Kurz und knapp – darum geht’s
Der junge Bankkaufmann Johannes Stein hat sich in den Frankfurter Finanzkreisen einen Namen als vermeintliches Genie gemacht und genießt blindes Vertrauen. Mit gefälschten Goldbarren, die in Wahrheit aus Blei bestehen und nur außen vergoldet sind, lockt er wohlhabende Kunden in ein vermeintlich lukratives Anlagegeschäft. Doch als sein Komplize, der Metallarbeiter Günther Ackermann, bei der Herstellung der Barren zu viel Gold für sich abzweigt, wird die Fälschung erkennbar. Als Kommissar Konrad die Spur der Betrügereien aufnimmt, ahnen die betrogenen Anleger nicht, dass sich ihr Finanzberater längst nach Paris abgesetzt hat, um dort neue Opfer zu finden…
Inhalt der Tatort-Folge „Frankfurter Gold“
Mürrisch öffnet Kommissar Konrad die Archivtür, zieht eine Akte heraus und wendet sich direkt an die Zuschauer: „Hoffentlich haben Sie mehr Spaß dabei als ich.“ In der neongrellen Welt der Frankfurter Börse hat sich unterdessen der ehrgeizige Johannes Stein einen Namen gemacht. Das metallische Klingeln der Telefonleitungen und das hektische Rauschen der Kurslisten bilden die Geräuschkulisse für seine Geschäfte, die ihm Tür und Tor in die feine Gesellschaft öffnen.
Die markanten Frankfurter Wolkenkratzer spiegeln sich im Sonnenlicht wie glänzende Goldbarren – eine passende Kulisse für Steins Betrugsmasche. Kommissar Konrad hingegen wirkt fehl am Platz in dieser Welt des großen Geldes. Anders als seine Kollegen aus anderen Städten gibt er kaum etwas von sich preis, bleibt distanziert und enigmatisch. Seine Ermittlungsmethode besteht darin, akribisch Aktenmaterial zu sichten und die Aussagen der Beteiligten zu analysieren – wie ein Goldwäscher, der in einem trüben Fluss nach wertvollen Nuggets sucht.
In hessischem Dialekt erklärt der vorbestrafte Metallarbeiter Günther Ackermann, wie er in seiner improvisierten Werkstatt im Taunus die täuschend echten Goldbarren herstellt: „Blei mit ner dünnen Schicht Gold drüber – die Idioten merken’s eh net.“ Die Herstellung der Barren gleicht einem finsteren Alchemistenprozess, bei dem statt Gold nur Misstrauen und Verderben entstehen. Die Wimper-Familie, angeführt vom patriarchalischen Jean, fällt auf Steins charmante Überzeugungskraft herein und investiert Vermögen in die angeblich sichere Geldanlage.
Als der Kegelbruder Teufel misstrauisch an einem der Barren kratzt und darunter das graue Blei zum Vorschein kommt, beginnt Steins sorgfältig errichtetes Kartenhaus zusammenzubrechen. Die verzweifelten Versuche seiner Verlobten Barbara, ihn zur Vernunft zu bringen, prallen an seiner narzisstischen Selbstüberschätzung ab. Während Steins Flucht über die Grenze nach Frankreich nimmt sein Größenwahn immer absurdere Züge an – wie ein Kapitän, der sein sinkendes Schiff nicht verlassen will und stattdessen neue Passagiere an Bord holt.
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Frankfurter Gold“ wurde vom Hessischen Rundfunk produziert und am 4. April 1971 erstmals im Ersten Programm der ARD ausgestrahlt. Es war die sechste Folge der Krimireihe insgesamt und die erste mit Klaus Höhne als Kommissar Konrad, der bis 1979 insgesamt acht Fälle lösen sollte. Bei seiner Fernsehpremiere erreichte der Film einen beachtlichen Marktanteil von 55 Prozent.
Die Besetzung glänzt mit Stars wie Michael Gruner als Johannes Stein, Hans Christian Blech als Metallarbeiter Günther Ackermann, Fritz Rasp als Jean Wimper und Ilona Grübel als Steins Verlobte. In Nebenrollen sind unter anderem Günter Strack und Rolf Schimpf zu sehen, die später selbst zu bekannten TV-Ermittlern wurden.
Was die Produktion besonders bemerkenswert macht: Die Geschichte basiert auf dem wahren Kriminalfall des Betrügers Joachim Blum, der in den 1960er-Jahren illegal mit vergoldeten Bleibarren handelte. Regisseur und Drehbuchautor Eberhard Fechner hatte für die Recherche stundenlange Gespräche mit Blum geführt und diese auf Tonband festgehalten. Einige Szenen wurden sogar in der Original-Werkstatt des Goldbarren-Fälschers Helmut Enders im Taunus gedreht.
Für Kontroverse sorgte, dass der Tatort zwei Jahre vor Beginn der eigentlichen Strafverhandlung gegen Blum ausgestrahlt wurde. Blums Anwalt Hanns Schalast reichte rechtliche Schritte gegen den HR ein und sprach von einer „Fernsehhinrichtung“, da er seinen Mandanten durch den Film in der Öffentlichkeit vorverurteilt sah. Trotz der versuchten einstweiligen Verfügung konnte die Ausstrahlung nicht verhindert werden.
Der Film gilt heute als stilprägend für experimentelle Tatort-Folgen und besticht durch seinen dokumentarischen Charakter. Ungewöhnlich für die Krimireihe: Es gibt keinen Mord und keine Leiche – eine seltene Ausnahme in der westdeutschen Krimireihe.
