Kurz und knapp – darum geht’s
Der junge Bundeswehrgefreite Wolfgang Tielens bricht aus der Kaserne aus, um seine schwer herzkranke Mutter im Krankenhaus zu besuchen. Als er erfährt, dass ihr eine lebensnotwendige Operation von einem unerfahrenen Arzt überlassen werden soll, versucht er verzweifelt, eine bessere Behandlung für sie zu organisieren. Bei seiner Flucht vor den Feldjägern kommt einer der Militärpolizisten ums Leben – unwissentlich wird Tielens so zum Mordverdächtigen. Als Kommissar Willi Kreutzer die Verfolgung aufnimmt, greift der verzweifelte Sohn zu immer drastischeren Mitteln und nimmt schließlich eine Geisel, um die Rettung seiner Mutter zu erzwingen …
Inhalt der Tatort-Folge „Herzjagd“
Einsam steht Kommissar Willi Kreutzer im Büro der Essener Mordkommission, während draußen ein grauer Dezembertag anbricht. Sein Chef Haferkamp ist im Urlaub, die Last der Verantwortung liegt allein auf seinen Schultern. Das schrille Klingeln des Telefons zerreißt die morgendliche Stille – ein Fall, der mehr mit verzweifelter Liebe als mit kaltblütigem Mord zu tun hat.
Der junge Bundeswehrsoldat Wolfgang Tielens sitzt an einem kalten Krankenhausbett. Seine Mutter, bleich und geschwächt von einer schweren Herzerkrankung, sieht ihrer Operation mit Angst entgegen. Im fahlen Neonlicht des Krankenzimmers erfährt Tielens, dass nicht der erfahrene Professor Heinrich, sondern dessen Assistent die komplizierte OP durchführen soll. Für den jungen Mann bricht eine Welt zusammen – er ist überzeugt, dass seine Mutter ohne die bestmögliche Behandlung sterben wird.
Als plötzlich Feldjäger auftauchen, um ihn wegen unerlaubter Entfernung zurück in die Kaserne zu bringen, setzt bei Tielens der Überlebensinstinkt ein. „Ich muss meiner Mutter helfen!“, ruft er verzweifelt, während er flieht. In der Hektik kommt es zu einem Handgemenge, bei dem ein Feldjäger tödlich verletzt wird – ohne dass Tielens dies bemerkt.
Kommissar Kreutzer, dessen kantiges Gesicht von jahrelanger Polizeiarbeit gezeichnet ist, übernimmt den Fall mit der Unterstützung seines jungen Assistenten Klein. Der erfahrene Ermittler ahnt, dass hinter dieser Geschichte mehr steckt als ein kaltblütiger Mord. „Man flieht nicht ohne Grund“, murmelt er, während er die dürftigen Akten studiert. Die Spuren führen zunächst zur Schwägerin der kranken Frau, die verzweifelt beteuert: „Wolfgang ist kein Verbrecher! Er will nur seiner Mutter helfen.“
Tielens versteckt sich derweil in der Wohnung seiner abwesenden Freundin Sabine. Die Situation gleicht einem Labyrinth ohne Ausgang – je mehr er versucht, seiner Mutter zu helfen, desto tiefer verstrickt er sich in strafbare Handlungen. Wie ein gefangenes Tier in der Falle beginnt er, radikale Maßnahmen zu ergreifen. Er ruft bei der Polizei an, behauptet eine Geisel zu haben und fordert die Verlegung seiner Mutter in ein Spezialkrankenhaus in Houston.
Kreutzer, der selbst einmal Zeuge einer tragischen Geiselnahme war, entscheidet sich für eine List. Wie ein Schachspieler, der seinen Gegner zu einem falschen Zug verleiten will, lässt er einen manipulierten Fernsehbericht ausstrahlen, der Tielens vorgaukeln soll, seine Forderungen würden erfüllt. „Zeit gewinnen ist alles“, erklärt er seinem skeptischen Vorgesetzten.
