Kurz und knapp – darum geht’s

Ein nächtlicher Fund erschüttert Berlin: In einem verlassenen Lastwagen werden zwei tote Flüchtlinge entdeckt – ein Ehepaar aus dem Libanon. Kommissar Franz Markowitz nimmt die Ermittlungen auf und stößt schnell auf eine gefährliche Schlepperbande, die Menschen über Osteuropa nach Skandinavien schmuggelt. Seine einzige Zeugin ist Sanieba, die traumatisierte Tochter der Toten, doch sie schweigt beharrlich. Als Markowitz die Verbindungen zu einem örtlichen Flüchtlingsheim untersucht, gerät er immer tiefer in ein Netz aus Lügen und Verbrechen, bei dem nicht alle Helfer so selbstlos sind, wie sie vorgeben…

Inhalt der Tatort-Folge „Die Sache Baryschna“

Müde und gereizt sitzt Kommissar Franz Markowitz an seinem Schreibtisch, der Nikotinentzug macht ihm schwer zu schaffen. Das „Nie wieder Krieg“-Plakat von Käthe Kollwitz an der Wand scheint seinen inneren Kampf stumm zu beobachten. Da erreicht ihn der Notruf, der ihn zu einem verlassenen Industriegelände führt, wo ein Lastwagen mit seiner tödlichen Fracht wartet.

Der erfahrene Ermittler spürt sofort: Dieser Fall ist anders. In dem stickigen Container haben Menschen um ihr Leben gekämpft, wie stumme Kratzer an den Metallwänden bezeugen. Eine Gruppe von über zwanzig Flüchtlingen wurde hier wie Vieh transportiert, zwei von ihnen haben nicht überlebt. Ihre Tochter Sanieba, gespielt von der damals noch unbekannten Idil Üner, trägt das Trauma der Ereignisse in ihren weit aufgerissenen Augen.

Markowitz‘ Ermittlungen führen ihn in ein Flüchtlingsheim, dessen Geschäftsführer Gehlmann (Manfred Lehmann) sich auffällig kooperativ zeigt. Auch der Heimbetreiber Manfred Buetow (Michael Degen) bietet bereitwillig seine Hilfe als Dolmetscher an. Doch ihre Freundlichkeit gleicht der einer Spinne, die ihr Netz auslegt. Der einzige Hinweis ist das mysteriöse Wort „Baryschna“ – tschechisch für Baronesse – das wie ein Leuchtfeuer den Weg zur Wahrheit weist, wenn Markowitz nur seine Bedeutung entschlüsseln könnte.

Die Fahndung nach den Schleppern gestaltet sich wie die Suche nach Schatten in der Dunkelheit. Während Markowitz‘ Assistentin Beate geduldig Spuren verfolgt, kämpft ihr Chef nicht nur mit dem Fall, sondern auch mit seinen Nerven. Seine väterliche Sorge um Sanieba macht ihn zusätzlich verletzlich, besonders als sie ausgerechnet bei denen Schutz sucht, die ihre Eltern auf dem Gewissen haben.

Hinter den Kulissen

„Die Sache Baryschna“ wurde 1994 in Berlin gedreht und ist der dritte von vier „Tatort“-Beiträgen, bei denen der aufstrebende Regisseur Matti Geschonneck mit Günter Lamprecht zusammenarbeitete. Das Drehbuch stammt von Andreas Pflüger, der später auch das erfolgreiche Weimarer „Tatort“-Team um Nora Tschirner und Christian Ulmen erschaffen sollte.

Die Besetzung glänzt mit namhaften Darstellern: Neben Günter Lamprecht als Kommissar Markowitz und Claudia Balko als seine Assistentin Beate sind Manfred Lehmann – bekannt als deutsche Stimme von Bruce Willis – und Michael Degen in tragenden Rollen zu sehen. Für die damals Anfang zwanzig jährige Idil Üner bedeutete die Rolle der Sanieba ihr Schauspieldebüt.

Bei der Erstausstrahlung am 6. Februar 1994 erreichte der Film beachtliche 8,57 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 24,3 Prozent entsprach. Bemerkenswert ist die zeitlose Aktualität des Themas: Die Geschichte um Flucht und Menschenschmuggel hat auch Jahrzehnte später nichts von ihrer Brisanz verloren.

Besetzung

Hauptkommissar Franz Markowitz – Günter Lamprecht
Kommissar Alfred Pohl – Hans Nitschke
Beate Berger – Claudia Balko
Bütow – Michael Degen
Gehlmann – Manfred Lehmann
Sanieba – Idil Üner
Fila – René Toussaint
Grabowski – H.H. Müller
Stewardeß – Sabine Cruso
Pathologe – Hans-Martin Stier
Saniebas Vater – Bechir Cherif
u.a.

Stab

Drehbuch – Andreas Pflüger
Regie – Matti Geschonneck
Szenenbild – Manfred Glöckner
Kamera – Wolfram Beyer