Kurz und knapp – darum geht’s
Eine tote Lehrerin liegt mit dem Gesicht nach unten in ihrem eigenen Zimmerspringbrunnen – Heike Fuchs wurde gefesselt und ertränkt. Die Kommissare Lena Odenthal und Mario Kopper stoßen auf mehrere Verdächtige: den rachsüchtigen Vater eines ertrunkenen Schülers, einen wütenden Sitzenbleiber und die mysteriöse Schülerin Eshe aus Somalia, die hartnäckig schweigt. Als die Ermittlungen in ein afrikanisches Begegnungszentrum führen, decken Odenthal und Kopper nach und nach ein grausames Ritual auf, das auch Eshes kleine Schwester Meesa in tödliche Gefahr bringt…
Inhalt der Tatort-Folge „Tod einer Lehrerin“
Regungslos steht Lena Odenthal am Tatort und beobachtet das junge afrikanische Mädchen, das beim Anblick der Polizisten erschrocken flüchtet. Hinter ihr spiegeln sich die grellen Lichter der Spurensicherung in den kleinen Wellen des Zimmerspringbrunnens, in dem Heike Fuchs seit sechs Wochen tot liegt. Die Sommerferien haben der alleinstehenden 44-jährigen Lehrerin zum Verhängnis werden lassen – niemand vermisste sie, bis der Schulbeginn ihre Abwesenheit offenbarte.
„Es muss aufgehört haben zu plätschern, irgendwann“, murmelt Kopper, während er die mit Klebeband gefesselten Handgelenke des Opfers betrachtet. Die Ludwigshafener Hauptkommissare erkennen sofort: Hier wurde nachgeholfen. Keine Spuren von Gegenwehr, der Täter muss Heike Fuchs betäubt haben.
An der Albert-Einstein-Hauptschule, wo das Opfer Kunst und Mathematik unterrichtete, treffen Odenthal und Kopper auf die schweigsame Eshe – das Mädchen, das am Tatort gesehen wurde. Die 16-jährige Somalierin lebt seit drei Jahren in Deutschland, zusammen mit ihrer Mutter Dafina und ihrer kleinen Schwester Meesa. Was weiß die Schülerin über den Tod ihrer Lehrerin? Warum verweigert sie jede Auskunft?
Koppers eigene Geheimnisse durchkreuzen die Ermittlungen, als er an der Schule die junge Referendarin Marie Weber trifft. Sie trägt eine Goldkette, die er vor fast 30 Jahren einer Frau nach einer romantischen Nacht am Strand schenkte. Könnte Marie seine Tochter sein? Der Gedanke lässt ihn nicht los, während er nach außen Professionalität wahrt. „Du bist mitten in einem Mordfall und denkst an dein Liebesleben“, wirft ihm Odenthal vor, nicht ahnend, welche emotionale Last ihr Kollege trägt.
Dunklere Motive scheinen die Familie Betz zu belasten. Ihr Sohn Nico ertrank während einer Klassenfahrt unter Heike Fuchs‘ Aufsicht, und trotz ihres Freispruchs vor Gericht haben die Eltern der Lehrerin nie verziehen. „Das wirst du büßen, du Schlampe“, soll Vater Norbert Betz im Gerichtssaal gerufen haben. Und dann ist da noch Paul Mertens, der wegen einer „6″ bei Frau Fuchs sitzen blieb und die Schule verlassen musste – ein weiteres mögliches Mordmotiv.
Das Deutsch-Afrikanische Begegnungszentrum, in dem sich Dafina Steger und ihre Tochter Eshe engagieren, entwickelt sich zum Dreh- und Angelpunkt der Ermittlungen. Die farbenfrohen Stoffe und der Duft exotischer Speisen können Odenthal nur kurz ablenken. Hinter der Fassade der interkulturellen Verständigung spürt sie ein Geheimnis, das wie ein schwarzer Schatten über dem Tatort-Geschehen schwebt.
