Kurz und knapp – darum geht’s
Im Großraum Stuttgart tauchen seit Jahren regelmäßig falsche Hundertmarkscheine auf – stets nur zwei pro Monat, handgemalt und mit absichtlichen Fehlern versehen. Als bei einem mysteriösen Autounfall Druckplatten für eine ganz andere, professionellere Falschgeldserie entdeckt werden, nimmt Kriminalhauptkommissar Eugen Lutz die Ermittlungen auf. Während die Suche nach der Quelle der „Stuttgarter Blüten“ ins Leere läuft, häufen sich plötzlich die Leichen: erst stirbt der verunglückte Kurier, dann wird ein entführter Druckereibesitzer erdrosselt aufgefunden. Als Lutz schließlich eine verschlüsselte Botschaft auf einem der falschen Geldscheine entdeckt, führt ihn die Spur an einen Ort, an dem niemand eine Fälscherwerkstatt vermutet hätte…
Inhalt der Tatort-Folge „Stuttgarter Blüten“
In einer verwitterten Gartenlaube am Rande Stuttgarts beugt sich der alte Grafiker Eckstein konzentriert über seinen Arbeitstisch. Das warme Licht einer einfachen Lampe fällt auf seine feingliedrigen Hände, die mit präzisen Pinselstrichen einen Hundertmarkschein nachbilden – ein Kunstwerk der besonderen Art. Draußen zwitschern die Vögel an diesem Frühlingstag im Kontrast zur konspirativen Atmosphäre der improvisierten Fälscherwerkstatt.
Währenddessen plagen Kommissar Lutz ganz andere Sorgen. Mürrisch und besserwisserisch wie immer, steht er im Polizeipräsidium vor der Kamera und gibt ein Fernsehinterview über die geheimnisvolle Falschgeldserie A21, die in mehreren Städten Baden-Württembergs aufgetaucht ist. Seine Ungeduld ist spürbar – Lutz ist kein Mann großer Worte, sondern will Ergebnisse sehen. Sein Kollege Oberkommissar Brauchle, ein gemütlicher Schwabe mit feinem Gespür, nimmt die Marotten seines Vorgesetzten mit stoischer Ruhe hin. Die beiden ergänzen sich wie ein altes Ehepaar: Wo Lutz polternd voranprescht, bewahrt Brauchle den Überblick.
Die Ermittlungen nehmen eine dramatische Wendung, als ein Kurier namens Hoyer mit seinem Wagen verunglückt und die Polizei in seinem Koffer Druckplatten für Hundertmarkscheine findet. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht in der Unterwelt. Der Tatort wird zum Schauplatz eines nächtlichen Sabotageakts – Flammen züngeln aus dem Unfallwagen, ehe die Kriminaltechniker ihn ein zweites Mal untersuchen können. „Wer Beweise vernichtet, hat etwas zu verbergen“, murmelt Lutz, während der Feuerschein sich in seinen müden Augen spiegelt.
Die Fahndung nach den Drahtziehern gleicht der Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen. Stuttgart mit seinen engen Gassen und versteckten Hinterhöfen bietet zahllose Verstecke. In einer Parallelhandlung verfolgt der Zuschauer, wie zwei undurchsichtige Männer systematisch alle Spuren beseitigen – erst durchsuchen sie Hoyers Wohnung, dann versuchen sie, in seine Krankenhausstation einzudringen. Als sie schließlich den Druckereibesitzer Hepp entführen, verdüstern sich die Wolken über dem Fall zusätzlich.
Im tristen Neonlicht des Präsidiums taucht plötzlich ein alter Herr namens Eckstein auf – scheinbar ein harmloser Mitarbeiter aus Hepps Druckerei. „‚Es waren zwei große Männer, die Hepp mitgenommen haben“, erklärt er mit zittriger Stimme. Doch hinter seiner biederen Fassade verbirgt sich ein Geheimnis, das Lutz noch nicht durchschaut. Als später in Bayern eine Leiche gefunden wird – der vermisste Hepp – und ein Zeuge dort ein Stuttgarter Taxi gesehen haben will, verdichten sich die Hinweise auf eine organisierte Bande.
