Kurz und knapp – darum geht’s

Ein scheinbar gewöhnlicher Vormittag in Schleswig-Holstein verändert das Leben dreier Männer für immer: Nach einem erfolgreichen Banküberfall in der Kleinstadt Linden bleibt der Wagen des Bankräubers Piet Kallweit liegen, woraufhin er den Handelsvertreter Höllbrock als Fahrer zwingt und ins Visier des Polizisten Freidahl gerät. Als Kommissar Finke die Ermittlungen aufnimmt, findet er sich in einem verzwickten Fall wieder, in dem ein Polizist zwischen Pflicht und Versuchung steht. Während das gestohlene Geld spurlos verschwindet und ein Toter gefunden wird, ahnt Finke noch nicht, dass die Wahrheit viel näher liegt, als er vermutet…

Inhalt der Tatort-Folge „Kurzschluss“

Graue Wolken hängen über dem flachen Land Schleswig-Holsteins, als Polizeiobermeister Holger Freidahl mit seinem Dienstwagen über die Landstraße fährt. Das monotone Surren des Motors wird nur vom gelegentlichen Knacken der defekten Funkanlage unterbrochen – ein Kurzschluss, der ihn zur Werkstatt zwingt. Gedankenverloren blickt er auf die vorbeiziehende Landschaft, während ihn die Sorgen um seine Familie und die erdrückenden Schulden nicht loslassen.

Plötzlich schneidet ein Ford 17 M Kombi mit überhöhter Geschwindigkeit seinen Weg. Am Steuer Karl Höllbrock, ein Handelsvertreter mit müdem Blick und gebeugten Schultern, der trotz entzogenen Führerscheins unterwegs ist. Doch Höllbrock ist nicht allein – auf dem Rücksitz lauert Piet Kallweit, ein Bankräuber auf der Flucht, der den Vertreter mit vorgehaltener Waffe zu waghalsigen Fahrmanövern zwingt.

„Fahr schneller, oder ich drücke ab!“, zischt Kallweit, während der Polizeiwagen die Verfolgung aufnimmt. Freidahls Herz rast, als er ohne Verstärkung – sein Funk ist ja defekt – hinter dem Ford herjagt. Die Verfolgungsfahrt führt über schmale Landstraßen, durch kleine Ortschaften und entlang von Feldern, die im Frühlicht wie silbrige Seen schimmern.

Kommissar Finke, dessen scharfer Verstand schon manchen kniffligen Fall gelöst hat, wird erst später hinzugerufen. Mit seinem charakteristischen Gespür für Unstimmigkeiten bemerkt er schnell, dass an den Aussagen des Polizisten Freidahl etwas nicht stimmt. „Das Nummernschild war nicht erkennbar?“, fragt er skeptisch und zieht nachdenklich an seiner Zigarette. Finkes ruhige Art verbirgt einen hartnäckigen Ermittler, der nicht locker lässt, bis er der Wahrheit auf den Grund gegangen ist.

Die Jagd nach dem Bankräuber gleicht einem Katz-und-Maus-Spiel durch die norddeutsche Provinz, in der jeder jeden zu kennen scheint und doch Geheimnisse wie dichte Nebelschwaden über der Landschaft liegen. Als Freidahl im Wald auf die zurückgelassene Beute stößt, steht er vor einer Entscheidung, die sein Leben für immer verändern wird. Die Geldscheine in der Tasche scheinen ihm zuzuflüstern, wie leicht seine finanziellen Probleme gelöst werden könnten.

Währenddessen sitzt der Handelsvertreter Höllbrock in seinem Haus in Kiel und sieht im Fernsehen die Nachrichten über den Bankraub. Verwundert über die falschen Angaben zum Kennzeichen seines Wagens, bittet er seinen Nachbarn, es zur Probe abzulesen – ein fataler Fehler, wie sich zeigen wird.

In der nächtlichen Stille trifft Freidahl auf Kallweit, dessen kalte Augen keinen Zweifel daran lassen, dass er alles tun wird, um an das Geld zu kommen. „Wir stecken beide drin“, raunt der Bankräuber dem Polizisten zu, und der sonst so pflichtbewusste Beamte findet sich plötzlich auf der falschen Seite des Gesetzes wieder. Die Spirale aus Lügen, Vertuschung und Gewalt dreht sich unaufhaltsam weiter.

Als die Leiche eines Mannes aus einem Baggersee geborgen wird, verdichten sich die Hinweise, und Finke kommt der Wahrheit Schritt für Schritt näher. Was als einfacher Banküberfall begann, entwickelt sich zu einem moralischen Dilemma, in dem Gier und Verzweiflung den Wert eines Menschenlebens in Frage stellen…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Kurzschluss“ ist der fünfte Fall für den beliebten Kommissar Finke (Klaus Schwarzkopf) und wurde vom 7. April bis zum 13. Mai 1975 in Kiel und Umgebung gedreht. Als Kulisse für die fiktive Stadt Linden diente die schleswig-holsteinische Stadt Barmstedt im Kreis Pinneberg, wo bereits Finkes erster Fall „Blechschaden“ (1971) inszeniert worden war.

Unter der Regie des späteren Hollywood-Regisseurs Wolfgang Petersen, der später mit Filmen wie „Das Boot“ und „Air Force One“ internationale Bekanntheit erlangen sollte, entstand ein atmosphärisch dichter Krimi über moralische Grenzen und fatale Entscheidungen. In den Hauptrollen glänzten neben Klaus Schwarzkopf als Kommissar Finke auch Dieter Laser als kaltblütiger Bankräuber Piet Kallweit.

Die Erstausstrahlung am 7. Dezember 1975 im Ersten lockte zahlreiche Zuschauer vor die Bildschirme. Bemerkenswert ist, dass die Handlung von „Kurzschluss“ auf der Folge „Fundsache“ der Serie „Hamburg Transit“ basiert, die ebenfalls aus der Feder von Drehbuchautor Herbert Lichtenfeld stammt.

Ein interessantes Detail am Rande: Die Tatort-Folge fängt die Zeit der 70er Jahre authentisch ein – vom typischen Straßenbild mit dem Ford 17 M Kombi und den VW Käfern bis hin zur damaligen Polizeiarbeit ohne Mobiltelefone und moderne Kommunikationsmittel, wo ein defektes Funkgerät tatsächlich zur völligen Isolation führen konnte.

Besetzung

Kommissar Finke – Klaus Schwarzkopf
Ella Freidahl – Ingeburg Kanstein
Kommissar Beck – Henry Kielmann
Herr Schönau – Fritz Hollenbeck
Piet Kallweit – Dieter Laser
Dagmar – Johanna Liebeneiner
Holger Freidahl – Günter Lamprecht
Assistent Franke – Wolf Roth
Karl Höllbrock – Georg Lehn
u.a.

Stab

Regie – Wolfgang Petersen
Kamera – Hans-Joachim Theuerkauf
Drehbuch – Herbert Lichtenfeld
Musik – Nils Sustrate