Kurz und knapp – darum geht’s

Der Zirkus Hain gastiert auf den Elbwiesen in Dresden, als während einer Vorstellung der Starartist Vladimir bei seiner spektakulären Hochseilnummer tödlich abstürzt. Was zunächst wie ein tragischer Unfall aussieht, weckt schnell den Verdacht der Dresdner Ermittler Ehrlicher und Kain, die in die faszinierende, aber auch geheimnisvolle Welt des Zirkus eintauchen. Je tiefer sie in diese fremde Welt vordringen, desto mehr stoßen sie auf finanzielle Probleme, persönliche Konflikte und eine undurchdringliche Mauer des Schweigens. Als die Kommissare eine anonyme Nachricht erhalten, dass es sich um Mord handelt, geraten sie in ein Netz aus Intrigen und Geheimnissen, in dem jeder ein mögliches Motiv zu haben scheint…

Inhalt der Tatort-Folge „Tanz auf dem Hochseil“

Hauptkommissar Bruno Ehrlicher genießt seinen wohlverdienten Feierabend in einem Ausflugslokal neben dem „Körnergarten“, als ihn plötzlich der Ruf der Pflicht erreicht. Im nahe gelegenen Zirkus Hain hat sich ein tragisches Unglück ereignet. Das bunte Treiben unter der Zirkuskuppel wird jäh gestoppt, als der Starartist Vladimir während seiner waghalsigen Hochseilnummer in die Tiefe stürzt. Die Hauptattraktion seiner Darbietung – ein blinder Balanceakt über das Hochseil mit einem schwarzen Tuch über dem Kopf – endet tödlich. Der schockierte Blick des Publikums, das eben noch gebannt nach oben starrte, ist in das grelle Licht der Manege gerichtet, wo nun der leblose Körper des Artisten liegt.

Schnell kommen Ehrlicher Zweifel an einem Unfall. „Das schwarze Tuch ist verschwunden“, murmelt er seinem Kollegen Kain zu, während das Sägemehl der Manege unter seinen Schuhen knirscht. Bei den Artisten und dem Zirkusdirektor Rostowsky stoßen die Ermittler auf eine Mauer des Schweigens, die undurchdringlicher scheint als der dickste Vorhang des Zirkuszelts.

Ehrlicher wirkt verloren im Zirkusrund, tappend durch Sägespäne und stotternd durch Verhöre. Die schillernde Welt der Artisten, Gaukler und Dompteure ist offensichtlich nicht die Welt des so bieder wirkenden Ermittlers aus Dresden. Doch mit der ihm eigenen Beharrlichkeit dringen er und sein jüngerer Kollege Kain Schritt für Schritt in diese geschlossene Gesellschaft ein.

Die Ermittlungen fördern beunruhigende Tatsachen zutage: Der Zirkus steckt in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Zirkusdirektor Rostowsky kann die Gehälter nicht pünktlich zahlen, und hinter den bunten Kulissen brodelt es gewaltig. Zudem wollte Rostowsky Vladimir an einen Zirkus in Spanien vermitteln – ein Geschäft, das ihm eine stattliche Provision eingebracht hätte. Doch Vladimir hatte andere Pläne. Er wollte mit seiner Verlobten Anastasia nach Paris gehen.

„Wir sind das fahrende Volk – wenn wir nicht klauen, dann bringen wir uns gegenseitig um“, sagt der kleinwüchsige Boris ironisch zu den Kommissaren und spielt damit auf die gängigen Vorurteile an. Als Trainer und Lehrmeister von Vladimir weiß er mehr über die Hochseilnummer als jeder andere. Auch der selbstbewusste Seiltänzer Sven und die mysteriöse Lidia rücken ins Visier der Ermittler.

Die Fahndung nimmt eine entscheidende Wendung, als die Kommissare eine anonyme Nachricht erhalten: „Vladi kein Unfall. Mord. Einer, wo weiß.“ Die nächtlichen Schatten des Zirkuszelts scheinen plötzlich noch dunkler zu werden, als die Ermittler beginnen, die komplexen Beziehungen zwischen den Artisten zu entwirren. In dieser Welt, die von harter Arbeit, Rivalität, aber auch von Zusammenhalt und Leidenschaft für die Kunst geprägt ist, versteckt sich ein Mörder.

Das schwarze Tuch, das bei Anastasia gefunden wird, gibt Rätsel auf. Warum hat sie es versteckt? Unter dem Tuch kann man wirklich nichts sehen – was die Möglichkeit ausschließt, dass Vladimir geblendet wurde. Doch wie konnte ein so erfahrener Artist dann abstürzen?

Hinter den Kulissen

Der 17. gemeinsame Fall des Duos Bruno Ehrlicher (Peter Sodann) und Kain (Bernd Michael Lade) wurde im originalen Zirkus Hein gedreht. Um die Authentizität zu gewährleisten, wirkten echte Artisten und Tiere bei den Dreharbeiten mit. Besonders bemerkenswert ist, dass Mitglieder von Europas größter Hochseiltruppe als Doubles für die gefährlichen Szenen eingesetzt wurden.

In den Hauptrollen sind neben Peter Sodann und Bernd Michael Lade auch Peter Bongartz als Zirkusdirektor Rostowsky und Katja Woywood als Vladimirs Kollegin und Verlobte Anastasia zu sehen. Michael Markfort verkörpert den kleinwüchsigen Boris, während Tilman Günther in die Rolle des selbstbewussten Seiltänzers Sven schlüpft.

Seine TV-Premiere feierte der Kriminalfilm des Mitteldeutschen Rundfunks am Sonntag, den 26. Juli 1998 um 20:15 Uhr im Ersten Programm der ARD. Bei der Erstausstrahlung erreichte die Folge 5,45 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 20,08% entsprach.

Die Folge bietet einen einzigartigen Einblick in die Welt des Zirkus, mit all ihren Facetten von Glamour bis zu den harten Realitäten des Zirkuslebens. Der Kontrast zwischen der geordneten Welt der Ermittler und der schillernden, teils chaotischen Zirkuswelt wird gekonnt in Szene gesetzt. Die spektakulären Hochseilszenen verleihen dem Fall eine besondere visuelle Dynamik.

Nach der Ausstrahlung wurde die Folge für ihre authentische Darstellung des Zirkuslebens gelobt. Die Kritik hob besonders die atmosphärische Dichte hervor, die den Zuschauer in eine faszinierende Welt entführt. Obwohl keine spezifischen Informationen zur Musik vorliegen, trugen typische Zirkusklänge wie Fanfaren und Trommeln zur Schaffung der einzigartigen Stimmung bei. Der Kontrast zwischen der fröhlichen Zirkusmusik und der düsteren Kriminalhandlung erzeugte ein interessantes akustisches Spannungsfeld.

Besetzung

Peter Sodann – Hauptkommissar Bruno Ehrlicher
Bernd Michael Lade – Hauptkommissar Kain
Peter Bongartz – Rostowsky
Michael Markfort – Boris
Katja Woywood – Anastasia
Tilmann Günther – Sven
Torsten Michaelis – Fred
Walfriede Schmitt – Lidia
Hendrik Duryn – Karim
Uwe Zerbe – Fleischhauer
André Weisheit – Vladimir

Stab

Drehbuch – Claudia Sontheim
Regie – Peter Vogel
Kamera – Jürgen Heimlich
Musik – Klaus Doldinger

Bilder: MDR