Gegen alte Tatorte ist nichts zu sagen, der DVD-Verkauf zeigt, daß die Leute das sehen wollen. Senden statt verkaufen sollen sie! Aber hier nun wieder den Abspann geschlachtet. Diese Kulturbanausen! Bei verzigfachung der Sendezeit noch nichtmal am Samstag nach Mitternacht Zeit, die Filme vollständig zu zeigen. Das greift immer mehr um sich, Bayern hat angefangen, von WDR und N3 abgesehen machen es mittlerweile alle.
Richtig lesen? Richtig schreiben! Standard schreibt man mit D.
Hervorragend….endlich mal eine alte Folge, bei der einem nicht gleich die Füße einschlafen…ganz klar 5 Sterne
Diesen Tatort aus dem Jahr 1971 empfehle ich allen, die hier so gerne vorgeben, genau zu wissen, wie ein Tatort aussehen muss und dass es keinesfalls anders sein darf…
Pustekuchen! In „Frankfurter Gold“: Kein Mord, sondern eine Finanzbetrügerei. Kein lustiges Täterraten, der ist von Anfang an bekannt. Dazu eine spielerisch leichte Inszenierung, in der die Schauspieler (die zu den Besten und Bekanntesten ihrer Zeit gehören) immer mal wieder in die Kamera schauen und mit uns reden dürfen.
Zudem ist die Geschichte vom Finanzhochstapler gar nicht mal so unaktuell, auch wenn die Bänker in Zeiten des Hochfrequenzhandels über die damalige Gemächlichkeit „auf den Märkten“ milde lächeln werden.
Interessantes Thema, schöne Erzählweise, sorgfältige Produktion – sicher ein Kandidat für eine Best-of-DVD der frühen Tatort-Jahre.
Jetzt erst gesehen: Dieser Klassiker ist in der Tat auf dieser DVD vertreten…
http://tatort-fans.de/tatort-dvd/tatort-frankfurt-box/
Der Tatort Nummer 006. Den habe ich noch nicht gesehen, hätte damals wahrscheinlich auch “ smoke on the water “ vorgezogen. Aber wer noch in den 1960zigern und anfänglichen 1970zigern in der kaufmännischen Lehre war, weiß noch, das diese Erzählform und die, heute als umständlich gesehenen, Umgangsformen üblich waren. Der Film zeigte doch auf, daß man an Frankfurter Gold nicht ohne Danziger Goldwasser herankommt. Im Grunde auch heute noch unter Hochstablern üblich und in den Jahrhunderten davor sicherlich auch. Und immer machen diese von sich selbst überzeugten Typen die gleichen Fehler. Hauptkommissar Konrad hat sich ein wenig dünne gemacht in diesem Streifen, dieses schien aber insgesamt auch in seinen späteren Fällen schon mal vorgekommen zu sein. Naja, mit 40 Jahren, ein wenig Rheuma, Alleinverdiener, kinderlos und eine Hausfrau als Ehegattin kann das schon mal vorkommen. Aber letztlich hat er 8 Folgen durchgehalten. Die Milch macht `s.
Ich gründe den Club 200. Der umfaßt alle diejenigen, die nur noch die TOe 1-200 gelten lassen wollen.
Alle anderen fliegen raus.
Ein großartiger Tatort! Welche Qualität die Schauspieler dieser Zeit noch hatten. Ohne undeutliches Genuschel, überspannte Gags und hektische Schnitte ist die Handlung stringent und logisch aufgebaut.
Auch fehlt die heute zum Teil übliche aufdringliche Musik.
Endlich mal was Gutes am Samstagabend, leider nicht die Regel…
Richtig guter früher Tatort. Hier gibt es Mal keinen Mörder und wirkliche Ermittlungsarbeit sieht auch anders aus. Kommissar Konrad spielt nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch ist die Geschichte so gut erzählt daß man 86 min sehr sehr gut unterhalten wird
Hab den damals in der Erstausstrahlung gesehen und auch die Wiederholungen. Erfrischend unaufgeregt und trotzdem unterhaltsam. So war das zu dieser Zeit. Es wurde auf andere Sachen Wert gelegt wie heute. Für mich ein echter Klassiker. Wundere mich nur das Günther Strack nicht mit einer Silbe erwähnt wird. Auch nicht in der Besetzungsliste…
Im Abspann wird Günther Strack genannt.
Die damaligen Schauspieler wiederzusehen, hat wirklich Spaß gemacht. Da waren auch kleine Rollen mit bekannten Namen besetzt. Lediglich der Hauptdarsteller war mir gänzlich unbekannt,
Was jetzt aber die Krimihandlung anbelangt, na ja….. Da war jeder Felmy- oder Schwartzkopf-Tatort deutlich spannender.
Dieser wirklich empfehlenswerte Tatort beruht offensichtlich auf einem wahren Kriminalfall:
Siehe den Wikipedia-Eintrag zu „Tatort Frankfurter Gold“, Link in Einzelnachweis Nr 5:
PROZESSE: Fast begnadet. In: Der Spiegel. Nr. 19, 1973, S. 83–86 (online – 7. Mai 1973).
Und wie schon der alte Geheimrat wusste: Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles 😉
Diesen Klassiker habe ich 2020 das letzte Mal gesehen. So gut erzählt und extrem spannend. Der halb Dokumentarische Found Footage Stil köstlich. 5 Sterne