Kurz und knapp – darum geht’s
Nach einem Mord an einem zwielichtigen Zeitschriftenvertreter vor dem Haus des aufstrebenden Politikers Dr. Wolf Hancke tauchen die Hamburger Kommissare Stoever und Brockmöller tief in die Abgründe der Landespolitik ein. Während Hancke den Landesvorsitz seiner Partei anstrebt, verweigert ihm ausgerechnet der einflussreiche Alt-Politiker Sudhoff überraschend das Alibi für die Tatzeit und macht ihn so zum Hauptverdächtigen. Als die Ermittler nach und nach aufdecken, dass der Ermordete ein Doppelleben führte und für Hancke schmutzige Aufträge erledigte, geraten sie selbst in ein gefährliches Spiel politischer Intrigen, ohne zu ahnen, wer sie dabei benutzt …
Inhalt der Tatort-Folge „Parteifreunde“
Ein feiner Nieselregen tränkt die grauen Straßen Hamburgs, als die Kommissare Stoever und Brockmöller am Tatort eintreffen. Im Lichtkegel der Polizeischeinwerfer liegt die Leiche von Fred Schirmer vor dem Haus des aufstrebenden Politikers Dr. Wolf Hancke – erschossen, ein Bündel Rechnungen noch in der Hand. Paul Stoever, dessen Gesicht in den nächtlichen Blaulichtern noch kantiger wirkt als sonst, blickt stirnrunzelnd auf den Toten, während sein Partner Peter Brockmöller mit feiner Intuition bereits ahnt, dass dieser Fall sie weit über einen gewöhnlichen Mord hinausführen wird.
„Der hat ab und zu für mich gearbeitet“, erklärt Hancke mit jener gekühlten Überlegenheit, die erfolgreiche Politiker wie eine zweite Haut tragen. Seine Ambitionen sind groß – nach dem plötzlichen Rücktritt von Senator Priebeck strebt er den Landesvorsitz seiner Partei an. Dafür braucht er die Unterstützung des grauen Eminenz Eberhard Sudhoff, bei dem er angeblich den ganzen Abend verbracht hat. Doch als die Kommissare Tags darauf Sudhoff auf seinem herrschaftlichen Landsitz aufsuchen, verweigert dieser Hancke überraschend das Alibi. Ein Schachzug, der Hanckes politische Karriere binnen Stunden wie ein Kartenhaus zusammenfallen lässt, als sein Name in Verbindung mit einem Mordfall durch die Schlagzeilen geistert.
„Das ist wie ein Boxkampf mit verbundenen Augen“, brummt Stoever frustriert, während er und Brockmöller in ihrem Wagen sitzen und observieren. „Die wahren Gegner stehen im Dunkeln.“ Ihre Ermittlungen gleichen einem Weg durch ein Labyrinth, dessen Wände sich ständig verschieben. Der ermordete Schirmer entpuppt sich als Mann mit zwei Gesichtern: Auf der einen Seite lebt er bescheiden mit seiner Freundin Ina Klopsch auf einem heruntergekommenen Bauernhof, auf der anderen Seite unterhält er ein luxuriöses Apartment in der Stadt, in dem er offenbar regelmäßig eine mysteriöse Dame empfängt.
Während Brockmöller mit seiner behutsamen Art herausfindet, dass Schirmer in die Villa des zurückgetretenen Senators Priebeck eingebrochen war – ein Einbruch, der bei diesem einen Herzinfarkt auslöste – entdeckt der stets direkte Stoever, dass Hancke dem Zeitschriftenvertreter ein verdächtig großzügiges Gehalt zahlte. Die Atmosphäre wird zunehmend trüber, wie der kalte Herbstnebel, der vom Hafen aufsteigt und die Stadt in einen grauen Schleier hüllt. Als die Kommissare erfahren, dass bei dem Einbruch verfängliche Fotos entwendet wurden, beginnen sie zu verstehen, dass in der hanseatischen Politik ein schmutziges Spiel um Macht und Einfluss läuft.
„In der Politik geht es nicht um Wahrheit, sondern um Macht“, erklärt Sudhoff mit einem wissenden Lächeln, das die Kommissare immer misstrauischer macht. Besonders Brockmöller kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass der alte Parteiführer sie wie Figuren auf einem Schachbrett benutzt. Doch wer ist wirklich der Täter? Hancke, der seine politische Karriere mit allen Mitteln vorantreiben will? Oder steckt die mysteriöse Frau dahinter, die Schirmers Apartment besuchte? Die Wahrheit, die die Ermittler schließlich ans Tageslicht bringen, ist erschütternder als erwartet und deckt auf, wie Politik und persönliche Abgründe manchmal unentwirrbar verflochten sind…
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Parteifreunde“ (Folge 345) wurde vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) produziert und feierte am 27. Oktober 1996 seine Erstausstrahlung in der ARD. Für die beiden Hamburger Ermittler Paul Stoever, gespielt vom charismatischen Manfred Krug, und Peter Brockmöller, verkörpert durch Charles Brauer, war es bereits der 29. bzw. 26. gemeinsame Fall. Die Dreharbeiten fanden an verschiedenen Originalschauplätzen in Hamburg statt und fingen die norddeutsche Atmosphäre authentisch ein.