Doch dann verschlechtert sich der Zustand von Frau Tielens dramatisch. Als eine Embolie die sofortige Operation erzwingt, spitzt sich die Situation zu. Die Fahndung nach Tielens gleicht mittlerweile einem Wettlauf gegen die Zeit. Der neugierige Nachbar Krischke, der zunächst hilfsbereit erscheint, entpuppt sich als zwiespältige Figur, die Tielens‘ ohnehin angespannte Nerven zusätzlich strapaziert.
Als Tielens durch Krischke erfährt, dass der vermeintliche Spezialist in Amerika gar nicht verfügbar ist und der Fernsehbericht nur ein Täuschungsmanöver war, kippt seine Verzweiflung in Wut um. In einem letzten verzweifelten Akt nimmt er schließlich Kommissar Kreutzer als Geisel und fordert die Fernsehübertragung der Operation seiner Mutter. Doch was er dort sieht, ist das Schicksal in seiner grausamsten Form…
Hinter den Kulissen
Der WDR-Tatort „Herzjagd“ wurde zwischen dem 3. März und dem 10. April 1980 in Essen und Umgebung sowie in München gedreht und am 14. Dezember 1980 zum ersten Mal ausgestrahlt. Der Film stellt einen besonderen Meilenstein in der Tatort-Reihe dar: Es ist der einzige Fall, in dem Willi Kreutzer, gespielt von Willy Semmelrogge, als Hauptermittler in Erscheinung tritt.
Ursprünglich war die Folge für Kommissar Haferkamp (Hansjörg Felmy) konzipiert, der jedoch das Drehbuch ablehnte. Erst dadurch wurde Kreutzer, der zuvor in 20 Folgen als Haferkamps Assistent fungierte, zum Protagonisten befördert – allerdings als „Urlaubsvertretung“ und nur für diesen einen Fall.
Die Rolle des verzweifelten Soldaten Wolfgang Tielens wurde intensiv und überzeugend gespielt, während die Atmosphäre des industriell geprägten Ruhrgebiets der frühen 1980er Jahre als authentische Kulisse diente. Die düstere Grundstimmung des Films passte zum Thema der verzweifelten Mutterliebe und der moralischen Grauzonen, in die Menschen geraten können, wenn sie für ihre Liebsten kämpfen.
Mit 12,72 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 38,00 % erreichte die Folge bei ihrer Erstausstrahlung ein beachtliches Publikum. Nach der Ausstrahlung diskutierten Zuschauer vor allem über die moralischen Fragen, die der Film aufwirft: Wie weit darf Liebe gehen? Wann wird Fürsorge zum Verbrechen? Diese Thematik macht „Herzjagd“ auch heute noch zu einem sehenswerten Zeitdokument, das den Zuschauer mit der Frage konfrontiert, ob das Ende die Mittel heiligt.
Besetzung
Kommissar Kreutzer – Willy Semmelrogge
Wolfgang – Claude-Oliver Rudolph
Frau Tielens – Brunhild Hülsmann
Frau Köndgen – Tilli Breidenbach
Klein – Towje W. Kleiner
Frau Baumann – Christl Welbhoff
Krischke – Ernst Jacobi
Professor Heinrich – Gunther Malzacher
Sekretärin – Tana Schanzara
u.a.
Stab
Drehbuch – Bernd Schwamm
Regie – Axel Corti
Kamera – Charly Steinberg
Kostüme – Regine Bätz
Szenenbild – Harold Waistnage
Schnitt – Jean-Claude Piroué
Produktionsleitung – Richard Deutsch
Produzent – Bernd Schwamm
Ich bin ein echter Fan der 80er Jahre, aber dieser Tatort ist wirklich nicht sehenswert. Der junge Claude-Oliver Rudolph auf der Flucht und dass auf unspektakuläre Art und Weise. Ohne Spannung, Witz und Musik, „wenn Sie wissen was ich meine?!“
Trotzdem sehr nett die alten Bauten und Autos von früher zu sehen, was den Film leider micht rettet.
