Kurz und knapp – darum geht’s
Beim morgendlichen Waldlauf entdeckt der Amateurboxer Martin Mollenhauer seinen Chef Horst von Lieth tot im Auto – erschossen. Doch statt die Polizei zu rufen, lässt er sich von seinem Trainer Rudi Drabert zu einem gewagten Plan überreden: Sie verstecken die Leiche und täuschen eine Entführung vor, um zwei Millionen D-Mark Lösegeld zu erpressen. Als Kriminalhauptkommissar Bergmann zufällig das versenkte Auto im See findet und die Ermittlungen aufnimmt, gerät nicht nur der zögerliche Boxer in Bedrängnis. Als immer mehr Beteiligte eigene Interessen verfolgen, entwickelt sich ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel, bei dem niemand weiß, wer wirklich die Fäden zieht…
Inhalt der Tatort-Folge „Schattenboxen“
Schweiß rinnt über Martin Mollenhauers Gesicht, während er durch den nebelverhangenen Frankfurter Wald joggt. Die Morgenstille wird nur durch seine rhythmischen Atemzüge und das Knirschen der Laubblätter unter seinen Sportschuhen unterbrochen. Der junge Amateurboxer träumt von einer Profikarriere, doch momentan reicht es nur für die Fließbandarbeit in den Lieht-Werken, wo er Gefriertruhen verpackt. Plötzlich bleibt er wie angewurzelt stehen – zwischen den Bäumen schimmert die Silhouette eines Wagens. Es ist der Mercedes seines Chefs, und darin: Horst von Lieth, tot über dem Steuer zusammengesunken, mit einem Einschussloch im Kopf.
In Panik rennt Mollenhauer zurück, trifft auf seinen Trainer Rudi Drabert, der ihn an der Straße erwartet. Drabert, ein abgebrühter Mann mit zweifelhaften Moralvorstellungen, wittert sofort seine Chance. „Das ist unsere Gelegenheit, endlich an Geld zu kommen“, raunt er seinem Schützling zu. „Der Mann ist sowieso tot.“ Während Mollenhauer zögert, überrumpelt ihn sein dominanter Trainer mit einem Plan: Sie würden die Leiche verstecken, das Auto versenken und eine Entführung vortäuschen.
Kriminalhauptkommissar Bergmann ist ein Mann der alten Schule, klare Augen, präzise Fragen, ein Ermittler, der instinktiv spürt, wenn etwas nicht stimmt. Als ein Autofahrer meldet, dass ein Wagen in einem nahegelegenen Waldsee versenkt wurde, ahnt er noch nicht, in welch verzwickten Fall er geraten wird. In seinem Büro bei der Frankfurter Kripo wirkt er nachdenklich, während sein jüngerer Kollege Knoof ungeduldig auf konkrete Anweisungen wartet. Die Entdeckung von Schussspuren im geborgenen Mercedes lässt die Ermittler aufhorchen.
In ihrer elegant eingerichteten Villa sitzt unterdessen Ursula von Lieth, blass und mit zitternden Händen. Das klingelnde Telefon schneidet durch die angespannte Stille. „Wir haben Ihren Mann. Kein Wort zur Polizei, wenn Sie ihn lebend wiedersehen wollen.“ Die verängstigte Frau, die ihren Mann eigentlich auf Geschäftsreise in Rio wähnt, kontaktiert in ihrer Not den Prokuristen Bernhard Brendel. Mit beruhigender Stimme verspricht er ihr zu helfen, das Lösegeld aufzutreiben. „Sie müssen ein Lebenszeichen fordern“, rät er ihr mit überraschender Professionalität.
Die Geldübergabe gleicht einem Tanz auf dem Vulkan. Drabert dirigiert Brendel von einem Ort zum nächsten, während Bergmann und seine Leute im Hintergrund jeden Schritt beobachten. „‚Flughafen, Terminal B, Abflug nach Hamburg'“, liest Brendel von einem Zettel ab, seine Stimme verrät Anspannung. Doch der Kommissar zögert – irgendetwas an diesem Ablauf erscheint ihm falsch, als würde er einem Schattenboxer gegenüberstehen, dessen Schläge aus dem Nichts kommen.
