Kurz und knapp – darum geht’s
Im winterlichen Saarbrücken wird der Psychiater Dr. von Heiden ermordet aufgefunden. Sein Patient, der lateinamerikanische Exil-Professor Luiz Santos, verhält sich nach einem mysteriösen Besuch merkwürdig und kündigt plötzlich seine Rückkehr in die Heimat an – als Präsidentschaftskandidat gegen die dortige Militärjunta. Kommissar Palu stößt bei seinen Ermittlungen auf ein gefährliches Netz aus Erpressung und politischen Intrigen. Als ein Attentat auf Santos verübt wird, erkennt der Kommissar, dass auch die engsten Vertrauten eine doppelte Rolle spielen…
Inhalt der Tatort-Folge „Winterschach“
In der Dunkelheit eines kalten Saarbrücker Abends vertraut Professor Luiz Santos seinem Psychiater Dr. von Heiden beunruhigende Neuigkeiten an: „Sie spielen eine Art Schachpartie mit mir“, beschreibt er die Situation mit der Junta. Wenige Stunden später wird von Heiden tot aufgefunden, seine Aufzeichnungen über Santos sind verschwunden.
Kommissar Max Palu, bekannt für sein typisch saarländisches „Savoir-vivre“, findet am Tatort nur eine Nachricht von Santos auf dem Anrufbeantworter, aber keine zugehörige Patientenakte. Der Professor selbst erscheint bei der Befragung sichtlich misshandelt, schiebt die Verletzungen jedoch auf einen Sturz. Die Wahrheit ist brutaler: Der Geheimdienstmann Gimenez hat Santos entführen und zusammenschlagen lassen.
Die Geschichte führt tief in die Vergangenheit: Santos, einst Erziehungsminister einer demokratischen Regierung, wurde nach dem Militärputsch gefoltert und ins Exil getrieben. Nun setzt ihn Gimenez mit dem Wissen um seinen damaligen Verrat an Parteigenossen unter Druck. Ihre Gespräche finden symbolträchtig auf dem Schwarzenbergturm statt, während die winterliche Kälte die Stadt im Griff hat.
In der Exil-Gemeinde wird Santos‘ geplante Kandidatur als Verrat gesehen. Ein Attentat wird verübt, dem er schwer verletzt überlebt. Die radikale Gruppe um Maria Casals versucht sogar, ihn im Krankenhaus zu töten. Die Ermittlungen führen Palu durch ein Labyrinth aus Gewalt und Gegengewalt, an dessen Ende eine bittere Erkenntnis steht: Laura Meister, Santos‘ Lebensgefährtin, steckte mit den Attentätern unter einer Decke.
Hinter den Kulissen
„Winterschach“ wurde zwischen dem 22. Februar und dem 29. März 1988 in Saarbrücken und Umgebung gedreht. Markante Drehorte wie die Fechinger Talbrücke und der historische Schwarzenbergturm prägen die Atmosphäre des Films.
In den Hauptrollen sind Jochen Senf als Kommissar Max Palu, Peter Fitz als Professor Santos und Despina Pajanou als Laura Meister zu sehen. Die Folge ist der achte Tatort des Saarländischen Rundfunks und wurde am 13. November 1988 in der ARD erstausgestrahlt.
Besondere Aktualität erhielt der Film durch die zeitgleichen Ereignisse in Chile: Nur einen Monat vor der Ausstrahlung, im Oktober 1988, hatte die chilenische Bevölkerung in einem historischen Plebiszit gegen eine Verlängerung der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet gestimmt. Was die Tatort-Macher als allgemeine Kritik an Militärdiktaturen konzipiert hatten, wurde durch die reale Entwicklung in Chile zu einem zeitgeschichtlichen Dokument über den Kampf zwischen Demokratie und Diktatur.
Darstellter
Peter Fitz (Professor Luiz Santos) · Despina Pajanou (Laura Meister) · Nina Hoger (Jeanette) · Alexander Gittinger (Kraus) · Nicolas Lansky (Gimenez) · Brigitte Janner (Sylvie) · Carmen Priego (Maria Casals) · Guido Conrad (junger Mann) · Isolde Barth (Iris) · Wolfgang Weiser (Dr. von Heiden) · Wolf Dietrich Sprenger (Marcel) · Thomas Birklein · Santiago Cabrera · Barbara Caveng · Gunther Cremser · Arno Jos Graf · Dirk Hagedorn · Burkhard Helm · Sergio Parra · Hedy Quirin
Stab
Regie: Hans-Christoph Blumenberg
Buch: Manfred Jacobs
Kamera: Wolfgang Dickmann · Daniel Koppelkamm
Schnitt: Gabriele Feik · Carolin Römer · Monika Solzbacher
Musik: Tren Azul · Jürgen Wolter
Produktion: SR
Der Tatort mit der Nummer 212 aus Saarbrücken. Der Hauptkommissar Palu von der dortigen Mordkommission ermittelt in einem Polit-Thriller-Tatort aus den langsam endenden 1980iger Jahren und mit einer damaligen aktuellen gesellschaftlichen Brisanz. Eigentlich etwas zu viel für einen einzigen Hauptkommissar, was sich dort in seinem Saarbrücker Sperrrevier so abspielt. Ein Nebenkampfschauplatz von politischen Extremen, teilweise, hier in Deutschland, im Exil lebend, teilweise zum Zanken extra aus dem Ausland angereist. Geschenkt wurde sich nichts, auf beiden Seiten, auch eigentlich Unbeteiligte wurden nicht verschont und dahin gemeuchelt. Für mich ein packender und sehr sehenswerter Tatort-Krimi, über den langen Arm und die Methoden von extremen Menschen beider politischer Seiten. Spielfilme dieser Art erscheinen immer aktuell, daher sind sie sehens- und wiederholungswert. Mit einer der besten Palu – Filme wie ich meine.