Kurz und knapp – darum geht’s
Auf einem Düsseldorfer Schrottplatz wird die Leiche einer erwürgten Frau gefunden – in der Schrottpresse eines Autofriedhofs. Bei der Toten handelt es sich um Nora Fray, eine Hausfrau aus scheinbar geordneten Verhältnissen. In ihrer Wohnung entdeckt die Polizei einen versteckten Kreditvertrag über 20.000 DM bei der zwielichtigen „SOS-Kreditvermittlung“. Die Ermittlungen führen Hauptkommissar Flemming und sein Team zu einem skrupellosen Kredithai, der verschuldete Frauen in die Prostitution zwingt. Als die Ermittler einen mysteriösen Rentner ins Visier nehmen, der von seiner Flucht nach Miami träumt, kommen sie einem unerwarteten Täter auf die Spur, dessen Motiv tiefer liegt als zunächst vermutet…
Inhalt der Tatort-Folge „Flucht nach Miami“
Ohne seinen Chef geht Polizeihauptmeister Max Ballauf nachts auf eigene Faust auf Verbrecherjagd – und wird dabei erwischt. Mit Taschenlampe und dunkler Kleidung bricht er in die Geschäftsräume der „SOS-Kreditvermittlung“ ein und wird von Wachmännern niedergeschlagen. Hauptkommissar Flemming muss seinen Urlaub abbrechen und Ballauf zur Rechenschaft ziehen. Im kalten Neonlicht des Polizeipräsidiums erklärt der junge Polizist seinem Chef, warum er so weit gegangen ist: Die ermordete Nora Fray war nur eine von vielen Frauen, die in die Fänge des Kreditvermittlers Kampen geraten sind.
Die Luft auf dem Schrottplatz ist erfüllt vom Geruch rostenden Metalls und Motoröl, als die Beamten die Leiche der jungen Frau bergen. Während die grauen Wolken über Düsseldorf hängen, versuchen Flemming und sein Team, die Puzzleteile zusammenzusetzen. „Wir haben es hier mit einer Fassade zu tun“, erklärt Flemming seiner Kollegin Koch, „und hinter jeder Fassade steckt oft noch eine weitere.“ Die Fassade der Familie Fray bröckelt schnell: Der Ehemann Rainer gibt vor, Abteilungsleiter in einem Kaufhaus zu sein, verkauft in Wirklichkeit aber Billigartikel vor einem Baumarkt.
Flemming und Koch spüren den schmierigen Kampen auf, gespielt vom charismatischen Heiner Lauterbach. „Ich helfe Menschen, die von den Banken abgewiesen werden“, behauptet der Kredithai mit einem falschen Lächeln. Doch bald entdecken die Ermittler, dass er ein ausgeklügeltes System betreibt: Ein freundlicher Rentner namens Schoenflies lockt ahnungslose Hausfrauen in die Kreditfalle, und wer nicht zahlen kann, wird von Kampen in eine Modellwohnung geschickt – um dort anschaffen zu gehen.
„Die Verzweiflung macht aus gewöhnlichen Menschen Roboter, die funktionieren müssen“, sinniert Miriam Koch, als sie eine weitere verschuldete Hausfrau befragt. Die Jagd nach dem Täter gleicht einem Spiel mit Spiegelbildern – jeder Verdächtige reflektiert ein Stück Wahrheit, aber niemand das ganze Bild. Während Flemming dem seltsam entrückten Rentner Schoenflies auf den Zahn fühlt, der von Palmen und Sandstränden in Miami träumt, kommen die Ermittler einer Halskette mit dem Namen „Nora“ auf die Spur. Ein Beweisstück, das wie ein doppelschneidiges Schwert ist und am Ende nicht den entlarvt, den alle verdächtigen.
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Flucht nach Miami“ ist die 274. Folge der legendären Krimireihe und wurde vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) produziert. Gedreht wurde der Film im Jahr 1992 in Düsseldorf, unter anderem in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, wo an der Fassade des Gebäudes sogar Werbung für eine Richard-Serra-Ausstellung zu sehen ist. Ein weiterer authentischer Drehort war das städtische Hallenbad an der Münsterstraße (damals bekannt als „Hallenbad Mitte“), wohin Ballauf nach seinem Einbruch strafversetzt wird.