Die Suche nach der Wahrheit gleicht einem zähen Ringen gegen das Schweigen einer in sich geschlossenen Gemeinschaft. Erst als die kleine Meesa in akute Gefahr gerät, überwindet Eshe ihre Angst und ruft Lena an. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, bei dem es um weit mehr geht als nur die Aufklärung eines Mordes…
Hinter den Kulissen
Der 809. Tatort „Tod einer Lehrerin“ wurde vom Südwestrundfunk produziert und von Thomas Freundner inszeniert. Die Dreharbeiten fanden in Ludwigshafen am Rhein, Karlsruhe und Baden-Baden statt. Die in der Handlung vorkommende Albert-Einstein-Hauptschule, das Deutsch-Afrikanische Begegnungszentrum und die Firma Lupharm sind fiktive Einrichtungen, die eigens für die Geschichte erschaffen wurden.
Ulrike Folkerts schlüpft in diesem Film zum 54. Mal in die Rolle der Kommissarin Lena Odenthal, während Andreas Hoppe seinen 45. Fall als Mario Kopper bestreitet. In den Gastrollen glänzen besonders die später durch ihre Rolle als Tatort-Kommissarin in Göttingen bekannt gewordene Florence Kasumba als Dafina Steger, Wolfgang Michael als ihr Schein-Ehemann Enno und die junge Corazon Herbsthofer als Eshe.
Die Erstausstrahlung am 11. September 2011 im Ersten erreichte 7,90 Millionen Zuschauer in Deutschland (23,1 Prozent Marktanteil) und 643.000 Zuschauer in Österreich (23 Prozent Marktanteil). Besonders in der Gruppe der 14- bis 49-jährigen Zuschauer konnte der Krimi mit 2,37 Millionen und einem Marktanteil von 16,2 Prozent punkten.
Eine interessante Randnotiz: Karl-Heinz Gierke, der als Täter im allerersten Schimanski-Tatort „Duisburg-Ruhrort“ zu sehen war, taucht hier in einer kleinen Rolle als Hausmeister auf, der von den Kommissaren als Zeuge befragt wird. Nach der Ausstrahlung wurde der Film kontrovers diskutiert. Während einige Kritiker die Thematisierung von Genitalverstümmelung begrüßten, bemängelten andere die klischeehafte Darstellung der afrikanischen Kultur und die überkonstruierte Handlung.
Der Krimi war fesselnd und schauspielerisch gut besetzt. Dass der Mord an der Lehrerin mit deren Kampf gegen die sogenannten Beschneidungen in Afrika zusammenhing blieb lange offen und erhöhte die Spannung. In diesem Film wurde ein Thema angesprochen, das der Beschneidungen junger Mädchen, das vielen nicht so bekannt ist. Es hat aber immer noch in der Welt Brisanz .Leider.!
Ich verstehe nicht, warum so etwas jungen Mädchen angetan wird. In der heutigen modernen Welt ist dies entsetzlich. Warum können die Kinder nicht so leben, wie sie von Gott und der Natur physisch geschaffen wurden , also ohne Beschneidung ???Ich habe auch kein Verständnis für Politikerinnen und Politiker, die in Deutschland im 21.Jh. die Beschneidungen dulden.
Ja, es gibt noch andere Mordmotive als die ewige Leier von Muttis Eifersucht oder des Michels Gier nach Omas Häuschen. Was hier aber erst recht spät ausgebreitet wird, sodass es auch jene nicht stören sollte, die meinen, andere Probleme im menschlichen Zusammenleben hätten in einem TO nichts zu suchen. Die verschollene Liebschaft von Kopper und ihr Beitrag zur Lösung des Falls schienen mir etwas an den Haaren herbeigezogen, der tatsächliche Ablauf des Mordabends etwas kurios, aber dennoch ein unterhaltsamer und auch anrührender TO. Hoffen wir mal, dass Ludwigshafener Drehbücher irgendwann mal wieder zu so einer erfrischenden Balance aus inhaltlichem Anliegen und Leichtigkeit der Form zurückfinden.