Die Besetzung glänzte neben den beiden Hauptdarstellern mit dem renommierten Schauspieler Rolf Hoppe in der Rolle des ehemaligen Parteivorsitzenden Eberhard Sudhoff. Hoppe, der sich bereits durch zahlreiche prägnante Charakterrollen einen Namen gemacht hatte, verkörperte die graue Eminenz der Partei mit beeindruckender Präzision.
Bei der Erstausstrahlung verfolgten 9,01 Millionen Zuschauer die politischen Machenschaften und Intrigen, was einem beachtlichen Marktanteil von 25 Prozent entsprach. Besonders beliebt bei den Fans war die mittlerweile zur Tradition gewordene Gesangseinlage der beiden Kommissare – in dieser Folge singen Stoever und Brockmöller während einer Observation „Spiel mir eine alte Melodie“. Diese musikalischen Intermezzi waren ein Markenzeichen des Hamburger Ermittlerduos und trugen zu ihrer Beliebtheit beim Publikum bei.
Nach der Ausstrahlung wurde besonders die realistische Darstellung politischer Machtspiele diskutiert – die Folge traf mit ihrer Schilderung von Parteiintrigen und moralischen Grauzonen den Nerv der Zeit in der späten Kohl-Ära und wirkt bis heute erstaunlich aktuell.
Besetzung
Hauptkommissar Stoever – Manfred Krug
Hauptkommissar Brockmöller – Charles Brauer
Stefan Struve – Kurt Hart
Eberhard Sudhoff – Rolf Hoppe
Dr. Hancke – Sven-Eric Bechtolf
Priebek – Christoph Bantzer
Hella Priebek – Angela Stresemann
Ina Klopsch – Marion Breckwoldt
Wöring – Dietmar Mues
Doris Scholte – Charlotte Schwab
Schirmer – Roland Renner
Jan – Nils Kasiske
und andere
Stab
Regie – Ulrich Stark
Buch – Detlef Müller
Produktion – Richard Schöps
Produktion – Kerstin Ramcke
Produktionsleitung – Sibylle Hashagen
Aufnahmeleitung – Helmut Lotz
Aufnahmeleitung – Joerg Pawlik
Aufnahmeleitung – Tim Körbelin
Redaktion – Doris J. Heinze
Regieassistenz – Elke Schliessmann
Kamera – Manfred Ensinger
Kamera – Jürgen R. Schoenemann
Schnitt – Birgit Levin
Musik – Klaus Doldinger
Szenenbild – Götz Heymann
Requisite – Dirk Holzheuer
Requisite – Claudia Schutt
Kostüme – Claudia Koletzko
Maske – Joachim Kullmann
Maske – Christa Wittlich
Bildtechnik – Ralf Patzig
Ton – Siegfried Sellentin
Ton – Matthias Wolf
Mischung – Gerd Nicklaus
Der Tatort Nummer 345 aus Hamburg. Die beiden Hauptkommissare Stoever und Brockmöller ermitteln in einem besonderen Tatort-Fall um intrigante Ränkespiele in der hanseatischen Landespolitik, Erpressungen, Päderastie, Lügen und Betrügen und am Ende auch noch Mord. Die beiden Kriminalisten sind ja nun auch einmal von der Mordkommission. Ein Tatort, so authentisch, wie er heute nicht sein könnte. Fehlt nur noch die „Mode-Droge“ Crystal Met, die ja, wenn man Presse und Medizinern Glauben schenken darf, die Gefährlichste aller illegalen Mittelchen sein soll und seit kurzem durch die aktuellen Medien geistert. Ein intensiver und mutiger Tatort über gesellschaftliche Doppelleben und einer bürgerlichen Anti-Moral. Auch heute noch, 20 Jahre nach der Erstausstrahlung, ein sehenswerter Tatort-Klassiker mit einem hervorragenden Ermittler-Duo und einer, insgesamt gesehen, guten Besetzungsliste.
Bei so vielen Fällen mit Manfred Krug empfand ich Parteifreunde eher schleppend schwach
Der Mitarbeiter eines Politikers wird ermordet und stellt sich als Gauner heraus. Die Grundidee gab es schon in dem Stoever/Brocki-Film „Lauf eines Todes“, ist aber derart anders umgesetzt, dass es nicht weiter auffällt. Beide Kommissare agieren gewohnt unterhaltsam. Rolf Hoppe schafft es gekonnt, die Rolle dieses großen alten Politikers raumfüllend zu gestalten. Herzhaft gelacht werden darf bei der klasse dargestellten Rolle der „robusten“ Frau Klopsch, wenngleich sie natürlich ziemlich übel mit ihrem Sohn umgeht…. solche Leute gibt es wirklich!
A good old fashioned whodunnit that keeps the viewer guessing right to the end. With Rolf Hoppe, sex, political intrigue, betrayal and Stoever making fun of Brockie. And I learned a new word: Sittenstrolch.
Es gibt bessere Tatorte aus Hamburg, aber es ist trotzdem ein ganz guter Fall über hässliche Intrigen und Machtspiele in der hohen Politik. Zudem hat man den Eindruck, dass die Wirklichkeit auch nicht freundlicher aussieht. Sehenswert.