In den Hauptrollen sind Martin Lüttge als der bedächtige Kriminalhauptkommissar Flemming, Klaus J. Behrendt als der impulsive Polizeihauptmeister Ballauf und Roswitha Schreiner als die pragmatische Kommissarin Miriam Koch zu sehen. Als Gaststar brilliert Heiner Lauterbach in der Rolle des skrupellosen Kreditvermittlers Kampen – eine seiner bekanntesten Fernsehrollen der frühen 1990er Jahre.
Bei der Erstausstrahlung am 18. April 1993 im Ersten verfolgten beeindruckende 10,95 Millionen Zuschauer den Fall, was einem Marktanteil von 33,00 % entsprach. Bemerkenswert ist, dass Klaus J. Behrendt, der hier noch als junger Polizeihauptmeister zu sehen ist, später als Hauptkommissar Ballauf in der Kölner Tatort-Variante Karriere machte, wo er seit 1997 ermittelt. Den Titelsong „Leben ist Hoffnung“ sang Ana Gonzalez – ein melancholischer Kontrast zu den düsteren Themen Verschuldung und finanzieller Abhängigkeit, die in dem Film behandelt werden.
Nach der Ausstrahlung wurde besonders die schlüssige Handlung und die Aktualität des Themas „Schulden und deren Folgen“ gelobt, das auch heute noch nichts von seiner Brisanz verloren hat.
Zählt für mich zu den zehn besten Tatort-Filmen. Vielschichtig, behandelt tiefe und mittlere Not, ist sehr gut besetzt, geht schonungslos humorvoll mit Polizei-internen Problemen um (Ballauf strafversetzt im Schwimmbad, nicht auffindbar, Flemming reißt bei der Suche nach ihm Kabinenvorhänge auf und wird so endlich ertappt…). Nie unrealistisch, auch wenn ich das als Laie sage.
Glückwunsch an alle an dieser Produktion Beteiligten !
Der Tatort 274 aus Düsseldorf. Der Hauptkommissar Fleming ermittelt mit seinem Team in einem brutalen Mord an einer Hausfrau und Freizeit-Prostituierten in einem Milieu der Geldverleiher, Geldhaie und Zuhältern. Ein Gestrickt an Lügen, Vertuschungen und Wirtschaftskriminalität ist zu lösen. KHK F. bricht extra seinen Schottland-Urlaub ab, da sein Stellvertreter Ballauf, der spätere Chef der Kölner Mordkommission im Tatort-Fernsehen, Müll gebaut hat. Er ließ sich bei einer strafbaren Handlung erwischen, auch noch durch den Verdächtigen und seiner Garde. Letztlich löst KHK F. dieses verlogene Geflecht, auch mit Hilfe eines Involvierten, dem jedoch die Flucht ins Ausland gelang. Kein Handlanger, aber auch nicht der ganz große Fisch und nicht aus der Welt. Für mich auch einer besten Tatorte aus der Feder von Engelken und Co. Hervorragende Schauspieler, logisches Mitdenken erwünscht, Spannung. Sehenswert.
Schliesse mich den Meinungen von Martin und Dirk vollumfänglich an. Es war ein Tatort der nicht fern der Realität war, wie es leider heute langsam die Norm ist. Der Senioren-Handlanger des Geldvermittlers entkommt nach Miami, was ich ihm gegönnt habe. Der Titel implementiert dies direkt und man ist froh, dass es aus seinem Familiengefängnis fliehen konnte. Toll finde ich auch, dass der Ballauf bereits für seine spätere Rolle als Kölner Ermittler mitwirken kann. Alles in allem ein sehr sehenswerter Film.
Ich finde überhaupt die älteren, wegen ihrer realistischen Geschichten, Tatorte interessanter! Sie sind nicht so aufgebaut, wie heute leider ab und zu, dass sie den Anschein eines „Möchte-gern-James Bond“ erwecken! Heute sind „Münster“ und „Köln“ immer noch klasse! Ich würde so gern wissen, wie das Lied heißt, welches von einer Frau gesungen wird! Über Tipps, eventuell auch wo es zu beschaffen ist, wäre ich sehr dankbar!!!
Sehr guter Tatort, unter anderem auch wieder mal wirklich gut eingesetzte Musik (Ana Gonzalez – Leben ist Hoffnung). Das fand ich im ersten Flemming-Tatort schon echt toll.
Der Tatort mit der Nummer 274 aus Düsseldorf und im Jahr 1993 in Erstsendung gezeigt ist auch in der neuerlichen Wiederholung absolut sehenswert.
Die Meinung vom 08.10.2015 halte ich.
Flucht nach Miami besticht durch eine realistische Story und einer starken Darstellung von Heiner Lauterbach als Kredithai