Kurz und knapp – darum geht’s

Eine fehlgeschlagene Razzia in einem abgelegenen Gasthof wirft Fragen auf: Alle Anzeichen deuten auf einen undichten Kanal bei der Polizei oder dem Zoll hin. Die Kommissare Liersdahl und Schäfermann konzentrieren ihre Ermittlungen auf den Zollinspektor Werner Ridder, der mit seiner älteren Vermieterin in einer Beziehung lebt. Als diese plötzlich tot aufgefunden wird und Ridder spurlos verschwindet, beginnt eine fiebrige Fahndung. Doch während die Beweise gegen den Zollbeamten erdrückend scheinen, stößt Schäfermann auf widersprüchliche Hinweise, die den Fall in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen… Wie es ausgeht, zeigt der Tatort „Das fehlende Gewicht“ am 30. September 1973 im Ersten.

Inhalt der Tatort-Folge „Das fehlende Gewicht“

Schweigend harren die Kommissare Liersdahl und Schäfermann in ihrem Dienstwagen aus, während die Abenddämmerung langsam den einsamen Gasthof im Saarland in ein unwirkliches Licht taucht. Stundenlang haben sie den vermeintlichen Umschlagplatz für Rauschgift beobachtet. Der Zugriff verläuft schnell und präzise – doch statt des erhofften Rauschgiftfunds stoßen die Beamten nur auf harmlose Päckchen mit Zucker und Mehl. Eine bittere Enttäuschung, die Liersdahl tief in Gedanken versinken lässt: „Irgendwer hat uns verraten. Jemand vom Zoll oder von uns.“

Nicht weit entfernt kehrt zur selben Zeit Zollinspektor Werner Ridder von seiner Nachtschicht heim. Die Atmosphäre in der gemeinsamen Wohnung mit seiner sieben Jahre älteren Vermieterin Vera Ponsold ist angespannt wie ein überdehnte Bogensehne. Ihre Augen blitzen zornig, als sie ihn mit einem Vorwurf konfrontiert, der wie ein Dolchstoß wirkt: „Wer ist diese Petra Scholz?“ Die Eifersucht hat längst ihre Beziehung vergiftet, die einst von Vertrauen geprägt war.

Parallel dazu entwirren die Kommissare das Netz aus Verstrickungen und Verdächtigungen. Ein Hinweis führt zum nächsten, als plötzlich 50 Kilogramm Heroin und Rohopium in einem verunglückten Reisebus aus Marseille gefunden werden – ein Lichtblick in einem zunehmend düster werdenden Fall. Zufällig ist auch Zollinspektor Ridder am Fundort – ein Detail, das Liersdahl aufmerksam registriert wie ein Jäger, der erste Spuren seiner Beute entdeckt.

Als Vera Ponsold schließlich Liersdahl aufsucht, gleicht ihr Gesicht einer unruhigen Wasseroberfläche, in der sich Angst und Entschlossenheit spiegeln. Sie legt Beweise vor, die Ridder schwer belasten: einen mysteriösen Lageplan und angebliche Bedrohungen durch ihren Untermieter. „Sie brauchen keine Angst zu haben“, beruhigt Liersdahl die sichtlich nervöse Frau, nicht ahnend, dass diese Worte so bald wie Schall und Rauch vergehen werden.

Der Morgen nach dieser Begegnung bringt eine erschütternde Entdeckung: Vera Ponsolds Leiche liegt auf einer einsamen Brücke, erschossen mit einer Waffe vom Kaliber der Dienstpistole Ridders. Von ihm selbst fehlt jede Spur, als hätte die Nacht ihn verschluckt. Die Großfahndung gleicht dem verzweifelten Versuch, einen Geist zu fassen, bis die Meldung eintrifft: Ridder wurde am Grenzübergang Salzburg festgenommen.

Zurück in Saarbrücken beteuert Ridder seine Unschuld mit der Verzweiflung eines Mannes, der sich in einem Albtraum gefangen sieht. Seine Aussagen sind widersprüchlich wie ein zerknittertes Labyrinth, doch etwas an seinen Worten lässt Schäfermann aufhorchen. Während Liersdahl überzeugt ist, den Mörder vor sich zu haben, beginnt sein Kollege zu zweifeln. Akribisch wie ein Uhrmacher, der ein kompliziertes Uhrwerk zerlegt, untersucht Schäfermann die Beweise erneut.

Die Spuren führen ihn auf die Brücke zurück, wo Vera Ponsold starb. Dort ordnet er eine Suchaktion an, die wie ein Schlüssel den Weg zur Wahrheit öffnet: Polizeitaucher bergen eine Waffe mit einem ungewöhnlichen Anhängsel – ein Gewicht, das in der Standuhr in Ponsolds Haus fehlt. Das fehlende Gewicht, das dem Fall seinen Namen gibt, wird zum entscheidenden Puzzlestück in einem ausgeklügelten Plan.

Während sich der Mordverdacht gegen Ridder in Luft auflöst wie Morgennebel in der Sonne, bleibt seine Verstrickung in den Drogenring bestehen. Die Kommissare setzen ihn unter Druck, um an seinen Verbindungsmann zu kommen, doch Ridder schweigt beharrlich. Als er schließlich zu seiner Geliebten Petra Scholz flieht, ahnt er nicht, dass er damit in eine Falle läuft, die das wahre Ausmaß seiner Naivität enthüllen wird. Ein Netz aus Lügen und Verrat zieht sich immer enger um ihn zusammen, während Liersdahl und Schäfermann dem Rauschgiftring auf der Spur sind…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Das fehlende Gewicht“ ist der 33. Film der beliebten Krimireihe und der zweite vom Saarländischen Rundfunk produzierte Fall. Besonders bemerkenswert ist, dass es sich um den letzten Einsatz von Kommissar Liersdahl (Dieter Eppler) handelt, während sein Kollege Schäfermann (Manfred Heidmann) noch in vier weiteren Fällen bis 1984 als alleiniger Hauptermittler zu sehen sein wird. Regie führte Rolf von Sydow, der kurz nach dieser Produktion beim SDR zum Chef des Fernsehspiels ernannt wurde. Das Drehbuch stammte aus der Feder von Bruno Hampel. Ausgestrahlt wurde der atmosphärisch dichte Krimi erstmals am 30. September 1973 im Ersten Deutschen Fernsehen. Die Folge thematisiert mit dem grenznahen Drogenhandel ein Problem, das in den frühen 1970er Jahren zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit rückte und bis heute nichts an Aktualität verloren hat.

Besetzung

Liersdahl – Dieter Eppler
Vera Ponsold – Xenia Pörtner
Fräulein Busch – Rita Roswag
Werner Ridder – Wolfgang Hübsch
Reinhold Gasparde – Manfred Reddemann
Petra Schröter – Anita Lochner
Frau Rottweiler – Ann Höling
Franz Rottweiler – Walter Reichelt
Schäfermann – Manfred Heidmann

Stab

Regie – Rolf von Sydow
Autor – Bruno Hampel
Szenenbild – Friedhelm Boehm
Kostüm – Beatrice Kothe
Schnitt – Renate Schröder
Kamera – Willi Raber