Kurz und knapp – darum geht’s
Eine junge Frau wird mit Zyankali vergiftet in einem Essener Park gefunden – die Spuren führen schnell zum Fabrikanten Martin Koenen, der die Anhalterin am Abend zuvor mit nach Hause genommen hatte. Doch trotz erdrückender Beweise zweifelt Kommissar Haferkamp an Koenens Schuld und richtet seinen Blick stattdessen auf dessen deutlich jüngere, snobistische Ehefrau Petra, die zur Tatzeit angeblich auf Sylt weilte. Als Haferkamp mit seiner Ex-Frau Ingrid in die High-Society-Welt der verdächtigen Gattin eintaucht, macht er eine überraschende Entdeckung, die den scheinbar eindeutigen Fall in ein völlig neues Licht rückt…
Inhalt der Tatort-Folge „Wodka Bitter-Lemon“
Regentropfen trommeln gegen die Fensterscheiben, als der einsame Fabrikbesitzer Martin Koenen spätabends vergeblich versucht, seine Frau Petra zu erreichen. Der melancholische Klang des Telefons bleibt unbeantwortet. Auf dem Nachhauseweg sieht Koenen im schummrigen Licht einer Diskothek eine durchnässte junge Frau am Straßenrand stehen – Irene Lersch hat ihren Bus verpasst und steigt dankbar in sein Auto. Die nächtliche Begegnung führt in Koenens luxuriöses Heim, wo er dem Mädchen einen Drink anbietet: Wodka Bitter-Lemon. Unsicher und verklemmt verlässt er kurz den Raum, und als er zurückkehrt, liegt Irene tot auf seinem Teppich.
In der grauen Morgenluft des Ruhrgebiets steht Kommissar Haferkamp vor einem Rätsel. Die mit Zyankali vergiftete Leiche wurde im Park deponiert, und alle Spuren deuten auf den nervösen Fabrikanten Koenen. „Das Gift war so bitter wie die Wahrheit“, murmelt Haferkamp, als er die Ermittlungen aufnimmt. Der Kommissar, selbst von persönlichen Ehedramen gezeichnet, setzt auf seine Intuition und beginnt, an der offensichtlichen Lösung zu zweifeln. Während andere Polizisten den Fall bereits als gelöst betrachten, bohrt Haferkamp tiefer – einsam wie ein Bergmann, der in den dunklen Stollen des Ruhrgebiets nach der verborgenen Wahrheit schürft.
Die Befragung von Koenen bringt wenig: Er gesteht zwar, die Leiche beseitigt zu haben, bestreitet aber den Mord. Haferkamps Blick wandert zu Koenens attraktiver, wesentlich jüngerer Ehefrau Petra, die zur Tatzeit angeblich nicht in der Stadt war. Die Ermittlungen gleichen nun einem Schachspiel, bei dem jeder Zug eine neue Überraschung bringt. Haferkamp bittet seine Ex-Frau Ingrid um Hilfe, und gemeinsam folgen sie der Spur nach Sylt, wo sich Frau Koenen in mondänen Kreisen bewegt und offenbar eine Affäre mit dem charmanten Playboy Joschi pflegt.
Bei einer schillernden Strandparty macht Ingrid eine folgenschwere Entdeckung: Eiswürfel können als Versteck für allerlei Überraschungen dienen – auch für tödliches Gift. Als Haferkamp erfährt, dass Petra Koenen Zugang zu Zyankali aus ihrer früheren Tätigkeit als Goldschmiedin hatte, fügen sich die Puzzleteile langsam zusammen. Doch um seine Theorie zu beweisen, muss der Kommissar noch tiefer in die zerrüttete Ehe des Fabrikanten eintauchen…
Hinter den Kulissen
Der WDR-Tatort „Wodka Bitter-Lemon“ wurde als Jubiläumsfolge am 13. April 1975 erstmals ausgestrahlt und markiert einen besonderen Meilenstein in der Geschichte der beliebten Krimireihe – es war die 50. Episode insgesamt und der vierte Fall für den Essener Ermittler Heinz Haferkamp. Die Dreharbeiten fanden an verschiedenen Orten im Ruhrgebiet und Rheinland statt: im noblen Briller Viertel in Wuppertal (das Anwesen der Familie Koenen), am historischen Schloss Hugenpoet in Kettwig (Ausrittszene), auf dem Burgplatz in Düsseldorf, an der Essener Polizei-Leitstelle, am Flughafen Düsseldorf sowie auf der Nordseeinsel Sylt.
In der Besetzung glänzt Hansjörg Felmy als eigenbrötlerischer Kommissar Haferkamp, unterstützt von einem beeindruckenden Ensemble: Heinz Bennent (bekannt aus Derrick und Der Alte) verkörpert den verzweifelten Fabrikanten Martin Koenen, während Claudia Amm als seine untreue Ehefrau Petra zu sehen ist. In weiteren Rollen brillieren Filmlegenden wie Lil Dagover und Margot Trooger sowie der junge Sky Dumont als verführerischer Playboy Joschi. Auch der Münchner Tatort-Kommissar Gustl Bayerhammer hat einen Gastauftritt als Veigl.
