Tatort Folge 732: Borowski und die heile Welt

Kurz und knapp – darum geht’s

Ein schockierender Fund erschüttert die Fördestadt Kiel: Die achtjährige Michelle wird tot auf einer Fähre entdeckt – erstickt mit ihrer eigenen Jacke. Hauptkommissar Klaus Borowski steht vor der schweren Aufgabe, den Eltern Nadine und Thies Nowak die Todesnachricht zu überbringen. Als die Obduktion zahlreiche ältere Verletzungen am Körper des Kindes offenbart, richtet sich der Verdacht schnell gegen die eigenen Eltern, die mit einem maroden Restaurant, Geldsorgen und einer kriselnden Ehe kämpfen. Bei seinen Ermittlungen im vermeintlich heilen Familienleben stößt Borowski auf ein Geflecht aus Lügen, Verzweiflung und gefährlichen Abhängigkeiten. Als der Kommissar gemeinsam mit der Polizeipsychologin Frieda Jung beginnt, die Fassade zu durchbrechen, ahnt er nicht, wie gefährlich die Wahrheit für alle Beteiligten werden kann…

Inhalt der Tatort-Folge „Borowski und die heile Welt“

Der Regen prasselt unerbittlich auf die nächtlichen Straßen Kiels, während eine verzweifelte Frau durch die leeren Gassen irrt. „Michelle!“, ruft Nadine Nowak immer wieder in die Dunkelheit, ihre Stimme vom Unwetter fast verschluckt. Ihre achtjährige Tochter ist nach einem heftigen Familienstreit weggelaufen. Doch was die hochschwangere Mutter in diesem Moment noch nicht weiß: Es ist bereits zu spät.

Am nächsten Morgen steht Hauptkommissar Klaus Borowski vor einer Aufgabe, die er zutiefst verabscheut. Mit schweren Schritten nähert er sich der Haustür der Familie Nowak. In seinem Gesicht spiegelt sich die Last seiner Botschaft – Michelle ist tot, erstickt auf dem Oberdeck einer Fördefähre, verlassen wie eine weggeworfene Puppe. Als Nadine Nowak die Tür öffnet, muss er nur einen Blick in ihre Augen werfen, und sie weiß bereits, was er zu sagen hat.

Die Obduktion des Kindes offenbart ein erschreckendes Bild: Michelles Körper ist übersät mit Hämatomen, einige alt, andere neu. Ein verheilter Rippenbruch deutet auf eine längere Leidensgeschichte hin. Der norddeutsche Ermittler wittert schnell, dass hinter der Fassade der Familie Nowak nichts so ist, wie es scheinen soll. Der Vater Thies, ein ehemaliger Häftling mit beunruhigender Neigung zu Wutausbrüchen, gerät sofort in den Fokus der Ermittlungen. Wie ein Vulkan, der jederzeit ausbrechen kann, bewegt er sich durch den Fall – unberechenbar und gefährlich.

Das Restaurant der Nowaks gleicht einem sinkenden Schiff. Zwischen leeren Tischen und unbezahlten Rechnungen kämpft Thies um das wirtschaftliche Überleben, während seine hochschwangere Frau in einer Welt aus Wunschvorstellungen und zerbrochenen Hoffnungen gefangen scheint. „Bei diesem Paar ergänzen sich die neurotischen Dispositionen perfekt“, erklärt die Polizeipsychologin Frieda Jung ihrem Kollegen Borowski. „Das nennt man Kollision.“ Der Kommissar entgegnet trocken: „Ich dachte, das nennt man Liebe.“

Die Situation wird zusätzlich belastet durch das plötzliche Auftauchen von Saskia, Thies‘ Ex-Freundin, die einst die Eröffnung des Restaurants mit 50.000 Euro ermöglichte. Wie ein Schatten aus der Vergangenheit scheint sie das fragile Gleichgewicht der Ehe weiter zu stören. Borowski spürt, dass in dieser vergifteten Atmosphäre jeder Funke genügt, um eine Explosion auszulösen.

Bei ihren Nachforschungen stoßen die Ermittler auf Tim Hansen, einen Kellner im Restaurant der Nowaks. Er gibt zu, Kontakt zu Michelle gehabt zu haben – harmlose Begegnungen beim Schwimmen, wie er beteuert. Doch sein Bruder Eddy behauptet, belastendes Material gegen ihn zu haben. Hat Tim pädophile Neigungen? Ist er gar für Michelles Tod verantwortlich?

