Kurz und knapp – darum geht’s

Ein brutaler Mord erschüttert ein Karl-May-Museum in der Nähe von Dresden: Der Nachtwächter wurde mit einem 300 Jahre alten Tomahawk erschlagen. Die Kommissare Ehrlicher und Kain tauchen bei ihren Ermittlungen tief in die Welt der Hobbyindianer, Karl-May-Enthusiasten und eines echten Indianerhäuptlings ein, während die Spuren sowohl zu einem eifersüchtigen Liebhaber als auch zu mysteriösen Einbrüchen führen. Als die Ermittler endlich das Motiv hinter dem Raub eines alten Medizinbeutels entschlüsseln, gerät Kommissar Ehrlicher selbst in die Gewalt eines Täters, der ein heiliges Relikt im Austausch für das Leben des Polizisten fordert…

Inhalt der Tatort-Folge „Auf dem Kriegspfad“

Rastlos wandert Kommissar Kain durch die nächtlichen Ausstellungsräume des Karl-May-Museums, während die Holzdielen unter seinen Füßen knarren und der gedämpfte Lichtschein auf die Artefakte einer vergangenen Zeit fällt. Als junger Polizist hat ihn der Anblick des mit einem Tomahawk erschlagenen Nachtwächters mehr mitgenommen, als er vor seinem väterlichen Kollegen Ehrlicher zugeben möchte.

Die morgendliche Untersuchung des Tatorts offenbart die brutale Tat in aller Deutlichkeit: In der „Villa Bärenfett“, einem Nebengebäude des Karl-May-Museums, liegt der Nachtwächter in einer Lache seines eigenen Blutes. Die Mordwaffe – ein 300 Jahre altes indianisches Tomahawk aus der Ausstellung – wurde am Tatort zurückgelassen. „So ein Museum ist wie ein Fenster in eine andere Welt. Leider blickt manchmal auch das Böse hindurch“, murmelt der erfahrene Kommissar Ehrlicher, während sein Blick über die Glasvitrinen schweift, die das Leben und Wirken des Abenteuerschriftstellers Karl May dokumentieren.

Die Spurensuche führt das ungleiche Ermittlerduo in eine für sie fremde Szene: Hobbyindianer, die ihre Wochenenden in Tipis verbringen, Karl-May-Enthusiasten, die jeden Dialog aus seinen Romanen zitieren können, und sogar ein echter Indianerhäuptling namens Schwarzer Falke, der mit seinem Gefolge auf Deutschlandtournee ist. „Dieser Fall ist wie ein Labyrinth mit falschen Fährten“, seufzt Kain, während er und Ehrlicher versuchen, zwischen Faszination für die indianische Kultur und einem möglichen Mordmotiv zu unterscheiden.

Zunächst deutet alles auf ein klassisches Eifersuchtsdrama hin. Irene Schmidt, die Ehefrau des Opfers, hatte eine Affäre mit Professor Schmiedel – einem Mann mit aufbrausendem Temperament. „Die Wahrheit ist wie ein scheues Wild – sie zeigt sich erst, wenn man lange genug wartet“, philosophiert Ehrlicher, als sie erfahren, dass der Professor bei einer Auseinandersetzung seine Geliebte sogar lebensgefährlich verletzt hatte. Doch diese Theorien geraten ins Wanken, als ein weiterer Einbruch im Museum verübt wird, bei dem scheinbar nur ein 200 Jahre alter Medizinbeutel entwendet wurde.

Während die Ermittlungen in der Sackgasse stecken, herrscht plötzlich eine Spannung in der Luft, die greifbar scheint wie der aufkommende Gewitterregen über der sächsischen Landschaft. Als Kain endlich die entscheidende Verbindung zwischen den Vorfällen herstellt, muss er mit Schrecken feststellen, dass sein Kollege Ehrlicher verschwunden ist – entführt von einem jungen Mann, der seit fast zehn Jahren bei einem Indianerstamm lebt. Der Kidnapper stellt eine Forderung, die wie ein Echo aus einer längst vergangenen Zeit klingt: Ein Büffelmaske, die als indianisches Heiligtum gilt, im Austausch für das Leben des Kommissars…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Auf dem Kriegspfad“ (Episode 418) wurde 1998 unter anderem im authentischen Ambiente des Karl-May-Museums in Radebeul sowie auf der malerischen Felsenbühne Rathen in der Sächsischen Schweiz gedreht. Die Ausstrahlung erfolgte am 1. August 1999 in der ARD, wobei die Zuschauer die erfahrenen Tatort-Kommissare Ehrlicher (Peter Sodann) und Kain (Bernd Michael Lade) aus Dresden in ihrem ungewöhnlichen Fall begleiten konnten.

Das Ermittlerduo, das als Vertreter der neuen Bundesländer seit der Wiedervereinigung fester Bestandteil der Tatort-Reihe war, bewies in dieser Folge erneut sein Gespür für die Eigenheiten der ostdeutschen Gesellschaft in einer Zeit des kulturellen Wandels. Die Dreharbeiten im Karl-May-Museum – einer authentischen kulturellen Institution, die dem berühmten Abenteuerroman-Autor und seiner Faszination für indigene Völker gewidmet ist – verliehen der Folge eine besondere Atmosphäre zwischen deutscher Indianerbegeisterung und kriminalistischer Spannung.

Nach der Ausstrahlung sorgte besonders die Verbindung von Fiktion und realen kulturhistorischen Elementen für Diskussionen unter Zuschauern und Karl-May-Kennern, wobei die Darstellung des Konflikts um kulturelle Artefakte und deren Bedeutung für indigene Völker als thematisch seiner Zeit voraus galt. Die Folge wurde damit nicht nur zu einem spannenden Kriminalfall, sondern auch zu einem Zeitdokument der deutschen Auseinandersetzung mit indianischer Kultur am Ende der 1990er Jahre.

Besetzung

Kommissar Ehrlicher – Peter Sodann
Kommissar Kain – Bernd Michael Lade
Alena – Vicky Volioti
Häuptling Schwarzer Falke – Murray Small Legs
Irene Schmidt – Svenja Pages
Georg Fritsche – Armin Marewski
Prof. Schmiedel – Rolf Römer

Stab

Drehbuch – Wolfgang Hesse
Regie – Peter Ristau
Kamera – Wolfram Beyer
Schnitt – Kerstin Kexel
Musik – Claudius Brüse