Tatort Folge 522: Rotkäppchen

Kurz und knapp – darum geht’s

Kommissar Kain wird Zeuge eines Streits zwischen einer jungen rothaarigen Frau und ihrem Freund, greift aber nicht persönlich ein. Kurz darauf ist das Mädchen tot – erschlagen in ihrem Elternhaus. Von Schuldgefühlen geplagt, stürzt sich Kain mit blindem Eifer in die Ermittlungen und verdächtigt den Freund des Opfers, ohne alle Beweise abzuwarten. Als auch dieser Verdächtige tot aufgefunden wird, gerät ausgerechnet Kain selbst ins Visier seiner Kollegen. Während er vom Dienst suspendiert wird, muss sein Partner Ehrlicher nicht nur den wahren Mörder finden, sondern auch die Unschuld seines Kollegen beweisen, bevor dieser hinter Gittern landet…

Inhalt der Tatort-Folge „Rotkäppchen“

Bleiernen Schrittes streift Kommissar Kain durch die grauen Straßen Leipzigs, wo das Herbstlicht wie durch einen Schleier auf den Asphalt fällt. Ein Streit auf der anderen Straßenseite reißt ihn aus seinen Gedanken: Ein junger Mann zerrt eine rothaarige Frau gewaltsam zurück ins Haus. Kain zögert, entscheidet sich gegen ein Eingreifen und fordert stattdessen routinemäßig eine Streifenwagenüberprüfung an. Eine Entscheidung, die ihn in den kommenden Tagen nicht mehr loslassen wird.

Denn nur kurz darauf führt sein Weg ihn zu einem Tatort: Eine junge Frau liegt tot am Fuß einer Treppe – es ist dasselbe rothaarige Mädchen, das er zuvor gesehen hatte. „Eine Speicheranalyse reicht mir! Sie ist das Mädchen, das ich gesehen habe, und er ist der Täter!“, knurrt Kain seinem Partner Ehrlicher zu, während das fahle Licht der Spurensicherung über die Leiche tanzt. Wie besessen klammert sich Kain an seinen Verdacht gegen Martin Kubelka, den Freund des Opfers. Die Schuld über sein Zaudern frisst ihn von innen auf, macht ihn blind für andere Spuren. „Warten Sie die Spermanalyse ab, Kommissar“, mahnt die Staatsanwältin. Doch für Geduld ist in Kains Seele kein Platz mehr.

Als Kubelka mangels Beweisen freigelassen wird, nimmt Kains Verzweiflung weiter zu. „Ich habe ihr Leben nicht retten können, aber ich werde verdammt noch mal Gerechtigkeit für sie finden“, flüstert er in die Stille seines Büros. Er taucht ab ins Rotlichtmilieu, wo sich Neonlichter in Pfützen spiegeln wie blutrote Tränen. Im Club „temps perdu“ – ein treffender Name für den Kommissar, der mit der verlorenen Zeit hadert – begegnet er einer Bardame, deren Aussagen zu Kubelka ihn erstmals zweifeln lassen.

Ein Anruf reißt Kain aus seiner Grübelei: Kubelka selbst will ihm wichtige Informationen über den Mord an „Rotkäppchen“ geben. Doch beim vereinbarten Treffen stürzt Kubelka vom Brückengeländer direkt vor Kains Füße und wird von einem LKW überrollt. Ein dumpfes Krachen, ein abruptes Ende – und plötzlich wird der Jäger zum Gejagten. „Er war es! Der Kommissar hat ihn geschlagen und von der Brücke gestoßen“, behauptet eine ältere Zeugin mit zittriger Stimme.

Die Ermittlung gleicht nun einem Kartenhaus, das in sich zusammenfällt. Während Kain suspendiert wird, muss Ehrlicher einen Drahtseilakt vollführen: Er vertraut seinem Kollegen, doch die Indizien sprechen gegen ihn. Im Schatten der Verdächtigungen taucht langsam die Silhouette des wahren Täters auf – Lemke, der Vater des „Rotkäppchens“, ein Mann, dessen krankhafte Eifersucht auf jeden Freund seiner Tochter wie ein giftiger Nebel über dem Fall liegt…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Rotkäppchen“ wurde vom MDR unter der Regie von Hajo Gies produziert und am 12. Januar 2003 zum ersten Mal ausgestrahlt. Es handelt sich um die 522. Folge der Krimireihe und den 10. Fall des Leipziger Ermittlerduos Bruno Ehrlicher (Peter Sodann) und Kain (Bernd Michael Lade).

Die Dreharbeiten fanden im Herbst 2002 in Leipzig statt, wobei besonders die urbanen Kontraste der Stadt nach der Wende als atmosphärischer Hintergrund dienten. In einer Nebenrolle glänzt Mario Irrek als Martin Kubelka, der dem Kommissar zum Verhängnis wird.

