Kurz und knapp – darum geht’s
Spielende Kinder machen einen grausigen Fund auf einer Hamburger Müllkippe: Neben einer männlichen Leiche entdecken sie zahlreiche Fässer mit giftigen Industrieabfällen. Hauptkommissar Paul Trimmel nimmt die Ermittlungen auf und stößt bald auf Verbindungen zu einer Hamburger Entsorgungsfirma und einem Kieler Industrieunternehmen. Bei seinen Nachforschungen bekommt er Unterstützung vom Kieler Kommissar Finke, der eine verschwundene Frau namens Annika Boll ins Spiel bringt. Als ein zweiter Toter gefunden wird und weitere Giftfässer auftauchen, wird klar: Die Ermittler bewegen sich in einem gefährlichen Netz aus Habgier, Umweltverschmutzung und Mord – und wissen noch nicht, wie tief die Verstrickungen reichen …
Inhalt der Tatort-Folge „Gift“
Ein grauer, feuchter Tag auf einer Hamburger Müllhalde, wo Kinder zwischen rostigen Metallteilen und verwittertem Schutt nach Schätzen suchen. Plötzlich ein Schrei, der die trügerische Ruhe zerreißt: zwischen zerbeulten Blechkanistern liegt ein Toter, starr und kalt wie die umliegenden Metallabfälle. Hauptkommissar Paul Trimmel, mürrisch und abgehärtet durch jahrelange Polizeiarbeit, erreicht den Tatort, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben. Bei der Untersuchung der Umgebung stoßen die Beamten auf dutzende Fässer mit unheilvollen Totenkopfsymbolen – hier wurde nicht nur ein Mensch getötet, sondern auch die Umwelt vergiftet.
In der Rechtsmedizin erfährt Trimmel, dass ein Schuss aus einem großkalibrigen Colt dem Opfer das Leben nahm. Der einzige Hinweis: ein Zettel mit dem Namen „Annika Boll“ in der Jackentasche des Toten. Trimmels Assistent Petersen findet heraus, dass die Giftfässer von der Hamburger Firma „Toxex“ stammen, die eigentlich für die fachgerechte Entsorgung von Industriegiften zuständig ist. Die Verbindung führt weiter zur Kieler Firma „Metallin“, dem Ursprungsort der Giftstoffe.
„Das sind keine Kleinigkeiten mehr“, brummt Trimmel in seinen Schnauzbart, während er aus dem Fenster seines Büros auf den verregneten Hamburger Hafen blickt. „Hier geht es um Grundwasser, das tausende Menschen trinken.“ Der Fall erstreckt sich über Ländergrenzen, und so betritt Kommissar Finke aus Kiel die Bühne – ein Mann mit feinerem Gespür, der Trimmels direkte Art mit intellektueller Finesse ergänzt. Die Zusammenarbeit der beiden beginnt wie ein kalter Morgen: frostig, aber mit der Aussicht auf Erwärmung.
Finke hat bereits herausgefunden, dass Annika Boll in Kiel als vermisst gemeldet wurde und bei „Metallin“ arbeitete. „Da haben wir unsere Verbindung“, nickt Trimmel anerkennend. Die Fahndung nach dem weißen Lieferwagen, mit dem die Giftfässer transportiert wurden, gleicht der Suche nach einem Tropfen in der Nordsee – aussichtslos im Gewimmel des norddeutschen Transportverkehrs.
Als Obermeister Petersen die Chefin von „Toxex“, Susanne Knabe, verhört, erfährt er von einem Colt, den sie aus Amerika mitgebracht und an Dr. Stephan, den Leiter von „Metallin“, verkauft haben will. Die Spuren verdichten sich wie Nebelschwaden über der Elbe. In einem Wald unweit der Müllkippe machen die Ermittler einen zweiten grausigen Fund: wieder eine Leiche, wieder Giftfässer. Dieser Tod wird als Selbstmord inszeniert – doch Finkes skeptisches Auge entdeckt Unstimmigkeiten.
Während die Kommissare zwischen Hamburg und Kiel pendeln, versuchen unsichtbare Hände, Spuren zu verwischen. Ein LKW-Fahrer verschwindet, Zeugen werden zum Schweigen gebracht. Die eingelagerten Gifte ticken wie eine chemische Zeitbombe unter der dünnen Erdschicht, mit der man sie zu verbergen sucht. Industrielle Gier und menschliche Schwäche bilden eine toxische Mischung, die tödlicher ist als der Inhalt der Fässer.