Der Tatort Nummer 119. Nach 35 Jahren seit der Erstsendung schaute ich ihn mir auch komplett an, wobei ich glaubte, ihn schon einmal gesehen zu haben. Aber nein, gut, Himmel. Dilettantisches, unglaubwürdiges Milieu-Abenteuer, eines aus dem unteren Proletariat stammenden Bundeswehrgefreiten, welcher seinen Obergefreiten eindeutig verspielt hatte. Für seine Festnahme schickte das zuständige Feldjägerkommando zwei Jagdoffizier, welche eigentlich erst ab höhere Kommandoträger ihre Knobelbecher bewegen. Hochachtung. Kreutzer, plötzlich Kommissar, war von einem Panoptikum umgeben, welches den Haupttäter ohne weiteres Paroli bieten konnte und schien schon allgemein in der Rolle überfordert gewesen zu sein. In welcher Glasscherbengegend diese Persiflage gedreht worden ist, wird wahrscheinlich nicht mehr geklärt werden können. Tapetengeschäfte schienen jedenfalls nicht in unmittelbarer Nähe vorhanden gewesen zu sein. Tragische Realität: Der Täter im Tatort Essen aß schlechten Fisch im Film, der Mime von Kreutzer starb wenige Jahre nach diesem Fernsehfilm an einer Fischvergiftung. Ehrlich.
Morbide, düstere Althaus-Atmosphäre im Pott verleiht dieser Folge mit einen depressiven Charakter. Kommissar Kreuzer wirkt sehr hilflos, manchmal unfreiwillig komisch. Der junge Claude-Oliver Rudolph spielt seine Rolle als „angry young man“ sehr gut. Allerdings zieht sich der Plot stark in die Länge und man darf ihn nicht allzu ernst nehmen. In der Tat, Willy Semmelrogge alias Kreuzer starb 1984 an einer Fischvergiftung. Die Bildqualität ist schlecht und körnig (16 mm-Film).
Ich gebe 3 Sterne, weil der Film verschiedene Themen aufgreift:
– medizinische Versorgung, die nur bei ausreichenden finanziellen Mitteln möglich erscheint
– Geiselnahme, als Instrument zur Durchsetzung von Forderungen (interessant hier auch das Fahndungsplakat auf der Wache mit den RAF Leuten. Auf dem Plakat sind einige Personen ‚durchgestrichen‘
– lausigste Wohnbedingungen in einem ‚reichen‘ Land
Der Film ist auf jeden Fall wert ihn anzuschauen.
Nur 3 Punkte wegen Langatmigkeit, vielen Cliches und angedeuteter Homosexualität (Krischke)
P.S.: Lt. Wikipedia hat Eberhard Feik NICHT in diesem Film mitgewirkt. Ich bin ziemlich sicher, dass FEIK als Spieß in der Anfangssequenz auftritt (noch ohne seinen späteren Schnurrbart) und C.O.Rudolf den Urlaub verbietet.
Vielleicht kann das jemand hier aufklären.
Das wäre nett!
Danke im Voraus.
Du meinst Dieter Pfaff; Eberhard Feik speilt definitiv nicht mit.
Klar, der TATORT „Herzjagd“ schlägt etwas aus der Art.
Zum einen wurde es eigentlich höchste Eisenbahn, das Willy Kreutzer (Willy Semmelrogge) endlich mal einen eigenen Fall bekommen hat, zum anderen blieb Kreutzer in seinem letzten TATORT-Einsatz allerdings leider nur eine Randfigur.
Es war halt „nur“ eine Übergangsfolge von Haferkamp (Hansjörg Felmy), der den Machern wohl zu schnell die Brocken vor die Füße geworfen hat, zu Schimanski (Götz George)
Dennoch, allein der Schauspieler wegen, lohnt es sich allemal zu schauen.
Der unvergessene Towje W. Kleiner auch mal als Ermittler.
Die damals noch recht unbekannten späteren ständigen Krimi-Bösewichte Claude-Oliver Rudoph und Ralf Richter als junge Wehrpflichtige. Der unvergessene Dieter Pfaff als Stabsunteroffizier und auch Ernst Jacobi, der 1971 einmalig den ersten TATORT-Ermittler Pflüger in Rheinland-Pfalz spielte.