Während Borowski das Zimmer des toten Mädchens durchsucht, findet er verstörende Anzeichen dafür, dass Michelle in Angst lebte. Zeichnungen und versteckte Botschaften deuten auf ein Kind hin, das in einer Welt aus Gewalt und Schweigen gefangen war. Gleichzeitig spürt der Kommissar, dass Nadine Nowak hinter ihrer Fassade aus stiller Trauer etwas verbirgt – ein dunkles Geheimnis, das sie mit aller Kraft zu schützen versucht.

Als die Situation in der Familie erneut eskaliert und Thies in einem cholerischen Anfall das Grundstück verlässt, erkennt Borowski, dass die Zeit drängt. Gemeinsam mit Frieda Jung beginnt er, die Schicht um Schicht der vermeintlich heilen Welt abzutragen, ohne zu ahnen, welch gefährliche Abgründe sich dahinter verbergen…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Borowski und die heile Welt“ ist der zwölfte Fall des Kieler Ermittlers Klaus Borowski, dargestellt von Axel Milberg. An seiner Seite ermittelt die Polizeipsychologin Frieda Jung, gespielt von Maren Eggert. Die Hauptrollen des Ehepaars Nowak wurden mit Katharina Wackernagel (Nadine) und Fabian Hinrichs (Thies) besetzt, die mit ihrer intensiven Darstellung dem Film eine besondere emotionale Tiefe verleihen. Als Nadines manipulative Mutter Vera brilliert die erfahrene Charakterdarstellerin Marita Breuer.

Die NDR-Produktion wurde im Frühjahr 2008 unter dem Arbeitstitel „Michelle – 8 Jahre“ in Kiel und Umgebung gedreht. Regie führte der Schweizer Florian Froschmayer nach einem Drehbuch von Elke Schuch und Marc Blöbaum. Die Erstausstrahlung am 3. Mai 2009 im Ersten erreichte 8,11 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 23,7 Prozent – ein beachtlicher Erfolg für die Krimireihe.

Besonders gelobt wurde von der Kritik die visuelle Gestaltung des Films, die bereits im Vorspann die Geschichte einleitet und durchgehend eine beklemmende Atmosphäre erzeugt. Die intensive Kameraarbeit, die Borowski in entscheidenden Momenten regelrecht „umzingelt“, sowie die eindringliche Darstellung der emotional aufgeladenen Familienszenen wurden als Stärken des Films hervorgehoben.

„Borowski und die heile Welt“ ist nicht nur ein klassischer Kriminalfall, sondern auch ein bedrückendes Familienpsychogramm, das die Abgründe hinter der Fassade vermeintlicher Normalität schonungslos offenlegt. Die Balance zwischen Kriminalhandlung und psychologischem Drama machte diese Folge zu einem der einprägsamsten Fälle des Kieler Ermittlers.

Videos zur Produktion

ARD Trailer

ARD Plus Trailer

Besetzung

Klaus Borowski – Axel Milberg
Frieda Jung – Maren Eggert
Nadine Nowak – Katharina Wackernagel
Thies Nowak – Fabian Hinrichs
Dr. Stormann – Samuel Finzi
Roland Schladitz – Thomas Kügel
Vera Zimmer – Marita Breuer
u.a.

Stab

Drehbuch – Elke Schuch, Marc Blöbaum
Regie – Florian Froschmayer
Kamera – Roman Nowocien
Musik – Oliver Kranz

Bilder: NDR/Marion von der Mehden

13 Kommentare

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  1. vor 16 Jahren

    Krimis zum Thema häusliche Gewalt stehen in meiner Gunst nicht besonder hoch. Zu real und zu bedrückend sind diese Geschichten. Der gestrige Tatort behandelte das Thema aber durchaus differenziert. Und spannend war er auch. Ueber den Täter resp. die Täterin tappte man lange Zeit im Dunkeln. Wie bei den meisten Tatort-Krimis gibt es neben dem eigentlich Fall auch noch eine polizei-interne Geschichte. Hier darf man gespannt sein, wie es zwischen Borowski und Frida Jung weitergeht. Vielleicht taut der griesgrämige Borowski ja endlich mal etwas auf …..

