Kurz und knapp – darum geht’s
Eine drückende Hitzewelle liegt über München, als die verstümmelte Leiche des Streifenpolizisten Felix Rust an einem Speichersee gefunden wird. Die Ermittlungen führen die Kommissare Batic und Leitmayr in die Münchner Single-Szene – eine Welt aus Partnervermittlungen, Flirtschulen und dubiosen Therapiepartys. Der Fall wird persönlich, als sich Batic ausgerechnet jetzt mit der Pathologin Kathrin einlässt. Als die Ermittler dem mysteriösen Hinweis „Cocoon“ nachgehen, stoßen sie auf ein düsteres Geheimnis, das die Grenzen zwischen Schein und Sein verschwimmen lässt…
Inhalt der Tatort-Folge „Liebe, Sex, Tod“
Wie in Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“ beginnt alles mit einem Voyeur: Der geschiedene Streifenpolizist Felix Rust verbringt seine einsamen Abende damit, die Nachbarn im gegenüberliegenden Haus zu beobachten. Besonders hat es ihm die Videothekarin Ira Berg angetan, die in Travis-Bickle-Manier vor ihrem Spiegel posiert. Rust verteilt Strafzettel an attraktive Frauen, die er dann gegen sexuelle Gefälligkeiten wieder verschwinden lässt. Als er eines Nachts einen „Überraschungsservice“ bucht, wird ihm seine Sehnsucht nach dem besonderen Kick zum Verhängnis.
Die schwüle Sommerhitze treibt die Ermittler in die Abgründe der modernen Großstadt. Während der kroatischstämmige Batic die Temperaturen stoisch erträgt, schwitzt sich sein Kollege Leitmayr durch die Verhöre. In einer Bar geben sie sich als einsame Herzen aus – eine Szene, die an „Der Prinz aus Zamunda“ erinnert. Die Spuren führen zu zwei sehr unterschiedlichen Frauen: Da ist die cineastische Ira Berg, die Leitmayr mit nachgestellten Filmszenen in den Wahnsinn treibt, und die zurückhaltende Spielwarenverkäuferin Judith Homann, die von ihrem Bruder Lukas beschützt wird.
Im Laufe der Ermittlungen enthüllt sich ein verstörendes Bild der Münchner Single-Szene: Flirtschulen für Verzweifelte, Abenteuerprostitution für Gelangweilte und fragwürdige Therapiepartys gegen Impotenz. Die emotionale Einsamkeit der Großstadt zeigt ihre perversen Auswüchse. Selbst die Ermittler bleiben nicht unberührt – während sich Batic überraschend mit der Pathologin Kathrin einlässt, die gerade erst die Beziehung zu Leitmayr beendet hat, verrennt sich sein Kollege in der Jagd nach Ira Berg.
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Liebe, Sex, Tod“ wurde vom Bayerischen Rundfunk in Zusammenarbeit mit Bavaria Film unter der Regie von Peter Fratzscher („Wolffs Revier“) produziert. Das Drehbuch stammt von Christian Jeltsch, für den es die erste, aber nicht letzte Tatort-Arbeit war. Die Dreharbeiten fanden im Juni in München statt – ironischerweise bei ungewöhnlich kühlem Wetter, obwohl die Geschichte in der größten Hitze spielt.
Der Film ist gespickt mit cineastischen Anspielungen, von Hitchcocks „Psycho“ bis zu Ron Howards „Cocoon“. Für die musikalische Untermalung sorgt der von J.J. Gerndt komponierte und von Eric Brodka gesungene Titelsong „Urban Desire“. In den Hauptrollen brillieren neben dem etablierten Ermittler-Duo Miroslav Nemec (Batic) und Udo Wachtveitl (Leitmayr) auch Barbara Rudnik als Pathologin Kathrin, Dietmar Mössmer als tragischer Polizist Felix Rust und Alana Bock als rätselhafte Ira Berg.
Die Erstausstrahlung am 6. April 1997 erreichte beachtliche 9,62 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 29,02 Prozent für Das Erste. Es ist der 16. Fall des Münchner Ermittler-Duos und der bis heute einzige Tatort mit dem Wort „Sex“ im Titel. Drehbuchautor Jeltsch legte besonderen Wert darauf, die Figuren trotz ihrer Verschrobenheiten ernst zu nehmen: „Gewinner interessieren mich weniger, ich möchte von Figuren erzählen, die in ihrem Überlebenswillen eine gewisse Originalität besitzen.“
Besetzung
Hauptkommissar Ivo Batic – Miroslav Nemec
Hauptkommissar Franz Leitmayr – Udo Wachtveitl
Ira – Alana Bock
Lukas – Oliver Hasenfratz
Felix Rust – Dietmar Mössmer
Robert – Christian Koch
Pathologin – Barbara Rudnik
Laura – Karina Marmann
u.a.
Stab
Drehbuch – Christian Jeltsch
Regie – Peter Fratzscher
Kamera – Thomas Merker
Musik – Joachim von Gerndt
Bilder: HR/BR
Außerordentlich, Gänsehaut! Oliver Hasenfratz eine Wucht.
Wow, wirkliche gute Folge!
Eine der älteren Münchener mit Carlo.
Die Geschichte von Bruder und Schwester war allerdings schnell klar…
Starke Folge mit dem noch jungen Duo Batic/Leitmayr. Könnte als Psycho-Thriller durchgehen. Hervorragende Schauspieler-Besetzung.
Sehr gute Folge…“damals“ im Original gesehen und jetzt auch wieder super in der Wiederholung…schöne Sommerfolge…damals das Duo noch ohne grau im Haar ;-)
Der Tatort mit der Nummer 356 aus München und die beiden verwandlungsfähigen Hütchenspieler, Batic und Leitmayr, in einer ihrer besten Rolle. Die beiden Hauptkommissare untersuchen den Mord an einem einfachen Streifenpolizisten, der den Wunsch hatte, zu den Großen und den Möchtegernen einer neurotischen Gesellschaft zu gehören. Dienstbeflissen war er, auch privat, frauenfeindlich und geil. Batic und Leitmayr tauchen ein, in eine Welt der Sexisten, Sexualforscher, was sich gut verbinden lässt, der Besessenen, der Verklemmten, der Nutten und ermitteln erstaunliche Sachverhalte. Bei einem Mord bleibt es in diesem Tatort-Dilemma nicht und auch eine dritte Leiche wird noch gefunden. Ein ungewöhnlicher Tatort-Spielfilm aus dem Jahr 1997, ein wenig spannend, ein wenig interessant, ein wenig verrückt. Kann man sich mehrmals antun, muss man aber nicht. Ehrlich.
Ein solider Sommer Tatort aus München. 3 Sterne