Mit einer Einschaltquote von beachtlichen 55 Prozent wurde „Wodka Bitter-Lemon“ zu einem der erfolgreichsten Haferkamp-Fälle. Nach seiner Erstausstrahlung war der Film lange Zeit selten im Fernsehen zu sehen – zwischen März 2003 und Februar 2010 verstrich eine siebenjährige Pause, bevor die Wiederholung fast schon wie eine Premiere wirkte. Besonders charakteristisch für diesen Fall ist die Zweiteilung der Geschichte, ein typisches Stilmittel früher Tatort-Folgen: Während die erste Hälfte den vermeintlichen Täter Koenen in den Fokus rückt, konzentriert sich die zweite Hälfte ganz auf die Ermittlungen gegen seine Ehefrau – eine dramaturgische Besonderheit, die bei Fans bis heute Anklang findet.
Ein Gesellschaftskrimi erster Güte.
Freund Zufall steht Pate, ein Fabrikboß, alkoholisiert, gelangweilt und frustriert, ist auf Abenteuer und Ablenkung aus . . .
Eine viel zu junge, gemoppte Ehefrau braucht Geld für ihren Liebhaber, die Eiswürfel sind mit Zyankali präpariert . .
Dann geht’s Schlag auf Schlag, ohne das hier rasante Schnitte das Tempo anheizen müßten – nein, das ist so folgerichtig und unaufgeregt erzählt, es ist auf jedem
Meter Film so faszinierend!
Da stimmt jede Szene, jedes Bild, ein Fest für Auge und Ohr,
es ist auch ein sehr „leiser“ Film, kein Schuß,
keine Waffe ist zu sehen –
und trotzdem, ein spannender und psychologisch stimmig
aufgebauter Krimi.
Die Schauspieler!, grandios hier ein Wiedersehen mit der
„Prüsseliese“, Pippi’s selbsternannte Gouvernante,
die Lady Milton, die Frau vom Hexer –
großartige Margot Trooger – Die Stimme !!!,
Lil Dagover, Sabine von Maydell . . nicht zuletzt
Felmy & Karin Eickelbaum, Haferkamps auf Sylt,
-was ist da an Zeitgeist eingefangen, Musik, Klamotten,
ein Fest für die Sinne!-
ein Sky Dumont schon in jungen Jahren genau so unsymphatisch und überheblich wie in fast allen Rollen,
DER hat ja immer nur er selbst sein müssen . . .
So traumhaft schönes Kino, 2 Handlungsstränge genial
verknüpft von, ja, von DEM Henry Kolarz – „Die Gentleman bitten zur Kasse“-Mann, 1963, Journalist & Drehbuchmann, der sein Fach verstand, als beschämendes Beispiel für so manch‘ dilettantischen Müll heute!
Einer der Juwelen überhaupt, Tatort-Klassiker made by wdr, Haferkamp . . .
LG Peter
So dämlich sind selbst Haferkamp-Folgen selten. Wie so oft: Eine Leiche, Verdächtiger (?) könnte die Polizei rufen, nimmt auch das Telefon, legt aber wieder auf. Die Dialoge wie bei Derrick. Ebenso die Villa. Auch die ehrenwerten Damen Trooger und Dagover hätte man sich sparen können. Die Idee mit dem Eiswürfel – das einzige Highlight dieser Story. Aber wohl vielleicht kopiert.
Da waren einige Folgen aus Essen wesentlich besser.
Hallo Peter!
In den meisten Punkten kann ich Dir beipflichten, was die Besetzung des Tatort „Wodka Bitter-Lemin“ betrifft. Nur in Bezug auf den Schauspieler Sky Dumont lege ich ein Veto ein: mein Mann, meine Tochter und ich sind ihm mit seiner Familie in Berlin auf der Straße begegnet und er war ganz und gar nicht arrogant (so dachte ich auch früher über den Schauspieler), wie er in manchen Rollen ‚rüberkommt. Ganz im Gegenteil: er war gesprächig, freundlich und humorvoll. Das lag in erster Linie daran, dass er uns mit seiner Frau und seiner Tochter (gleichen Alters wie meine) begegnete. Da kam ein kurzes, aber herzliches Gespräch zustande.
Der Tatort Nummer 50. Oberkommissar Haferkamp sowie sein Kollege Kreutzer aus Essen ermitteln in einem mysteriösen Todesfall. Ein junges Mädchen wurde vergiftet aufgefunden, ihr Chef und Großunternehmer gerät schnell ins Visier der Fahnder, schon aufgrund einer Zeugenaussage. Es entwickelte sich ein spannend wirkender Krimi, in dem auch Hauptkommissar Veigl aus München mit einbezogen wurde. Der Fall wird geklärt, auf der schönen Insel Sylt. Ein eiskalt geplanter Mord traf die falsche Person. Diesen Tatort habe ich in der Erstausstrahlung gesehen, war doch KHK Haferkamp, neben KHK Finke aus Kiel, mein Lieblingskommissar im damaligen TV. Damals hätte ich jedoch nie gedacht, daß alle vorkommenden Orte im Krimi, einschließlich Düsseldorf und München, einmal zu meinen Arbeitsbereichen zählen sollten. Deshalb die Preise auf Sylt kennend, hätte KHK Haferkamp seinen bestellten Whisky doch wenigstens probieren können. Auf der Straße, welche die Mörderin in ihrem Porsche Targa am Essener Polizeipräsidium heruntergefahren ist, bin ich vor wenigen Tagen noch selbst entlang gefahren. Sieht alles heute noch genauso aus, nur die Automodelle haben sich geändert. Sehenswerter, nostalgischer Tatort mit sympathischen Schauspielern.