Mollenhauer, hin- und hergerissen zwischen Angst und schlechtem Gewissen, vertraut sich schließlich seiner Exfrau an und hinterlegt einen Brief für die Polizei. Die stickige Luft in der kleinen Wohnung und das flackernde Neonlicht spiegeln seine innere Zerrissenheit wider. „Falls mir etwas passiert“, flüstert er ihr zu, „bring diesen Brief zur Polizei.“
Als der Fall eine unerwartete Wendung nimmt und neue Verdachtsmomente auftauchen, beginnt Bergmann zu ahnen, dass hinter der vermeintlichen Entführung mehr steckt als nur ein simpler Erpressungsversuch. Was als tragischer Fund im Morgengrauen begann, entwickelt sich zu einem komplizierten Netz aus Lügen, falschen Fährten und verborgenen Motiven…
Hinter den Kulissen
„Schattenboxen“ wurde vom 1. August bis zum 31. August 1980 in Frankfurt am Main und Umgebung gedreht. Die atmosphärischen Szenen im Wald und am Gewässer entstanden am Langener Waldsee, der mit seinem dichten Baumbestand und dem stillen Wasser die perfekte Kulisse für die düsteren Ereignisse bot.
Die Tatort-Folge 121 wurde am 8. Februar 1981 im Ersten ausgestrahlt. Regie führte Fritz Umgelter, der für den Hessischen Rundfunk diese packende Krimigeschichte inszenierte. Das Drehbuch basiert auf der Kriminalgeschichte „Ein Mord zur rechten Zeit“ des Autors -ky.
Eine Besonderheit dieser Folge ist der Auftritt des damals erst 25-jährigen Richy Müller in der Rolle des Martin Mollenhauer – ein früher Karriereschritt des Schauspielers, der später selbst zum Tatort-Kommissar aufsteigen sollte. In „Schattenboxen“ behauptet er sich neben gestandenen Schauspielern wie Günter Lamprecht und zeigt bereits sein beachtliches Talent.
Für Lutz Moik war es der erste Auftritt als Kriminalhauptkommissar Bergmann. Im ersten Fall dieser Figur (Tatort: „Zürcher Früchte“, 1978) wurde die Rolle noch von Heinz Treuke verkörpert.
Die Filmmusik gibt dem Krimi eine besondere Note: Der Filmkomponist verwendete dafür Motive aus dem 1936 entstandenen Werk „Voice in the Wilderness“ vom bereits 1959 verstorbenen Komponisten Ernest Bloch, dessen melancholische Töne die düstere Atmosphäre der Handlung perfekt unterstreichen.
„Schattenboxen“ gilt unter Tatort-Fans als klassischer Fall der frühen 1980er Jahre, der mit seiner komplexen Handlung und den prägnanten Charakteren die Wandlung des deutschen Krimis hin zu realistischeren, gesellschaftskritischen Darstellungen widerspiegelt.
Besetzung
Hauptkommissar Bergmann – Lutz Moik
Kriminalhauptmeister Knoof – Matthias Dittmer
Horst von Lieth – Karl-Michael Vogler
Ursula von Lieth – Ingmar Zeisberg
Bernhard Brendel – Günter Strack
Rudi Drabert – Günter Lamprecht
Martin Mollenhauer – Richy Müller
Vera Pressel – Renate Reger
Stolke – Erwin Scherschel
u.a.
Stab
Drehbuch – Hans Kelch
Regie – Fritz Umgelter
Kamera – Götz Neumann
Ausstattung – Hartmut Schönfeld
Schnitt – Birgit Schröder-Bosboom
Produktionsleitung – Wolfgang Völker
Mein „Heimat“-Tatort … und dann noch in Starbesetzung: Günter Lamprecht als gewissenloser Mensch; Richy Müller als naiver Boxer; Günter Strack als „Gehilfe“; Karl-Michael Vogler als Leiche und Ingmar Zeisberg als Fabrikantenfrau … eine vorgetäuschte Entführung; das Ambiente und der Flair der „guten alten Zeit“ … Krimi-Herz, was willst du mehr?
Finde es sehr gut, dass mal wieder ältere Tatorte zu sehen sind.
K
Es gibt so viele alte Tatort Filme und immer nur kommen die neuen .
Der Tatort Nummer 121. Alte und neuer Tatort Kommissare sind zu sehen. Ein interessanter Tatort-Spielfilm mit Spitzen-Schauspielern des deutschen Fernsehens besetzt. Aber trotz der intriganten und überraschend endenden Geschichte, kam nie richtig wirkliche Spannung auf. Zudem war er unglaubwürdig. Den baden gegangenen 450 SEL, in gleicher Farbe, habe ich im damaligen Zeitraum selbst einmal fahren dürfen. Einmal. Wahrscheinlich sollte der nicht baden gehen.
Sehr sehenswerte Folge!
Eine echte 80er Tatort Krimi Perle mit einem sehr jungen Richy Müller. Generell sieht man hier viele bekannte Gesichter. Klassisch schöne Krimi-Unterhaltung. 4 Sterne