Kurz und knapp – darum geht’s

In einem Hamburger Fußballtor wird die Leiche von Louis Spindel gefunden – einem Mann, der unter falschem Namen in einer heruntergekommenen Pension lebte und unerklärlich große Geldbeträge besaß. Hauptkommissar Paul Trimmel und sein Team stoßen bei den Ermittlungen auf Verbindungen zum Bundesliga-Skandal und müssen zwischen Hamburg und dem Rheinland pendeln, um die Wahrheit hinter Spindels doppeltem Leben aufzudecken. Auch die Witwe des Toten wirkt verdächtig mit ihren widersprüchlichen Aussagen und falschem Namen. Als Trimmel schließlich die Fäden zwischen dem Toten, dem dubiosen Spielervermittler Prack und dem mysteriösen Jonny Feldmann entwirrt, gerät er mitten im Fußballstadion selbst in eine gefährliche Konfrontation mit dem Mörder…

Inhalt der Tatort-Folge „Platzverweis für Trimmel“

Regen prasselt auf das verlassene Stadion, als ein dunkler Wagen nachts über den matschigen Platz rollt. Die Scheinwerfer werfen gespenstische Schatten auf das Spielfeld, während eine Leiche aus dem Kofferraum gezerrt und demonstrativ im Tornetz drapiert wird – wie ein makabres Symbol für ein Spiel, das längst aus den Fugen geraten ist.

Hauptkommissar Paul Trimmel, bulliger Typ mit Proletencharme und kantiges Urgestein der Mordkommission, steht am nächsten Morgen vor dem Tor und betrachtet den Toten mit grimmiger Miene. Seine Mitarbeiter wissen: Wenn der Chef so dreinblickt, ist mit seiner gewohnten Eigenwilligkeit zu rechnen. Trimmel, der erste Tatort-Kommissar überhaupt, pfeift auf Dienstvorschriften wie auf einen schlechten Schiedsrichter, seine cholerischen Ausbrüche sind im Team berüchtigt. „Ein toter Fußballer mitten im Tor? Da steckt mehr dahinter“, knurrt er und nimmt seine Pfeife aus dem Mund.

Die Ermittlungen führen das Team in eine schäbige Pension, wo der Tote, Louis Spindel, die letzten Wochen seines Lebens verbracht hat. Obwohl er offenbar arbeitslos war, finden sie über 6.000 Mark in bar. Die vergilbten Tapeten und das quietschende Bett zeugen von Armut – das Geld passt nicht ins Bild. Als Trimmels Assistent Petersen die mysteriöse Frau aufspürt, die Spindel regelmäßig besucht hat, verdichtet sich der Nebel um den Fall nur noch mehr: Sie gibt sich als Irene Kohl aus, ist aber in Wirklichkeit Olga Spindel, die Ehefrau des Toten.

Die Ermittlungen gleichen einem Fußballspiel in der Verlängerung – zäh, nervenaufreibend und voller unerwarteter Wendungen. Höffgen, Laumen und Petersen erledigen ein Laufpensum wie Lizenzfußballer im Hochleistungstraining, während sie Zeugen befragen und Spuren verfolgen. Als Trimmel erfährt, dass Spindel über 100.000 Mark in Wertpapieren besaß und Verbindungen zu einem in den Bundesliga-Skandal verwickelten Spielervermittler hatte, reist er ins Rheinland. Dort, wo der Fußball Religion ist und die Stadien Kathedralen sind, spürt Trimmel, dass er dem Täter näher kommt.

Die Spannung erreicht ihren Höhepunkt während eines Bundesligaspiels zwischen dem 1. FC Köln und dem HSV. Das Stadion bebt unter den Rufen der Fans, während Trimmel den mysteriösen Jonny Feldmann beobachtet, der zwischen den Zuschauern wie ein gehetztes Tier wirkt. „Ich will nur wissen, warum ein toter Mann im Tornetz landet“, sagt Trimmel zu seinem Bremer Kollegen Böck, der zufällig ebenfalls im Stadion ist. „Im Fußball gibt es keine Zufälle, nur Fouls, die man nicht gesehen hat.“

Als später der Privatdetektiv Tuffinger ins Spiel kommt und Feldmann nach seiner Rückkehr nach Hamburg in seiner Wohnung zusammenbricht, scheint das Puzzle immer verwirrender zu werden. Während Trimmel zwischen Hamburg und dem Rheinland pendelt, verdichten sich die Hinweise auf eine Verbindung zwischen dem Bundesliga-Skandal und dem Tod von Spindel – doch was genau ist die Verbindung zwischen Fußballwetten, manipulierten Spielen und dem Mann im Tornetz?

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Platzverweis für Trimmel“ wurde Anfang 1973 produziert und thematisiert den aufsehenerregenden Bundesliga-Skandal der frühen 1970er Jahre, bei dem mehrere Spieler und Funktionäre in Manipulationen von Spielen verwickelt waren. Die Dreharbeiten fanden in Hamburg und im Rheinland statt, wobei für das im Film gezeigte Bundesligaspiel tatsächliche Aufnahmen des Matches zwischen dem 1. FC Köln und dem Hamburger SV vom 17. Februar 1973 verwendet wurden.

In der Besetzung glänzt Walter Richter als eigenwilliger Hauptkommissar Paul Trimmel, der bereits zum sechsten Mal in dieser Rolle zu sehen ist. Der bulliger Typ mit unverkennbarem Proletencharme machte Anfang der 70er Jahre sogar dem biederen „Kommissar“ Erik Ode Konkurrenz. Zu seinem Team gehören Edgar Hoppe als Hauptmeister Höffgen, Ulrich von Bock als Obermeister Petersen und Joachim Richert als Kriminalmeister Laumen. Besondere Authentizität verleihen dem Film die Gastauftritte mehrerer damaliger HSV-Spieler, die in Stadionszenen zu sehen sind.

Die vom NDR produzierte 32. Folge der Krimireihe Tatort feierte am 19. August 1973 im Ersten Deutschen Fernsehen Premiere. Interessanterweise war die Figur des Paul Trimmel ursprünglich der Held einer Kriminalroman-Reihe von Friedhelm Werremeier, bevor Walter Richter sie 1970 in der allerersten Tatort-Folge „Taxi nach Leipzig“ zum Leben erweckte. Damit gilt Trimmel als der „Urvater“ aller Tatort-Ermittler.

Nach der Ausstrahlung sorgte besonders die realitätsnahe Darstellung des Bundesliga-Skandals für Diskussionen, da der Film zwar einen fiktiven Verein namens „VfL Bonsdorf“ erfand, aber deutliche Parallelen zu den tatsächlichen Ereignissen zog. Insgesamt folgten elf Fälle mit Walter Richter als Paul Trimmel, bevor der Schauspieler 1985 verstarb.

Besetzung

Hauptkommissar Trimmel – Walter Richter
Höffgen – Edgar Hoppe
Laumen – Joachim Richert
Jonny Feldmann – Klaus Stieringer
Agnes Treuleben – Erna Nitter
Erich Franz – Jürgen Scheller
Prack – Henry E. Simmon
Tilly – Eos Schopohl
Olga Spindel – Christa Berndl
Tuffinger – Gerd Martienzen
Frau Holzmann – Eva-Maria Bauer
Petersen – Ulrich von Bock

Stab

Regie – Peter Schulze-Rohr
Kamera – Niels-Peter Mahlau
Buch – Friedhelm Werremeier