In einer besonders raffinierten Wendung schickt Eckstein einen Jungen mit einem gefälschten Hundertmarkschein zur Bank – einem Schein mit absichtlichen Fehlern und einer verkürzten Seriennummer. Was zunächst wie ein Anfängerfehler wirkt, entpuppt sich als versteckte Botschaft. Während Lutz und Brauchle über die rätselhafte Seriennummer grübeln, liegt die Lösung wie ein verborgener Schlüssel vor ihnen: eine Telefonnummer, die direkt zur Gefängnisdruckerei in Bergheim führt…
Hinter den Kulissen
„Stuttgarter Blüten“ ist der 28. Film der ARD-Krimireihe Tatort und wurde vom Süddeutschen Rundfunk produziert. Die Dreharbeiten fanden 1972 in Stuttgart statt, wobei insbesondere Szenen in Stuttgart-Zuffenhausen an der Kreuzung Bottwarstraße – Marbacher Straße – Zehnthof gedreht wurden, dem Standort der Johanneskirche. Einige Aufnahmen entstanden auch im Stadtteil Stammheim, der im Film unter dem fiktiven Namen „Bergheim“ erscheint und wo sich tatsächlich die Justizvollzugsanstalt Stuttgart befindet.
In den Hauptrollen brillieren Werner Schumacher als mürrischer Kriminalhauptkommissar Eugen Lutz und Max Strecker als sein Kollege Oberkommissar Brauchle. Eine besondere Bedeutung kommt dem schwäbischen Volksschauspieler und Komödianten Willy Reichert zu, der als Grafiker Eckstein seine letzte Fernsehrolle übernahm – er verstarb Ende 1973 im Alter von 77 Jahren. Bemerkenswert ist auch ein Auftritt des jungen Dietz-Werner Steck als Streifenpolizist, der zwanzig Jahre später selbst zum Stuttgarter Tatort-Kommissar Ernst Bienzle werden sollte.
Die Erstausstrahlung erfolgte am 1. April 1973 im Ersten und erreichte sensationelle 71 Prozent Marktanteil – ein Wert, von dem heutige TV-Produktionen nur träumen können. Die Figur des Falschgeldmalers Eckstein hatte übrigens ein reales Vorbild: den Münchner Grafiker Günter Hopfinger, der kurz zuvor als „Blüten-Rembrandt“ enttarnt worden war und als Inspiration für diese Folge diente.
Nach der Ausstrahlung wurden vor allem die charakterstarken Darsteller und die atmosphärisch dichte Inszenierung des typischen 70er-Jahre-Zeitkolorits gelobt. „Stuttgarter Blüten“ markiert den ersten Tatort-Fall, der in Stuttgart spielt, und legte damit den Grundstein für eine lange Tradition von Kriminalgeschichten aus der schwäbischen Metropole. Als historische Kuriosität gilt heute, dass in einer Einstellung kurz der ehemalige Gasthof Ochsen zu sehen ist, der im Jahr 1972 wahrscheinlich kurz nach den Dreharbeiten abgerissen wurde – ein letztes filmisches Zeugnis eines verschwundenen Stuttgarter Wahrzeichens.
Besetzung
Hauptkommissar Eugen Lutz – Werner Schumacher
Oberinspektor Veigl – Gustl Bayrhammer
Eckstein – Willy Reichert
Hauptkommissar Brauchle – Max Strecker
Glöckle – Frank Strecker
Bernd Hoyer – Manfred Seipold
Gaby – Claudia Amm
Hepp – Rainer Basedow
Jauch – Wernher Buck
Alfons Wildner – Imo Heite
Geiger – Conny Palme
Veigls Kollege am Tatort – Walter Feuchtenberg
Paula Eckstein – Elisabeth Kuhlmann
Oberschwester Annelies – Erika Wackernagel
Schroth – Wolfgang Hepp
Kioskbesitzer – Nikolaus Schilling
Polizist Müller – Dietz-Werner Steck
Herr Gerstel, Drucker – Rudolf Krieg
Verkäuferin – Gundy Grand
u.a.
Stab
Drehbuch – Wolfgang Menge
Regie – Theo Mezger
Kamera – Horst Schalla
Szenenbild – Dieter Hoepker
Mein Lieblingstatort, Willi Reichert ist hier einach genial. Den hätte ich auch gern auf DVD.
Der Text ist inhaltlich und vom Schreibstil her eine echte Zumutung.Alleine schon für die sechsmalige Wiederholung des Titels (fünfmal davon mit dem Wort Tatort davor) in gerade mal 14 Zeilen würde es im Deutschunterricht – zu Recht – ein ungenügend geben.
