Kurz und knapp – darum geht’s
Ein nächtlicher Angeltörn am Dortmund-Ems-Kanal wird zum Alptraum, als Herbert Thiel einen abgetrennten Fuß aus dem Wasser fischt, der sich als Körperteil einer ermordeten Frau entpuppt. Hauptkommissar Frank Thiel und Rechtsmediziner Professor Boerne entdecken, dass es sich bei dem Opfer um Boernes Jugendfreundin Susanne Clemens handelt, die ein pikantes Geheimnis kannte und möglicherweise deswegen sterben musste. Als die Ermittlungen zum Tennisclub TVC Münster führen, wo auch das aufstrebende Talent Nadine Petri trainiert, beginnen Thiel und Boerne eine gefährliche Wahrheit aufzudecken, die das Leben der jungen Sportlerin für immer verändern könnte…
Inhalt der Tatort-Folge „Zwischen den Ohren“
Silbernes Mondlicht spiegelt sich auf der dunklen Oberfläche des Dortmund-Ems-Kanals, während Herbert Thiel, der Vater des Hauptkommissars, seine Angel auswirft. Die nächtliche Stille wird nur vom gelegentlichen Plätschern des Wassers unterbrochen. Er hofft auf einen Fang – doch was er schließlich aus dem Wasser zieht, lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren: Ein Motorradstiefel mit einem menschlichen Fuß darin.
Sein Sohn Frank Thiel sitzt währenddessen gemütlich auf der Couch und freut sich auf das Pokalspiel zwischen seinem geliebten FC St. Pauli und dem FC Bayern München. Der Kommissar mit der ewigen St. Pauli-Mütze hat eine ausgeprägte Schwäche für Fußball – und eine ebenso ausgeprägte Abneigung gegen die kultivierten Allüren seines Vermiets und Kollegen Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne. Der Rechtsmediziner bereitet sich gerade auf einen seiner größten Triumphe vor: Die Verleihung eines renommierten Wissenschaftspreises steht bevor, und Boerne feilt akribisch an seiner Dankesrede.
„Die Fehlbildung am Mittelfußknochen – ich habe so etwas schon einmal gesehen“, murmelt Boerne, während er den gefundenen Fuß untersucht. Sein sonst so selbstgefälliger Gesichtsausdruck weicht plötzlich echter Bestürzung. „Das ist Susanne Clemens, meine alte Schulkameradin.“ Der sonst so distanzierte Rechtsmediziner wirkt ungewohnt betroffen.
Die Ermittlungen führen Thiel zunächst zum Tennisclub TVC Münster, wo Susanne zuletzt gearbeitet hat. „In ihrem Büro wurde eingebrochen“, erklärt Clubpräsident und Kiesgrubenbesitzer Albrecht Heck mit besorgter Miene. „Wer weiß, was die Diebe dort gesucht haben.“ Thiel beobachtet durch die Glasfront des Clubhauses das junge Tennistalent Nadine Petri, die konzentriert Bälle über das Netz schmettert. Ihre Eltern stehen am Spielfeldrand – zwei Gestalten wie aus Stein gemeißelt, deren Blicke jeden ihrer Schläge verfolgen, als hinge ihr eigenes Leben davon ab.
In Susannes Werkstatt findet Thiel Fotos von Mitgliedern einer berüchtigten Motorradgang, den Wotan Wolves. Die Suche nach Antworten gleicht einem Puzzlespiel mit fehlenden Teilen – bis Herbert Thiel bei einem erneuten nächtlichen Angelausflug die vollständige Leiche von Susanne Clemens entdeckt, treibend im kalten Wasser des Kanals wie ein verlassenes Wrack.
„Die Todesursache war Ertrinken“, erklärt Boerne nach der Obduktion, während das grelle Licht der Leuchtstoffröhren seinen Seziersaal in ein klinisches Weiß taucht. „Aber sie wurde vorher schwer verprügelt. Und schauen Sie hier, Thiel – diese Tätowierung und die Testosteronrückstände in ihrem Blut.“ Gemeinsam setzen die beiden ein Bild zusammen: Susanne hatte sich als Mann verkleidet, um bei den frauenfeindlichen Wotan Wolves einzuschleusen. Doch warum?
