Kurz und knapp – darum geht’s
Ines Bergner findet ihren Mann, den Forschungsleiter Dr. Fred Bergner, leblos an seinem Schreibtisch sitzend – doch als die von ihr alarmierte Polizei eintrifft, ist die Leiche spurlos verschwunden. Kommissar Edgar Brinkmann beginnt zu ermitteln und stößt bald auf Hinweise, dass Bergner in einen Fall von Industriespionage verwickelt sein könnte. Als ein Privatdetektiv ermordet aufgefunden wird und schließlich auch Bergners Leiche entdeckt wird, führt die Spur zu einem mysteriösen Mitarbeiter der Tronc-Werke. Als Brinkmann den Täter endlich identifiziert hat, muss er hilflos zusehen, wie dieser aufgrund „höherrangiger Sicherheitsinteressen des Landes“ ungestraft davonkommt…
Inhalt der Tatort-Folge „Kopflos“
Durch die nächtlichen Straßen Frankfurts fährt Ines Bergner mit angespanntem Gesicht. Der kalte Januarwind pfeift um die Ecken der Bankentürme, als sie vor den Tronc-Werken parkt, um ihren Mann abzuholen. In den sterilen, von Neonlicht durchfluteten Gängen hallt das Klacken ihrer Absätze unnatürlich laut wider. Die Tür zum Büro ihres Mannes steht einen Spalt offen, dahinter ist es ungewöhnlich still.
„Fred?“, ruft sie leise, bekommt jedoch keine Antwort. Als sie eintritt, sitzt ihr Mann regungslos an seinem Schreibtisch, den Kopf nach vorn gesunken. An seinem weißen Hemd ist ein kleiner, aber unverkennbarer Blutfleck zu sehen. Panisch stürzt sie aus dem Raum, ihr Schrei hallt durch das beinahe menschenleere Gebäude.
Kriminalhauptkommissar Edgar Brinkmann knirscht mit den Zähnen, als er die Aussage der aufgelösten Frau aufnimmt. Der erfahrene Ermittler spürt, dass hier etwas nicht stimmt – besonders, da bei seiner Ankunft vom Opfer jede Spur fehlt. Sein Instinkt, den er in fünfundzwanzig Dienstjahren geschärft hat, lässt ihn skeptisch die dunklen Büroräume mustern. „Im Polizeipräsidium nennen sie es schon Brinkmanns siebten Sinn“, hatte sein Assistent Wegner einmal scherzhaft bemerkt.
Brinkmann ist misstrauisch, aber trifft auf ein Rätsel nach dem anderen: Ein Büro ohne Leiche, eine verzweifelte Ehefrau, die sich sicher ist, ihren toten Mann gesehen zu haben, und Dr. Warnke, ein Kollege des Verschwundenen, der von Plänen Bergners berichtet, aus der Firma auszusteigen. „Man munkelt, dass er mit den Amerikanern etwas ausgeheckt hat“, flüstert er dem Kommissar zu, während draußen der Frankfurter Winterregen gegen die Scheiben peitscht.
Die Ermittlungen führen Brinkmann auch zu Christa Rako, der Ex-Frau des Verschwundenen. Ihr gemeinsamer Sohn Bertie ist in ein Drogendelikt verwickelt – und als wäre das nicht genug, erfährt der Kommissar, dass Ines Bergner einen Privatdetektiv beauftragt hatte, der ihren Mann beschatten sollte. Die letzte Hoffnung auf Klärung erlischt, als Brinkmann und Wegner den Detektiv aufsuchen wollen und ihn erschossen in seinem Büro finden.
„Die Lösung dieses Falls gleicht der Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen“, seufzt Brinkmann, während er die vom Detektiv gemachten Fotos betrachtet. Auf einem ist schemenhaft zu erkennen, wie jemand, der Bergner sein könnte, mit einer Beifahrerin das Werksgelände verlässt.
Die Entdeckung von Bergners Leiche auf dem Grundstück von Christa Rako bringt neue Wendung in den Fall. Brinkmann verfolgt die Spur zu Bergners Fahrer Werner Uschkureit und dessen Komplizin Gerda Buthe, Bergners Sekretärin. Als der Kommissar die Wahrheit endlich ans Licht bringt, geschieht etwas Unerwartetes: Vertreter des Bundesnachrichtendienstes tauchen auf und übernehmen den Fall aus „höherrangigen Sicherheitsinteressen des Landes“.