Der renommierte Drehbuchautor Fred Breinersdorfer, der später mit dem Oscar-nominierten Film „Sophie Scholl – Die letzten Tage“ internationale Anerkennung erlangen sollte, schrieb das Drehbuch zu dieser psychologisch vielschichtigen Folge. Regisseur Hajo Gies war dem Tatort-Publikum bereits durch mehrere Folgen bekannt.

Die Kritiker der Fernsehzeitschrift TV Spielfilm vergaben für den Tatort „Rotkäppchen“ die bestmögliche Wertung und lobten ihn als „geschickt konstruierten Polizeikrimi“ mit „mehr Tiefgang als üblich“. Mit 8,14 Millionen Zuschauern erreichte die Folge einen Marktanteil von 22,3 Prozent – eine für das Jahr 2003 beachtliche Quote.

Besonders die Parallele zum Märchen gleichen Namens sorgte nach der Ausstrahlung für Diskussionen unter Fans: Die Figur des überprotektiven Vaters als „böser Wolf“, der sein „Rotkäppchen“ nicht loslassen kann, wurde als gelungene moderne Interpretation des Klassikers gewertet.

Videos zur Produktion

Video 30 Sekunden aus den ersten 30 Minuten

Besetzung

Hauptkommissar Bruno Ehrlicher – Peter Sodann
Hauptkommissar Kain – Bernd Michael Lade
Frederike – Annekathrin Bürger
Techniker Walter – Walter Nickel
Katrin Lemke – Laura Laß
Oskar Lemke – Rudolf Kowalski
Staatsanwältin Mitterer – Simone von Zglinicki
Martin Kubelka – Mario Irrek
Jost Siebert – Bernd Stegemann
Maria – Wanda Perdelwitz
Barmädchen Tina – Clelia Sarto

Stab

Regie – Hajo Gies
Buch – Fred Breinersdorfer
Kamera – Achim Poulheim
Schnitt – Gabriele Hagen
Musik – Günter Illi
Produktion – MDR

8 Kommentare

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  1. vor 11 Jahren

    So muss Tatort sein! Spannend bis zur letzten Minute, tragische Story mit lauter „Unschuldigen“, vortreffliche schauspielerische Leistung. Passt!

  2. vor 9 Jahren

    Der Tatort Nummer 522 aus Leipzig mit den beiden Kommissaren Ehrlicher und Kain von der Mordkommission. Ein spannender und sehenswerter Tatort-Spielfilm mit dem beliebten Paar aus dem ostdeutschen Bereich. Kommissar Kain wird sogar zeitweilig Verdächtiger, ja, wie und warum auch immer. Kommt in Tatort-Fernsehfilme aber immer mal wieder vor. Günter Illi war für die Musik verantwortlich und Achim Poulheim führte die Kamera. Ja dann…..

  3. vor 7 Jahren

    Ich stelle erfreut fest, dass die „Ehrlicher und Kain“ Tatorte allmählich besser werden. Die ersten waren katastrophal schlecht.
    Dieser hier war richtig spannend und gut.
    Weiter so.

  4. vor 2 Jahren

    Soso, das Opfer hat – scheints – gar keinen wirklichen Namen. Zum „Rotkäppchen“ degradiert finden auch die Buben aus ihrer Schule nichts dabei, diesen Märchennamen aus dem Munde der Ermittler zu hören.

  5. vor 2 Jahren

    Ein gelungener Tatort vom mdr. Wirtklich spannend. Etwas mehr Humor täte dem Tatort vom mdr aber auch ganz gut – aber vielleicht ist das auch nur aus der Perspektive der Gegenwart so leicht trocken.
    Zu @ Schauinsland gesagt, wenn Ihnen sonst nichts anderes zu diesem Tatort einfällt – ist das schon sehr wenig und zudem nichtssagend…

  6. vor 2 Jahren

    Ein TO für Freunde der (Polizei-)Blasmusik … 😑

    Weder dies noch der ‚old school‘-Fall haben mich vom Hocker gerissen.

  7. vor 2 Jahren

    ich finde den Tatort sehr schön und spannend zu sehen den Thema Rotkäppchen richtig spannend und den Blassmusik fand ich auch sehr schön sehen der Erlicher sehr überrascht und zum seinen 30.jahrige jubiläum.fur ihn Klasse gemacht tolle Schauspieler und und ein tolles Krimi sehen den mag ich gerne.den habe ich lange nicht gesehen habe gefreut wieder zu sehen tolle Thema Rind um den Fall aus Leipzig gutes Lob von mir und Sterne gibt dazu.

  8. vor 2 Jahren

    Habe mir den TO wegen der guten Bewertungen (nicht nur hier) und weil ich eigentlich eher ältere Tatorte mag angesehen, aber das war mehr als enttäuschend. Alles nur Versatzstücke, die innere Handlung vollkommen unlogisch und an den Haaren herbeigezogen (Staatsanwältin, Suspendierung, Wiedereinsetzung, Affäre, Jubiläum, Verhalten der Akteure), keinerlei Spannung. Fazit: heute sind sie oft sehr schlecht, früher aber auch schon…

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