedoch als langjährigen, wortgewandten Ansager mit dem Faible für geschmackvolle Pullover (zu festlichen Anlässen gern mit Fliege kombiniert), dem wir bis zu seinem Abschied 2004 die launigen Anmoderationen zum legendären Silvesterklassiker «Dinner for One» verdanken.
In diesem Zusammenhang ein Gruß an Alex – Stichwort: Pentax Spotmatic/Budapest 1986!
Weitere Namen sind erwähnenswert:
Jürgen Flimm, Regisseur und legendärer Intendant des Hamburger Thalia-Theaters, der verschiedentlich in kleinere Rollen schlüpfte, so wie im TO «Eine todsichere Sache» (1974) oder «Engel aus Eisen» (1981) nach dem Roman von Thomas Brasch.
Als Mittelsmann Aram agiert Günter Heising, er wird uns vier Mal als Brammers Assistent KOM Henkel begegnen (z.B. in «Kneipenbekanntschaft»/1974 und «Mordgedanken»/1975).
Gerda Gmelin, die noch häufiger auftreten wird, ist die Filialleiterin im Reisebüro, ihre Angestellte ist Antje Doutiné, später Moderatorin beim NDR (1985-88 beim Regionalmagazin Hamburger Journal).
Paul Verhoeven (war der Waffenhändler Nobiling in «Der Mann mit dem gelben Koffer») als Prof. Petersen, Gerichtsmediziner alter Schule, referiert ausführlich über die Präparierung zur Sicherung von Fingerabdrücken und meint zur Todesursache: „An Altersschwäche ist er nicht gestorben“.
„Mit Puder, Wachs und Schminke wird er wie neu“, so Trimmels Adlatus Höffgen im O-Ton; mit dem Zollfahnder harmoniert er beim Sprücheklopfen: „Habt ihr denn in Köln öfter Leichen zu verzollen?“
Ob Trimmel und er jemals Freunde werden? Schwer vorstellbar angesichts des süffisanten Grinsen Trimmels, als er den lädierten Zollfahnder im Hotelzimmer trifft!
Geboten wird eine Stadtrundfahrt: Die Fahrt mit dem Alsterschiff vom Jungfernstieg bis Winterhude kostete noch 80 Pfennige und konnte mit normalem Fahrschein im Rahmen des Hamburger Verkehrsverbundes genutzt werden!
Dazu jede Menge Hamburgensien: Original ist das ehemalige Polizeipräsidium am Berliner Tor (heute in Alsterdorf angesiedelt), Elbchaussee, Anleger Neumühlen, Konditern im Alster-Pavillion, Speicherstadt, Willkomm-Höft in Schulau, wo sich schließlich der Begriff ‚Libanon‘ auflöst.
Die Hansestadt hat ihm jedoch nicht so gefallen, wie er beim Abschied im Zug äußert: „Ne, ne, so schön ist Hamburg nun auch wieder nicht“ – ganz meine Meinung …
Beim Elb-Törn mit der ‚Alten Liebe‘ von Cuxhaven nach Hamburg zu Beginn ist im Hintergrund das mittlerweile abgeschaltete AKW Stade-Bützfleet am Ufer zu sehen: Der Vater eines Schulkameraden war dort als Techniker beim Aufbau tätig und mußte noch zu Lebzeiten mitansehen, wie mit dem Rückbau und Abriß begonnen wurde – auch irgendwie bitter …
Ich habe immer versucht die Sievers Villa zu entdecken, aber vergeblich. Weiß einer wo die steht in Hamburg ?
@Nick
Die Lokalisierung ist nahezu unmöglich, es gibt keine konkreten Hinweise auf den Standort und keine Totalansicht der Villa.
Beim Schnelldurchlauf hab ich lediglich ein Straßenschild an einer Kreuzung bemerkt (bei Min. 43:30, als Kressin aus dem Taxi aussteigt), das den Standort verraten könnte – durch den Kameraschwenk und die schlechte Auflösung ist es leider nicht lesbar.
Da wäre eine Abtastung in HD – so sie denn mal irgendwann käme, sicherlich hilfreich.