Tatort Folge 310: Tödliche Freundschaft

Kurz und knapp – darum geht’s

In einer Hamburger Bunkerruine wird die Leiche des Biologen Jochen Kronberg mit einer Schusswunde entdeckt. Die Hamburger Kommissare Stoever und Brockmöller nehmen die Ermittlungen auf und stoßen bald auf ein Netz aus dubiosen Geschäften und merkwürdigen Todesfällen im Umfeld eines Sanatoriums. Als zwei schwangere Pflegerinnen – beide mit Verbindung zum Opfer – unter tragischen Umständen ums Leben kommen, führt die Spur zu gentechnischen Experimenten. Als die Ermittler beginnen, in der wissenschaftlichen Vergangenheit des Opfers zu graben, geraten sie in einen Sumpf aus skrupelloser Forschung und tödlicher Vertuschung…

Inhalt der Tatort-Folge „Tödliche Freundschaft“

Grauer Beton, feuchte Wände und darin die Leiche eines Mannes – so beginnt der Fall für die Hamburger Kommissare Paul Stoever und Peter Brockmöller. Der Tote, Jochen Kronberg, war Biologe und begeisterter Radsportler. Während seiner Trainingsfahrt muss ihn der Mörder abgefangen haben, bevor er in dem verlassenen Bunker erschossen wurde.

Die Ermittlungen führen Stoever und Brockmöller zum Sanatorium außerhalb Hamburgs, wo Kronbergs wohlhabende Mutter ihren Lebensabend verbringt. Das gediegene Ambiente des Heims mit seinen gepflegten Gängen und der distinguierten Klientel steht in krassem Gegensatz zur brutalen Tat. „Mein Sohn hatte eine Beziehung zu einer der Pflegerinnen hier“, erklärt die alte Dame mit brüchiger Stimme. Diese Ingrid sei sogar schwanger von ihm gewesen.

Doch bevor die Kommissare die junge Frau befragen können, ereilt sie die Nachricht: Ingrid wurde von einem Auto angefahren und tödlich verletzt. Ein Unfall? Stoever ist skeptisch. Seine wettergegerbte Miene verfinstert sich, während er durch den herbstlichen Hamburger Regen zum Tatort fährt. Die Feuchtigkeit kriecht unter den Mantelkragen, während die Spuren bereits vom Regen verwischt werden – genauso undurchsichtig wie der Fall selbst.

Brockmöller, mit seiner für ihn typischen ruhigen Art, entdeckt derweil beunruhigende Parallelen: Erst vor kurzem hatte sich eine weitere Pflegerin namens Else das Leben genommen – auch sie war schwanger. Die beiden Kommissare, deren unterschiedliche Charaktere sich wie stets perfekt ergänzen, tauschen vielsagende Blicke aus. „Da stimmt was nicht“, brummt Stoever in seinen nicht vorhandenen Bart, während er gedankenverloren einen Zahnstocher kaut.

Der Heimleiter Dr. Beuck wirkt merkwürdig nervös auf die Ermittler. Seine Hände zittern, als er ihnen Auskunft gibt, seine Blicke schweifen immer wieder zur Tür. Was hat er zu verbergen? Noch dazu stößt Brockmöller auf eine versteckte Überwachungsanlage im Schwesternzimmer.

Parallel führt eine Spur zu dubiosen Geldanlagen. Die Mutter Kronbergs hat ihr beträchtliches Vermögen einer fragwürdigen Kapitalanlagegesellschaft anvertraut. Hat sich der Sohn deswegen mit jemandem angelegt?

Die Ermittlungen gleichen einem Puzzle, dessen Teile nicht zusammenpassen wollen. Wie Nebelschwaden über der Elbe verdichten sich zwar die Hinweise, doch das Gesamtbild bleibt verschwommen. Die entscheidende Wende bringt ein Gespräch mit der Frauenärztin der verstorbenen Ingrid: „Das ungeborene Kind wies schwere Missbildungen auf“, erklärt sie den Kommissaren mit ernster Miene. „Genau wie bei der anderen Schwester, die sich umgebracht hat.“

Als Stoever und Brockmöller schließlich den beruflichen Werdegang des Opfers unter die Lupe nehmen, führt die Spur zu einem Pharmaunternehmen und den Forschungen an gentechnisch veränderten Wachstumshormonen für die Schweinemast. „Wer Gott ins Handwerk pfuscht, wird zum Teufel“, murmelt ein Tierarzt, den sie zu Rate ziehen. Bald stoßen sie auf Kronbergs früheren Kollegen Dr. Dieter Frank und den sogenannten „Schweinebaron“ Hausmann, der für seine fragwürdigen Methoden in der Massentierhaltung bekannt ist.