  2. vor 16 Jahren

    Das Schlimmste an diesem Tatort: die Jung geht doch nicht in die Schweiz.

  3. vor 16 Jahren

    Alles überzogen, ganz klar – die Mutter war die Räbin. Die Ommma war ja so was von daneben. und der Vater und na ja, Borowski war so ein kleiner Lichtblick. Aber warum gucke ich den TO eigentlich ? Weil es eben Kult ist.

  4. vor 16 Jahren

    Volle Zustimmung zur Bewertung des Tatort!

  5. vor 16 Jahren

    Ja, ja, das Leben ist trist, erst recht, wenn man es bei der Mordkommission Kiel verbringen muss. Aber allmählich wird es auch für den Zuschauer anstrengend.

  6. vor 16 Jahren

    Eine Mutter als Mörderin oder: Warum die Welt nie heil ist. Wenn es einen deutschen Kurt Wallander gibt, dann heißt er Klaus Borowski. So ein schräger Ermittler tut gut.

  7. vor 16 Jahren

    Der Geilste Satz war: “Feuerwehrmann müsste man sein. Da weiß man immer, wo man hin muss.”

  8. vor 13 Jahren

    Ich bin mindestens einmal die Woche in dem Cafe, das in diesem Tatort das Restaurant ist.
    Namen sag ich hier natürlich nicht, aber es ist super schön gelegen – Direkt an der Kieler Förde.

    Ein sehr guter Tatort mit einer schauspielerischen Höchstleistung von
    Katharina Wackernagel.

  9. vor 12 Jahren

    Zu aktueller Sendezeit besser als der Tatort München, der noch zur Auswahl steht ,-)

  10. vor 11 Jahren

    Was für ein Müll! Nicht einer spricht hier über das Mädel das hier so gekonnt ihre Szene gespielt hat, wie ich erfuhr im alter von 9 Jahren. Nicht mal als Darstellerin im Ablauf ist das Mädchen mit Namen genannt. Aber kaum liegt dort ne halbnackte Madam auf dem Seziertisch, wird sofort von der Bildzeitung und anderen Zeitungen das Bild der halb nackten Frau jedem vor die Nase gehalten. Film hin oder her. Alles nur Schummellei.

  11. vor 9 Jahren

    Der Tatort Nummer 732 aus Kiel. Ein tragisches Sozial-Drama, was der Hauptkommissar Borowski aufzuklären hat und hierbei wohlweißlich die Hilfe der Polizeipsychologin Jung rechtzeitig in Anspruch nimmt. Es geht um den Mord an einem Kind, ein Mädchen, erstickt und mit Blutergüssen am Körper aufgefunden. Es stammt aus einer psychisch und physisch angeschlagenen Familie, der Vater brutal, die Mutter nervlich instabil. Keine schöne Kindheit, die das junge Mordopfer in seinem kurzen Leben gehabt haben dürfte. Borowski ermittelt in verschiedenen Richtungen, bekommt auch Hinweise, welche auf das pädophile Milieu schließen lassen könnten, konzentriert sich dann in Richtung Eltern, kreist intensiv den explosiven Vater eng ein und überführt, zusammen mit der Psychologin Jung, die durchgeknallte Mutter, die sich der Verantwortung für ihre unfassbaren widerwärtigen Tat durch Selbsttötung entziehen will. Ein tragisches Tatort-Drama aus der familiären Familien-Film-Kiste. Sollte man durchaus gesehen haben und ich werde mit eine weitere Wiederholung sicherlich nicht entgehen lassen, zumal das damalige Untersuchung -Team Borowski/Jung professionell gut zusammen ermittelten.

  12. vor 4 Jahren

    Hochemotionaler Fall, glücklicherweise frei von unpassenden Humor Einlagen.

    Toll gespieltes Drama mit überraschendem Ende, auch wenn ich gehofft hatte, dass die in meinen Augen dauergrinsende Frau Jung mit dieser Folge nun endlich ihren Abschied feiert^^ (nichts gegen die Schauspielerin Maren Eggert). Denn die (ohnehin schon recht seltsame) Beziehung der beiden kommt nach wie vor nicht „in die Pötte“, so dass es langsam aber sicher uninteressant wirkt.

  13. vor 4 Jahren

    Der arme Borowski mit kompletter Montur ins Becken. Tolle Szene! Bedrückender Borowski Fall. Dafür gibt es 4 Sterne

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