Toller Tatort, ungewöhnlich aber spannend bis zum Ende.
Schwaches, eigenartiges Drehbuch. Man kann verstehen daß Felmy es ablehnte, sich dafür zur Verfügung zu stellen. Schade, daß man ihm so einen Schrott angeboten hat. Vielleicht hätte er länger den Kommissar Haferkamp gespielt. Auffallend auch die heruntergekommene, trostlose Gegend. Das schien mir wie ein Vorgriff auf die Nachfolger-Tatorte aus Duisburg.
Ich schaue mir nur alte Tatort-Folgen an, da diese in allen Belangen besser sind, als das was man heute vorgesetzt bekommt. Das aber ist der 1. Tatort, den ich nicht zuende geschaut habe (nach ca. 70 min.), da er völlig unglaubwürdig war. Zudem war die Hauptfigur (Rudolph) ein Totalausfall. Manch einer eignet sich eben nur für eine kleinen Nebenrolle (wie auch R. Richter), wo man nicht viel falsch machen kann. Ansonsten bekommt man, wie bei vielen alten Tatort-Folgen, wieder viele gute Schauspieler zu sehen, die die sonderbare Geschichte aber allein leider nicht retten können.
Eine der besten Tatort- Folgen, die ich je gesehen habe. Man denkt anfangs eher an eine 80er- Ruhrpott- Abenteuerkomödie als an einen Tatort. Und dann die Ermittler: nachdenkliche, beschwerlich aber präzise forschende Beamte statt plakativ blind zuschlagender Hundertschaften. Kaum Schüsse, kaum Blut, dennoch durchgehend spannend und unterhaltsam. Dazu eine ergreifende Story mit tiefen Milieu- Einblicken in die gut- bis weniger gut betuchten Schichten unserer Gesellschaft. Ein Tatort mit „echt“ wirkenden Menschen ist ja eher die Ausnahme in der Serie, obwohl sich die „Macher“ das ja ursprünglich mal auf die Fahnen geschrieben hatten. In dieser Folge ist das aber dank der vielen tollen Schauspieler und der gelungenen Umsetzung bestens gelungen. Volle fünf Sterne.
Interessant, dass es hier mal um einen jungen Bundeswehr-Deserteur geht, ein Thema, das in solchen Filmen eher selten aufgegriffen wird. Das ist aber auch schon alles, was an diesem Film bedeutsam ist.
Die Drehorte erinnern an das heruntergekommene Nachkriegsdeutschland, der Plot um die kranke Mutter ist etwas weit hergeholt, der junge Soldat zunehmend cholerisch. Für Bahnfans kommen immerhin zwei Sequenzen von alten Zügen vor. Ansonsten definitiv keine Tatort-Folge, die einem länger im Gedächtnis bleibt.
Fazit: Wenn man diesen Film noch nicht kennt, kann man ihn mal anschauen, bei diesem einen Mal dürfte es meistens aber auch bleiben…
Vor ein paar Tagen mal wieder gesehen. Ein ungewöhnliches Stück mit einer etwas zu einfachen Handlung, etwas zu langatmig. Schauspielerisch gut besetzt. Schon wegen der geschichtlich dokumentarischen Szenen sehenswert.
Dass einige hier sagen, dieser Tatort sei langatmig, deutet für mich nur auf die heutigen, schnellen Sehgewohnheiten hin.
Ich finde diesen Tatort super, gerade weil er sich so viel Zeit lässt, atmosphärisch dicht, Claude Oliver Rudolph spielt das grandios und Axel Corti, den ich sehr schätze, lässt ihm viel Raum. Bei der Figur
Kreutzer ist ihm das leider nicht gelungen.
Ein Tatort Nummer 119 aus dem Jahr 1980. Tja, mehr ist nicht zu schreiben.
Die Meinung vom 10.09.2015 halte ich.