In einer versteckten Kammer in Susannes Garage macht Thiel einen entscheidenden Fund: eine selbstgebrannte DVD. Auf den Aufnahmen sieht man Susanne im Gespräch mit Nadine Petri. „Steh dazu, wer du bist“, hört man Susanne sagen. „Intersexualität ist nichts, wofür du dich schämen musst.“ Mit einem Schlag wird klar: Nadines Familie und ihr Manager Heck haben alles auf die Tenniskarriere des Mädchens gesetzt – ein Geheimnis, das diese Karriere zerstören könnte, durfte nicht ans Licht kommen.
Nach einer durchzechten Nacht mit Boerne – „Brüderschaft trinken, aber nicht küssen!“ – konfrontiert Thiel die Familie mit seinen Erkenntnissen. Die Alibis der Eltern sind brüchig wie dünnes Eis, und als sich herausstellt, dass Nadine dasselbe Schlafmittel im Blut hat, das auch Susanne verabreicht wurde, nimmt der Fall eine dramatische Wendung.
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Zwischen den Ohren“ ist der 20. Fall des beliebten Ermittlerduos Thiel und Boerne aus Münster. Produziert wurde der Film vom WDR zusammen mit der Müller & Seelig Filmproduktion. Die Dreharbeiten fanden in Münster und Umgebung statt, wobei besonders der Dortmund-Ems-Kanal als atmosphärischer Schauplatz für die entscheidenden Szenen diente.
In den Hauptrollen brillieren wie gewohnt Axel Prahl als knorriger Kommissar Frank Thiel und Jan Josef Liefers als selbstverliebter Rechtsmediziner Professor Karl-Friedrich Boerne. Unterstützt werden sie vom Stammpersonal: Claus Dieter Clausnitzer als Herbert Thiel, Christine Urspruch als Boernes Assistentin Silke „Alberich“ Haller und Friederike Kempter als Thiels Kollegin Nadeshda Krusenstern. In der Rolle des Tennistalents Nadine Petri überzeugt Anna Bullard, die beeindruckend die innere Zerrissenheit ihrer Figur darstellt.
Erstmals ausgestrahlt wurde die Folge am Sonntag, den 18. September 2011 im Ersten Programm der ARD und erreichte beachtliche 10,4 Millionen Zuschauer in Deutschland, was einem Marktanteil von 28,8 Prozent entspricht. In Österreich verfolgten 719.000 Zuschauer den Fall, was einem Marktanteil von 24 Prozent entsprach. Damit zählte dieser Münster-Tatort erneut zu den quotenstärksten Krimis der Reihe.
Bemerkenswert ist, dass die Folge mit dem sensiblen Thema der Intersexualität einen gesellschaftlich relevanten Aspekt aufgreift, der in der breiten Öffentlichkeit zu diesem Zeitpunkt noch wenig diskutiert wurde. Nach der Ausstrahlung entwickelten sich in Foren und sozialen Medien intensive Diskussionen darüber, wie der Sport mit Geschlechteridentitäten umgeht – ein Thema, das bis heute nichts an Aktualität verloren hat.
dann kucks doch einfach nicht….
Vielleicht nicht der beste Münsteraner Tatort, aber dennoch sehenswert. Die Leute mögen die beiden nicht wegen besonders spannender Fälle, sondern aufgrund der Kauzigkeit der Charaktere und der Späße. Und die haben nunmal wieder gut gesessen!
„Karl….Karl Friedrich“…..“Frank…..Frank Thiel“…. hehehe
weis jemand wie das opernstück zu beginn heißt als boerner an seiner rede arbeitet?
vielen dank
….soso – „grüsse“…!
Dann gebe ich meinen Senf auch noch mal dazu: Alle anderen Tatorte sind doch immer der gleiche Mist, den sich kaum noch jemand anguckt. Nur die aus Münster haben durch ihren „Nebenschauplatz“ überhaupt noch einen Reiz. Die Quoten zeigen ja wohl sehr deutlich, dass die Tiefgründigkeit des Falles nicht unbedingt proportional zur Qualität des Tatortes ist.