Der Tatort aus Ludwigshafen mit der Nummer 809. Die Hauptkommissare Odenthal (w) und Kopper (m) ermitteln in einem Tötungsdelikt und stoßen dabei auf ein uraltes Ritual, aus einem anderen Kontinent hierher exportiert und verbotenerweise auch ausgeführt. Ein erschütternder und aufrüttelnder Tatort-Spielfilm, mit einem gesellschaftlichen hochbrisanten Thema, welches durch ein Verbot nicht in den Griff zu kriegen ist und nur durch unaufhörliche Aufklärung bekämpft werden kann. Ein paar nette Züge innerhalb dieses düsteren Tatortes war die in Vergessenheit geratene alte Liebschaft von Kopper, welche auch noch ins Geschehen mit eingebaut worden ist. Persönlich fand ich diesen Streifen weniger sehenswert und für einen Spielfilm in der Tatort-Reihe auch unpassend. Hier wollte jemand ein gesellschaftliches Tabuthema einem breiten Publikum über den beliebten Fernsehabend „auf’s Auge“ drücken.
Spannender und realistischer Tatort aus den Bereichen Schule und afrikanische Flüchtlinge. Am Ende die Auflösung des Tathergangs allerdings etwas konstruiert und für mich nicht ganz glaubhaft (siehe auch Kommentar von @arte-Versteher). Film jedoch sehenswert, weil trotz des ernsten Themas insgesamt locker und gelegentlich leicht ironisch inszeniert, mit etwas privater Nebenhandlung des Kommissars zum Auflockern. Kleine Lektionen der Kriminaltechnik über Maden an Leichen sind ebenfalls eingebaut. Afrikanische Flüchtlinge bringen gruselige Traditionen mit, die erst die in Deutschland großgewordene zweite Generation ablegen kann. Dies wurde im Film aber nicht aufdringlich geschildert, sondern eher nebenbei.
4 von 5 Sterne!
Hier teile ich die Ansicht von @Dirk: Das Thema „Genital-Verstümmelung“ ist in unseren Breitengraden schon ziemlich ‚ausgerissen‘ (und es sind wohl nur wenige TO-Seherinnen von diesem Thema berührt). Das Problem: selbst wenn 100% der TO-Seher:innen weibliche Beschneidungen ablehnen, wird es deshalb trotzdem in der Praxis keine einzige weniger geben. 😡
Für die betroffenen Mädchen ist das Thema sicher sehr schlimm, es wäre m.E. in einer guten Doku aber wesentlich besser aufgehoben.
Ein spannender Tatort. Die Thematik der Beschneidung hat mich ratlos zurückgelassen! Wie kann man als Mutter sowas zulassen. Gerade hier in Deutschland, als Geflüchtete, könnte man diese barbarische Tradition wohl hinter sich lassen. Man hört aber auch nichts mehr davon.
@Jutta: Sie schrieben „Die Thematik der Beschneidung hat mich ratlos zurückgelassen! Wie kann man als Mutter sowas zulassen.“
Meine Antwort zu Traditionen: Ich kenne beispielsweise Türkinnen (auch ältere), die alleine unter Deutschen kein Kopftuch tragen, jedoch immer wenn sie unter Türken sind! Man wird durch die Gemeinschaft gezwungen, die Traditionen zu wahren. Erst die jüngeren nächsten Generationen legen dann Traditionen ab.
Ich weiß nicht, wie es in D ist, aber in Wien ist das Straßenbild der ‚black community‘ vorwiegend von jungen Männern geprägt. Ich schätze mal, 80-90% des ’sichtbaren‘ Teils dieser community sind bei uns männlich (mein Eindruck).
Ob das gut oder schlecht ist, werde ich hier nicht beurteilen … 😇
Aber das im gegenständlichen TO behandelte Thema ist dann natürlich weniger im Fokus.
Florence Kasumba spielt hier mit starkem Akzent.. und besetzt Jahre später die Rolle der Ermittlerin Anais Schmitz.
Beschneidung, Verstümmelung – ein übles Thema, welches spätestens seit dem Film „Wüstenblume“ einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt haben dürfte.
In eben jenem Film wurde auch die täglich mehrfach auftretende Problematik sichtbar gemacht: jedes Wasser lassen kostet so sehr viel Zeit mit nahezu vollständig zugenähter Scheide. Und die „Hochzeitsnacht“ möchte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Gut und richtig, diese Problematik – auch mal in einem Tatort – erneut präsent zu machen.
Und: nur, weil man den weiblichen schwarzen Anteil dieser Menschen nicht sieht, heißt es nicht, dass es sie (hinter verschlossenen Wohnungstüren) nicht da sind.