Die Verbindung zwischen den deformierten Embryonen und Kronbergs wissenschaftlicher Arbeit lässt die Kommissare aufhorchen. Haben die Schwangeren unwissentlich als Versuchskaninchen gedient? Als Stoever einem roten Golf besondere Aufmerksamkeit schenkt, verdichten sich die Hinweise auf eine erschreckende Wahrheit hinter den Mauern des vornehmen Sanatoriums…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Tödliche Freundschaft“ wurde vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) und Studio Hamburg unter der Regie von Herrmann Zschoche produziert. Zschoche, bekannt für preisgekrönte DEFA-Filme wie „Sieben Sommersprossen“ und „Bürgschaft für ein Jahr“, zeigte mit diesem Krimi eines seiner letzten Werke, bevor er sich mit Anfang sechzig aus dem Filmgeschäft zurückzog.

Die Dreharbeiten fanden in Hamburg und Umgebung statt, insbesondere im Raum Winsen an der Luhe in Niedersachsen. Die Erstausstrahlung erfolgte am 21. Mai 1995 im Ersten Deutschen Fernsehen als 310. Folge der Tatort-Reihe.

In den Hauptrollen brillierten wie gewohnt Manfred Krug als Hauptkommissar Paul Stoever (sein 24. Fall von insgesamt 41) und Charles Brauer als Peter Brockmöller (sein 21. Fall). Zum Ensemble gehörten außerdem namhafte Schauspieler wie Gisela Trowe als Mutter des Opfers, Udo Schenk als Dr. Dieter Frank und Gerd Baltus als Heimleiter. Anke Sevenich verkörperte die Ehefrau des Ermordeten, während Gert Haucke als Tierarzt wichtige Hintergrundinformationen lieferte.

Die Einschaltquoten lagen bei 8,05 Millionen Zuschauern, was einem Marktanteil von 26,09 Prozent entsprach – für damalige Verhältnisse ein solider, wenn auch nicht herausragender Erfolg für einen Hamburger Tatort.

Bemerkenswert ist, dass der Film sich bereits Mitte der 1990er Jahre mit dem damals noch jungen Thema der Gentechnik auseinandersetzte. Die Diskussion über gentechnisch veränderte Lebensmittel stand zu dieser Zeit erst am Anfang. Zusammen mit dem „Tatort: Der sanfte Tod“ aus Hannover (2014), der sich ebenfalls mit industrieller Tierhaltung beschäftigte, gehört „Tödliche Freundschaft“ zu den Krimis, die gesellschaftlich brisante Themen aufgriffen.

Nach der Ausstrahlung wurde besonders die Darstellung der ethischen Probleme im Zusammenhang mit Gentechnik und Pharmaforschung diskutiert. Kritiker lobten den Mut des NDR, gleich mehrere kontroverse Themen in einem einzigen Krimi zu verarbeiten, während die Schnoddrigkeit des beliebten Ermittlerduos Krug/Brauer für die nötige Leichtigkeit sorgte.

Videos zur Produktion

ARD Plus Trailer

Video 30 Sekunden aus den ersten 30 Minuten

Besetzung

Hauptkommissar Stoever – Manfred Krug
Kommissar Brockmöller – Charles Brauer
Dr. Dieter Frank – Udo Schenk
Frau Kronberg – Gisela Trowe
Dr. Geuking – Gert Haucke
Jochen Kronberg – Thomas Naumann
Janine Kronberg – Anke Sevenich
Koch und Gärtner Treuberg – Günter Kütemeyer
Vater Scharrer – Dieter Ohlendiek
Dr. Maywald – Karl-Friedrich Gerster
Lohmeyer – Wolfgang Kaven
Hausmann – Holger Mahlich
Dr. Doris Doll – Dorothea Kaiser
Range – Wolfgang Winkler
Dr. Beuck – Gerd Baltus

Stab

Regie – Herrmann Zschoche
Kamera – Klaus Brix
Buch – Raimund Weber
Szenenbild – Hans Zillmann

Bilder – NDR/Studio HH

8 Kommentare

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  1. vor 16 Jahren

    Antwort brauche ich ja keine.
    Reicht ja, wenn Ihr den Namen des Arztes mal aendert.
    Ich hatte nach Gert Haucke gesucht – mir fiel der Name nicht ein – aber der Arzt heisst No[vw]ak, taucht aber leider im Abspann nicht auf. Jedenfalls mal nicht Geuking.
    Da kann man sich nicht verhoeren. Wo habt ihr das denn abgeschrieben… :-) ?
    Gruss,
    Holgi