Ein Hauch von Villa Hügel weht durch diesen Tatort aus der feinen Essener Gesellschaft. Eine gute Stunde bringt der schnieke Kommissar Haferkamp mit einfallslosen, unpointieren Salongesprächen zu, bevor er auf den Dreh kommt, seine Ex-Frau als verdeckte Ermittlerin auf Sylt, dem Feriendomizil der Hauptverdächtigen einzusetzen – womit der Plot dann wenigstens ein klein bisschen an Fahrt gewinnt. Prompt findet sie des Eiswürfels Kern, und die Verdächtigen knicken gleich bei der nächsten Befragung ein.
Was war das für eine begnadet einfältige Epoche Ende des vorigen Jahrtausends, als ein Kommissar, der geschieden ist und sein Ex dennoch nicht einfach zum Teufel jagt, sondern fleißig mit ihr weiter techtelmechtelt, ein heißes Montags-Kantinengespräch war. Und der Kommissar Veigl aus München darf auch mal mit dem Kollegen „Haferlkamp“ telefonieren und ein paar Sätze aufsagen. Das mit dem „Haferlkamp“ darf man angesichts der übrigen Ödnis dieses TO vermutlich schon so etwas wie Esprit nennen.
Den spannenden Gesellschaftskrimi hab ich hier nicht gefunden, immerhin hab ich knapp den Kampf gegen den Schlaf gewonnen. Wer auf der Suche nach alten TO-Preziosen ist, kann beruhigt woanders anfangen, finde ich. Zwei Sterne sind geschmeichelt.
Etwas unharmonischer TO, mit einer gewissen Stereotypie der Darstellung der High Society im Ruhrpott.
Bemerkenswert ist noch, daß die Täterin als Frau ein ausgesprochener Hosentyp ist. Röcke stehen ihr, wie man sehen kann, überhaupt nicht; so attraktiv sie insgesamt auch sonst wirkt. Aber im Reitdress, hoch zu Pferde, wow!
Das war noch das Beste.
Die Täterin war am Tatabend nicht auf Sylt, sondern in München. Daher auch Veigl als Gastkommissar.
Mittlerweile schon des Öfteren gesehen (da auf DVD), immer wieder sehenswert. Feine Dramaturgie, Kammerspiel wechselt auf lokal weite Handlung. Man kommt nah ran an die Emotionen der Protagonisten, spannend arrangiert.
Natürlich würde man heute die Dialoge etwas anders anlegen, auch die Kamera anders führen.
Für mich einer der besten Haferkamps!
In Erinnerung bleiben eigentlich nur die Szenen auf Sylt. Sonst ist es eher ein behäbiger langsamer 50ster Tatort. Haferkamp + Kreutzer in einem Soliden Fall.
Sehr guter Tatort, spannend bis zum Schluss, vor allem auch als angedeutete Milieustudie einer distinguierten, gehobenen Gesellschaft, und auf Grund dessen auch in der anfänglichen Reaktion des zunächst Verdächtigen nicht unlogisch, der auch den Zyankaligeruch wahrgenommen hatte und von einem Suizid ausgehen konnte, und nur noch daran denkt, wie er großes Aufsehen vermeiden kann.
Interessant der filmische Fehler um Minute 54, als Haferkamp und Petra Koenen in ihrem Porsche wegfahren und sie dabei ihr Haar nebst Hut offen trägt, sie am Ziel dann aber wieder ein. Kopftuch trägt wie bei der Hinfahrt.
Außerdem fällt auf, dass es den sogenannten „Deppenapostroph“ bereits damals gegeben hat.
Ein wirklich guter Tatort, ich mag die Folge besonders gerne. Auch die Drehorte sind perfekt ausgesucht. Die Schauspieler spielen das Geschehen sehr überzeugend. Wenn ich auf den Weg ins Büro an dem Burgplatz in Düsseldorf vorbei komme muss ich immer an die Scene im Kaffee denken. Den gelben Porsche hätte ich gerne in meiner Tiefgarage stehen. ❤️
Ein „Nostalgie“ – Tatort aus dem Archiv des Westdeutschen Rundfunks mit der Nummer 050 und aus dem Jahr 1975. Mit einer der besten der Felmy-Reihe und so`n Porsche bekommt man heute auf dem Classic-Markt relativ schnell.
Meine Meinung vom 12.08.2015 halte ich.