Zweifellos gibt es bessere Tatort, jedoch man kann es kaum glauben: Ein alter Tatort wird gesendet, ohne Experimente am Bildformat, ohne ihn auf 16:9 zu zerstückeln. Ja tatsächlich, es handelt sich um einen Film, der NICHT auf DVD zu kaufen ist. Die ARD verkauft nicht nur die alten Filme, sie sendet sie sogar. Zufrieden bin ich allerdings erst, wenn in einem Spartenkanal jede Woche abends um 11 ein alter Tatort gesendet wird, anstatt die aktuelle von 20.15 zweimal zu wiederholen.
Der Unfallort hat sich über die Jahre kam geändert wie man auf Google Streetview sehen kann.
Gästehaus Wenninger gibt es immer noch und sieht noch fast genau so aus.
Ich finde es ein gelungener Tatort, und heutzutage gleichzeitig eine Zeitreise.
Auf Youtube wiederzufinden.
Der Tatort Nummer 028, nicht ein, sondern der Hauptkommissar Lutz aus Stuttgart ermittelt. Mit dabei, „Blüten-Eckstein“, in seiner letzten Fernsehrolle, als kreativer Kunstfälscher von Hundert-Deutsche-Mark-Scheinen. Aber der konnte auch anders, zusammen mit seinem Chef, welcher durch Ganovenhand das Zeitliche segnete. Ja, die Falschgeldkriminalität ist mit die gefährlichste Art, schnell reich zu werden. Bis heute noch. Für die Herstellung der Blüten wurde durch die Verbrecher ein sicherer Ort gewählt, der Knast von Stammheim, welcher später noch in der Realität von sich Reden machen wird. Dieser Tatort-Spielfilm ist alle Male sehenswert, wie alle Fernsehfilme mit KHK Lutz, welcher die Rolle des klassischen Kriminalisten immer identisch und realistisch auf die Bühne brachte. Toll.
Das ist ein Tatort aus meiner Kindheit, den ich niemals im Leben vergessen. Klaae Darsteller, Riesen Story, und vollkommen unaufgeregt, trotz Action. Leider ist das Konzept heute nicht mehr der Standard, außer bei den Münstetanern Thiele und Börne.
Wäre schön , wenn Sie alte Tatort Serien mit Frank Strecker senden könnten. Das waren noch Krimis mit Unterhaltungswert spannend und nicht so hektisch. Liebe Grüße Erika Jaissle
Beim SWR werden zu Wolfgang Menges 100. Geburtstag am 10. April 2023 um 23:25 Uhr nach bald zehn Jahren mal wieder die ‚Stuttgarter Blüten‘ in Umlauf gebracht – freu!
Die ersten TO-Folgen hatten ja teils recht phantasievolle Namen:
006 Frankfurter Gold
028 Stuttgarter Blüten
etc.
(Da konnte man aus 2 Worten jeweils den ungefähren Plot erahnen …)
Immer wieder spitze, den zu sehen! Eindeutig einer meiner lieblings Tatorte. Mit Humor und lokalkolorit. Gut 50 Jahre alt und immer noch ein Genuss.⭐⭐⭐⭐⭐
Betuliche Ermittlungen mit etwas schwäbischer Action und Humor. Und trotzdem weiß man, dass die Kommissare letztlich den Durchblick haben und alle bösen Jungs gefasst werden. Währenddessen kann man sich dem schwäbischen Lokalkolorit der 70er Jahre und dem rustikalen Schwabenhumor voll hingeben. Viele Sterne der Erinnerung für sehr gute Schauspieler, Drehbuch, Kamera, Ton und Regie!
Also alles in allem ist der Tatort über die Jahre immer noch TOP, auch wenn es sicher mal mehr, mal weniger Begeisterung gibt. Aber da spielt ja auch eine ganze Menge persönliches Gusto mit rein.
Aber: dieser Tatort mit dem sagenhaften Willi Reichert als Volksschauspieler ist einfach ein echter Klassiker ! Einfach Spitze ! Vergleichbar sind die Schimanski-Tatorte und Ähnliches.
So etwas ist Kulturgut und eigentlich gebührt hier ein Platz in der Mediathek quasi als Dauer-Donwload / Angebot ! Ähnliches gilt in anderem Genre etwa für das OhnSorg-Theater. Es sei nur Henry Vahl genannt. Vielleicht mal drüber nachdenken, ARD ?