Kurz und knapp – darum geht’s
In der Welt des Telefonsex wird eine junge Frau namens Anne tot in ihrer Wohnung aufgefunden – mit gebrochenem Nackenwirbel und leichten Würgemalen am Hals. Kommissar Max Palu stößt bei seinen Ermittlungen auf einen rosafarbenen Notizzettel mit Namen, Telefonnummern und Geldbeträgen, der ihn zu Annes Kollegin Jutta führt, die eine verdächtige Verbindung zum Ex-Freund des Opfers hat. Als Palu herausfindet, dass Jutta und Rainer einen Kunden erpressen, ahnt er noch nicht, dass er sich damit in große Gefahr begibt und bald selbst ins Visier eines Mörders gerät…
Inhalt der Tatort-Folge „Blue Lady“
Zwei Frauen sitzen am Tresen eines Cafés, während ein reifer Herr mit einem Glas Pastis in der Hand sie beobachtet. Die Luft ist schwer vom Zigarettenrauch, als Jutta ihrer Freundin Anne Vorhaltungen macht. Der Streit endet abrupt, als die beiden sich trennen. Die diffuse Beleuchtung des Lokals lässt die wahren Motive der Beteiligten im Dunkeln.
Kommissar Max Palu steht regungslos in Annes Wohnung und betrachtet die Leiche auf dem Boden. Der erfahrene Ermittler wirkt nachdenklich, während er ein Foto der Toten mit Rainer Seifert genau studiert. Seine Intuition sagt ihm, dass mehr hinter diesem Tod steckt als ein einfacher Unfall. Palu ist ein Mann der leisen Töne, mit einer Vorliebe für guten Wein und französische Literatur – ein kultivierter Ermittler, der im Saarland seinen Dienst tut und dessen Arbeitsweise mehr von Beobachtungsgabe als von Aktionismus geprägt ist.
Als Palu auf Jutta trifft, die in Rainers Wohnung lebt, leugnet sie zunächst, Anne gekannt zu haben. „’Nie von ihr gehört'“, behauptet sie mit nervösem Blick. Doch bald entdeckt der Kommissar die Verbindung: Beide Frauen arbeiteten für denselben Telefonsex-Anbieter. Die Fahndung nach möglichen Tätern unter den Kunden gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen – zahllose Männer haben sich der anonymen Stimme anvertraut, ohne ihr Gesicht preisgeben zu müssen.
Die sommerliche Hitze des Juni 1990 liegt schwer über der Stadt. In den Straßen diskutieren die Menschen über das Fußballspiel Deutschland gegen die Niederlande, während Palu in seinem Auto sitzt und der Radioübertragung des WM-Spiels lauscht. Die Euphorie der Weltmeisterschaft bildet einen seltsamen Kontrast zu den dunklen Machenschaften, denen er auf der Spur ist.
Hinter den Kulissen der Telefonsex-Agentur offenbaren sich Abhängigkeiten und Erpressungen. Rosafarbene Notizzettel, auf denen Namen, Telefonnummern und Geldbeträge vermerkt sind, werden zum Schlüssel des Falls. Palu entdeckt, dass Jutta und Rainer einen Kunden namens Dr. Wagner erpressen – einen angesehenen Oberarzt, der bei seinen kompromittierenden Telefonaten aufgezeichnet wurde. Die Spur führt ins Krankenhaus nach Trier, wo sich die Verdachtsmomente verdichten.
Während sein Kollege Spies eigene Erfahrungen mit kommerziellem Telefonsex preisgibt, folgt Palu seiner eigenen Methode: Er ruft selbst bei der Telefonsex-Hotline an, um herauszufinden, wie sich Jutta am Telefon beschreibt. Was er dabei entdeckt, bringt ihn auf eine überraschende Fährte, die ihn mitten in einen Erpressungsfall führt, bei dem es um weit mehr als nur um sexuelle Fantasien geht…
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Blue Lady“ wurde im Frühjahr 1990 in Saarbrücken und Trier gedreht und am 9. Dezember 1990 zum ersten Mal in der ARD ausgestrahlt. Es ist der vierte Fall mit Jochen Senf als Kommissar Max Palu, dem kultivierte Ermittler aus dem Saarland, der von seinem Kollegen Manfred Spies, gespielt von Matthias Kniesbeck, unterstützt wird.
