Kurz und knapp – darum geht’s

Ein brutaler Serienmörder versetzt Hamburg in Angst und Schrecken: Nach drei getöteten jungen Frauen wird nun die Prostituierte Angelika Brock das vierte Opfer. Hauptkommissar Paul Trimmel und seine Kollegen nehmen ihren Freund Conny Schiefelbeck fest, da Beweise gegen ihn sprechen – doch dann überlebt eine Frau einen weiteren Angriff und kann einen ganz anderen Täter identifizieren. Als Trimmel einen Zusammenhang mit einem älteren Fall in Bonn entdeckt und dabei auf den Staranwalt Roland Zanck stößt, der sowohl Schiefelbeck als auch einen möglicherweise unschuldig Verurteilten vertritt, gerät er in einen moralischen und juristischen Konflikt, dessen Konsequenzen nicht mehr rückgängig zu machen sind…

Inhalt der Tatort-Folge „Trimmel hält ein Plädoyer“

Im milchigen Morgenlicht des Hamburger Flughafens wird eine Frauenleiche entdeckt. Hauptkommissar Paul Trimmel, dessen kantiges Gesicht die Erschöpfung eines einjährigen Ermittlungsmarathons zeigt, steht unter Druck. Die Zeitungen berichten täglich über den Serienmörder, der bereits drei junge Frauen vergewaltigt und getötet hat. Nun liegt mit Angelika Brock das vierte Opfer vor ihm – doch etwas ist anders: Ihre Handtasche fehlt.

„Wir brauchen endlich ein Ergebnis!“, fordert Trimmels Vorgesetzter im verrauchten Besprechungsraum des Polizeipräsidiums. Der erfahrene Kommissar bleibt äußerlich ruhig, obwohl die Ermittlungen kaum vorankommen. Als ein junger Mann namens Conny Schiefelbeck eine zerrissene 500-DM-Note einlösen will, deren Seriennummer mit der des letzten Freiers von Angelika Brock übereinstimmt, scheint der Fall gelöst. Blutspuren im Auto und auf dem Geldschein sprechen gegen Schiefelbeck.

„Ich habe sie nur nach Hause gefahren“, behauptet der Verdächtige während des Verhörs, bevor er auf Anraten seines Anwalts Roland Zanck die Aussage verweigert. Der elegante Staranwalt, dessen scharfsinnige Plädoyers vor Gericht gefürchtet sind, konfrontiert Trimmel bei einem abendlichen Gespräch: „Mein Mandant hat nichts mit Ihrem Serienmörder zu tun. Er ist zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.“

Die nebelverhangenen Straßen Hamburgs werden zum Schauplatz einer weiteren Attacke, als der vorbestrafte Otto Brüske in einer Kleingartenanlage Irene Marcks überfällt. Wie ein rettender Engel tauchen zwei Streifenpolizisten auf und verhindern den Mord in letzter Sekunde. Brüske flieht, wird aber später gestellt. Sein Sturz aus dem Fenster während des Fluchtversuchs besiegelt sein Schicksal: Im Dämmerzustand gesteht er Trimmel vier Morde.

Doch Trimmel, dessen Instinkt ihm noch nie einen Streich gespielt hat, ist nicht überzeugt. „Die Wahrheit ist wie ein scheues Reh, man muss geduldig sein“, murmelt er, als er bundesweit nach ähnlichen Fällen sucht. Seine Beharrlichkeit führt ihn nach Bonn, wo er im Gefängnis auf Johannes Hees trifft – einen Mann, der wegen eines identischen Mordes verurteilt wurde. Hees beteuert seine Unschuld und deutet an, dass sein damaliger Freund und Arbeitskollege Brüske ihn falsch belastet haben könnte.

Die Ermittlung gleicht einem Schachspiel, bei dem Trimmel mit jedem Zug tiefer in ein moralisches Dilemma gerät. Als er erfährt, dass Zanck nun auch Hees vertritt und sich ein überhöhtes Erfolgshonorar sichern will, kommt es zur dramatischen Konfrontation: „Was Sie tun, ist Parteienverrat!“, donnert Trimmel dem Anwalt entgegen, dessen sonst so kühle Fassade erste Risse zeigt.

In den grauen Mauern des Bonner Gefängnisses spielt sich derweil eine Tragödie ab, deren Nachbeben Trimmel bis ins Mark erschüttern wird. Die Gerechtigkeit, für die er so leidenschaftlich kämpft, hat einen hohen Preis…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Trimmel hält ein Plädoyer“ ist die 86. Folge der beliebten Krimireihe und der neunte Fall des Hamburger Hauptkommissars Paul Trimmel, verkörpert vom charismatischen Walter Richter. Die Dreharbeiten fanden im Oktober und November 1977 in Hamburg und Umgebung sowie in Bonn statt.

Der vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) produzierte Krimi wurde am Ostermontag, dem 27. März 1978, im Ersten Deutschen Fernsehen erstausgestrahlt und erreichte einen beeindruckenden Marktanteil von 47,00 Prozent – fast jeder zweite Fernsehzuschauer verfolgte damals Trimmels Fall.

Die Folge behandelt nicht nur einen komplexen Kriminalfall, sondern thematisiert auch juristische und ethische Dilemmata der Strafverfolgung – ein wiederkehrendes Merkmal der frühen Tatort-Folgen, die häufig gesellschaftskritische Themen aufgriffen. Paul Trimmel, einer der ersten Ermittler der 1970 gestarteten Reihe, zeichnete sich durch seinen eigenwilligen Charakter und seinen unerschütterlichen Gerechtigkeitssinn aus.

Besonders hervorzuheben ist die Auseinandersetzung zwischen dem Kommissar und dem Staranwalt Roland Zanck, die das Spannungsfeld zwischen Strafverfolgung und Rechtsstaatlichkeit exemplarisch darstellt. Nach der Ausstrahlung wurde in juristischen Kreisen über die Frage des Parteienverrats und der anwaltlichen Ethik diskutiert, die im Film thematisiert wird.

Die für die damalige Zeit ungewöhnlich düstere Atmosphäre und die moralische Ambivalenz des Endes machen diese Folge zu einem bemerkenswerten Zeitdokument der deutschen Fernsehkriminalgeschichte.

Darsteller

Karl-Heinz Vosgerau (Roland Zanck) · Horst Michael Neutze (Otto Brüske) · Ulrich von Bock (Petersen) · Joachim Richert (Laumen) · Klaus Herm (Johannes Hees) · Peter Lehmbrock · Volker Eckstein (Conny Schiefelbeck) · Wolf-Dietrich Berg (Kriminaldirektor Derringer) · Petra Verena Milchert · Ferdinand Dux (Erich Schiefelbeck) · Hermann Günther (Adanczyk)

Stab

Regie: Peter Schulze-Rohr
Buch: Friedhelm Werremeier
Kamera: Nils-Peter Mahlau
Schnitt: Wiebke Köster
Produktion: NDR