  2. vor 8 Jahren

    Ein toller Tatort. Nur schade, dass es heute solche Krimis mit fast schon genialen und hintergründigen Dialogen nicht mehr gibt. OK, die Thematiken gleichen sich oft, aber was heute durch Effekthascherei und hohen monetären Einsätzen veruscht wird, zu erzielen, dass hat man zu der Zeit noch mit guten Schauspielern und, wie gesagt, hintergründigen Dialogen locker erreicht, ohne dabei verletzend zu wirken.
    Ich finde es bedauerlich, dass es viele dieser tollen Stoever & Brockmöller Tatorts nicht mehr auf DVDs / BluRays zu kaufen gibt. Da sind insgesamt nur zwei Zusammenstellungen erhältlich, und das, obwohl eine Vielzahl der Stoever-Krimis eine solche Auflage, wie auch dieser Tatort, auch gewissermaßen als Kontrast zu heute, mehr als verdient hätte.

  3. vor 8 Jahren

    Der Tatort mit der Nummer 310 aus der norddeutschen Hansestadt Hamburg und mit den beiden Hauptkommissaren Stoever und Brockmöller von der dortigen Mordkommission. Die beiden versuchen zwei zusammenhängende Morde aufzuklären und stoßen bei ihren akribisch geführten Ermittlungen auf einen, im Zusammenhang stehenden, Selbstmord. Es geht verdeckt um medizinische Versuche an Vieh, illegal und äußerst gefährlich, welches den verantwortlichen skrupellosen medizinischen Wissenschaftler aus den gänzlich nicht vorhandenen Ruder läuft und unschuldige sowie schwangere Pflegerinnen eines betuchten Altenheimes in den Tode bringt. Aus dem Jahre 1995 ist dieser packende anzuschauende Tatort-Spielfilm und mit einer anschaulichen schauspielerischen Besetzungsliste. Der Darsteller von Stoever ist leider vor einigen Monaten verstorben, ein großartiger Mime des west- und ostdeutschen Fernsehens. Den Schauspieler, welcher den Brockmöller hervorragend und glaubwürdig dargestellt , ja, diesen sah ich noch vor kurzem in einer Talk-Show von Markus Lanz. Ein sehr sympathischer Mann, beruflich voll dabei. Toll.

  4. vor 8 Jahren

    Der Tatort mit Brocki und Stoever im NDR hat mir den Abend gerettet.

    Gradlinig, konservativ spannend ohne aufgesetzte Effekthascherei, ruhige Kameraführung, man ratet und spekuliert mit und ist zu jeder Minute gut unterhalten.

    Was für ein Unterschied zu den Versuchen an Tatortverschnitten, die teils dieses Jahr schon gelaufen sind.
    Sollte für die Verantwortlichen zur Pflichtlektüre (-schau) gemacht werden, bevor sie ihre nächsten Experimente wieder zusammenschustern.

  5. vor 7 Jahren

    Zwei Biochemiker erschaffen das überdimensionale Schlachtvieh und der schlauere von den beiden bekommt Gewissensbisse. Der Film wagt einen investigativen Blick hinter die Kulissen einer industriellen Landwirtschaft – oder besser gesagt, wie man sie sich eben vorstellt als Außenstehender („klein Fritzchen“ hätte zu böse geklungen). Auch hier sind es wieder die Figuren, die den Film gut machen. Gerd Baltus als unseriöser Arzt und Pflegeheimchef, Gisela Trowe als am Ende stolze aber verarmte Dame, Gerd Haucke als Tierarzt mit ökologischem Gewissen und Durchblick, der hier ein Kurzreferat hält und für mich ganz besonders klasse: Wolfgang Winkler als Hausmeister mit Spitzelaktivitäten und faschistischem Ausleseverständnis („sowas gehört aussortiert – aber da hat sich ja schon einer drum verdient gemacht“). Stöver und Brocki waren sowieso klasse – also volle Wertung.

  6. vor 6 Jahren

    This story needed way too much explaining. All this talk about doctor this and doctor that, pigs and even Ponzi schemes, even Stoever, with his lazy attitude and sly humour, couldn’t save this one.

  7. vor 4 Jahren

    Auf, auf in den Schweinegürtel. Im Gegensatz zu anderen Stoever Fällen eher mittelmäßig, obwohl Gerd Baltus und Gert Haucke gut zu gefallen wissen. Beide haben jeweils in einen Supernasen Film mitgespielt. Norddeutscher Alltag. 3 Sterne

  8. vor 2 Jahren

    Der Tatort mit der Nummer 310 aus Hamburg und aus dem Jahr 1995 und gestern auf RBB und mit den Hauptkommissaren Stoever und Brockmöller. Einer der besten Filme der Tatort-Serie.
    Meine Meinung vom 22.03.2017 halte ich.

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