Ein weiterer Hinweis führt Trimmel und Finke zu einem Waldstück, wo der Gifttransporter gesehen wurde. Die beiden ungleichen Ermittler nähern sich nicht nur der Lösung des Falls, sondern auch einander an – zwei Profis, die trotz unterschiedlicher Methoden das gleiche Ziel verfolgen. Als sie Dr. Stephan mit ihren Erkenntnissen konfrontieren, ahnen sie noch nicht, dass ihnen eine überraschende Wendung bevorsteht…
Hinter den Kulissen
„Gift“ ist der 42. Film der Tatort-Reihe und wurde vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) produziert. Für Hauptkommissar Paul Trimmel, verkörpert vom charismatischen Walter Richter, ist es bereits der siebte Fall. Besonders ist die intensive Zusammenarbeit mit dem schleswig-holsteinischen Kommissar Finke, gespielt von Klaus Schwarzkopf, der sonst seine eigenen Fälle in Kiel bearbeitet. Die Gastrolle Finkes ist auffallend umfangreich – in der zweiten Hälfte des Films ist er fast ebenso präsent wie Hauptfigur Trimmel selbst.
Die Dreharbeiten fanden im Frühjahr 1974 in Hamburg und Kiel statt. Das düstere Setting der Müllkippe und die Industriekulisse des Hafens verleihen dem Film eine bedrückende Atmosphäre, die perfekt zum Thema passt. Bemerkenswert ist, dass der Tatort schon 1974 ein damals hochaktuelles Umweltthema – die illegale Entsorgung von Giftmüll – aufgriff und mit einer Kriminalhandlung verknüpfte.
Der Film war ein enormer Erfolg beim Publikum: Bei der Erstausstrahlung am 21. Juli 1974 erreichte die Folge einen beeindruckenden Marktanteil von 55 Prozent – mehr als jeder zweite eingeschaltete Fernseher in Deutschland zeigte den Tatort „Gift“.
Wie das Begleitmaterial zum Film enthüllt, basierte Drehbuchautor Friedhelm Werremeier die Geschichte auf tatsächlichen Polizeiakten eines der größten Giftmüllskandale jener Zeit. Namen und Details wurden zwar geändert, doch die grundlegenden Abläufe orientierten sich eng an realen Ereignissen. Dies verleiht dem Film „Gift“ nicht nur dramatische Spannung, sondern auch dokumentarischen Wert als Zeitzeugnis einer Ära, in der das Umweltbewusstsein erst langsam ins öffentliche Bewusstsein rückte.
Sehr, sehr sehenswert, die Zusammenarbeit zwischen Finke und Trimmel ist echt klasse. Und dann diese Musik, insbesondere in dem Moment wo die beide Autos aus dem Waldweg heraus kommen und sie die Suchtruppen entgegen fahren.
Der Tatort mit der Nummer 042 aus Hamburg, wahrscheinlich des „Trimmels“ wegen. Zwei Ur-Gesteine aus einem Ur-Klassiker treffen aufeinander. Der Hauptkommissar Trimmel aus Hamburg und der Hauptkommissar Finke aus Kiel, beide Publikumslieblinge der 1970ziger Jahren und das völlig zu recht. Ein Leichenfund auf einer Müllkippe, illegale Entsorgung von Giftmüll und eine unangemeldete Waffe aus den USA, treiben die beiden Kommissare der Mordkommission an. Ein weiterer Toter kommt hinzu und man könnte ohne weiteres diesen hervorragenden Tatort-Spielfilm aus dem Jahre 1974, in das heutige Jahrzehnt versetzen. Bei der momentanen Sommerpause auf allen Fernsehsendern wundert man sich nur, dass solche Publikumsmagnete nicht zu einer ansprechenden Sendezeit einmal wiederholt werden. Absolut sehens- und wiederholungswert ist dieser Tatort-Spielfilm, mit Top-Schauspielern aus damaliger Zeit.
Dieser Tatort ist gut und spannend. Trimmel + Finke harmonieren sehr gut zusammen. Die Musik ist fantastisch treibend. Sehr krautiger Sound zwischen Neu! Und Klaus Doldinger
Super