„Es geht um mehr als nur einen Mord“, erklärt ihm der BND-Beamte kalt. „Es geht um nationale Sicherheit.“ In der letzten Szene sieht Brinkmann mit verbitterter Miene zu, wie ein überführter zweifacher Mörder unbehelligt in einen Zug steigt und Frankfurt verlässt.
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Kopflos“ ist der fünfte Fall für den Frankfurter Kriminalhauptkommissar Edgar Brinkmann, der von Karl-Heinz von Hassel verkörpert wird. Der Film wurde vom Hessischen Rundfunk (HR) produziert und unter der Regie von Sylvia Hoffman gedreht. Die Erstausstrahlung erfolgte am 22. Januar 1989 im Programm Das Erste.
In den Hauptrollen sind neben von Hassel auch Sabine von Maydell als Ines Bergner und Dietrich Mattausch als der verschwundene Dr. Fred Bergner zu sehen. Die düstere Atmosphäre der Bankenmetropole Frankfurt bildet die perfekte Kulisse für diesen Krimi, der sich mit Themen wie Industriespionage und staatlichen Interessen auseinandersetzt.
Die Erstausstrahlung von „Kopflos“ erreichte beeindruckende 17,91 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 64,60 Prozent – mehr als sechs von zehn Fernsehzuschauern entschieden sich an diesem Sonntagabend für den Tatort, was selbst für damalige Verhältnisse ein außergewöhnlicher Erfolg war.
Besonders die ungewöhnliche Wendung am Ende, bei der der Täter aus staatsschutztechnischen Gründen davonkommt, sorgte nach der Ausstrahlung für Diskussionen beim Publikum. Die Folge „Kopflos“ gilt heute als ein interessantes Zeitdokument der späten 1980er Jahre, das die Atmosphäre des Kalten Krieges und der Spionage-Ära eindrucksvoll einfängt.
Besetzung
Kommissar Brinkmann – Karl-Heinz von Hassel
Kommissar Wegner – Thomas Ahrens
Ines Bergner – Sabine von Maydell
Dr. Fred Bergner – Dietrich Mattausch
Bertie – Hendrik Martz
Christa Rako – Ingmar Zeisberg
Stab
Buch – Hans Kelch
Regie – Sylvia Hoffman
Ausstattung – Horst Klös
Kamera – Jürgen Herrmann
Der Tatort mit der Nummer 215 aus Frankfurt. Hauptkommissar Brinkmann von der Mordkommission geht der dramatischen Anzeige einer Ehefrau nach, welche ihren Gatte angeblich tot im Büro einer Firma aufgefunden hat. Am Ort des Geschehens ist jedoch kein Leichnam aufzufinden und die Tatort-Polizeibeamten machen einen auf Beruhigung. Die Dame lässt aber nicht locker, gibt die Adresse eines Privat-Ermittlers an, welchen sie mit der Observation ihres Mannes beauftragt und schon Fotos von diesem erhalten hat. Hauptkommissar Brinkmann will mal gucken gehen, sucht den Detektiv dienstlich auf und findet ihn erschossen da nieder. Nun entwickelt sich ein interessanter und neugierig machender Tatort-Spielfilm um Werksspionage, Geheimnisverrat und Mord. Selbst der Bundesnachrichtendienst schaltet sich ein, will wahrscheinlich wissen, ob eine fremde Macht hinter der Mordserie steckt und reißt alles an sich. Mangels eines damals existierenden Polizeigesetzes, welches die Verfolgung von Mordtaten innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zwingend vorschreibt, beißt Hauptkommissar Brinkmann in den sauren Apfel und gibt dem Stärkeren nach. Ja, Ja. So wär’s gewesen, vor 80 Jahren. (Stand heute). Die rührende Geschichte mit dem flüchtigen schulunwilligen Sohn sollte sicherlich der Ablenkung dienen. Einen gewissen Reiz übt er aber aus, dieser Tatort-Fernsehfilm aus dem Jahr 1989. Deshalb für mich wiederholungswert, auch der guten Schauspieler wegen.
Die 30 Jahre merkt man dem Tatort gar nicht an. Einige bekannte Gesichter wie Julia Biedermann die im gleichen Jahr mit den Dreharbeiten zu „Ein Schloß am Wörthersee“ begonnen hat. Helmut Dietl und Dietrich Mattausch sind auch dabei. Durch und durch gut.