Darüber hinaus schreibt man das Wort „gucken“ seit der Rechtschreibreform in der Tat mit „k“, „kucken“ also. Daher hat Michi nicht nur inhaltlich, sondern auch orthographisch recht. Wer im Glashaus sitzt, sollte ohnehin nicht mit Steinen werfen, denn da gibt es Themen wie „der richtige Gebrauch von ss-ß“ oder auch der Dauerbrenner „Klein- bzw. Großschreibung“.
Ich bin eine neue Tatortianerin, deshalb weiß ich nicht weshalb heute, also am 20.05.2013 eine Folge aus 2011 gezeigt wird?! Werden keine neue Folgen mehr gedreht, oder ist das eine Ausnahme?
Verzeihung, habe mich im Datum geirrt, ich meinte 19.05.2013.
Dieser Tatort war besonders gut.
Wo kann ich einen generellen Kommentar zu den Tatort aus Münster abgeben?
Natürlich werden neue Folgen gedreht. Immer, wenn zweitägige Feiertage sind (Weihnachten, Ostern, Pfingsten) wird am So. ein alter und am Mo. ein neuer TO gezeigt.
Ich fand diese Folge super. Vor allem die Szene, als die Staatsanwältin sich des Pullis entledigt ;-)
„Währenddessen geht Prof. Thiels Vater Herbert zum Münsteraner Nachtangeln an den Dortmund-Ems-Kanal. Dort macht der Hobbyangler einen grausigen Fund: er hat einen Motorradstiefel an seinem Haken. Sein Sohn Karl-Friedrich wird sofort alarmiert.“
1. Thiel hat inzwischen habilitiert und
2. Thiel und Boerne sind Brüder!
Thiel und boerne sind einfach die besten ich könnte den ganzen Tag Tatort mit den beiden sehen.. Einfach klasse. Jetzt könnten mal ein paar neue Folgen von den beiden kommen hab nämlich jetzt schon alle gesehen.
Haha! Das mit dem Rechtschreibfehler ist mir gerade erst aufgefallen! Das wäre aber auch ein ZIEMLICHER ZUFALL wenn Thiel und Boerne nicht nur Kollegen, Nachbarn,… nein BRÜDER wären!! Lustige Vorstellung…der Tatort hat mir aber super gefallen. Wird der vielleicht mal wiederholt?
Oh Gott der der den Artikel geschrieben hat, kannte sich wohl nicht so gut aus…Professor Thiel!!! Ich lach mich tot…
Thema zu ernst, Klamauk zu schal.
Der Tatort Nummer 810, heute, 20:15 h, WDR. Die Tatort-Kommissare Thiel und Krusenstern, ja das eigentliche Team, ermitteln, zusammen mit dem Rechtsmediziner Boerne. Im Grunde genommen, provinziale Mordkommission, immer gerne gesehen und auch der amerikanischen Heimatdichter verbunden. Unterhaltsames Abend-TV, einfach zum Abschalten. Der westfälischen Bauernschaft verbunden, gönne ich mir zu diesem Tatort heute einmal Chicken Wings mit kühlem Landbier. So Lounge. Äh.
Die Musik im Film.
Giuseppe Verdi: Va, pensiero (Gefangenenchor), aus: Nabucco (3. Akt).
Vier Sterne von mir. Hier fehlt mir doch das eine oder andere zu 5 Sternen. Ich kann noch nicht mal erklären was. Sehr gut gefallen hat mir Boernes Gefühlsleben. Ich finde es immer gut, wenn man auch über seine Vergangenheit einiges erfährt. Man spürt seine Einsamkeit, die er allerdings selbst verschuldet hat. Göttlich die Sauf Szene mit Thiel. D
Die Charaktere sind wie immer vielschichtig, sowohl Thiel und Börne als auch die in den Nebenrollen, z.B. Nadine – d.h. alle die genügend Auftritts-Zeit haben. Vaddern kommt in dieser Folge wenig vor, aber er kann und muss ja nicht immer groß rauskommen.
Achtung Spoiler:
Das Thema der Intersexualität von Nadine und evt. auch von Mordopfer Susanne finde ich interessant, es geht eben nicht um Geldgier, Rache oder ähnlich gängige Gründe für Gewalttaten.
Der Running Gag „wie man seinen Pullover auszieht“ ist super, ebenso der Running Gag „Fußballspiel gucken“ und die Saufszene.