In den Gastrollen sind bekannte Gesichter zu sehen: Konstantin Wecker, der als Musiker und Liedermacher berühmt ist, spielt den dubiosen Videotheken-Besitzer Rainer Seifert und steuerte zudem die Musik für den Abspann bei – den Song „You Just Can’t Buy Love“, gesungen von Joyce Faber. Edda Leesch überzeugt in der Rolle der mysteriösen Jutta.
Die Kritiker der Fernsehzeitschrift TV Spielfilm beurteilten diesen Tatort nur mittelmäßig und bemängelten, dass es Regisseur Hans-Christoph Blumenberg nicht gelungen sei, die Schwächen des Drehbuchs auszugleichen. Dennoch ist der Film zeitgeschichtlich interessant, da er parallel zur Fußballweltmeisterschaft 1990 spielt – im Autoradio Palus läuft die Übertragung des legendären Achtelfinalspiels Deutschland gegen die Niederlande.
Filmkenner entdecken in „Blue Lady“ literarische Bezüge: Palu liest den 1977 erschienenen Roman „Abschiedswalzer“ von Milan Kundera und empfiehlt einer Romanistik-Studentin den Roman „Der Bauch von Paris“ von Émile Zola aus dem Jahr 1873 – kleine Details, die den belesenen Charakter des Kommissars unterstreichen.
Der Tatort mit der Nummer 237 aus Saarbrücken. Es ermittelt in einem geheimnisvollen Tötungsfall der Hauptkommissar Palu zusammen mit seinem Assistenten, einen Kommissar Spies. Eine junge Frau wird leblos in ihrer Wohnung gefunden und wenn ihr Hals keine Würgemale aufzeigen würde, wäre man von einem Unfall durch einen Sturz ausgegangen. Ein Tatort-Fernsehfilm um Verbal-Sex, Erpressung und Mord. In den 1990iger Jahren waren diese Telefon-Hot-Lines ein aufkommendes und lukratives, für den Inanspruchnehmer jedoch teures, Gewerbe aus der Schmuddel – Ecke. Interessanter und durchaus sehenswerter Tatort-Spielfilm, jedoch mäßig spannend und etwas langatmig wirkend. Interessant den Anfang des 1990iger Jahrzehnts noch einmal visuell mit zu erleben, aber all zu oft muss ich diesen Streifen nun doch nicht sehen. Ehrlich.
Ich finde es gut, dass jetzt wieder die alten Palu-Filme ausgepackt werden. Zwar mag ich den Ermittler nicht besonders, aber die französisch angehauchte Atmosphäre ist m.E. schon etwas „Spezielles“. Außerdem werden die Folgen sehr selten gespielt.
Habe mir den Termin daher dick angestrichen! ;-)
Tja, ewig nicht mehr gesehen, diese Episode, insofern gute Wahl. Im Anschluss an den „Fremden“: Ich glaube, sympathisch war dieser Palu niemandem, deshalb hat er auch nur maximal eine Folge pro Jahr bekommen, manchmal gar pausiert. Dafür eine ganze Weile durchgehalten. Und v.a., wer als Kommissar bei den Öffentlich-Rechtlichen erst einmal ‚drin‘ saß, den wurde man auch so schnell nicht wieder los. Inszenatorisch wirkt das mittlerweile so behäbig wie ein Kammerspiel. Aaaaber, gerade weil heute – zu Recht – die aufdringliche Politisierung beklagt wird, sieht man hier doch, dass die ARD schon immer ihren Bildungsauftrag ernst nahm und ‚Aufklärungsarbeit‘ leistete: Telefon-Sex, wie funktioniert das eigentlich? Und ist das igitt? Welche Männer brauchen das? Sind die krank? Dem wird ja breiter Raum gewidmet. Insgesamt nicht sehr wiedersehenswert.
Ich stimme User @IMO68 vollinhaltlich zu. Palu hatte m.E. die bemerkenswerte ‚Last‘ zu tragen, dass die 1. Folge (‚Salü, Palu‘) aus 1988 wohl glz. die beste war. Dennoch schaue ich mir gelegentlich auch gerne eine der anderen Folgen – die mir oft fast ‚austauschbar‘ erscheinen – an. Wie gesagt, weniger aufgrund von Palu als vielmehr wegen der etwas ‚französisch‘ angehauchten Atmosphäre … ;-)