In Erinnerung bleibt insbesondere die Szene, wenn Staatsanwältin Klemm am „Sex-Test“ scheitert (lt. „Pullover-Auszieh-Theorie“ ist sie eigentlich ein Mann, wir haben´s ja schon immer gewusst!). ;-)
Ansonsten kaufe ich der Figur Nadine Petri (Anna Bullard-Werner) die „inter-sexuelle Persönlichkeit“ nicht ganz ab; auf mich hat sie – sowohl vom Aussehen her, als auch in ihrem Reden und Handeln – eine rein „weibliche“ Ausstrahlung.
Bemerkenswert aber, dass das Thema „Inter-Sexualität“ – schon 2011 – gerade in einem Münster-TO aufgegriffen wurde.
Prahl und Liefers alias Thiel und Boerne bilden durchaus das Dreamteam unter den skurrilen Paarungen des Tatortuniversums. Der freche, oberschlaue Narzisst trifft auf den wortkargen, beleibten Fußballfan und so kasperten sich die beiden ruhmreich durch so manche Folge, in der dann kein stringenter oder gar spannender Fall vielmehr ihre Blödeleien den Ton angaben. Diese Vorgehensweise gefiel der großen Fangemeinde, doch muss im vorliegenden Fall etwas augenscheinlich negatives angemerkt werden.
Warum findet ausgerechnet Vaddern zufällig den Fuss beim Angeln und wieso bringt eben dieser Vaddern kurz darauf beim abermaligen Angeln den übrigen Leichnam wieder zufälligerweise ans Licht und weshalb kennt Boerne die Besitzerin des Fusses ganz zufällig aus alten Schulzeiten? Was also soll diese Aneinanderreihung schwachsinniger Zufälle? Zugegebenermaßen handelt es sich ja bloß um einen Film. Aber sollten die Buchautoren nicht wenigstens ein Mindestmaß an intellektuellem Niveau bewahren?
Neben dieser Schelte war lobend zu bemerken, dass die beiden Gags (Pullover ausziehen und Fußball schauen) tadellos funktionieren. Überhaupt wirkt die schauspielerische Leistung der jungen Anna Bullard-Werner stark und eindrucksvoll. Ihr gelingt es, die innere seelische Zerrissenheit, die sich aus einer angeborenen Intersexualität ergibt, glaubhaft zu verkörpern.
Sehr guter Tatort, auch wenn fragwürdigerweise Intersexualität mit Transsexualität gleichgesetzt wird.
Ich habe „Zwischen den Ohren“ nun zum dritten oder vierten Mal gesehen. Und bin wieder äußerst angetan. Wirklich gut gespielt.
Einige der witzigen Szenen sind bei mir inzwischen Klassiker. Nicht nur der Pullover-Test und das nächtliche Angeln, sondern beispielsweise auch das Spiel mit Klemms Zigarettenrauch.
Gerade diese Folge im WDR geschaut. Ich fand sie echt spitzenmäßig! Viele „Lieblingsszenen“: Wie Thiel und Boerne die gute Alberich zum Pulliausziehen nötigen („Sie sind eine Frau!“), Boernes Monolog vor dem Spiegel mit abschließendem Abwinken (klasse Slapstick!), Thiels Gesicht, als Klemm den Pulli auf die männliche Art auszieht.. Großartige Szenen! Kleinigkeiten, als Boerne hinter dem Spiegel steht und sein Kopf sich mit dem Körper des Frisörs/Makeup-Spezialisten deckt, Boerne, der sich, seinem einzigen Freund im Spiegel (ja, wieder) zuprostet. Ein Münster-Tatort, wie ich ihn liebe! Es gibt nämlich auch echt enttäuschende Münster-Folgen (Limbus, Es lebe der König,…). Klare 5 Sterne von mir!
Warum zur Hölle kommt meine Sternebewertung nicht durch? Lolikowski
Das ist für mich ein Bsp., wie ein Münster-TO ausgerichtet sein sollte: einerseits lustig (sh. ‚Sex-Test‘ u.a. von Fr. Klemm), andererseits ernsthaftes Thema (‚Geschlechts-Identität‘, ‚Intersexualität‘).
Das ist m.E. – nach ‚Wolfsstunde‘ mit der herausragenden Katharina Lorenz – der zweitbeste ‚Münsteraner‘ TO!